Honduras: Blausäure gegen die brasilianische Botschaft?

Sonntag, 27. September 2009

Das Internationale Observatorium der Situation der Menschenrechte in Honduras (OISDHHN) verurteilt den Angriff mit Giftsubstanzen auf die brasilianische Botschaft in Tegucigalpa



25 September 2009

Heute haben die Sicherheitskräfte der De-facto-Regierung einen Angriff mit hochtoxischen Substanzen gegen die Personen durchgeführt, die sich in der Botschaft von Brasilien in Tegucigalpa aufhalten. Dies erfolgte zum gleichen Zeitpunkt, an dem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in einer Sondersession zu Honduras tagte und die Respektierung der Unverletzlichkeit der brasilianischen Botschaft in dieser Stadt und des Lebens und der physischen Integrität von Präsident Zelaya, seiner Familienmitglieder seiner BegleiterInnen forderte. Der Arzt Mauricio Castellano, Spezialist für öffentliche Gesundheit, der eine technische Analyse der Vorfälle durchführte, kam zu folgenden Befunden:

• Über der Norm liegende Konzentrationen von Ammoniak, das als Grundlage für Pfeffergas dient
• Konzentration von Cianwasserstoff oder Blausäure zwischen 100 und 200 ppm (parts per million)

Diese letzte Substanz produziert beim Einatmen und dem anschliessenden Kontakt mit dem Eisen im Blut eine rasche Wirkung, die sich in Schwindel, Übelkeit, Unterleibsschmerzen, Kopfschmerzen und Atembeschwerden ausdrückt.
Experten zufolge ist diese Substanz ein Produkt der Militärtechnologie und durch internationale Verträge verboten. Ein längerer Kontakt mit ihr ist für alle lebenden Organismen tödlich.
Das OISDHHN verurteilt den Angriff mit Giftsubstanzen gegen die in der brasilianischen Botschaft beherbergten Personen. Das Observatorium drängt die Menschenrechtsstaatsanwältin von Honduras, Sandra Ponce, zu einer sofortigen Untersuchung dieser Vorfälle sowie zur Beschlagnahmung der gegen Präsident Zelaya und seine BegleiterInnen eingesetzten Agressionsinstrumente. Zu diesen zählt der in der Umgebung der Botschaft installierte Schallradar. Diese Aggressionen bewirken körperliche und psychologische Verletzungen, die unter den Bedingungen der militärischen Belagerung der Botschaft als Folterakte eingestuft werden könnten.

Das OISDHHN manifestiert seine Besorgnis wegen der vom Delegierten des Internationalen Roten Kreuzes gegebenen Antwort, der Stunden nach der Verübung des Angriffs eingetroffen ist. Das Observatorium bittet das Internationale Rote Kreuz dringend um die Entsendung von qualifiziertem Personal, das der internationalen Organisation angehören soll, und um alle humanitäre Hilfe, welche die belagerten Personen benötigen.

Schliesslich folgert das Observatorium, das dieser Angriff die Glaubwürdigkeit der von den Putschisten ausgedrückten Dialogbereitschaft verletzt und fordert den UNO-Sicherheitsrat dazu auf, entschieden und schnell zu reagieren. Es beharrt auch vor dem Generalstaatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofes darauf, die ihm vom Römer Statut übertragenen präventiven Vollmachten zu benutzen, um weitere Menschenrechtsverletzungen in Honduras zu verhindern.

Fédération Internationale des Ligues des Droits de l'Homme (FIDH)
Centro por la Justicia y el Derecho Internacional (CEJIL)
Iniciativa de Copenhaguen para Centroamérica y México (CIFCA)
FIAN Internacional
Federación de Derechos Humanos de España
Südwind - Österreich
IBIS - Dänemark
Instituto de Estudios Políticos sobre América Latina y África (IEPALA-Spanien)
Servicio Paz y Justicia (SERPAJ-Uruguay)
Solidarité Mondiale - Belgien
Plataforma Interamericana de Derechos Humanos Democracia y Desarrollo (PIDHDD)




Bericht der spanischen Nachrichtenagentur EFE


Veröffentlicht auf mehreren spanischsprachigen Internetseiten.
Rodas: lanzaron gases tóxicos israelíes, e identifican empresas

New York, EFE, 25.9.09

Heute Freitag wiederholte die Aussenministerin der Regierung von Manuel Zelaya, Patricia Rodas, die Anschuldigung, wonach die De-facto-Behörden von Honduras „Giftgase“ auf die Botschaft von Brasilien in Tegucigalpa geworfen haben […], und nannte die Namen der Unternehmen, die sie verkauft haben.

Mit Zelaya „loyale Quellen aus dem militärischen Geheimdienst haben uns die von den Unternehmen Alfacom und Intercom gelieferten Chemikalien und Belagerungswaffen filtriert“, sagte Rodas diesen Freitag an einer Pressekonferenz. Die honduranische Aussenministerin nimmt an der 64. Generalversammlung der UNO teil.[ …] Diese beiden Unternehmen haben ihren Sitz in Tegucigalpa und sollen dem israelischen Bürger Yehuda Leitner gehören, der als „Bindeglied zu Israel diente. Sie [die Waffen] kamen die letzten Tage an Bord eines privaten Fluges ins Land“. […]

Die Ministerin der abgesetzten Regierung führte aus: Der Spezialist für öffentliches Gesundheitswesen, Mauricio Castellanos, „nahm ausserhalb der brasilianischen Botschaft in Honduras Umweltproben, ungefähr 300 Meter vom Gebäude entfernt, da die Militärs den Zugang zur Botschaft blockiert hatten“.

Rodas zufolge benutzte der Spezialist eine von der Food and Drug Administration (FDA) der USA anerkannte Ausrüstung. Sie sagte, dass „die Resultate eine über der Norm liegende Konzentration von Ammoniak ergeben, das als Pfeffergas genutzt wird. Sie gab an, dass es dieser Analyse zufolge eine hohe Konzentration von Blausäure gebe […].

Weiter prangerte sie an, dass die sich in der Botschaft Aufhaltenden „Ziele chemischer Waffen sind, die aus Helikoptern und Flugzeugen oder auch von den Truppen geworfen werden, [und von] hoch entwickelten Apparaten für Schall- und elektromagnetische Wellen“, bei ihnen verschiedene Verwirrungen bewirkt haben.

Rodas drängte auf „eine internationale medizinische Mission der UNO“ und versicherte, ihr Land befinde sich in „einem irregulären Krieg“. […]

Die Aussenministerin verwies auch darauf, dass ihr Personen aus der brasilianischen Botschaft mitgeteilt haben, dass sie gesehen haben, wie „von einem Haus mit Erde beladene Lastwagen“ weggefahren seien. „Es sieht danach aus, dass sie einen Tunnel graben. Hoffen wir, dass es das ist und nicht, dass sie Bomben vergraben, wie sie das in der Vergangenheit auch schon gemacht haben“.

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ZAS-Kommentar
Es gehört zum Standardrepertoire, den Feind lächerlich zu machen. Das weiss die Washington Post, das weiss die NZZ. Die Post, für die Putschpräsident Micheletti Editorials schreiben darf, mokierte sich gestern in einem Editorial, dass nach einigen Tagen Unruhe nach Zelayas Rückkehr ins Land wieder „Normalität“ herrsche, was Zelaya zu „hysterischen Anschuldigungen“ führe, wonach er mit „Strahlung und toxischen Gasen von ‚israelischen Söldnern’ bombardiert werde“. Die NZZ lässt ihren Peter Gaupp wieder aus Costa Rica schreiben, wo der Mann früher schon mit geradezu phänomenaler Präzision die jeweils aktuelle Sichtweise des State Department zum „zentralamerikanischen „Hinterhof“ als objektive Information transportierte. Gaupp weiss so gewiss, dass nichts dran ist an dieser Sache mit Schall- und anderen Waffen, dass sich jedes Wort der Begründung erübrig. Er schreibt: Zelaya „fabuliert“.

