Aufruhr gegen den Putsch

Montag, 31. August 2009

WOZ Die Wochenzeitung
WOZ vom 27.08.2009 - Ressort International

Honduras
Aufruhr gegen den Putsch
Von Sabine Masson, Tegucigalpa


Nach dem Staatsstreich gegen Präsident Manuel Zelaya hat sich im Land eine breite Widerstandsbewegung formiert. Diese will längst nicht nur den gewählten Präsidenten zurück.

Jeden Morgen um acht Uhr versammeln sich in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa Tausende vor der Pädagogischen Universität. Die rund zwanzig Personen der sogenannten Koordinationsgruppe informieren die Leute über die neusten Entwicklungen. Um zehn Uhr wird losmarschiert.

Der Widerstand gegen die gewaltsame Absetzung des honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya vor zwei Monaten flaut noch immer nicht ab. Tägliche Demonstrationen der nationalen Front gegen den Staats­streich – der Frente – führen je nach aktuellem Geschehen mal in die Wohnquartiere, zum Nationalkongress oder, wie Anfang dieser Woche, zum nahe gelegenen Hotel Clarion.

Dort wurde am Montag und Dienstag dieser Woche verhandelt. VertreterInnen der honduranischen Putschregierung trafen sich mit einer Delegation der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Immer noch wird darum gerungen, unter welchen Bedingungen der gewählte honduranische Präsident in sein Land und auf seinen Posten zurückkehren darf (vgl. Text «Mit leeren Händen» weiter unten).

Manuel Zelaya war Ende Juni in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom Militär zwangsweise nach Costa Rica ausgeflogen worden. Schon in den Tagen zuvor war es zu einem Machtkampf zwischen der honduranischen Regierung und der Armeeführung gekommen. Das Militär hatte Wahlunterlagen beschlagnahmt, die für eine konsultative Volksabstimmung am 28. Juni vorgesehen waren. Die Stimmbevölkerung sollte befragt werden, ob gleichzeitig mit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im November auch über das Einsetzen einer verfassunggebenden Versammlung entschieden werden soll. Das Militär, die Oppositionsparteien und auch Mitglieder von Zelayas eigener Liberalen Partei beschuldigten den Präsidenten des Verfassungsbruchs. Sie warfen ihm vor, er wolle sich mit einer neuen Verfassung eine zweite Amtszeit ermöglichen (siehe WOZ Nr. 27/09).

Die Interessen der Oligarchie

Tatsächlicher Hintergrund des Machtkampfs war die politische Kehrtwende von Zelaya seit seiner Amtseinsetzung. Der Präsident hatte 2006 damit begonnen, vorsichtige soziale Reformen umzusetzen. So liess er etwa den Mindestlohn erhöhen. Ausserdem änderte er die aussenpolitische Ausrichtung des Landes: Honduras trat letztes Jahr den beiden Staatsbündnissen Alba und Petrocaribe bei. Beide Organisationen sind auf Initiative des venezolanischen Staatspräsidenten Hugo Chávez entstanden. Sie sollen Lateinamerika unabhängiger von den USA machen. Zudem hatte Zelaya auch damit begonnen umstrittene Grossprojekte zu sistieren. So liess er den Bau des Kraftwerks El Tigre an der Grenze zu El Salvador stoppen. Lokale KleinbäuerInnen und das indigene Volk der Lenca hatten sich jahrelang gegen dieses Projekt zur Wehr gesetzt.

Mit seiner Politik stellte sich Ze­laya gegen die Interessen der honduranischen Oligarchie – einige wenige Familien, die über achtzig Prozent des Reichtums des Landes in den Händen halten und beinahe alle Institutionen des Staates kontrollieren. Der von den Militärs als neuer Präsident eingesetzte Roberto Micheletti hat denn auch bereits angekündigt, die Umsetzung verschiedener, von Zelaya auf Eis gelegter Projekte wieder aufzugreifen. So will er etwa ein Gesetz vors Parlament bringen, das die Privatisierung des Wassers ermöglicht.

Die OAS hat den Putschisten zwar ein attraktives Vermittlungsangebot gemacht, doch bei der Widerstandsbewegung, der Frente, glaubt man nicht daran, dass die Putschisten nachgeben. Der Plan der OAS sieht vor, dass Zelaya zwar auf seinen Posten zurückkehren, aber keine verfassunggebende Versammlung einberufen darf. Ausserdem müsste er für alle politischen Delikte im Zusammenhang mit dem Putsch eine Generalamnestie verhängen.

Streikende LehrerInnen

Doch auch wenn der Vorschlag der OAS umgesetzt würde: Der Frente geht es um mehr. Die Umwandlung des Landes, wie sie unter der Präsidentschaft von Zelaya begonnen habe, müsse weitergehen, meint etwa Suyapa Martínez von der Koordinationsgruppe gegenüber der WOZ. Martínez ist Parlamentsabgeordnete der linken Unificación Democrática.

Mit einer neuen Verfassung soll eine tief greifende soziale und politische Veränderung des Landes erfolgen. Es gehe dabei um mehr Rechte für UreinwohnerInnen und Frauen, um soziale und wirtschaftliche Reformen im Bereich der Bildung und Gesundheitsversorgung, um eine Landreform und um die Nutzung der natürlichen Ressourcen. Egal, was die PolitikerInnen entscheiden: «Die Menschen werden die politische und revolutionäre Plattform der Frente beibehalten und für eine neue Verfassung kämpfen», sagt Martínez.

In nur zwei Monaten hat sich die Frente zu einer äusserst aktiven Bewegung entwickelt. In diesem Kollektiv sind nicht nur verschiedene Parteien zusammengeschlossen, sondern auch Gewerkschaften, Genossenschaften, Quartierkomitees sowie soziale Bewegungen von Frauen, Bauern und Ureinwohnerinnen. Die Frente ist landesweit aktiv, die verschiedenen Gruppen sind untereinander gut vernetzt. Für Grossdemonstrationen reisen ihre Mitglieder auch in andere Landesteile.

Die Aktionen der Frente werden zudem unterstützt von Streiks im öffentlichen Sektor wie im Gesundheitsbereich oder an Schulen und Universitäten. Rund 50 000 LehrerInnen hatten bereits vor dem Putsch mit einem Streik zur Unterstützung der konsultativen Volksabstimmung im Juni aufgerufen. Seither streiken sie abwechselnd: Zwei bis drei Tage unterrichten sie, für den Rest der Woche befinden sie sich im Ausstand.

Mit Ketten

Die Putschregierung reagiert auf die täglichen Demonstrationen und Proteste mit Brutalität. Jede Demonstration, jeder Marsch wird von einem starken Polizei- und Armeeaufgebot begleitet. Allgemein herrscht dabei eine angespannte Atmosphäre. Die OrganisatorInnen achten darauf, dass sich die TeilnehmerInnen nicht von den Sicherheitskräften provozieren lassen. Dennoch kommt es immer wieder zu Übergriffen durch Polizisten und Soldaten. Dabei wird jeweils eine willkürlich ausgewählte Gruppe von rund zehn Personen eingekreist und dann mit Knüppeln oder Ketten geschlagen – in aller Öffentlichkeit.

Des Weiteren werden immer wieder Personen über Stunden vom Militär an unbekannten Orten festgehalten. Auch die Elitepolizeieinheit Cobra wird gegen die Protestierenden eingesetzt. Das Regime von Micheletti hat im Juli Billy Joya, einen früheren Cobra-Kommandanten und von 1986 bis 1991 Mitglied der Todesschwadron 3-16, zum beratenden Minister ernannt. Für viele ein unverhohlenes Zeichen für die Rückkehr des Staatsterrors der achtziger Jahre.

«Die Putschregierung wendet systematisch Repressionen gegen die Widerstandsbewegung an», sagt auch die Anwältin Mari Agurcia vom Komitee für Angehörige von Verschwundenen in Honduras (Confadeh). Dies obwohl die DemonstrantInnen in der Regel friedlich marschieren. Confadeh zählte zwischen dem 29. Juni und dem 14. August 1729 Verhaftete, die gefoltert worden waren. Hunderte wurden bei den Protesten zum Teil schwer verletzt, vier Menschen vom Militär oder der Polizei ermordet. Honduranische Menschenrechtsorganisationen sprechen von insgesamt zehn Personen, die aufgrund der staatlichen Repression bisher starben.

Zerstörte Radiostation

Auch die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) bestätigte nach ihrem Besuch Mitte August, dass in Honduras massive Menschenrechtsverletzungen stattfinden und die Grundrechte missachtet werden. In einem Bericht äusserte die CIDH ihre Besorgnis angesichts «der unverhältnismässigen Gewaltanwendung durch staatliche Kräfte, willkürlicher Verhaftungen und einer Informationskontrolle mit dem Ziel, die politische Beteiligung der Bevölkerung einzuschränken». Die CIDH berichtet von militärischen Strassenkontrollen, von willkürlichen Ausgangssperren sowie von der «grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung» von Inhaftierten.

Die Kommission hat auch Verstösse gegen die Meinungsfreiheit aufgelistet. Die grossen Medien sind im Besitz jener Eliten, die den Staatsstreich unterstützen. Sie berichten kaum über die Protestaktionen gegen den Putsch. Zu den wenigen Ausnahmen gehören der Fernsehkanal Canal 36, die Radiostation Radio Globo und die Monatszeitung «El Libertador». Allerdings wird Radio Globo bereits seit den ersten Tagen des Putsches vom Militär unter Druck gesetzt. So habe Armeechef Romeo Vasquez verlangt, dass das Radio «den Ton ändere und nicht länger von einem Putsch spricht, sondern von einer präsidialen Nachfolge», sagt Globo-Direktor David Romero gegenüber der WOZ. «Noch am selben Abend haben dann Soldaten unsere Anlagen zerstört und bei der Staatsanwaltschaft eine Klage gegen uns eingereicht wegen Aufstachelung der Bevölkerung zum Widerstand.»

Zurzeit sind zwei Klagen offen, die das Ziel haben, der Radiostation die Lizenz zu entziehen. Bislang hat es Radio Globo geschafft, täglich Dreiviertel seiner Sendungen auszustrahlen. Doch es kommt immer wieder zu Zwischenfällen. So wurde vergangenen Sonntag die Aussenanlage des Radios zerstört. Für David Romero sind die konstanten Angriffe Teil eines Prozesses, der die Medien dazu bringen soll, auf die Meinungsfreiheit zu verzichten: «Denn die Meinungsfreiheit ist der grösste Feind der Diktatur.»

Sabine Masson ist Soziologin und arbeitet für die internationale Mission zur Beobachtung und Begleitung der sozialen Organisationen im Kampf gegen den Putsch in Honduras. Sie schreibt regel­mässig für die Westschweizer Zeitung «Le Courrier».


Mit leeren Händen

Zwei Tage lang hatte die Delegation der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Tegucigalpa verhandelt. Sie versuchte, die Putschregierung davon zu überzeugen, ihrem Vermittlungsplan zuzustimmen, der es dem abgesetzten Präsidenten Manuel Zelaya ermöglichen würde, sein Amt wieder zu übernehmen.

Doch wie schon bei früheren Vermittlungsversuchen stellte sich das Regime von Präsident Roberto Micheletti auf stur. Micheletti lehnte den Plan der OAS ab und verkündete, dass die geplanten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 29. November stattfinden werden, egal ob «uns die Welt anerkennt oder nicht». Seine Regierung fürchte sich auch nicht vor Sanktionen. «Niemand kann uns etwas aufdrängen, ausser sie kommen mit Truppen», sagte Micheletti.