Nun ist immer Vorsicht geboten bei solchen Themen. Man wird auch hellhörig, wenn es wieder mal israelische Agenten sind, die Böses tun. In der Bewegung in Honduras jagen sich viele Gerüchte. In einer derart angespannten, mit extremen Gefahren verbundenen Situation von "Asunahmezustand" und isolierender Ausgangsspere ist es selbstverständlich, dass es zu Gerüchten kommt. So wenig fundamentale Kritik an Israel per se antisemitisch ist, so wenig ist natürlich gesichert, dass sie es nie ist. Auch in der lateinamerikanischen Linken geistern antisemitische Dreckbilder herum. Unabhängig davon: Israelische, offizielle und „parallele“, Strukturen haben in Lateinamerika eine systematisch unheilvolle Geschichte, von der Unterstützung der argentinischen Gorillas über die guatemaltekischen Wehrdörfer bis zur Beteiligung an den kolumbianischen Paramilitärs. Dass israelische Unternehmen den Putschisten über die üblichen Geheimdienststrukturen „nicht-letale“ Waffen zur Massenkontrolle liefern, ist kein Ding von der anderen Seite des Mondes noch zwangsläufig einem antisemitischen Gehirn entsprungen. Um so weniger, als die israelische „Sicherheitsindustrie“ ohnehin stets mehr als ein ausgesourctes US-Unternehmen erscheint. Es wäre also geboten, sich um Fakten und genauere Informationen zu kümmern.

Erneuter Angriff auf brasilianische Botschaft

Freitag, 25. September 2009

25.09.2009


Gebäude von Tränengas eingehüllt. Sicherheitsrat verurteilt De-Facto-Regime
Von M. Daniljuk
amerika21.de

Tegucigalpa. Heute Abend griffen Polizeikräfte in Honduras zum wiederholten Mal die brasilianische Botschaft an. Etwa 700 Polizisten halten das Gebäude blockiert und schießen Tränengas über die Mauer. Nach Berichten lokaler Medien ist das Gebäude in Tränengasschwaden gehüllt. Gegenüber dem spanischen Kanal Onda Cero erklärte Präsident Manuel Zelaya, dass er sich nur noch mit einem Atemgerät im Gebäude bewegen kann. Die Telefonleitungen in das Gebäude sind weiterhin unterbrochen. Unterstützer des rechtmäßigen Präsidenten befürchten, dass das De-Facto-Regime des liberalen Politikers Micheleti die Erstürmung der diplomatischen Vertretung vorbereitet.

Unmittelbar vor diesem erneuten Angriff hatte der Sicherheitsrat der UNO auf einer Dringlichkeitssitzung die Angriffe auf die Botschaft verurteilt und das Regime in Tegucigalpa aufge fordert, die Blockade des Gebäudes sofort aufzuheben. Die Vorsitzende des Gremiums Susan Rice erklärte, das Micheleti-Regime müsse die Versorgung der Personen auf dem Botschaftsgelände sicherstellen. Wasser, Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs sollten sofort in die Vertretung gebracht werden. Außerdem müssten die Kommunikationsverbindungen wierderhergestellt werden.

Honduras: Kämpfe in den Quartieren; Feministinnen berichten

(25.9.09) In den letzten Tagen hat sich die Auseinandersetzung hauptsächlich in die Unterklassenquartiere von Tegucigalpa und San Pedro Sula verlagert. Dessen ungeachtet konnte der Widerstand vorgestern Mittwoch nach einer provisorischen Aufhebung der Ausgangsspere eine grosse Demonstration in der Hauptstadt durchführen, die gegen Schluss von den Repressionskräften angegriffen worden ist. Es kam danach zu regelrechten Hetzjagden vor allem auf Jugendliche, die sich in ihre Quartiere flüchteten und dort teilweise erfolgreich gegen den Repressionsapparat verschanzen konnten, bis am frühen Donnerstagmorgen. Ähnliche Szenen haben sich offenbar auch in der in Honduras soeben zu Ende gegangenen letzten Nacht ereignet.

Nach übereinstimmenden Berichten können die Sicherheitskräfte in manchen Quartieren nur noch in Grossformationen antreten, in kleineren Gruppen fahren sie allenfalls durch die Strassen und schiessen dabei zuweilen auch wild um sich. Während die Polizei mittlerweile von zwei toten Aktivisten des Widerstandes spricht, zirkulieren seit Dienstag Hinweise auf wesentlich mehr Umgebrachte.

Aus einem Bericht einer Compañera vom Centro de Estudios de la Mujer / Feministas en Resistencia von Mittwochabend zur Lage in den Barrios:

„Die Repressionskräfte kommen an, um Häuser zu durchsuchen, die Leute wild zu beschiessen, Tränengas- und Senfgasgranaten zu werfen und auch Druckwellen erzeugende Lärmbomben, denn wir wissen von Personen, die Schnittverletzungen von Gegenständen haben, die normalerweise am Boden liegen wie Scherben, Dosen, etc., die durch die Expansion des Lärms aufgewirbelt werden .. Während der letzten Nacht war der Widerstand in vielen Stadtteilen enorm, wie ich euch schon schrieb. Aber auch die Repression war entfesselt, mit Kugeln, Bomben, Gas. Viele Leute sind verletzt, es gibt unbestätigte Tote. Gestern Nacht sagte uns María Amalia, dass sie von mindestens sechs möglichen Toten in der Ramón Amaya und in der umliegenden Gegend ausgehen.
Von gestern blieben die Zeugnisse der nächtlichen Strassenschlachten in den Quartieren, die sich über die ganze Stadt ausgebreitet haben und heute ein Tegucigalpa im Krieg offenbaren, militarisiert, mit Strassensperren überall, Militärfahrzeugen auf den Strassen und vor den öffentlichen Gebäuden, überall Reste von Barrikaden, Steine, Pflastersteine, verbrannte Pneus und Abfallcontainer, umgestürzte Autos, Material, das für Feuer taugt und dazu, die Quartiere vor dem Zutritt der Repressionskräfte zu schützen. Man konnte leicht die Patronenhülsen sehen, die am Boden lagen, und die in den USA hergestellten und via Peru nach Honduras gelangten Tränengaskanister, wie ein Video aus dem Quartier zeigt.“


Die Schreibende berichtet auch von der Erfahrung einer anderen Compañera der Feministas en Resistencia aus dem öffentlichen Spital Escuela in Tegucigalpa, wo alle zwei Stunden Repressionsorgane vorbeikommen und Verletzte abführen. Laut einer aktuellen Mitteilung wird mittlerweile ein ganzes Stockwerk des Spitals von Verletzten des Widerstandes belegt. Die Menschenrechtsorganisation COFADEH geht von 2000 Festgenommenen seit letztem Montag, dem Tag der Rückkehr des Präsidenten Zelaya aus.