José Miguel Insulza, der OAS-Generalsekretär, bezeichnete eine Rückkehr von Zelaya inzwischen als «unwahrscheinlich». Nun machen die USA Druck: Der Sprecher des US-Aussenministeriums erklärte noch am Dienstagabend, dass die US-Botschaft in Honduras mit sofortiger Wirkung keine Visa mehr ausstelle – ausgenommen seien Notfälle und Visa für ImmigrantInnen.

Allerdings ist die nationale Front gegen den Staatsstreich der Ansicht, dass die USA noch wesentlich klarere Schritte unternehmen könnten. Sie ruft zu einem internationalen Solidaritätstag für den 28. August auf. Weltweit soll vor den US-Botschaften für Zelayas Wiedereinsetzung und ein Ende der Menschenrechtsverletzungen demonstriert werden.

http://contraelgolpedeestadohn.blogspot.com

Hugo Chavez und die privaten Medien

Hugo Chavez und die privaten Medien
von Salim Lamrani
25.08.2009 — ZNet
— abgelegt unter: Lateinamerika, Medien / Demokratie

Am 2. August 2009 brachte die Organisation Reporter ohne Grenzen (RWB) eine Erklärung heraus, die die Schließung von “34 Rundfunkmedien, veranlasst durch die Regierung” in Venezuela verurteilte. Die Organisation mit Sitz in Paris “verurteilt die massive Schließung von Rundfunkmedien aufs Schärfste” und fragt: “Ist es überhaupt noch möglich, öffentlich Kritik an Präsident Hugo Chavez’ ‘Bolivarischer’ Regierung zu üben? Diese massive Schließung der hauptsächlich oppositionellen Medien stellt eine Gefahr für die Zukunft der demokratischen Debatte in Venezuela dar und basiert auf dem Bestreben der Regierung, abweichende Meinungen zu unterdrücken. Es wird die sozialen Spannungen weiter verschärfen.” (1)

RWB bezieht sich auf die Entscheidung der Nationalen Telekommunikationskommission von Venezuela (Conatel) vom 1. August 2009, 34 Radio- und Fernsehstationen die Rundfunklizenzen zu entziehen. RWB zufolge liegt diese Entscheidung nur in der Tatsache begründet, dass diese Medienanstalten die Regierung von Hugo Chavez kritisiert haben. Anders gesagt, es sei ein politischer Akt gewesen, um die oppositionelle Presse zum Schweigen zu bringen. Die große Mehrheit der westlichen Medien hat sich dieser Interpretation angeschlossen. (2)

Dies ist jedoch nicht der Fall und RWB und andere multinationale Medienkonzerne haben die Wahrheit sehr sorgfältig verschleiert, um die öffentliche Meinung zu manipulieren und die demokratischste Regierung in Lateinamerika (Hugo Chavez hat 15 Wahlgänge hinter sich, seit er 1998 an die Macht kam und ging aus 14 dieser Wahlen als Sieger hervor. Alle Wahlen wurden von der internationalen Gemeinschaft für ihre Transparenz gelobt) als ein Regime darzustellen, dass das Recht auf Meinungsfreiheit schwerwiegend verletzt.

Tatsächlich hätte jedes Land der Welt in derselben Situation die gleiche Entscheidung wie Conatel getroffen. Mehrere Stationen ignorierten vorsätzlich eine Aufforderung der Kommission, den Status ihrer Lizenz zu bestimmen und auf den aktuellen Stand zu bringen. Nach einer Untersuchung entdeckte Conatel zahlreiche Unregelmäßigkeiten wie bereits verstorbene Lizenznehmer, deren Lizenzen von Dritten benutzt wurden, fehlende Verlängerungen von administrativen Verfahren oder einfach das Fehlen der Sendeerlaubnis. Gemäß venezolanischem Recht, genau wie sonst auf der Welt, verliert eine Sendeanstalt ihr Übertragungsrecht, wenn sie keine fristgerechte Erneuerung ihrer Sendeerlaubnis vornimmt oder ohne Erlaubnis sendet. Das Übertragungsrecht geht dann wieder in den öffentlichen Besitz über. Infolgedessen verloren 34 Stationen, die illegal sendeten, ihre Lizenzen. (3)

Die Entscheidung von Conatel hat sogar, anstatt die Meinungsfreiheit zu beschneiden, einen Zustand der Illegalität aufgehoben und einen Prozess der Demokratisierung des venezolanischen Radioangebots eingeleitet, mit dem Ziel, dieses Angebot der Gemeinschaft zugänglich zu machen. In Wirklichkeit befinden sich 80 Prozent der Radio- und Fernsehstationen Venezuelas in privater Hand. Nur 9% sind öffentlich und der Rest gehört Vereinen oder Gemeinden. Zudem ist die Mehrheit der Privatmedien in Venezuela in der Hand von 32 Familien. (4)

Daraus folgt, das RWB und die westlichen Medien eine Routinemaßnahme von Conatel, um einen Zustand der Illegalität zu beenden, total verzerrt dargestellt haben.

Als Vorgehensweise in Bezug auf Venezuela hat RWB eine unerschütterliche Verteidigung der venezolanischen Opposition gewählt, die für den Coup gegen Chavez im April 2002 verantwortlich war. Die Pariser Organisation erklärte damals ihre sofortige Unterstützung des Coups. RWB tritt besonders für den Pro-Coup-Sender Globovision ein, der von RWB als Symbol der Meinungsfreiheit in Venezuela angesehen wird. (5) Allerdings wird dabei von RWB verschwiegen, dass Globovision zusätzlich zu seiner aktiven Beteiligung am Coup 2002 auch die Sabotage der venezolanischen Ölindustrie im gleichen Jahr unterstützte, Steuerzahler zur Nichtzahlung ihrer Steuern aufrief und einen Aufstand und die Ermordung von Präsident Chavez forderte. (6)

Vor kurzem sprach sich Globovision für die Junta in Honduras aus, die für den Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Jose Manuel Zelaya verantwortlich ist. Der Coup wurde von der internationalen Gemeinschaft einhellig verurteilt. Der Besitzer von Globovision, William Zuloaga Nunez, sprach sich für die Anerkennung der unrechtmäßigen Regierung von Micheletti aus und rief zur gleichen Zeit zum Putsch in Venezuela auf: “Die Regierung von Micheletti stützt sich auf die Verfassung und wir würden uns wünschen, wir würden es sehr begrüßen, wenn die Verfassung in Venezuela in der gleichen Weise respektiert würde, wie es in Honduras der Fall ist.” (7)

RWB verteidigt nicht die Meinungsfreiheit in Venezuela. Es stellt sich vielmehr auf die Seite der Feinde der Demokratie.
Anmerkungen

(1) Reporters Without Borders, «Trente-quatre médias audiovisuels sacrifiés par caprice gouvernemental», 2 August 2009. http://www.rsf.org/Trente-quatre-medias-audiovisuels.html. Reporters Without Borders, "Thirty four broadcast media shut down at government's behest", 2. August 2 2009. http://rsf.org/34-broadcast-media-shut-down-at.html.

(2) Agencia Bolivariana de Noticias, «Productores independientes respaldan suspensión de emisoras radiales ilegales», 4. August 2009.

(3) Fabiola Sánchez, «Radios desafían a Chávez operando por Internet», The Associated Press, 3. August 2009.

(4) Thierry Deronne, «Au Venezuela, la bataille populaire pour démocratiser le ‘latifundio' des ondes», 2. August 2009. Auf Spanisch: La batalla popular para democratizar el latifundio de las ondas; Agencia Bolivariana de Noticias, «Medida de Conatel no afectará libertad de expresión e información en Venezuela», 4. August 2009.

(5) Reporters Without Borders, «Le gouvernement accélère sa croisade contre les médias privés en voulant modifier les lois et les règles», 21. Juli 2009. Reporters Without Borders, "Government steps up hounding of private media through new laws and regulations", 21. Juli 21 2009.

(6) Salim Lamrani, «Reporters sans frontières contre la démocratie vénézuélienne», Voltaire, 2. Juli 2009.

(7) Agencia Bolivariana de Noticias, «Globovisión apoya marcha a favor de gobierno golpista en Honduras», 22. Juli 2009.
Orginalartikel: Hugo Chavez and the private media
Übersetzt von: Britta Schellens

aus:
http://zmag.de/artikel/hugo-chavez-und-die-privaten-medien

New Orleans - vier Jahre später

Sonntag, 30. August 2009

(30.8.09) Als der Wirbelsturm Mitch im Oktober 1998 in Zentralamerika Tod und Verderben brachte, sahen wir zum ersten Mal am Wirken, was seither Katastrophenkapitalismus genannt wird: die Zerstörung – dieses Mal durch eine Naturkatastrophe – als Anlass für die gewaltsame Durchsetzung eines an Profitinteressen orientierten „modernisierten“ Gesellschaftsmodells. Wir haben es seither mehrmals mitbekommen: Während sich die Menschen noch auf den Bäumen vor den Fluten zu retten trachten oder in den Verschüttungen nach ihren Angehörigen suchen, hecken die Finanzminister der betroffenen Länder und die Teams des IWF aus, wie jetzt erst recht „Schulden“ zurückbezahlt und „rigide“ Gesellschaftsstrukturen zum Fliessen gebracht werden.

Vorgestern vor vier Jahren brachte der Wirbelsturm Katrina den Tod nach New Orleans. Es war der Süden im Norden. Dass die Menschen starben, entsprach keinem Naturgesetz, sondern politischen und wirtschaftlichen Entscheiden der Mächtigen. Man liess die Fluten eine mehrheitlich schwarze Unterklasse aus ihren von den Spekulanten längst ins Visier genommenen Wohngegenden „wegwaschen“ und verhindert seither erfolgreich die Rückkehr der meisten Überlebenden. „Louisiana. Louisiana - they’re trying to wash us away“, heisst es in einem alten Song aus dem Mississippi-Delta zu den Erfahrungen mit einer Überschwemmung von 1927.

Viele werden sich noch erinnern, wie wir fassungslos in den Fernseher starrten und die Appelle der Hungernden und Durstenden in den beiden grossen Notzentren sahen und hörten: „Save us!“ Viele überlebten diesen realen Horror nicht. Es kamen damals die Gruselstories von Gangterror im „Convention Center“ u.ä. hoch, von der Medieninternationalen noch und noch verbreitet – alles erfunden und erlogen, wie später bewiesen, aber kaum wo berichtet. Die TV-Teams berichteten live aus den Notzentren, zu denen der „Rettungsapparat“ der Regierung erst nach drei Tagen gelangte… schwer bewaffnet. Was, wenn es hoch kam, als „Unfähigkeit“ der Administration Bush kritisiert wurde, war in Wirklichkeit eine strategisch geplante Operation auf verschiednen Ebenen: Militarisierungsübung für „Katastrophenfälle“ und Epidemien; katastrophenkapitalistisches Nutzen des „window of opportunity“ für die „soziale Säuberung“ der renitenten Stadt; Implementierung der im Irak erprobten „private public partnership“ für den sozioökonomischen „Aufbau“, die Kriegsführung und auch die polizeiliche Repression – viele lead players aus dem Irak trafen sich in New Orleans wieder.

Das Kalkül ging auf. Mehr als die Hälfte der früheren schwarzen UnterklassenbewohnerInnen von New Orleans leben heute nicht mehr in der Stadt, im bekannt gewordenen Lower 9th Ward sind es gar vier Fünftel. Das Selbsthilfeprojekt Common Grounds ist polizeilich geräumt worden, die früheren grossen Sozialwohnungsprojekte gibt es meistens nicht mehr.

Hier einige Links zu New Orleans:

Four Years After Katrina, Thousands Are Homeless and Struggling In New Orleans
http://www.colorlines.com/printerfriendly.php?ID=591

Von Jordan Flaherty, dem Basisaktivisten und Gewerkschafter aus New Orleans. Wie in all seinen Berichten zu New Orleans seit Katrina spürt er auch in diesem gerade erschienen Artikel mit viel Liebe der gesellschaftlichen Realität der Unterklassen nach, in diesem Falle dem Schicksal der obdachlos Gemachten und jetzt von der Polizei Bedrängten.

Katrina, Four Years Later: Expert Fired Who Warned Levees Would Burst
http://crooksandliars.com/node/30758/print

Economic Hit Men and the Next Drowning of New Orleans
http://www.alternet.org/rights/142287/four_years_after_katrina,_thousands_are_homeless_and_struggling_in_new_orleans/
Beide Artikel sind vom bekannten investigative reporter Greg Palast, der einige wichtige Hintergrundrecherchen zu New Orleans gemacht hat.

EU in Honduras-Frage gespalten

Freitag, 21. August 2009

20.08.2009
EU in Honduras-Frage gespalten
Dissens im Umgang mit Machthaber Micheletti. Schwedische EU-Ratspräsidentschaft will Wahlen unter Putschregime legitimieren
Von Harald Neuber
amerika21.de

Brüssel. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind im Umgang mit dem Putschregime in Honduras gespalten. Während einige Länder – vor allem Spanien, Frankreich und die Niederlande – eine kritische Haltung zu den neuen Machthabern in Tegucigalpa einnehmen, streben andere EU-Staaten eine "diplomatische Lösung" der Staatskrise in dem mittelamerikanischen Land an. Das erfuhr amerika21.de aus diplomatischen Kreisen in Brüssel.

Bislang hat die EU wie auch die USA und alle relevanten internationalen Organisationen das Regime des ehemaligen Parlamentspräsidenten Roberto Micheletti politisch isoliert. Knapp zwei Monate nach dem Staatstreich und Michelettis Machtergreifung plädieren einige EU-Mitgliedsstaaten und auch die schwedische Ratspräsidentschaft bei internen Beratungen offenbar jedoch für Zugeständnisse an die Putschisten.

Deutlich wurden diese Differenzen schon Ende Juli, als sich Spanien nicht mit dem Antrag durchsetzen konnte, den Vertretern des Putschregimes ihre EU-Visa zu entziehen. Zwar unternehme die EU "Schritte, um die politischen Kontakte mit der De-facto-Regierung in Honduras einzuschränken" hieß es in einer Erklärung der schwedischen Ratspräsidentschaft. Ein Konsens darüber konnte jedoch nicht erzielt werden. So bleibt es jeder EU-Regierung überlassen, die Vorgabe umzusetzen.

Die Forderung nach einer Visasperre für Putschisten und ihre Sympathisanten wird von Vertretern der honduranischen Demokratiebewegung explizit auch an Deutschland gestellt. Der Grund: Auf Einladung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung war der in Honduras extrem umstrittene Staatskommissar für Menschenrechte, Ramón Custodio López, unlängst nach Berlin eingeladen worden.

Der Mittsiebziger ist wegen seiner offenen Parteinahme für das Gewaltregime der Putschisten nicht nur aus lateinamerikanischen Menschenrechtsorganisationen ausgeschlossen worden. Er gehört auch zu fünf honduranischen Staatsfunktionären, denen von den US-Behörden die Visa für die Vereinigten Staaten entzogen wurden.

Der Dissens in der EU beschränkt sich aber nicht nur auf einen möglichen Einreisestopp für die Putschisten. Entgegen expliziter Forderungen der Demokratiebewegung will die EU-Ratspräsidentschaft zu möglichen Wahlen in Honduras Beobachter entsenden. Die Kritiker des Putsches lehnen Wahlen unter dem aktuellen Regime ab. Die permanente und zunehmende Gewalt mache einen freien und demokratischen Urnengang unmöglich, sagt etwa Juan Barahona von dem Protestbündnis "Nationale Widerstandfront gegen den Staatsstreich". Barahona befürchtet, dass die Machthaber Wahlen nutzen, um ihre Position zu legitimieren.

Die Befürworter einer Annäherung der EU an die Putschisten argumentieren genau andersherum. Nach Informationen aus Brüssel haben Vertreter der schwedischen Ratspräsidentschaft die Entsendung einer Beobachtermission bereits Mitte Juli verteidigt, weil dem Wahlprozess dadurch Glaubwürdigkeit verliehen werden könne. Ende Juli verteidigten Vertreter der EU-Präsidentschaft die Entsendung einer Mission in internen Beratungen erneut als "ratsam, nützlich und machbar".

Blog auf Sparflamme

Samstag, 15. August 2009

Bis Ende August könne wir nur noch spärlich Posts für diesen Blog erarbeiten.

Die Putschisten lassen die Maske fallen

(14.8.09) Die Weigerung des State Departments von Anfang August, die honduranischen Putsch-ExponentInnen anders denn mit freundlichen Ermunterungen anzugehen, zeigt Wirkung (vgl. Die Politik von Mr. Doubletalk). Die Regimeleaders sind ermutigt und gehen nun mit grosser Härte an das Geschäft, die Demokratiebewegung zu schlagen. Denn ihre Zerstörung ist die Voraussetzung für die Umsetzung der als „Vermittlungsbemühungen“ bezeichneten Diktaturkosmetik von Präsident Arias (Costa Rica), einem Laufburschen von Hillary Clinton. Es scheint, dass nun auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sich wieder dazu hergibt, die US-Pläne zu begleiten.

Schon in den letzten Julitagen zeigte das Regime sein wahres Gesicht (vgl. „In den Bergen, verfolgt von Kriegsflugzeugen"). Damals beendete die Widerstandsbewegung die aussichtslose Mobilisierung an die Grenze, um Präsident Mel Zelaya zu empfangen, und setzte stattdessen auf eine Ausdehnung des Streiks im öffentlichen Sektor und zwei jeweils Tausende umfassende Märsche quer durch das Land, die am Dienstag (11.8.09) in den beiden grössten Städten Tegucigalpa und San Pedro Sula eintrafen und sich dort zu Grossdemonstrationen des Frente de Resistencia Contra el Golpe (Widerstandsfront gegen den Putsch) entwickelt hatten. In Tegucigalpa wurde am Schluss eine nationale Fastfoodbude verwüstet, was Polizei und Armee zum Anlass für eine extrem brutale Repression auf der Strasse nahmen. Laut Angaben der ExponentInnen des Frente, die in Wort und Tat den „friedlichen“ Charakter des Widerstands betonen, waren die Unruhen von eingeschleusten Provokateuren ausgelöst worden. (Schon mehrmals wurde in die Demos eingeschleuste Agenten des Sicherheitapparates enttarnt).

Vorgestern Mittwoch kam es in mehreren Städten erneut zu Demos, die von Spezialeinheiten der Polizei und von Militärs mit besonderer Brutalität angegriffen wurden. Ein Überblick ist sehr schwierig, doch es besteht kein Zweifel an einer planmässig betriebenen Eskalation des staatlichen Terrors gegen den Widerstand. Die RegimeexponentInnen und die Medien (bis auf sehr wenige ausnahmen) reden auch nicht mehr von DemonstrantInnen, sondern von TerrroristInnen. Putschführer Micheletti liess gerade verlauten, eine Partei (gemeint die kleine linke Partei DU) und ein Gewerkschaftsverband würden bei ihren Terroraktivitäten (Protesten gegen den Staatsstreich) bewiesenermassen von den FARC finanziert.

Eine wichtige Kommunikationsfunktion spielt das oppositionelle Radio Globo, das immer wieder von den Militärs besetzt wird. (Auch den salvadorianischen, FMLN-nahen UKW-Sender „Mi Gente“ benützen übrigens viele in Honduras, um ein Bild von der Lage zu vermitteln und zu kriegen).Wenn Radio Globo senden kann, rufen die Leute und die Organisationskader aus Demos und anderen Aktionen an und berichten. So auch am Mittwoch. Hier eine Passage daraus vom späteren Nachmittag des Mittwochs:

Zeugnisse
„Was in den letzten Stunden geschehen ist, entspricht zweifellos einem gut organisierten Plan der repressiven Kräfte. Das begann gestern mit dem Abbrennen der Fastfoods, von dem sich die Leute des Frente distanzierten, und das eine aggressive Spannung erzeugte. Als heute [die Demo] zum Parlament gelangte, begann eine schreckliche Repression. Im Parlament diskutierte man einen Gesetzesvorschlag, der die Rückkehr des für die jungen Armen obligatorischen Militärdienstes vorsieht. Die Demo gelangte zum Parlament und wurde von Polizei und Armee brutal angegriffen. Hunderte von Soldaten jagten im Stadtzentrum alle, die ihnen über den Weg liefen. Die Repression geht weiter, sie kamen zur Universidad Pedagógica Nacional, wo der Widerstand seine Sitzungen hat und von wo aus die Demos losgehen. Sie kamen dort an und verprügelten die Leute, die heraus konnten. Wir haben Zeugnisse von Compañeros, die an Armen und Beinen mit Rohren geschlagen worden sind.
Einige konnten nicht heraus und man redet von Folter und brutalen Angriffen auf Dutzende von Personen. Heute hat die sich bisher halbwegs zurückhaltende Repression zugeschlagen mit dem Ziel, die Bewegung einzuschüchtern, zu verletzen und zu demütigen.
Die Aufgabe heute ist, Compañeras und Compañeros zu suchen. Wir haben keine Idee, wie viele verloren oder verhaftet sind.
Heute ist ein fürchterlicher Tag.“



Die „Feministas en Resistencia“ sagten Folgendes zur Gesetzesinitiative für die Weidereinführung des Armeeobligatoriums:

„Der Kongress von Honduras, halb leer, wie er unter der De-facto-Regierung funktioniert, diskutiert gerade einen Gesetzesvorschlag, um in Krisenzeiten einen obligatorischen und in Friedenzeiten einen freiwilligen Militärdienst einzuführen. Das bedeutet unmittelbar die Zwangsrekrutierung junger Honduraner, um die gegen das Volk repressiven Kräfte zu unterhalten“.

Jesús García von der CHAAC (Coalición Hondureña de Acción Ciudadana, als Reaktion auf den Freihandelsvertrag mit den USA entstanden) schrieb ebenfalls am Mittwoch zur Lage an der Pädagogikhochschule (viele Auswärtige vom Landesmarsch nach Tegucigalpa hatten hier die Nacht verbracht):

„…Die Polizei militarisierte den Umkreis der Hochschule und drang danach in die Unigebäude ein, wo sie die Leute verprügelte und festnahm. Laut Informationen aus der Hochschule reden von Folter einschliesslich Schlägen und sexuellen Übergriffen gegen Frauen. Um 6 Uhr abends sahen mehrere Zeugen, wie erst sechs Krankenwagen mit Verletzten die Uni verliessen und anschliessend Militärlastwagen voller Gefangenen mit unbekanntem Ziel. Hunderte von Personen sind als vermisst gemeldet; vielleicht sind viele verhaftet und andere irren in einer für sie fremden Stadt, denn die meisten DemonstrantInnen kommen vom Land. Die STIBYS-Gewerkschaft (Lebensmittel), wo sich normalerweise die Widerstandsfront trifft, ist militarisiert. Allerdings sind laut unseren Informationen vor Ort die Soldaten nicht in das Gebäude eingedrungen, sondern halten es umzingelt.
Auch in San Pedro Sula war die Demonstration gegen den Staatsstreich massiv, aber auch dort liess die Polizei die Demo bis zum Hauptplatz kommen und griff sie dann mit Unterstützung der Armee an. Sie kreisten die Demo ein und gingen mit Schlagstöcken und Tränengas vor. Es wird von vielen Verletzten und Verhafteten berichtet.