Die Lage vor der brasilianischen Botschaft, wo sich Zelaya aufhält, hat sich unterdessen anscheinend etwas entspannt. Es kam zu ersten Gesprächen Zelayas mit einem direkten Vertreter des Putschregimes, einem katholischen Bischof (Putschist) und mehreren Anwärtern für die Präsidentschaftswahlen im kommenden November. Das Gorillaregime ist also etwas zurückgekrebst, versucht aber erneut die Verzögerungstour. Dies durchaus mit Unterstützung aus Washington. Die Ausgangssperre ist heute über grosse, aber nicht alle Teile des Landes verhängt worden, so auch die Wirtschaftsmetropole San Pedro Sula.

Videos auf Youtube zu Honduras

Mittwoch, 23. September 2009

3 kurze Bildsequenzen zur Repression von gestern:

http://www.youtube.com/watch?v=YartPc2UBjI

http://www.youtube.com/watch?v=KtIKImNBOs8

http://www.youtube.com/watch?v=WgMg44pnNG4&NR=1&feature=fvwp

Tagi recherchierte

(23.9.09) Wieder einmal hat der Tagi gründlich recherchiert und die Ergebnisse dem geneigten Publikum zumindest online nicht vorenthalten. Das liest sich dann so:

Brasilien ruft die Uno um Hilfe
Aktualisiert am 23.09.2009
Die brasilianische Regierung verlangt eine Sondersitzung des Uno-Sicherheitsrats – weil der abgesetzte honduranische Präsident Manuel Zelaya ihre Botschaft belagert.
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/amerika/Brasilien-ruft-die-Uno-um-Hilfe/story/19046672

Widerstand in den Barrios, nicht-letale Waffen



Bild: Lärmwaffe im Einsatz vor der brasilianischen Botschaft, 22.9.09

(23.9.09) In diesen Stunden ist eine Grossdemo des Widerstandes in Tegucigalpa angesagt. Dies wohlverstanden bei Ausgangssperre, die das Regime nun am dritten Tag ohne Unterbruch über das Land verhängt (und seither unter Druck modifiziert) hat. Von der Demo wissen wir noch nichts – Radio Globo ist wieder einmal per Internet nicht zugreifbar und, leider zu befürchten, von den Gorillas abgeschaltet worden. Die Sendungen dieses Radios (http://radioglobohonduras.com/) gehen immer wieder unter die Haut. Heute Nacht etwa, zwischen drei und vier Uhr morgens (!!) in Honduras, die verzweifelten, hoffnungsvollen, religiösen, kämpferischen Anrufe von Männern und Frauen, die sich Leid und Wut von der Seele reden, praktische Verhaltenstipps verbreiten, Infos über lokalen Widerstand und Aufmarsch der Repressionskräfte vermitteln – hier ist der Herzschlag der Bewegung in Honduras spürbar, in dieser Mischung von Mitteilungsbedürfnis, Entsetzen, Aufschrei und Entschlossenheit der einfachen Leute. Menschen, die über sich hinaus wachsen, heroisch sind trotz aller Angst, den nächsten Schritt im Widerstand wagen, weil sie pueblo sind, kollektiv, Unterklasse, würdig. Wenn eine Frau beim Versuch, die Perfidie der Gorilettis zu beschreiben, in Tränen ausbricht, gehst du mit. Du ahnst, was dahinter steckt, wenn auffallend viele Anrufende ihr Schicksal Gott anvertrauen und sich, bis auf wenige Ausnahmen, doch nicht in passiver Ergebenheit verlieren. Du darfst an einer realen Diskussion teilnehmen, wenn dann andere Anrufende die Erfolge der Bewegung in den frühen Nachstunden erwähnen, wie die Repressionskräfte in diesem oder jenem Barrio auf Widerstand gestossen, vor dem Steinhagel an den Barrikaden zurückgewichen sind, während sie andernorts Terror verbreiteten. Durchs Band natürlich Unterklassenquartiere – wer im reichen Schlitten trotz Ausgangsperre unterwegs ist, wird an den Polizei- und Militärsperren höflich durchgewunken, wie Bilder von Canal 36 zeigten.

Die Ausgangssperre: Offenbar hat Putschgeneral Romeo Vásquez von einer „Strategie des Bauchs“ gesprochen, ähnlich wie er sie zum Monatswechsel Juli/August in der Grenzregion Paraiso verfolgte, als Mel Zelaya von Nicaragua her die Grenze überschreiten wollte. Ihr Begriff ist: Aushungern. Aushungern der Bevölkerung, Spaltungen provozieren, aktive Kerne aufreiben. Ohne jede Vorwarnung landesweit eine seit drei Tagen ununterbrochene Ausgangssperre zu verhängen, bedingt eine perverse, wenn auch durchdachte Brutalität.

Allerdings scheint die Rechnung nicht so ganz aufzugehen: So haben nach Angaben des Widerstands-Journalisten Esteban Meléndez von gestern (Dienstag) Nacht BewohnerInnen von Armutsquartieren angefangen, Supermärkte und Läden von Putschisten zu plündern. Dies ergänzt die Nachrichten, wonach gestern Abend in den Hauptstadtquartieren Divanna, Torocagua, Hato de en medio, San Francisco, Kennedy, Calpules, Las Vegas, El Pedregal, Cerro Grande, Centro América Oeste, Picachito, Los Jucos, Morazán und vielen anderen zu aufstandsähnlichen Szenen gekommen ist – Barrikaden, Strassenorganisation, Steine. Aus San Pedro ist zu hören, dass da in einigen besonders „harten“ Stadtteilen wie Suncery und Cabañas die jungen Leute mit Hieb- und Stichwaffen auf die Repressionskräfte losgegangen seien. Für Tegucigalpa sagt Meléndez, dass die Sicherheitskräfte trotz Schusswaffeneinsatz mancherorts das Feld hätten räumen müssen. An einer grossen Umfahrungsstrasse um Tegucigalpa wurden bei Villa Nueva Barrikaden errichtet und dank massenhafter Gegenwehr der Leute gegen die Sicherheitskräfte verteidigt. Auch von anderen Städten ist von widerstand zu hören; zudem gibt/gab es eine beträchtliche Mobilisierung vom Land in die Hauptstadt.

Wie gerade bekannt wurde, suspendiert das Regime die Ausgangssperre für heute von 10 am bis 16 pm. Einige sehen das als Erfolg der Kämpfe.

Die Parole des Frente de resistencia ist, neben den Grossmobilisierungen vor allem die Stadtteil- und Strassenorganisierung.

Zu der Räumung der Leute vor der brasilianischen Botschaft gestern morgen sagen viele ZeugInnen, dass dabei ein noch unbekanntes Gas, weder Senf- noch Tränengas, eingesetzt worden sei. Zudem sollen die Militärs und Polizisten mit der Zeit scharf geschossen haben. Es gibt eine Reihe von Angaben, wonach dabei auch sogenannte nicht-letale Waffen zum Einsatz gekommen seien. Unter anderem ein Gerät (s. Abbildung), das Gehörschäden und Verlust des Gleichgewichts bewirke. Das Bild wurde offenbar gestern aufgenommen. Andere Informationen reden von einer Mikrowellen-Waffe des US-Herstellers Raytheon und einer auf Distanz wirksamen Geräsuchwaffe, der israelischen LRAD. Von Mikrowellenwaffen spricht man in einer etwas breiteren Öffentlichkeit seit einem sowjetischen Angriff auf die US-Botschaft in den 70er Jahren mit solchen Mitteln. Mikrowellen scheinen Tumore, Immunschwäche, Amnesie, Demenz, depressive Symptome, Paranoia und anderes zu bewirken. Die Ultraschallwaffe der Israeli, als Screamer im Einsatz gegen palästinensische DemonstrantInnen berüchtigt geworden, provoziert Konvulsionen, Übelkeit, entsetzliches Kopfweh, Panik – auf mehrere hundert Meter Distanz. Der ursprüngliche salvadorianische Priester Tamayo, in Honduras eine Art Volksheld wegen seines Widerstands früher gegen zerstörerische Minenprojekte und jetzt gegen den Putsch, hat seinerseits, einer Email aus dem Widerstand zufolge, von „chemischen Bomben“ gesprochen, welche die Militärs aus einem benachbarten Gebäude auf das Gelände der brasilianischen Botschaft geworfen hätten und die Kopf-, Hals- und Magenschmerzen bewirkten.