Die Repressionssituation lässt das honduranische Volk mit einem Gefühl der Ohnmacht zurück, während sich die internationale Gemeinschaft nicht klar gegen den Coup ausspricht. Die Ankunft einer Delegation der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (OAS) wird bekannt gegeben, aber niemand mehr glaubt, dass sie etwas ausrichten können oder wenn sie ankommen, wird es zu spät sein für ein Volk, das sich gegen den Staatsstreich und für das Recht, in einer Demokratie zu leben, wehrt.
Das Gefühl von Verlassenheit und Ohnmacht ist evident.
Wenn die internationale Gemeinschaft nicht sofort handelt, wird sich der Widerstand garantiert radikalisieren oder das Regime wird am Schluss Tausende von DemonstrantInnen ermorden, denn es scheint, dass nur ein Massaker die Herren der Welt bewegt“
.

Richter mit Angst vor den Militärs
Schon in der Nacht auf Mittwoch verhängte das Regime wieder ein Ausgangsverbot über Tegucigalpa. Mehrere Aussagen bezeugen übereinstimmend, dass viele Gefangen in Armeekasernen abtransportiert worden sind. In seinem schon am Montag, dem 10. August, verfassten Bericht zur Lage in Honduras hält Frank La Rue, der guatemaltekische UNO-Sonderberichterstatter zur Meinungsäusserungsfreiheit unter anderem fest:

„Es gibt keinen Organismus, der die Justizhaftzentren besuchen und die Situation evaluieren könnte, und noch weniger die Armeeanlagen, denn selbst die Richter trauen sich nicht, dorthin zu gehen.

Während meines Besuchs im Land erhielt Radio Globo die formelle Benachrichtigung [einer Anklageerhebung] durch die Militärstaatsanwaltschaft wegen der Übertragung eines Interviews mit einem Leiter einer Menschenrechtsorganisation, der den Militärputsch kritisiert hatte“
.

Laut honduranischen Medienberichten von heute (14.8.09) ist es gestern in Tegucigalpa, San Pedro Sula, Copán, Comayagua und Olancho (je in verschiedenen Landesregionen gelegen) zu Zusammenstössen der Sicherheitskräfte mit DemonstrantInnen gekommen.

OAS-Intrigen
Die angesprochene „internationale Gemeinschaft“ konzentriert sich derweil auf einen Termin für einen Besuch einer Delegation von AussenministerInnen von OAS-Ländern mutmasslich gegen Ende Monat in Honduras. Ein Besuchstermin vor über einer Woche war ins Wasser gefallen, weil die Gorilettis sich weigerten, einer Delegation zuzustimmen, in der auch OAS-Generalsekretär Insulza zugegen wäre. Erst recht verbaten sich die Gorillas die Beteiligung von Delegierten aus ALBA-Ländern, ein Punkt, den die OAS schluckte. Insulza, den Putschführer Micheletti für den Rausschmiss seines Regimes aus der OAS verabscheut, soll nun allenfalls als „Delegationsberater“ geduldet werden (Micheletti geht aber auch das zu weit). Die anderen Mitglieder stammen bis auf die argentinische Ministerin aus klar rechts positionierten Ländern: Kanada, Mexiko, Costa Rica, Jamaika und Dominikanische Republik. Der Staatenbund hatte sich unter bolivarischem Druck klar gegen den Putsch ausgesprochen, so klar, dass selbst Obama und Clinton nicht anders konnten, als ein Lippenbekenntnis für die Rückkehr Präsident Zelayas abzulegen, wollten sie sich nicht gleich zu Beginn der Amtszeit von Obama in Lateinamerika isolieren.

Wie in diesem Blog wiederholt dargelegt, unternimmt die Administration grosse Anstrengungen, um die Lebenszeit für das Putschregime zu verlängern und die Sozialbewegung lahm zu legen. Die widerlichen Zeitschindverhandlungen zwischen der OAS und den Gorilettis – der Besuch, vor dessen Zustandekommen die USA keinesfalls irgendetwas unternehmen wollen – ist jetzt eben wieder mal verschoben worden. Gestern trafen sich am OAS-Sitz in Washington honduranische PutschvertreterInnen mit der OAS zwecks Vorbereitung des Besuchs. Wie der Lateinamerika-Speaker des State Departments zum Treffen ausführte, nahm daran auch der alternierende US-Botschafter vor der OAS, Lewis Anselem, teil, „um logistische Aspekte der künftigen Sitzung“ der AussenministerInnen mit den PutschistInnen zu besprechen (AFP in El Tiempo, 14.8.09).

Deportation und die Militärbase
Detail: Das Flugzeug, in dem Präsident Zelaya am 28. Juni nach Costa Rica abgeschoben wurde, hatte, wie sich aus den Informationen der zentralamerikanischen Luftfahrtstelle COCESNA ergibt, bei Flug einen Zwischenhalt eingelegt – und wo denn? Auf der US-Luftwaffenbasis Palmerola, auf der auch honduranische Armeeeinheiten wirken dürfen. Zelaya, den Hillary Clinton zwar als Provokateur behandelt, der aber seinen Glauben an einen nur irrtümlich, wieder eigenen Willen, in das Putschschlamassel hinein gerutschten Obama nicht aufgeben will, musste festhalten: „Das Pentagon musste wissen, dass das Flugzeug für einen Staatsstreich benutzt wurde“ (La Tribuna, Honduras, 13.8.09).

Video: Goldminen und Terror in El Salvador

Freitag, 14. August 2009

Ein ausgezeichneter Video "Gold, impunity, violence in El Salvador" (http://therealnews.com/t/index.php?option=com_content&task=view&id=31&Itemid=74&jumival=4118&updaterx=2009-08-13+02%3A14%3A31) samt Transkription. 11m.

Es geht um die Reihe von Terroroperationen gegen den Widerstand im salvadorianischen Department Cabañas gegen ein Vorhaben der kanadischen Minengesellschaft Pacific Rim (s. auch Artikel hier) auf englisch.

11m

Zeugnisse der Gewalt

Donnerstag, 13. August 2009

Honduranisches Tagebuch (XIII): Nach den Großdemonstrationen am Dienstag tragen Menschenrechtsorganisationen Zeugenaussagen zusammen
Von Harald Neuber, Tegucigalpa
amerika21.de

Tegucigalpa. Die Journalistin Iris Mencía steht am Dienstagnachmittag am Eingang des Universitätskrankenhauses von Tegucigalpa. "Es fällt mir schwer, meine Wut zu unterdrücken", sagt sie. Mencía hat einen Freund ins Krankenhaus gebracht, der von der Polizei schwer misshandelt wurde. Die Situation im Hospital sei "grauenhaft", gibt sie später in einem Radiointerview zu Protokoll. 20 Personen seinen schwer verletzt eingeliefert worden: "Zwei von ihnen kämpfen um ihr Leben". Von den Knüppelhieben der Polizei seien einige der Gesichter der Verletzten kaum wieder zu erkennen. "Wenn man diese Gesichter sieht, versteht man, wie es derzeit um dieses Land bestellt ist", sagt sie. Die Aktivisten sind vorsichtig. Im Krankenhaus, sagen sie, seien Agenten des Militärgeheimdienstes vertreten.
Während die "Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich in Honduras" weiterhin eine Strategie friedlicher Proteste verfolgt, werden die Demonstrationen immer wieder von Ausschreitungen erschüttert. Juan Barahona, einer der führenden Köpfe der Demokratiebewegung, spricht von "eingeschleusten Provokateuren". Tatsächlich werden immer wieder V-Männer der Polizei enttarnt und festgenommen. "Es gibt zunehmende Provokationen", sagt der Aktivist, aber die Verantwortlichen gehörten nicht der Widerstandsbewegung an. "Unsere Stärke ist die Moral", so Barahona.
Wendy Cruz, die Sprecherin der Landarbeiterorganisation Via Campesina, schildert in einem Videointerview die Gewalt in den vergangenen Tagen. Auch die Frauenorganisation CEM-H bestätigt mindestens einen Verletzten durch eine Polizeikugel. Der Demonstrant Salvador Alcides Alvarado sei im Bein getroffen worden, schreibt Mirta Kennedy von der Frauenorganisation in einem Bericht.
Nachdem die Stimmung durch diese und andere Provokationen angeheizt wurde, habe die Polizei gegen halb sechs nachmittags nahe der Pädagogischen Universität massiv zugeschlagen. "Über dem Campus kreiste der Hubschrauber mit der Kennung ALCON I", schreibt Kennedy, die Polizei und Armee ein "zunehmend aggressives Verhalten" attestiert.

Wachsender Terror in Honduras

12.08.2009

Honduranisches Tagebuch (XII): Anschlag auf Büro der Bauernorganisation Via Campesina. Widerstandsfront distanziert sich von Gewalt
Von Harald Neuber, Tegucigalpa
amerika21.de

Tegucigalpa. Der Sitz der Landarbeiterorganisation Via Campesina in der honduranischen Hauptstadt ist gut gesichert. Über dem schweren schwarzen Tor ist eine kleine, runde Kamera installiert. Jeder, der hier hinein möchte, muss sich ausweisen. Die Versammlungen finden in einem hinteren Teil des Gebäudes statt. Seit gestern Nacht ist klar, weshalb diese Sicherheitsvorkehrungen bestehen. Nach den Massendemonstrationen in Tegucigalpa und im nördlichen San Pedro Sula wurde das Gebäude von Unbekannten beschossen. Es ist der zweite Terroranschlag gegen die wachsende Demokratiebewegung in dem mittelamerikanischen Land.
Nach Angaben der Kommunikationsbeauftragten von Via Campesina, Marbel Márquez, eröffneten Unbekannte von einem cremefarbenen Toyota aus das Feuer auf das Gebäude. Der Zwischenfall ereignete sich um kurz vor halb zwölf in der Nacht – eineinhalb Stunden nachdem von dem Putschistenregime erneut eine Ausgangssperre verhängt wurde. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies ohne stillschweigende Zustimmung von Militär und Polizei geschehen ist", sagt einer der Aktivisten, die in dem Gebäude Wache halten. Während der Ausgangssperre seien schließlich keine Privatfahrzeuge mehr unterwegs.
In einem Kommuniqué verurteilte die Organisation den Angriff entschieden. Als Teil des Protestbündnisses "Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich" stehe Via Campesina für den Weg des friedlichen Widerstandes, heißt es in der Erklärung. Auch wird darauf verwiesen, dass vor gut zwei Wochen eine Bombe im Sitz der Gewerkschaft STIBYS detonierte – einem weiteren Zentrum des demokratischen und friedlichen Widerstandes.
Nach dem Attentat verurteilte der führende Aktivist von Via Campesina, Rafael Alegría, die zunehme Gewalt. Weder seine Organisation noch die Widerstandsfront habe zudem etwas mit den Ausschreitungen während der Proteste während des Tages zu tun, sagte Alegría. Am Nachmittag hatten Jugendliche am Rande der Proteste Fensterscheiben eingeschlagen und eine Filiale des Fast-Food-Restaurants McDonald´s in Brand gesetzt. "Wir haben zu solchen Taten zu keinem Zeitpunkt aufgerufen", sagte Alegría. Die Organisation rief Vertreter sozialer Bewegungen erneut auf, den friedlichen Widerstand in Honduras zu unterstützen.

Is It Now a Crime to Be Poor?

Montag, 10. August 2009

New York Times
August 9, 2009
Op-Ed Contributor
Is It Now a Crime to Be Poor?
By BARBARA EHRENREICH

IT’S too bad so many people are falling into poverty at a time when it’s almost illegal to be poor. You won’t be arrested for shopping in a Dollar Store, but if you are truly, deeply, in-the-streets poor, you’re well advised not to engage in any of the biological necessities of life — like sitting, sleeping, lying down or loitering. City officials boast that there is nothing discriminatory about the ordinances that afflict the destitute, most of which go back to the dawn of gentrification in the ’80s and ’90s. “If you’re lying on a sidewalk, whether you’re homeless or a millionaire, you’re in violation of the ordinance,” a city attorney in St. Petersburg, Fla., said in June, echoing Anatole France’s immortal observation that “the law, in its majestic equality, forbids the rich as well as the poor to sleep under bridges.”

In defiance of all reason and compassion, the criminalization of poverty has actually been intensifying as the recession generates ever more poverty. So concludes a new study from the National Law Center on Homelessness and Poverty, which found that the number of ordinances against the publicly poor has been rising since 2006, along with ticketing and arrests for more “neutral” infractions like jaywalking, littering or carrying an open container of alcohol.

The report lists America’s 10 “meanest” cities — the largest of which are Honolulu, Los Angeles and San Francisco — but new contestants are springing up every day. The City Council in Grand Junction, Colo., has been considering a ban on begging, and at the end of June, Tempe, Ariz., carried out a four-day crackdown on the indigent. How do you know when someone is indigent? As a Las Vegas statute puts it, “An indigent person is a person whom a reasonable ordinary person would believe to be entitled to apply for or receive” public assistance.

That could be me before the blow-drying and eyeliner, and it’s definitely Al Szekely at any time of day. A grizzled 62-year-old, he inhabits a wheelchair and is often found on G Street in Washington — the city that is ultimately responsible for the bullet he took in the spine in Fu Bai, Vietnam, in 1972. He had been enjoying the luxury of an indoor bed until last December, when the police swept through the shelter in the middle of the night looking for men with outstanding warrants.

It turned out that Mr. Szekely, who is an ordained minister and does not drink, do drugs or curse in front of ladies, did indeed have a warrant — for not appearing in court to face a charge of “criminal trespassing” (for sleeping on a sidewalk in a Washington suburb). So he was dragged out of the shelter and put in jail. “Can you imagine?” asked Eric Sheptock, the homeless advocate (himself a shelter resident) who introduced me to Mr. Szekely. “They arrested a homeless man in a shelter for being homeless.”

The viciousness of the official animus toward the indigent can be breathtaking. A few years ago, a group called Food Not Bombs started handing out free vegan food to hungry people in public parks around the nation. A number of cities, led by Las Vegas, passed ordinances forbidding the sharing of food with the indigent in public places, and several members of the group were arrested. A federal judge just overturned the anti-sharing law in Orlando, Fla., but the city is appealing. And now Middletown, Conn., is cracking down on food sharing.

If poverty tends to criminalize people, it is also true that criminalization inexorably impoverishes them. Scott Lovell, another homeless man I interviewed in Washington, earned his record by committing a significant crime — by participating in the armed robbery of a steakhouse when he was 15. Although Mr. Lovell dresses and speaks more like a summer tourist from Ohio than a felon, his criminal record has made it extremely difficult for him to find a job.

For Al Szekely, the arrest for trespassing meant a further descent down the circles of hell. While in jail, he lost his slot in the shelter and now sleeps outside the Verizon Center sports arena, where the big problem, in addition to the security guards, is mosquitoes. His stick-thin arms are covered with pink crusty sores, which he treats with a regimen of frantic scratching.

For the not-yet-homeless, there are two main paths to criminalization — one involving debt, and the other skin color. Anyone of any color or pre-recession financial status can fall into debt, and although we pride ourselves on the abolition of debtors’ prison, in at least one state, Texas, people who can’t afford to pay their traffic fines may be made to “sit out their tickets” in jail.

Often the path to legal trouble begins when one of your creditors has a court issue a summons for you, which you fail to honor for one reason or another. (Maybe your address has changed or you never received it.) Now you’re in contempt of court. Or suppose you miss a payment and, before you realize it, your car insurance lapses; then you’re stopped for something like a broken headlight. Depending on the state, you may have your car impounded or face a steep fine — again, exposing you to a possible summons. “There’s just no end to it once the cycle starts,” said Robert Solomon of Yale Law School. “It just keeps accelerating.”

By far the most reliable way to be criminalized by poverty is to have the wrong-color skin. Indignation runs high when a celebrity professor encounters racial profiling, but for decades whole communities have been effectively “profiled” for the suspicious combination of being both dark-skinned and poor, thanks to the “broken windows” or “zero tolerance” theory of policing popularized by Rudy Giuliani, when he was mayor of New York City, and his police chief William Bratton.

Flick a cigarette in a heavily patrolled community of color and you’re littering; wear the wrong color T-shirt and you’re displaying gang allegiance. Just strolling around in a dodgy neighborhood can mark you as a potential suspect, according to “Let’s Get Free: A Hip-Hop Theory of Justice,” an eye-opening new book by Paul Butler, a former federal prosecutor in Washington. If you seem at all evasive, which I suppose is like looking “overly anxious” in an airport, Mr. Butler writes, the police “can force you to stop just to investigate why you don’t want to talk to them.” And don’t get grumpy about it or you could be “resisting arrest.”

There’s no minimum age for being sucked into what the Children’s Defense Fund calls “the cradle-to-prison pipeline.” In New York City, a teenager caught in public housing without an ID — say, while visiting a friend or relative — can be charged with criminal trespassing and wind up in juvenile detention, Mishi Faruqee, the director of youth justice programs for the Children’s Defense Fund of New York, told me. In just the past few months, a growing number of cities have taken to ticketing and sometimes handcuffing teenagers found on the streets during school hours.

In Los Angeles, the fine for truancy is $250; in Dallas, it can be as much as $500 — crushing amounts for people living near the poverty level. According to the Los Angeles Bus Riders Union, an advocacy group, 12,000 students were ticketed for truancy in 2008.

Why does the Bus Riders Union care? Because it estimates that 80 percent of the “truants,” especially those who are black or Latino, are merely late for school, thanks to the way that over-filled buses whiz by them without stopping. I met people in Los Angeles who told me they keep their children home if there’s the slightest chance of their being late. It’s an ingenious anti-truancy policy that discourages parents from sending their youngsters to school.

The pattern is to curtail financing for services that might help the poor while ramping up law enforcement: starve school and public transportation budgets, then make truancy illegal. Shut down public housing, then make it a crime to be homeless. Be sure to harass street vendors when there are few other opportunities for employment. The experience of the poor, and especially poor minorities, comes to resemble that of a rat in a cage scrambling to avoid erratically administered electric shocks.

And if you should make the mistake of trying to escape via a brief marijuana-induced high, it’s “gotcha” all over again, because that of course is illegal too. One result is our staggering level of incarceration, the highest in the world. Today the same number of Americans — 2.3 million — reside in prison as in public housing.

Meanwhile, the public housing that remains has become ever more prisonlike, with residents subjected to drug testing and random police sweeps. The safety net, or what’s left of it, has been transformed into a dragnet.

Some of the community organizers I’ve talked to around the country think they know why “zero tolerance” policing has ratcheted up since the recession began. Leonardo Vilchis of the Union de Vecinos, a community organization in Los Angeles, suspects that “poor people have become a source of revenue” for recession-starved cities, and that the police can always find a violation leading to a fine. If so, this is a singularly demented fund-raising strategy. At a Congressional hearing in June, the president of the National Association of Criminal Defense Lawyers testified about the pervasive “overcriminalization of crimes that are not a risk to public safety,” like sleeping in a cardboard box or jumping turnstiles, which leads to expensively clogged courts and prisons.

A Pew Center study released in March found states spending a record $51.7 billion on corrections, an amount that the center judged, with an excess of moderation, to be “too much.”

But will it be enough — the collision of rising prison populations that we can’t afford and the criminalization of poverty — to force us to break the mad cycle of poverty and punishment? With the number of people in poverty increasing (some estimates suggest it’s up to 45 million to 50 million, from 37 million in 2007) several states are beginning to ease up on the criminalization of poverty — for example, by sending drug offenders to treatment rather than jail, shortening probation and reducing the number of people locked up for technical violations like missed court appointments. But others are tightening the screws: not only increasing the number of “crimes” but also charging prisoners for their room and board — assuring that they’ll be released with potentially criminalizing levels of debt.

Maybe we can’t afford the measures that would begin to alleviate America’s growing poverty — affordable housing, good schools, reliable public transportation and so forth. I would argue otherwise, but for now I’d be content with a consensus that, if we can’t afford to truly help the poor, neither can we afford to go on tormenting them.

Barbara Ehrenreich is the author, most recently, of “This Land Is Their Land: Reports From a Divided Nation.”

Die Waffen der FARC

08.08.2009


Panzerfäuste vor 14 Jahren aus venezolanischen Militärstützpunkt geraubt. Caracas spricht von Medienkampagne

Von M. Daniljuk
amerika21.de


Caracas. Die schwedischen Panzerfäuste AT-4 wurden vor 14 Jahren der Guardia Nacional in Venezuela geraubt. Dies ergab eine Untersuchung des Militärs, die heute bekannt gegeben wurde. Wenige Tage, nachdem neue Stationierungspläne des US-Militär in Kolumbien für Unruhe in Lateinamerika sorgten, hatte der kolumbianische Vizepräsident Santos informiert, die FARC hätten "hochmoderne Raketenwerfer" aus Venezuela bekommen. Der Vorwurf zielte offensichtlich darauf, zum wiederholten Mal nahe zu legen, dass die sozialistische Regierung des Nachbarlandes die Guerilla in Kolumbien unterstützt - dies hatte die Regierung in Caracas immer wieder energisch dementiert. Santos hatte zunächst nur vom "Waffenmarkt" in Venezuela gesprochen. Letzten Montag legte Kolumbien nach: Der New York Times wurde ein kolumbianisches Geheimdienstdokument zugespielt, dass angeblich beweisen sollte, dass der ehemalige Innenminister Venezuelas in den vorgeblichen Waffendeal verstrickt gewesen sein soll.