Es ist sicher zu früh, diese Infos als gesichert anzuschauen. Andererseits ist es hundertprozentig falsch, sie von vornherein als dumme Gerüchte abzutun. Wie schon der Einsatz der Lärmwaffe gegen die Botschaft an die Vorkommnisse 1990 bei der US-Invasion von Panama erinnerte, tun es auch diese Hinweise. Damals hatte die zentralamerikanische Menschenrechtsorganisation CODEHUCA eine Reihe von fällen von Leichen dokumentiert, die wie geschrumpft und „getrocknet“ aussahen. Laut Zeugenaussagen waren die Opfer jeweils in der Nähe eines Phänomens gestorben, das wie ein Laserstrahl aussah und zu dem die Vermutung hochkam, es könnte sich um eine experimentelle Mikrowellenwaffe gehandelt haben. Die CODEHUCA-Dokumentation wurde nie beachtet.

In der UNO-Vollversammlung hat der brasilianische Staatspräsident Lula die Putschisten in scharfen Worten davor gewarnt, die Botschaft zu stürmen. Tatsächlich haben sie jetzt die Wasser-, Strom- und Essensversorgung für die Botschaft wieder zugelassen.

WICHTIG: VIELE DER GESTERN GEFANGEN GENOMMENEN BEFINDEN SICH WIEDER AUF FREIEM FUSS. VIELE VON IHNEN WURDEN IN DER GEFANGENSCHAFT MISSHANDELT.

Das verheimlichte Honduras - Stimmen zur Repression





Nationale Widerstandsfront gegen den Putsch (22.9.09)
Wir verurteilen die schmutzige Repression gegen das Volk. Hunderte von Personen sind im Fussballfeld (parque de pelota) Chochy Sosa im Sportkomplex „José Azcona Hoyo“ und auf dem Fussballfeld Lempira Reina eingesperrt. Unsere Compañeras und Compañeros sind geschlagen, gefoltert und verletzt worden. Wir wissen, dass sie wehrlos sind und mit dem Gesicht auf dem Boden liegen.


Red Hondureña de Noticias, redHN, Tegucigalpa, 22.9.09, 12h:
Mit der Unterstützung der Journalisten des Putschblattes La Prensa, die sich dazu hergaben, die Aufenthaltsorte des Widerstandes anzugeben, unterdrückt die Policía Nacional in diesem Moment die Mobilisierung, die in der Stadt San Pedro Sula die Ausgangssperre des De-facto-Regimes Micheletti-Vásquez missachtet.
Tausende von DemonstrantInnen … werden in diesem Moment mit Schüssen und Tränengasgranaten der Militärs und Polizisten im legendären Quartier Cabañas in die Flucht geschlagen, während eine Selbstverteidigungsgruppe (die Sicherheitskräfte) mit Steinen aufhält.
Auch im Volksquartier Hato mitten in der Hauptstadt von Honduras werden die BewohnerInnen von militärischen und polizeilichen Kräften unterdrückt.
Ähnliche Protestaktionen finden in der Stadt El Progreso statt, wo sich die Mitglieder des Widerstands auf der Plaza La Libertad besammelt haben, um … Radio Progreso vor der von den vom Putschgeneral Romeo Vásquez kommandierten Repressionskräften zu schützen.


Gabriel Galeano, 22.9.09, 11h
… Die illegitime Regierung hat seit gestern eine Ausgangssperre über das ganze Land verhängt. So haben sie das Land in ein riesiges Gefängnis verwandelt. Die Polizei macht illegale Durchsuchungen. Einige meiner Künstlerkollegen sind wegen der Gefährdung ihres Lebens untergetaucht.
…. Bevor ich mich verabschiede, möchte ich euch mitteilen, dass sich nahe von meinem Heim das Sportstadium José Simón Azcona befindet, das die Militärs in ein grosses Konzentrationslager umgewandelt haben. Hunderte von Compañeros werden dort festgehalten. Wenn wir still sind, können wir ihr Klagen hören. Das, liebe Freunde, ist das Honduras, das die grossen Medien, die oligarchischen Interessen und die die Heuchelei der zentralamerikanischen Bourgeoisien verheimlichen.

Zuspitzung in Honduras

(22.9.09) Das Putschregime scheint vorzuhaben, mit allen Mitteln zu verhindern, dass die brasilianische Botschaft, in der sich der klandestin ins Land zurückgekehrte Präsident Mel Zelaya aufhält, zum Zentrum der Mobilisierungen entwickelt. Es hatte gestern Nachmittag um 15h30 Ortszeit (23h30 MEZ) eine ab 16 h in Kraft tretende Ausgangsperre bis heute morgen über das Land verhängt, was laut Medienberichten zu chaotischen Zuständen geführt hat. Die Putschisten verlängerten heute die Ausgangssperre übergangslos bis in den Abend hinein - vorderhand. Gleichzeitig verfügte der Putschistenpräsident Micheletti die Schliessung der internationalen Flughäfen für heute, den 22. September. Heute früh aber, berichtet El Tiempo, seien in zahlreichen Quartieren der Hauptstadt die Leute Lebensmittel einkaufen gegangen und viele kleine Märkte wären geöffnet gewesen.

In Tegucigalpa, aber zumindest auch in San Pedro Sula, haben über die Nacht Tausende die Ausgangsperre missachtet. In der Hauptstadt besammelten sie sich um die brasilianische Botschaft, in deren Inneren sich nicht nur Mitglieder der Botschaft und der Präsidentenfamilie, sondern auch Dutzende, nach einigen Quellen, hunderte von Mitgliedern der legitimen Regierung und der Widerstandsbewegung aufhalten. Heute früh um 4 h Ortszeit begannen zahlreiche Spezialeinheiten der Polizei und offenbar auch Armeeangehörige, die Menschen mit Wasserwerfern und Tränengas zu vertreiben. Es ist offenbar zu wüsten Verfolgungsszenen erst im Botschaftsquartier Palmira, tagsüber auch in anderen Stadtteilen bis in die Häuser hinein gekommen, in die sich die Leute flüchteten. Nach allerdings unbestätigten Angaben sollen dabei zwei Menschen getötet worden sein, einer davon, so Via Campesina-Sprecher Rafael Alegría, Mitglied der Gewerkschaft des Nationalen Agrarinstituts. Die Räumlichkeiten der Menschrechtsorganisation COFADEH wurden mit Tränengas angegriffen, dabei wurden auch Leute aus dem Innern abgegriffen. Das unabhängige Radio Globo und der oppositionelle TV-Kanal 36 wurden abgestellt. Auch in San Pedro Sula kam es zu wüsten Angriffen auf die Protestierenden. Zwar behauptet das Regime, es habe keine Verhafteten und keine Verletzten gegeben. Doch El Tiempo zitiert einen Notfallarzt des Hospital Escuela in Tegucigalpa, wonach dort im Laufe des Vormittags 103 Verletzte behandelt worden seien - niemand mit Schussverletzungen. 20 davon seien bei einer Räumungsaktion im Quartier Morazán zusammengeschlagen worden. Hierher waren Flüchtende von der Botschaft gelangt. Viele QuartiersbewohnerInnen errichteten Barrikaden.