Bei den Waffen handelt es sich um schwedische Panzerfäuste AT-4 der Firma Saab, die nach Angaben des Herstellers vor mehr als 30 Jahren entwickelt wurden. Im Jahr 1988 waren die Waffen an Venezuela geliefert worden und im vergangenen Herbst vom kolumbianischen Militär in einem Camp der FARC erbeutet worden. Die venezolanische Regierung hatte die Vorwürfe von Anfang an abgestritten. Es handle sich um eine Medienkampagne, mit der Kolumbien von seinen umstrittenen Stationierungsplänen für us-amerikanisches Militär ablenken wolle. Nachdem es zunächst hieß, Kolumbien stelle den USA fünf Militärstützpunkte zur Verfügung, erklärte der kolumbianische Verteidigungsminister heute, man werde den USA sieben Stützpunkte überlassen. Am Montag treffen sich die Länder der Union Südamerikanischer Staaten in Ecuador. Dort werden die kolumbianischen Aufrüstungspläne Thema sein. Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe hat seine Teilnahme abgesagt.

In dieser Woche veröffentlichte die kolumbianische Tageszeitung El Tiempo eine Übersicht über die Waffenbeschaffung der FARC. Danach stammen die bisher vom Militär erbeuteten Waffen der Guerilla aus 27 verschiedenen Ländern, an die Kolumbien mithilfe von Interpol nicht weniger als 209 Auskunftsersuchen richtete. Die meisten Aufforderungen, Waffenlieferungen zu untersuchen, schickte Kolumbien an den engsten Verbündeten, die Vereinigten Staaten, und an osteuropäische Länder. Prominent vertreten ist aber auch die Europäische Union. Aus Europa stammen vor allem Pistolen und Revolver, während aus den USA neben Gewehren und Munition auch Panzerfäuste kommen. Viele der Auskunftsersuchen richten sich an Länder, die selber keine Waffenhersteller sind, sondern wie im Falle von Venezuela und den schwedischen Panzerfäusten als Käufer ermittelt wurden.

Nationale Märsche, Studis behaupten sich, Flughafen dicht - der unglaubliche Widerstand

Samstag, 8. August 2009

(8.8.09) Seit über 40 Tagen ist die Widerstandsbewegung gegen den Putsch jeden Tag auf der Strasse. Ihre Leute wurden in den Bergen von El Paraíso von Kampffliegern verfolgt und von Todessschwadronen belauert; die LehrerInnen sind seit dem 28. Juni fast im Dauerstreik, einen von ihnen ermordeten die Sicherheitskräfte vor einer Woche an einer Demo, einen anderen stachen sie auf dem Heimweg von der Beerdigung des ersten ab, gleich wie den 23jährigen Pedro Mandiel in den Bergen von El Paraíso, gleich wie in den 80 er Jahren, als die Politmorde als „normale Kriminalität“ taxiert wurden (einer der berüchtigtsten Operateure der damaligen CIA/Armee-Todesschwadron, des Bataillons 3-16, Billy Joya, ist heute „beratender“ Minister der Putschisten und organisierte die Repression in den Bergen von El Paraíso); zwei Mitglieder der Linkspartei UD sind von Auftragskillern hingerichtet worden; am Flughafen schossen Heckenschützen in die flüchtende, unbewaffnete Menge von DemonstrantInnen und ermordeten einen „chavistischen Satanist“, wie die Regimemedien die DemonstrantInnen manchmal nennen; auf dem Land schikanieren Armeesperren die Menschen; kaum ein Tag vergeht, ohne dass eine Demo, eine Strassenblockade mit Tränengas und Gummischrott angegriffen wird; vorgestern Donnerstag stürmten militärisch aufgerüstete Polizeieinheiten das Gelände der wichtigsten Universität, der UNAH, trotz der tief verankerten universitären Autonomie, verprügelten auch die Rektorin, die Vizerektorin und mehrere DozentInnen und wichen erst unter massiver Gegenwehr (Steine) der StudentInnen zurück, die damit zum ersten Mal die bisher eisern durchgehaltene Gewaltlosigkeit etwas relativierten – und immer noch ist die Bewegung auf der Strasse, wächst und erfindet neue Modalitäten des Widerstands.

Seit Mitte Woche finden landesweit zwei Grossmärsche auf die beiden wichtigsten Städte, Tegucigalpa und San Pedro Sula statt. Unterwegs, in Dörfern und Städten, wird informiert und mobilisiert. Gleichzeitig finden in den beiden Zielstädten grosse Demos statt.

Jetzt hält ein Streik im öffentlichen Sektor an: Erziehung, Spitäler, Strom. Gestern haben sich tausende von Taxifahrer angeschlossen – die Strassenblockaden vermiesen eh das Geschäft und Mel muss zurück. Die wichtigste zentralamerikanische Fluggesellschaft, Taca, hat alle ihre Honduras-Flüge gestrichen, da auch die FlughafenmetereologInnen im Streik sind.

Die Politik von Mr. Doubletalk: bellen, nicht beissen (im eigenen Lager)

Die Politik von Mr. Doubletalk: bellen, nicht beissen (im eigenen Lager)

(8.8.09) Nach Angaben der Putschfinanzministerin Gabriela Nuñez in der Online-Ausgabe des El Heraldo bewirkt der antiputschistische Widerstand jeden Tag einen wirtschaftlichen Verlust von 37 Millionen US-Dollar. Das Regime plündert vorderhand die Devisenreserven (minus $250 Millionen, laut dem rechtmässigen Notenbankpräsident) und das Geld des Satans, also die venezolanischen Hilfsgelder für soziale Projekte. Würden die USA reale Sanktionen und nicht nur symbolhafte Abbilder davon ergreifen, die Gorilettis würden längst empört aus Miami jaulen. Aber da sei Clinton vor!

Vor wenigen Tagen verlangten Präsident Mel Zelaya und die linke Aussenministerin Patricia Rodas von US-Präsident Barack Obama endlich Taten statt Worte. Taten wären etwa: den Putschisten ihre privaten Bankverbindungen in Miami sperren und nicht nur ausgelesen wenigen die diplomatischen, nicht aber die touristischen, Visa aufzuheben. Eine Tat wäre: Stopp aller honduranischen Importe in die USA – der Spuk wäre im Nu vorbei.

Nur, das sieht Obama anders. Der Mann, der cool lächelnd binnen Wochen ein paar Millionen Pakistanis auf die Flucht schicken kann, sagt: „Ich kann nicht auf einen Knopf drücken und Mr. Zelaya plötzlich ins Amt zurückbringen“ (New York Times, 8.8.09). Kann er um so weniger, als, wie ihn das Putschistenblatt El Heraldo gestern weiter zitierte, er ein Dilemma ortet: „Einige jener, welche die Einmischung der USA in Lateinamerika kritisiert haben, beklagen sich jetzt darüber, dass die USA sich heute nicht genügend einmischen“. Die Locals machen es dem Mann wirklich nicht einfach. Dabei lässt er doch keine Gelegenheit aus, weder am Amerikagipfel im April in der Karibik noch beim kürzlichen Afrikabesuch, ihnen einzuschärfen, endlich aufhören, die Schuld anderen zu geben, statt endlich die Ärmel hochzukrempeln und democracy and progress aufzubauen. Und jetzt flennen sie wieder wegen Honduras und wissen nicht, was sie wollen.

Im Gegensatz zu seiner Administration. In einem Brief Richard Lugar vom Foreign Relations Committee des US-Senats, versicherte das Department of State (DoS) dem republikanischen Putschfreund, man kritisiere Zelayas „Insistieren auf provokativen Handlungen“, die, so die reportierende Reuters-Agency zu dessen „Entfernung“ geführt haben. Deshalb, so der Brief, „haben wir Rufe nach einschneidenden Wirtschaftssanktionen zurückgewiesen“ (in NYT online, 5.9.09). Man setze stattdessen auf diplomatische Lösungen, wie sie so herrlich nützlich sind, um viel Zeit für das auf die Dauer ja kaum tragbare Putschregime herauszuschinden. Heute klagt John Kerry vom erwähnten Senatskomitee, der Brief lasse womöglich Verwirrung über die US-Politik entstehen, was das Blatt animiert als Disput zwischen demokratischer und republikanischer Partei darstellte. Womit wir wieder beim Eigentlichen wären: dem projizierten Innenleben der Macht in Washington, und nicht mehr bei den Handlungen dieser Macht in Honduras.

Komisch, dass die honduranischen PutschexponentInnen Obamas Knopf-Erklärung und den DoS-Brief bejubeln. Komisch auch, dass Antonio Tavel, Präsident von Xerox Honduras, zu den US-„Pressionen“ auf das Putschregime lakonisch meinte: „Ihr Gebell ist schlimmer als ihr Biss“ (NYT, 8.8.09).

Christdemokrat gibt Auskunft über die Rolle von Washingtons Botschaft während des Putsches in Tegucigalpa

aus "junge welt", 4.08.2009 / Ausland / Seite 7Inhalt
USA gut informiert
Honduras: Christdemokrat gibt Auskunft über die Rolle von Washingtons Botschaft während des Putsches in Tegucigalpa
Von André Scheer


Honduras’ christdemokratischer Präsidentschaftskandidat Felícito Ávila hat in einem Gespräch mit der den Putschisten ergebenen Tageszeitung El Heraldo betont, daß der US-Botschafter in Tegucigalpa, Hugo Llorens, von den Planungen für den Staatsstreich gewußt hat. Sicherlich habe Llorens auch das State Department in Washington informiert.

Der Insider Ávila, der den Sturz von Manuel Zelaya am 28. Juni erklärtermaßen unterstützte, präsentierte weitere Details über die Verwicklung Washingtons in die Ereignisse. Demnach ging der US-Botschafter davon aus, daß der Sturz des Präsidenten erst am 29. Juni, also nach Abschluß der Volksbefragung über die Aufstellung einer »vierten Urne« bei den für Ende November geplanten allgemeinen Wahlen, erfolgen werde. Weiter habe Llorens vermutet, daß der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), José Miguel Insulza, kurz nach dem Sturz Zelayas nach Tegucigalpa kommen würde, um die Rechtmäßigkeit der Absetzung des Präsidenten zu bestätigen, weil dieser die Verfassung gebrochen habe.

Die von einer breiten Volksbewegung unterstützten Pläne Zelayas, neben den Wahlen eines neuen Präsidenten, der Parlamentsabgeordneten und Bürgermeister auch über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung abstimmen zu lassen, gelten als der Auslöser für den gewaltsamen Sturz des Präsidenten. Aus Sicht der US-Botschaft in Tegucigalpa hätte die Abstimmung über die »vierte Urne« durchgeführt werden müssen, »um die wirkliche Begründung dafür zu haben, daß die Ablösung rechtmäßig war«, sagte Ávila.

In den Bergen, verfolgt von Kriegsflugzeugen

Mittwoch, 5. August 2009

Langsam werden Informationen über den veritablen Horrorzustand im honduranischen Grenzgebiet zu Nicaragua bekannt, als unbekannt viele Menschen versucht haben, Präsident Zelaya bei seinem Grenzübertritt zu helfen. Diese Phase ist für den Moment vorbei, beleuchtet aber die kriminelle Natur des Putschregimes, den Mut der Widerstandsbewegung und die arrogante Dummheit der hiesigen Medienschaffenden, die sich über den "Operettenauftritt" Zelayas mockiert haben.

Ein aufrüttelndes Gespräch mit dem erfahrenen indigenen Aktivisten Salvador Zúñiga

in Nicaragua von einer Compañera für tortillaconsal.com geführt. Auszüge daraus:

29. Juli 2009

Frage: Wie heisst Ihre Organisation?