Jetzt ist die Gegend um die brasilianische Botschaft militarisiert. Wasser, Strom und Telefon der Botschaft sind abgestellt. Laut La Prensa sucht die nahe gelegene US-Botschaft nach Wegen, ihren brasilianischen KollegInnen zu helfen. (Gestern hatten US-Aussenministerin Hillary Clinton und der costaricanische Präsident Oscar Arias in New York die Rückkehr Zelayas positiv bewertet. Clinton hielt es unter diesen neuen Umständen für „opportun, ihn [Zelaya] unter angemessenen Umständen in seine Position zurückzurufen“ und Arias hielt den Moment für „die beste Gelegenheit …, um das Abkommen von San José [den Clinton/Arias-Plan] zu unterzeichnen“ (http://www.state.gov/secretary/rm/2009a/09/129448.htm). State-Department-Sprecher Ian Kelly betonte heute in einer Erklärung die „Wichtigkeit, die Unverletzlichkeit der brasilianischen Botschaft und der Individuen auf ihrem Gelände zu respektieren“. Die Armee installierte Lautsprechanlagen vor der Botschaft um, wie Zelaya dies in CNN USA sagte, „ohrenbetäubende Töne“ zu verbreiten, „um zu versuchen, die Leute, die drinnen sind, wahnsinnig zu machen“ (AFP, 22.9.09, in El Tiempo). Ein Vorgehen, das sie den US-Soldiers abgeguckt haben, die 1990 so den in die Nuntiatur geflüchteten panamaischen Diktator Noriega zur Aufgabe zwangen.

Das militante Putschistenblatt La Prensa zitiert den De-facto-Verteidigungsminister Alfredo Lionell Sevilla aus einem Interview mit Radio HRN: „…falls die die Unordnung seitens der Demonstranten anhält, könnte der Belagerungszustand ausgerufen werden“.

In der Bewegung kursiert das Gerücht, dass die Armee die brasilianische Botschaft stürmen wolle. Das scheint aber angesichts der mit einer solchen Aktion verbundenen, nicht absehbaren internationalen Brisanz kaum wahrscheinlich. Man darf die Angst, die aus vielen Mails der Leute dort spricht, nicht unterschätzen. Umgekehrt ist aber auch eine Entschlossenheit zu spüren, sich jetzt nicht unterkriegen zu lassen. Die Rückkehr Mels ist galvanisierend. Die Reaktion des offenbar völlig unvorbereiteten Regimes lässt eigentlich nur zwei Schlüsse zu: Entweder sind die Gorilettis entschlossen, die Widerstandsbewegung mit Massakern auszuschalten, oder aber sie verlieren die Nerven. Es kursiert auch die Einschätzung, dass die Haltung der Administration Obama gegen den Putsch – real gegen die Weigerung der Putschisten, zum richtigen Zeitpunkt abzutreten – in der Armee viel Verunsicherung ausgelöst habe. Viele Offiziere könnten sich eine Zukunft mit Mel als Präsident vorstellen, was wiederum die Topführung nervös mache. Zelaya selbst gibt den Gorilettis nur noch wenige Tage an der Macht. Falls die Mobilisierungen den inneren Druck aufrechterhalten, dürfte auch jener aus dem Ausland nicht nachlassen. Für morgen Mittwoch hat der Frente de resistencia zu einer Grossdemo am Morgen aufgerufen; auch heute schon scheint es in vielen Städten und auf dem Land zu Protesten gekommen zu sein. Eine Reihe internationaler PolitikerInnen, Zapatero, Insulza, Clinton, die EU, viele lateinamerikanische Staatschefs und andere fordern die Gorilettis dazu auf, die „Gunst der Stunde“, also die physische Anwesenheit Zelayas, für direkte Verhandlungen zu nutzen. Lange dürfte das Regime dem nicht standhalten. Auch wortreiche Finten, die zu erwarten sind, dürften den Gang nach Canossa nicht verhindern. Der „Enthusiasmus“ von Clinton und Co. für die mit der Rückkehr Zelayas verbundenen Chancen könnte auch mit der Einschätzung zusammenhängen, dass ihnen bald die Felle des Arias-Plans davon schwimmen können, also ein figurativer Präsident Zelaya unter einer halb-putschistischen Regierung der nationalen Einheit. Immerhin hat Zelaya selber schon gemeint, der Plan Arias bedürfe einiger Verbesserungen. Interessant auch, dass der Präsidentschaftskandidat Pepe Lobo von der putschistischen Nationalen Partei, ein rechtsextremer Opportunist, heute zum Besten gab, wenn Micheletti nicht ernsthaft verhandle, werde seine Partei sich von ihm abwenden. Der ehemalige Präsident Flores Facussé, einer der starken Männer des Landes und des Putsches, hatte als einer der ersten Zelaya in der Botschaft angerufen und seine Dienste für einen Dialog zur Verfügung gestellt.

Einiges spricht also für einen positiven Ausgang der extrem angespannten und gefährlichen Lage. Es sei denn, die PutschistInnen fühlen sich stark genug für ein Blutbad. Das hängt weniger vom Gemütszustand eines Michelettis oder auch des Armeechefs Romeo Vásquez ab. Möglich, dass diese Typen alle Überlegungen in den Wind schlagen und mit ihrem verletzten Machostolz die Gesellschaft im Blut ertränken wollen. Doch ohne den militärisch-wirtschaftlichen Machtapparat auf ihrer Seite werden sie damit nicht weit kommen.

Rückkehr Zelayas, Taktieren Obamas

Dienstag, 22. September 2009

(21.9.09) Vor wenigen Stunden wurde bekannt, dass der rechtmässige Präsident von Honduras, Mel Zelaya, klandestin in das Land zurückgekehrt ist. Er geniesst den Schutz der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa.

Was von Mitgliedern der Widerstandsbewegung in der letzten Zeit mit zunehmender Insistenz angekündigt wurde - die Rückkehr von Mel -, ist jetzt Wirklichkeit geworden. Das ist eine enorm positive Nachricht. Sie spitzt die Situation jetzt zu und drängt auf eine Lösung. Zelaya hat sich mit diesem Schritt dem Management Washingtons und Konsorten entzogen. Die Obama-Administration hat zwar seine Rückkehr postuliert, doch faktisch kaum Schritte unternahmen, um die Gorillas in Tegucigalpa dazu zu bewegen, dies zu akzeptieren. Gorillas, wohl verstanden, die ohne grünes Licht aus Washington nie geputscht hätten. Man erinnere sich nur daran, dass das Flugzeug, in das die honduranische Armee den Präsidenten am 28. Juni steckte, um ihn ausser Landes zu schaffen, einen Zwischenhalt in der US-Luftwaffenbasis Palmerola eingeschaltet hatte. Nachdem Zelaya diesen Fakt letzten August bekannt gemacht hatte, meinte der Chef des US-Südkommandos, Gral. Fraser, lahm, auf dieser (grossen und international sehr wichtigen) US-Militärbase hätten die Honduraner das Sagen und sie, die Yankees, hätten von Zelayas Zwangszwischenlandung gar nichts mitbekommen. Dies ist eine derart abstruse Aussage, dass sie schlicht niemand ernst genommen hat. Selbst im Zusammenhang mit weniger wichtigen US-Militärbasen wie jener im salvadorianischen Comalapa beanspruchen die US-Militärs nicht nur Immunität, sondern auch die Oberhoheit nicht nur über die Base selbst, sondern auch über alle Ressourcen und Handlungen, die sie im Zusammenhang mit Comalapa für nützlich erhalten – die staatlichen salvadorianischen Agenturen sind expressis verbis zur US-Befehlsausführung verpflichtet.