COPINH (Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras) … [In Honduras] wird ein Krieg gegen ein unbewaffnetes Volk geführt, das nur die Rückkehr des Präsidenten fordert, für den wir vor vier Jahren gestimmt haben. In diesem Krieg kommt es zu Gefängnis. Sie sperren pro Tag bis zu 300 Personen ein. In El Paraíso [Ort in der Nähe zur nicaraguanischen Grenze, wo Präsident Zelaya weilte] reichten die Polizeizellen nicht mehr aus und verbrachten die Leute ins Stadium. Sie haben Leute umgebracht, so die Todesschwadronen, die welche, die an die Demos gehen, danach entführen und sie foltern, ermorden, ihnen den Hals zerschneiden und die dann in der Nähe der Mobilisierungen liegen lassen. Das war der Fall von Pedro Magdiel.

… Wir waren etwa 300 Personen, die aufbrachen, um [an der Grenze mit Nicaragua] den Präsidenten zu empfangen. Sie haben uns unterwegs angehalten und uns nachher die Busse weggenommen. Danach waren wir zu Fuss unterwegs, verfolgt von ihnen.

Frage: Wo nahmen sie Ihnen die Busse weg?

Am Ausgang von Tegucigalpa auf der Höhe der Abzweigung von Tatumbla. Von dort aus liefen wir. Wir kamen zur zweiten Strassensperre, von Zambrano, der wir auswichen. Dann zur dritten in Ojo de Agua, der wir auch auswichen, stets zu Fuss. Danach eine oberhalb von Las Crucitas, wir wichen aus. Danach eine in Arenales, dort war die First Lady der Nation. Auch der wichen wir aus und dann begann die Verfolgung, denn sie passten uns ab. Wir gingen auf der Landstrasse und nahmen eine Abzweigung, da sie weiter vorne eine Sperre hatten. Da begannen sie zu schiessen.

Frage: Mit scharfer Munition?

Mit scharfer Munition, klar. Und seither waren wir nicht mehr auf Strassen oder Strässchen unterwegs, sondern quer über die Berge. Sie folgten uns jetzt nicht mehr auf dem Land, sondern mit Tucanes, den Kriegsflugzeugen. Und wir mitten im Gestrüpp, mit Verletzten. Wir kamen dann zu einem Dorf San Matías bei El Paraíso. Die Polizei, die wusste, dass wir kommen, da ihnen Leute sagten: „Dort sind sie…“

Frage: Spitzel?


Ja, Polizeispitzel. Da mussten wir weit flussabwärts halten, um zu einem Dorf namens Santa Rosa zu gelangen. Aber schauen Sie, Compañera, das ist ein wirklich schrecklicher Weg, nachts, ohne Licht. Wir kamen nach Santa Rosa und dort begann die Verfolgung von neuem, denn wieder wurden wir denunziert. Da mussten wir wieder abhauen, bis wir erneut in El Paraíso ankamen. Dort unterstützen wir eine Strassenbesetzung, die schon am Laufen war, und verbrachten so die Nacht.

Am folgenden Tag begann das Manöver, um nach Nicaragua zu kommen. Siebzig zogen in eine Richtung und die anderen in eine andere. Die siebzig wurden von der Armee mit der Waffe in der Hand umzingelt, verstehen Sie? Sie verbrachten sie in die Zellen der Kaserne von El Paraíso. Danach schlossen sie sie in Lieferwagen ein und transportierten sie nach Tegucigalpa. Andere Compañeros blieben an der Strassenbesetzung. Am nächsten Tag wurden auch sie umzingelt und in Lieferwagen nach San Pedro Sula verbracht. Dabei erstickten einige beinahe. Das ist schrecklich und irre. Es hat sich ja nicht um eine bewaffnete Kolonne gehandelt, die Leute hatten noch nicht mal eine Machete für das Gestrüpp dabei, aber eine Armee auf den Fersen, nur weil wir den Präsidenten empfangen und gegen den Putsch protestieren wollten.
Wir mussten erneut über die Berge, bis wir hierher nach Nicaragua gelangten.

… gestern gab es zwei Tote an einem Fussballmatch. Es spielte Motagua gegen Olimpia, also die beiden bekanntesten Clubs von Honduras. Am Ausgang war schon die Polizei aufgestellt und die Leute empörten sich und fingen an zu rufen: „Putschisten raus, Putschisten raus“. Die Polizei begann zu schiessen und es gab zwei Tote, zwei Junge mit einem ganzen Leben noch vor sich.

Da sagt man sich: „Wie steht es um mein Land?“ Wir sind um Jahre zurückgeworfen, um Jahre. In diesem Sinn ist das Panorama sehr schwarz, denn auch falls der Präsident wieder zurückkehrt, wollen wir nicht, dass aus den Verhandlungen eine Straflosigkeit folgt. Dass die, die Verbrechen gegen Zivile begangen haben, amnestiert werden.

Eine andere Sache sind politische Delikte, aber Verbrechen wie dieses, auf Unbewaffnete zu schiessen…! Da ist ohne Zweifel die venezolanische Ultrarechte beteiligt, die angefangen hat, für diesen Putsch zu arbeiten – Robert Carmona und Otto Reich -, um Honduras in das zu verwandeln, was es fast immer gewesen ist: eine Base des Terrorismus, um demokratische Prozesse anzugreifen. [Carmona, Aktivist des Putsches 2002 in Venezuela, in den USA aktiv. Reich: einer der Putschbosse in Venezuela, Lateinamerikabeauftragter von George Bush. Beide in der Putschzeit in Tegucigalpa gesichtet worden.]

Wenn dieser Staatsstreich durchkommt, kann der nächste in Guatemala oder in el Salvador erfolgen. Dann haben wir wieder die Armeen, welche die Entscheidungen treffen. Und wir werden auch zu der Epoche der Guerillas zurückkehren. Zu den blutigen Epochen. Wir in Honduras machen unser Möglichstes, um die Diktatur ohne den Gebrauch von Waffen, noch nicht mal eines Nagelclippers, zu besiegen. Auch wenn es vielleicht illusorisch ist zu denken, dass das möglich ist, dass man sie mit Ideen, mit Mobilisierungen, mit zivilem Widerstand besiegen kann. Es wäre sehr traurig, wenn dies misslänge und man zur bewaffneten Konfrontation käme. Dieses Szenarium eines Bürgerkrieges steht nahe bevor. Ein Szenarium, in dem unglücklicherweise immer die Armen, die Buben, die Mädchen und alle am meisten leiden. Hoffentlich kommt es nicht dazu.

Stellen Sie sich vor, wie wir, als wir uns für den Aufbruch auf der Plaza Villas del Sol versammelten, mit Fahnen und allem, und über uns flogen Kampfflugzeuge. Man fragt sich dann: Wollen sie die etwa einsetzen? Jetzt sind die Leute eingeschüchtert, sie haben in Danlí Angst [Städtchen nahe der Grenze]. Wenn Sie an die Demos gehen, sind Sie aktiv und alles. Aber wenn Sie dann allein sind, überkommt sie die Panik…

Honduranisches Tagebuch (III): Mehr als nur ein Toter

Die Gewalt gegen die Demokratiebewegung nimmt zu. Menschenrechtsaktivisten fordern Untersuchungen

Harald Neuber, Tegucigalpa
amerika21.de
4. August 2009

Tegucigalpa. Die Trauerfeier für Roger Abraham Vallejo war ein politisches Ereignis. Tausende Menschen kamen am Wochenende zum Hauptsitz des Lehrerkollegs COPENH. Seit Samstag war der karg eingerichtete Versammlungsraum in dem Flachbau am Rande der honduranischen Hauptstadt zur Trauerhalle für den 38-jährigen Lehrer und Familienvater umfunktioniert worden. Vallejo war am Donnerstag am Rande einer Demonstration von einer Kugel in den Kopf getroffen wurden. Er starb in der Nacht zum Samstag. Am Montag wurde er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.
Nach Angaben des Polizeisprechers kam die Kugel, die Vallejo tötete, aus einem Protestzug für die Rückkehr des Präsidenten Manuel Zelaya. Doch Augenzeugen bestätigen das Gegenteil. "Roger ging am Ende der Demonstration", sagt Jaime Odoñez, ein Kollege des Toten: "Hinter ihm waren gar keine Demonstranten mehr."
Nach anderen Berichten, die die Menschenrechtsorganisation COFADEH zusammengetragen hat, hatte ein Polizist den Lehrer gezielt und aus der nächster Nähe hingerichtet. Klarheit könnte die Kugel bringen. Doch noch während der Autopsie sind nach Angaben der Ärzte Polizisten in das Krankenhaus gekommen, um das Projektil zu konfiszieren.
Der gewaltsame Tod von Vallejo war kein Einzelfall. In den vergangenen Tagen hat die Gewalt gegen Kritiker des Putschregimes massiv zugenommen. Nicht generell, denn auf den ersten Blick herrscht in Tegucigalpa Ruhe. Doch nach Auskunft von Berta Oliva, der Präsidentin der Menschenrechtsorganisation COFADEH, wurde jeden Tag mindestens ein Mensch getötet. "Unser Problem ist, dass wir nicht die Ressourcen haben, um all diese Fälle zu untersuchen", so Oliva, die Menschenrechtsverletzungen in einem weitaus größeren Ausmaß befürchtet. Im Verwaltungsbezirk El Paraíso an der Grenze zu Nicaragua könnten Dutzende Anhänger Zelayas erschossen worden sein, als sie zum Präsidenten gelangen wollten. "Weil die Straßen vom Militär blockiert waren, gingen sie in die Berge - doch dort wartete das Militär", sagt die renommierte Menschenrechtsaktivistin. Sie habe Aussagen von Zeugen über die Erschießungen zusammengetragen, sagt sie, "und ich halte diese Angaben für glaubwürdig". Oliva appelliert nun an Menschenrechtsgruppen und ausländische Regierungen, Mittel für eine Untersuchungskommission zusammenzustellen. "Wir müssen wissen, wie viele Menschen ihren Einsatz für eine Rückkehr zu Rechtsstaat und Demokratie mit ihrem Leben bezahlt haben."

Honduranisches Tagebuch (II): Gespräch mit einem Staatsanwalt

Warum in Honduras ein Putsch stattgefunden hat und keine "Machtablösung".