Allgemein ging man davon aus, dass Zelaya in der bevorstehenden UNO-Generalversammlung das Wort ergreifen werde. Unterdessen intensivierten die USA ihre diplomatischen Kontrollschritte und liessen die verschiedenen honduranischen Präsidentschaftsanwärter bei ihrem Mann in Costa Rica, Präsident Arias, antanzen, um sich daselbst in gewundenen Worten zumindest nicht von der Möglichkeit einer „geordneten“ Rückkehr Zelayas zu distanzieren. Doch wie sich jetzt zeigt, zogen die StrategInnen der transnationalen Macht an teilweise losen Drähten.

Was sich in den nächsten Stunden und Tagen in Honduras zutragen wird, ist von hier aus nicht einschätzbar. Die Widerstandsbewegung findet sich schon vor der Botschaft von Brasilien ein. Zelaya forderte in einer ersten Stellungsnahme zuhanden von Telesur das De-facto-Regime zu einem direkten „nationalen und internationalen Dialog“ über eine politische Verhandlungslösung für die Krise auf. „Meine Präsenz hier dient dem direkten Dialog“ und fügte hinzu: „Die Streitkräfte müssen ihre Gewehre auf die Feinde des Volkes richten und nicht auf das Volk“ (AFP in El Nuevo Diario online, Nicaragua, 21.9.09). Micheletti, der De-facto-Präsident, machte sich einmal mehr lächerlich, als er die ersten Infos von Telesur und dem honduranischen Radio Globo über die Anwesenheit Zelayas mit Hinweis auf seine effizienten Geheimdienste als „medialen Terrorismus“ bezeichnete (immerhin ein Wort, das er gelernt hat). „Es stimmt nicht, er befindet sich in einer Suite in einem Hotel in Nicaragua“ (El Tiempo online, 21.9.09).

Die OAS hat für jetzt eine Sondersitzung einberufen. Nach Angaben Zelayas will OAS-Chef Insulza sofort nach Tegucigalpa fliegen, um am Dialog teilzunehmen.

Die Rückkehr Zelayas erfolgt auch im Hinblick auf die regulären allgemeinen Wahlen von Ende November, die das Putschregime im Alleingang durchziehen will. Das Problem dabei: Die lateinamerikanischen Staaten sind in ihrer grossen Mehrheit nicht gewillt, eine aus von der Diktatur organisierten Wahlen hervorgegangene Regierung als legitim anzuerkennen. Vor zwei Wochen sah sich das State Department „im Moment … nicht in der Lage, das Resultat der vorgesehenen Wahlen zu unterstützen. Ein positiver Abschluss des Arias-Prozesses würde eine gesunde Basis für das weitere Vorgehen ermöglichen“ (3.9.09). Noch windiger drückte sich gestern Obama in einem Interview mit dem hispanischen Fernsehsender Univisón aus: „Ich glaube, dass die nächsten Wahlen sehr viel legitimer [sic!] wären“, wenn es zuvor zur Rückkehr eines nur noch formal präsidierenden, real aber einer „Regierung der nationalen Einheit“ unterworfenen Zelayas käme. Das ist der Inhalt des Arias-Plans. Das Problem für Obama jetzt: Mit jedem selbstständigen Schritt von Zelaya ist genau diese Unterwerfung unter die „nationale Einheit“, also hauptsächlich des Konglomerats der Putschkräfte, schwieriger zu erzielen. Dabei geht es nicht um Wörter, sondern um ihre Bedeutung. Eine „Regierung der nationalen Einheit“, zu der sich Zelaya mit seiner Akzeptanz des Arias-Plans bekannt hat, kann etwa auch die Bedeutung haben, dass von den beiden reaktionären Grossparteien kontrollierte Instanzen wie die Generalstaatsanwaltschaft oder das Wahlgericht sich auch für die progressiven Kräfte öffnen müssen.

Alle diese Überlegungen spielen vor dem Hintergrund einer enorm starken und in letzter Zeit sehr zuversichtlichen Widerstandsbewegung. Nur ein Beispiel vom 15. September, dem in ganz Zentralamerika mit Umzügen, Tambouren und viel Aufwand betriebenen Feiern der Unabhängigkeit von der spanischen Krone 1821. Ein Bericht von AFP berichtete vom Umzug des Putschregimes: lustlos, keine Schulklassen (die sonst nicht wegzudenken sind), wenig teilnehmende, vor allem Armeeveteranen und aus den Ministerien zwangsweise herangekarrte Angestellte. Umgekehrt die AFP-Schilderung der Umzüge der Resistencia in Tegucigalpa und San Pedro: Fast alle Schulklassen waren mit ihren LehrerInnen hier, kreative Volksfeststimmung, Menschenmassen, soweit das Auge reicht, Feier, Freude und Siegeszuversicht. Das Regime liess derweil einige seiner Kampfjäger über die Hauptstadt donnern…

Putschecho in El Salvador, der Erzbischof als Krieger

Montag, 14. September 2009

(14.9.09) Sag in El Salvador „René Emilio Ponce” und noch heute wissen fast alle Bescheid. Der Namen des ehemaligen Generals und Verteidigungsministers der letzten Kriegsjahre ist tief in die Erinnerung eingeschrieben. Ein Jahr nach dem Friedensschluss 1992 mussten Ponce und seine Offiziersgruppe endlich abtreten. Sein Namen steht für die Perfektionierung der selektiv vorgehenden Todesschwadronen, für die Ermordung 1989 von sechs Jesuiten und ihren beiden Haushälterinnen und die Bombardierung der von der FMLN-Guerilla eingenommenen Volksquartiere der Hauptstadt. Von Ponce hat man seit seinem Abgang immer wieder munkeln hören – er und andere Offiziere sahnten offenbar im Telekomm- und im Drogenbusiness ab.

Kurz vor März, als der FMLN in Allianz mit einigen Mittelschichtsektoren um den zum Präsidenten gewählten Mauricio Funes die Wahlen gewann, setzte sich Ponce wieder recht in Szene. Er liess einige tausend Mitglieder seiner als Veteranenorganisation ausgegebenen „Asociación de Veteranos Militares de El Salvador“ durch die Strassen der Hauptstadt defilieren, freudig begrüsst vom damaligen ARENA-Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen Polizeichef Rodrigo Ávila. Allein, quién dijo miedo? (wer sagte Angst?), wie das Motto des FMLN sagte – eine Mehrheit liess sich von der offenen Kriegsdrohung der Ponces nicht mehr genügend einschüchtern.

Am 5. September berichtete das salvadorianische Rechtsextremistenblatt El Diario de Hoy erfreut über einen neuen Aufmarsch von 2000 „Veteranen“ in einem Stadion (Cuestionen que el ejército brinde seguridad pública). Anlass: Der Herr General a. D. wünschte, sich gegen den von der Regierung Funes befürworteten Einbezug der Streitkräfte in die Verbrechensbekämpfung auf den Strassen auszusprechen. Die Welt steht Kopf? Gewissermassen.

Kurzer Rückblick: El Salvador ist das Land mit der höchsten (offiziellen) Mordstatistik im Kontinent. Seit anfangs Januar, just zu den Parlaments- und Gemeindewahlen von Mitte Januar, ist die offizielle Mordrate noch weiter angestiegen, markant sogar seit den Präsidentschaftswahlen Mitte März. Bis anfangs Juni, dem Antritt der neuen Regierung, stieg die Mordrate auf 12 Morde pro Tag – seither ist sie wieder auf etwas über 8 pro Tag gesunken. Die extrem hohe Mordrate wurde bisher umstandslos den so genannten maras, den Strassenbanden, in die Schuhe geschoben, zu deren Bekämpfung die rechten Regierungen seit Jahren Soldaten an der Seite von Polizeikräften patrouillieren liessen. Funes, der noch vor seinem Amtsantritt eine Beteiligung der Streitkräfte an der Aufrechterhaltung der „inneren Ordnung“ abgelehnt hatte, erlaubte sich als Präsident einen diesbezüglichen Sinneswandel von 180°. Und nun war es die ultrareaktionäre, bisherige Regierungspartei ARENA, die sich gegen eine Beteiligung der Armee an „Ordnungsaufgaben“ aussprach. Die Rechte hofft, die linke Regierung destabilisieren zu können. Ihre Medienorgane heizen derzeit auch täglich die Angst vor dem Verbrechen an. (Vgl. zu diesem ganzen thematischen Komplex und der Beteiligung der Sicherheitskräfte am alltäglichen Mordregime: Correos 158, „Zwischen Putschdrohung, Aufbruch und Anpassung“).

Es kommt nicht darauf an, unter welchem Vorwand operiert werden soll. Gegen angelaufene Sozialreformen veranstalten nun klientelaristische Basisorganisationen der Rechten Chaos auf den Strassen, was die rechten Medien unverfroren in eine „subversive“ FMLN-Strategie umdrehen. Der Erzbischof von San Salvador ist, Escobar Alas, forderte die rechten Parteien gestern auf, im Parlament solange alle Vorhaben der Regierung zu Fall zu bringen, bis der FMLN einem hetzerischen Verfassungsverbot zustimmt, das Ehen unter Schwulen und Lesben „auf ewig“ verbieten soll. „Hochwürden“ hatte diese Hetzkampagne durch den christdemokratischen Chef Rodolfo Parker losgetreten, nachdem der FMLN die Wahlen gewonnen hatte. Parker war der Verteidiger der wegen des Mordes an den Jesuiten angeklagten Militärs gewesen und hatte eine wichtige Rolle bei der Verwischung der Verantwortlichkeiten gespielt. Als unmittelbar um den Zeitpunkt des Amtsantritts der neuen Regierung Kirchenhierarchie und rechte Parteien und Medien die Hetze nochmals hochgeschraubt hatten, wurden allein in zwei Wochen acht Mitglieder der Gay-Community umgebracht (Co-Latino, 9.6.09, Elsy Mabel Rivera: Denuncian violencia hacia miembros de comunidad gay). Die „Alianza por la diversidad sexual“ wies in jener Zeit auch darauf hin, dass 2008, als keine solche Kampagne lief, insgesamt 13 Homosexuelle umgebracht worden waren, im laufenden Jahr aber schon 16, teilweise auf brutale Weise.

So etwas kümmert den Mann in der Erzdiözese einen Scheiss. Es ist zu befürchten, dass es erneut zu sexistischen Mordtaten gegen transsexuelle und schwule SexarbeiterInnen kommt. Es ist zu hoffen, dass der FMLN im Parlament trotzdem nicht einknickt (wie in der letzten Legislaturperiode). Denn ein Erfolg würde die Rechte nur dazu animieren, zum Beispiel Menschen ins Visier zu nehmen, denen sie vorwerfen, dem kirchlichen und in der Verfassung verankerten Totalverbot von Abtreibungen nicht mit ausreichendem Eifer nachzukommen.

Da hätte Ponce Gelegenheit, wieder seine Veteranen aufmarschieren zu lassen, darunter viele Mitglieder der damaligen paramilitärischen patrullas cantonales. Denn irgendwie muss ja dem mit vielen Hoffnungen verbundenen Reformaufbruch der neuen Regierung Paroli geboten werden….

Putschecho in Paraguay

(14.9.09) Der paraguayische Präsident Fernando Lugo hat bisher die in ihn gesetzten Hoffnungen auf einen tiefgehenden Wechsel in Paraguay gewiss nicht erfüllt (vgl. Correos 157, April 09). Die Sojabarone sind kaum angetastet worden, in seiner Regierung kam es zu unguten personellen Veränderungen, an linken Demos gab es Tote durch die Polizeigewalt.

Allerdings sind auch objektive Limitierungen festzuhalten: Die soziale Bewegung ist bisher schwach; im Parlament hat Lugo so gut wie keine eigenen Leute sitzen; die dominanten Parteien sind die alte Diktaturpartei der Colorados, die Putschisten um General Lino Oviedo und die mehrheitlich ins militante Anti-Lugo-Lager gewechselten Liberalen; der Staatsapparat ist fest in den Händen der alten Diktaturkräfte, die Armee gehört zu den verrufensten im Kontinent, die Korruption grassiert und die Medien sind – welch Überraschung – in ihrer grossen Mehrheit in reicher und rechtsextremer Hand.

Einige soziale Reformen hat die Regierung Lugo angestossen, über deren Tragweite die Meinungen in der Linken auseinander gehen. Es ist Lugo nach zähen Verhandlungen mit Brasilien gelungen, die Einnahmen aus dem Reisenstaudamm Itaipú, einem brasilianisch-paraguayischen Gemeinschaftsunternehmen mit einer Rollenverteilung von brasilianischem Herr und paraguayischem Knecht, zu verdreifachen. Für die paraguayische Staatskasse macht das einen beträchtlichen Unterschied aus, auch wenn die brasilianische Seite immer noch sehr günstig davon kommt. Anzumerken ist hier, dass ohne den brasilianischen Präsidenten Lula da Silva noch nicht einmal dieser Kompromiss hätte erzielt werden können. Die Rechte in Brasilien will das Abkommen im Parlament kippen.

Und natürlich gibt es da die Annäherung des Ex-Bischofs an ALBA.

Genug Gründe für die an die Stroessner-Diktatur gewohnte Rechte, den Ex-Bischof möglichst rasch vom Präsidentenstuhl zu verjagen. Der Jubel nach dem Putsch in Honduras war entsprechend unüberhörbar, vor allem aus dem Lager Oviedos. Lugo seinerseits hat Mitte August programmatische Aussagen zum Wesen der für Paraguay angestrebten Demokratie gemacht, die ihn bei den Rechten noch verhasster machten. Er sagte: „Die Möglichkeit der Teilnahme für den gewöhnlichen Bürger oder Bürgerin kann sich nicht einzig darauf beschränken, alle fünf Jahre an Wahlen teilzunehmen, bei denen die Parteiführungen von ihnen bestimmte Listen vorlegen… Die Parteiführungen müssen von ihrem hohen Ross herunter kommen, um mit den gewöhnlichen Leuten zusammen zu leben und die Politik zu diskutieren. “ (ABC, 18.8.09). Um diesem Ziel näher zu kommen, schlug Lugo einen Prozess der Verfassungsveränderung vor, mit dem Ziel, per Referenden die Bevölkerung mehr einzubeziehen.