Harald Neuber, Tegucigalpa
amerika21.de
2. August 2009

Tegucigalpa. Jari Dixon Herrera arbeitet seit vier Jahren als Staatsanwalt in Honduras. Und er nimmt seine Arbeit ernst. "Alle Menschen sollten vor dem Gesetz gleich sein", sagt er bei einem Treffen mit unserer Delegation. In Honduras aber würden die Gesetze nur gegen die Armen angewandt. "Wer Geld hat, kann sich freikaufen". Aus diesem Rechts- und Gerechtigkeitssinn heraus hat sich der junge Jurist auch gegen den Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Manuel Zelaya gewandt. Während die Putschisten die Legalität ihres Handelns nachzuweisen versuchen, beweist Herrera das Gegenteil. Nüchtern, sachlich, juristisch.
Als Präsident Zelaya am 28. Juni von einem Armeekommando verschleppt wurde, brachten die Putschisten gleich mehrfach das Gesetz, sagt Herrera. Erstens lag gegen den Staatschef keine Anklage vor, zweitens darf das Militär in Honduras keinen Staatsbürger festnehmen, drittens verbietet die geltende Verfassung die gewaltsame Ausweisung von Staatsbürgern ins Ausland.
Wegen der starken internationalen Ablehnung hätten die Putschisten später rückwirkend vermeintliche Belege für die Legalität ihres Handelns konstruiert, sagt Herrera. Das bekannteste Beispiel ist das gefälschte Rücktrittsgesuch, das Zelaya verfasst haben soll. Als der Betrug aufflog, änderten die Putschisten ihre Argumentation. Plötzlich behaupteten sie, gegen Zelaya hätte seit dem 25. Juni eine Anklage vor dem Obersten Gerichtshof bestanden. Das Problem ist nur: Jede Anklage wird bei dem Gericht in einem Buch vermerkt - und nach dem 25. Juni waren in dem Register schon andere Fälle eingetragen worden. Die angeblich schon bestehende Anklage konnte also nicht mehr nachgetragen werden. Die Putschisten legten kurzerhand ein neues Buch an. Einziger Eintrag: Der "Fall Zelaya".
Stück für Stück nimmt Herrera die Argumente des Micheletti-Regimes auseinander. Der Nationalkongress, sagt er, dürfe nach geltendem Gesetz keinen Präsidenten entlassen oder einsetzen. Er darf nur die Amtsführung positiv oder negativ bewerten.
Warum in Honduras nicht ein Prozess gegen Zelaya angestrengt worden sei, will ein Mitglied der Beobachterdelegation wissen. So hätte man dem Putsch wenigstens einen legalen Anstrich gegeben. Herrera denkt einen Moment nach. "Wissen Sie", sagt er dann, "ich glaube, dass die Oligarchie am 28. Juni eine politische Nachricht senden wollte". Sie lautete: "Wir setzen hier die Präsidenten ein. Und wenn sie uns nicht mehr passen, dann setzen wir sie auch wieder ab."

Scientific American: Alle Berichte über GVO-Untersuchungen in Fachblättern stammen von den Saatgutmultis!

Samstag, 1. August 2009

Scientific American: Alle Berichte über GVO-Untersuchungen in Fachblättern stammen von den Saatgutmultis!

(1.8.09) Die Hungeroffensive im globalen Süden geht weiter, auch wenn sie in den Medien fast nicht mehr erwähnt, und wenn, dann meist schöngeredet wird. Es handelt sich um eine Offensive und nicht einfach um einen Schicksalsschlag. Es geht darum, den Grossteil der Menschheit von wenigen Saatgut- und Agrokonzernen abhängig zu machen. Zentrale Bestandteile dieses Unternehmens sind die Durchsetzung gentechnisch manipulierter Organismen, die Welle der Agrotreibstoffe und eine neue Verfügbarkeit von land für das transnationale Kapital, vor allem in der Form von (Zwangs-) Verpachtung „unproduktiver“ Ländereien, womit der bäuerische Kleinbesitz gemeint ist. (Zu diesem ganzen Themenkomplex: s. Correos 154. August 2008, http://zas-texte.blogspot.com/). Der FAO kommt in diesem Kontext die Rolle zu, die Werbetrommeln für noch mehr Gentechfood-Produktion weltweit zu rühren.

William Engdahl hat (http://globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=14570) auf ein Editorial der Augustnummer des Scientific American aufmerksam gemacht. Die HerausgeberInnen des bekannten Fachblattes berichten über einen von 24 ForscherInnen unterschriebenen Brief an die US-Umweltagentur EPA, in dem sie von der Administration Obama wichtige Änderungen auf dem Gebiet der Forschung über die GVO erbitten. Das Problem: Monsanto, Pioneer und Syngenta verbieten im Schatten des „geistigen Eigentums“ mittels einer an jeden Verkauf ihres Saatgutes gekoppelte Enduser-Lizenz jegliche unabhängige Forschung zu Qualität oder Umwelt- und Gesundheitsrisiken ihrer Produkte. Einzig ForscherInnen, die von den Multis kontrolliert und abgesegnet sind, können deshalb in den Fachzeitschriften publizieren. Soviel zur monotonen Behauptung der MultipropagandistInnen, wissenschaftlich sei kein Beweis für eine gesundheitsschädigende Auswirkung von Frankenstein-Food erbracht worden.


Hier der Text aus dem Scientific American (www.scientificamerican.com/article.cfm?id=do-seed-companies-control-gm-crop-research):


Scientific American Magazine - August 13, 2009

Do Seed Companies Control GM Crop Research?

Scientists must ask corporations for permission before publishing independent research on genetically modified crops. That restriction must end
By The Editors
Advances in agricultural technology—including, but not limited to, the genetic modification of food crops—have made fields more productive than ever. Farmers grow more crops and feed more people using less land. They are able to use fewer pesticides and to reduce the amount of tilling that leads to erosion. And within the next two years, agritech com¬panies plan to introduce advanced crops that are designed to survive heat waves and droughts, resilient characteristics that will become increasingly important in a world marked by a changing climate.
Unfortunately, it is impossible to verify that genetically modified crops perform as advertised. That is because agritech companies have given themselves veto power over the work of independent researchers.
To purchase genetically modified seeds, a customer must sign an agreement that limits what can be done with them. (If you have installed software recently, you will recognize the concept of the end-user agreement.) Agreements are considered necessary to protect a company’s intellectual property, and they justifiably preclude the replication of the genetic enhancements that make the seeds unique. But agritech companies such as Monsanto, Pioneer and Syngenta go further. For a decade their user agreements have explicitly forbidden the use of the seeds for any independent research. Under the threat of litigation, scientists cannot test a seed to explore the different conditions under which it thrives or fails. They cannot compare seeds from one company against those from another company. And perhaps most important, they cannot examine whether the genetically modified crops lead to unintended environmental side effects.
Research on genetically modified seeds is still published, of course. But only studies that the seed companies have approved ever see the light of a peer-reviewed journal. In a number of cases, experiments that had the implicit go-ahead from the seed company were later blocked from publication because the results were not flattering. “It is important to understand that it is not always simply a matter of blanket denial of all research requests, which is bad enough,” wrote Elson J. Shields, an entomologist at Cornell University, in a letter to an official at the Environmental Protection Agency (the body tasked with regulating the environmental consequences of genetically modified crops), “but selective denials and permissions based on industry perceptions of how ‘friendly’ or ‘hostile’ a particular scientist may be toward [seed-enhancement] technology.”
Shields is the spokesperson for a group of 24 corn insect scientists that opposes these practices. Because the scientists rely on the cooperation of the companies for their research—they must, after all, gain access to the seeds for studies—most have chosen to remain anonymous for fear of reprisals. The group has submitted a statement to the EPA protesting that “as a result of restricted access, no truly independent research can be legally conducted on many critical questions regarding the tech¬nol¬ogy.”
It would be chilling enough if any other type of company were able to prevent independent researchers from testing its wares and reporting what they find—imagine car companies trying to quash head-to-head model comparisons done by Consumer Reports, for example. But when scientists are prevented from examining the raw ingredients in our nation’s food supply or from testing the plant material that covers a large portion of the country’s agricultural land, the restrictions on free inquiry become dangerous.
Although we appreciate the need to protect the intellectual property rights that have spurred the investments into research and development that have led to agritech’s successes, we also believe food safety and environmental protection depend on making plant products available to regular scientific scrutiny. Agricultural technology companies should therefore immediately remove the restriction on research from their end-user agreements. Going forward, the EPA should also require, as a condition of approving the sale of new seeds, that independent researchers have unfettered access to all products currently on the market. The agricultural revolution is too important to keep locked behind closed doors.
Note: This article was originally printed with the title, "A Seedy Practice."

"Hier gibt keiner auf"

Freitag, 31. Juli 2009 17:57
der honduranische Widerstand mehr als 30 Tage nach dem Putsch

Erika Harzer

Honduras im fortdauernden Ausnahmezustand, versinkt im Chaos und generiert mehr und mehr straffreie Räume für weitere Menschenrechtsverletzungen, die in alle Bereiche des honduranischen Alltagslebens herein reichen. Und die Lebensbedingungen der Armen des Landes, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, verschlechtern sich von Tag zu Tag.
Einen neuerlichen Höhepunkt der Repression erfuhr die Widerstandsbewegung am Donnerstag, den 30. Juli. Der honduranische Lyriker Samule Trigueros machte sich mit Freunden im Taxi auf den Weg zur Strassensperre an der Ausfallstrasse Richtung Norden in Tegucigalpa. Womit er nicht rechnete, war, dass der Taxifahrer die Gruppe bei den dortigen Polizisten und Militärs denunzierte und er bei seiner Ankunft an der Sperre umgehend verhaftet wurde. Ihm wurde alles abgenommen und er musste sich in aller Öffentlichkeit bis auf die Unterhose ausziehen, wurde mehr als eine Stunde dort so festgehalten, verhört und als er dann wieder angezogen abtransportiert werden sollte, rief er laut seinen Namen in die Menge und dass er ein honduranischer Autor sei. Dies verschärfte zunächst seine Behandlung. Brutal wurde er zu Boden geworfen, und verprügelt, bis dann der Leiter der Einheit ihn anbrüllte mit den Worten, er zähle auf zehn und wenn er bis dahin nicht verschwunden sei, würde er ihn verschwinden lassen. Worte, an denen Trigueros in diesem Moment nicht zweifelte und ihn um sein Leben rennen ließ.
Insgesamt wurde diese Blockade, an der mehrere Tausend Menschen teilnahmen, mit bis dahin noch nicht erlebter Gewalt auseinander getrieben. Aus Helikoptern wurde Tränengas auf die Blockierenden abgeworfen. Mit Knüppelorgien gingen die Sicherheitskräfte gegen die fliehende Menge vor, die in ihrem Rückzug Richtung Innenstadt immer wieder auf neue, sie erwartende Polizei- oder Militärsperren traf. Ein in der Lehrergewerkschaft organisierter Teilnehmer, Professor Roger Abraham Vallejo Soriano, wurde durch einen Kopfschuss lebensgefährlich verletzt. Die Zahl der Verletzten ist nicht bekannt, nur das auch Rafael Alegria von Via Campesina zu den Verletzten gehört, ebenso wie Carlos H. Reyes, der Anführer des Bloque Popular, einem Zusammenschluss linker Organisationen, der wegen mehrerer Schläge gegen den Kopf und gebrochener Hand im Krankenhaus behandelt werden mußte. 99 Personen wurden während der Aktion verhaftet, darunter auch der Juan Barahona, ein weiterer Anführer des Bloque Populars. Aufgrund der Interventionen der honduranischen Menschenrechtsorganisationen COFADEH, CIPRODEH und CODEH waren die Verhafteten am späten Nachmittag wieder freigelassen.

Ob dies als Demonstration der Stärke oder als letztes Aufbäumen einer untergehenden Allianz einzuordnen ist, sei dahingestellt. Die Vorfälle demonstrieren allerdings, dass das Ende dieser Allianz dringend gefunden werden sollte, bevor in Honduras noch mehr Blut vergossen werden wird. Aber wie, bei dieser festgefahrenen Situation? „Der Hebel zur Lösung liegt in den USA“ – schreiben Aktivisten des Widerstands und fordern mehr „hechos concretos“, konkrete Maßnahmen, die die Putschisten isolieren sollten. Ein erster Schritt in diese Richtung könnte die bereits vorgenommene Aberkennung der Visa für vier am Putsch beteiligte Personen und deren Familien seitens der USA sein, bei anderen wird gerade noch geprüft. Noch steht aber auch die Frage im Raum, inwieweit zu den möglichen Drahtziehern des Putsches auch Personen der Republikanischen Partei oder aus dem Diplomatischen Corps der USA gehören. Um eine entsprechende Untersuchung dieser Vorwürfe baten mehrere Frauenorganisationen Barack Obama in einem offenen Brief.