In einem am 30. August von rebelion.org übernommenem Artikel (El fantasma hondureño acecha a Lugo) beschreibt der puertoricanische Philosophiedozent Carlos Rivera Lugo die Auseinandersetzung. Die Rechte hat im Parlament als Antwort auf Lugos partizpative Ideen ein Dokument („Compromiso Democrático, „Demokratische Verpflichtung“) verabschiedet, das als einzig denkbare Form der Demokratie die repräsentative anerkennt. Im Kongress sind jetzt Bestrebungen im Gang, die Amtszeit Lugos zu beenden. Laut einer Umfrage von Enrique Chase verfüge Lugo in der Bevölkerung bloss über eine Unterstützung von 40 Prozent, was zum Kommentar veranlasst: „Der Eindruck der Leute ist, dass [er] seine Amtszeit nicht beenden wird“ (id.). Lugos Vize, der vor einiger Zeit aus der Regierungsallianz in die Putschistenpartei von Oviedo gewechselt ist, hat diesen „Eindruck“ und verkündet, er sei „zum Regieren bereit“. Lugo hat einen anderen „Eindruck“. Zu den Bestrebungen eines soft coup meinte er: „Sie bringen uns nur tot hinaus“ (La Nación, 19.8.09)

Kolumbien: US-zertifizierte Rechte, Drogenhandel

Sonntag, 13. September 2009

(13.9.09) Niemand werfe der Obama-Administration mangelnden Enthusiasmus vor! Am 11. September (Jahrestag des Putsches in Chile) „zertifizierte“ das State Department die Menschenrechtsgüte des kolumbianischen Regimes und beseitigte so das letzte formale Hindernis, um Bogotá noch die verbleibenden Gelder für das Ende Monat auslaufende Fiskaljahr 2009 nachzuwerfen. Nächstes Fiskaljahr sollen es $545 Millionen sein.

Das ist richtig so. Denn wenn das State Department sagen würde, das mit den Menschenrechten wäre nicht so bäumig in Kolumbien, könnte Obama nicht den Freihandelsdeal mit Uribe unter Dach und Fach bringen und hätte ein paar Schwierigkeiten mehr, die den ganzen Südkontinent bedrohenden Militärbasen daselbst zu installieren. Und Menschenrechte werden ganz gross geschrieben in Washington. Mutig schreibt das State Department in seinem Statement von diesbezüglichen „beunruhigenden Herausforderungen“ in seinem Hinterhof. Diese existierten weiter, trotz Auflistung so mancher dank US-Hilfe erreichter Fortschritte auf dem Gebiet der Menschenrechte in Kolumbien. Wir erfahren: „Jahre der Reform und des [US-] Trainings führen zu einer zunehmenden Respektierung der und einem Verständnis für die Menschenrechte durch die meisten Mitglieder der Streitkräfte“. Trotz dieser „positiven Fortschritte“ vermerkt die inkarnierte Washingtoner Menschenrechtsinstanz: „Enthüllungen über aussergesetzliche Hinrichtungen belegen, dass die weit reichenden Reformen der Streitkräfte nicht völlig gefasst haben“. Aber Armee und Staatsanwaltschaft hätten schnell reagiert und 51 Angehörige der Streitkräfte entlassen und gegen weitere 75 ein Verfahren eröffnet.

Wow! Das mit den „aussergesetzlichen Hinrichtungen“ bezieht sich auf die in Kolumbien falsos positivos genannten Armeemorde an Zivilisten, deren Leichen den Medien als im Kampf gefallene Guerillas vorgeführt werden (staunendes Raunen der Medieninternationale über die grossartige Sicherheitsstrategie des Präsidenten Uribe). Die Staatsanwaltschaft untersucht offiziell 700 solcher Fälle, die Menschenrechtsorganisationen gehen von mindestens 1400 solcher Morde seit 2006 aus. Ach so: Damals führte Uribe die Body-count-Politik ein. Je mehr tote „TerroristInnen“ eine Armeeeinheit vorführen kann, desto grösser ihr Anrecht auf Vergünstigungen.

Ah!! Es ist die ewig gleiche Leier. Wir hörten sie in den 80er Jahren noch und noch in El Salvador, nothing changed, ob Reagan, ob Obama. Sie geht so: Die von den USA ausgerüstete und geleitete Armee begeht mithilfe eben dieser US-Gelder Massaker. Diese zeigen, dass der US-Wohltaten noch nicht genug sind, dass es noch einen weiteren Finanz- und Kommandoeffort braucht, damit democracy voll herrsche. Noch jedes Morden unterstreicht, dass die bisherigen „beeindruckenden Reformen“ noch weitergehen müssen…

Details. Uribe ist ein Demokrat und so etwas von populär. Deshalb halfen ihm die Paramilitärs bei den letzten beiden Wahlen in weiten Gebieten des Landes mit eingeübtem Terror zwecks Wahlbetrugs beim Siegen. Aktenkundig, uninteressant. Jetzt, wo der Caballero grad eine dritte Amtszeit anstrebt, tut sich eine weitere interessante Gestaltungsmöglichkeit auf. Jetzt braucht es erneut eine Volksabstimmung, falls das Verfassungsgericht einer dritten Amtsperiode zustimmt. Beim Verfassungsreferendum müssen Uribe und die Paras ein Viertel der Stimmberechtigten an die Urnen bringen (7.3 Millionen), und von denen muss die Hälfte plus eine/r für die erneute Verfassungsänderung stimmen. Blöd. Beim Referendum 2003, als der so ungemein beliebte Uribe ein paar schnittige neoliberale Reformen durchbringen wollte, hat das nicht geklappt. Jetzt aber, berichtet RNV vom 6.9.09, eine Meldung von EFE zusammenfassend, hat der Mann eine andere Idee: Im neuen Wahlregister soll das Parlament nur noch jene erfassen lassen, die an den letzten Wahlen auch teilgenommen haben (plus seither wahlberechtigt Gewordene). Schönheit des Vorschlages: Statt 29 bleiben 17 Millionen „Wahlberechtigte“. Von denen ein Viertel und von dem die Hälfte …

Washington begründet seine Militärpräsenz in Kolumbien auch mit der Drogenbekämpfung. Nämlich. Wenn das grosse Bild sitzt, wodurch es auch durch Details komplizieren? Etwa mit einer Meldung von „Noticiero del Llano“ vom 14.8.09 (Einige US-Militärausbildner für den Drogenkrieg in Kolumbien sind am 15. Juli 09 beim Rückflug in die Heimat per Militärflieger blöderweise mit 10 k Kokain-Chlorhydrat aufgeflogen. So what?) Warum sich an Meldungen wie jener des kolumbianischen Fernsehsender Noticia Uno vom 2. September 2009 aufhalten? Nur weil die über eine schriftliche Aussage der ehemaligen Nummer 3 des kolumbianischen Geheimdienstes DAS berichten, des früheren IT-Chef des DAS, Rafael García, dessen Aussagen massgeblich die partielle Aufdeckung des Geflechts von Uribismus und Paramilitarismus mitbestimmt haben. García beschrieb laut dem Sender in seinem Bericht zuhanden der US-Behörden, wie der DAS 2003 zusammen mit den paramilitärischen AUC zum Beispiel mit dem mexikanischen Drogenkartell der Gebrüder Beltrán Leiva den Drogentransport in die USA organisiert habe. Er habe selber mit DAS-Chef Jorge Noguera in diesem Zusammenhang ein Treffen mit Präsident Uribe gehabt. Der heutige DAS-Chef bezeichnet das als Ausfluss einer internationalen Verschwörung, genau so übrigens wie die kürzlich erschienen Recherchen, wonach der DAS nach wie vor unliebsame Elemente auch am Obersten Gericht, insbesondere den die Untersuchungen über die Connection Uribismus/DAS/Paramilitarismus führenden Richter, beschatte und abhöre.

Anyway, Washington zahlt für die Fortschritte.

Sanktionen? Gemeinsame Kriegsmanöver?

13.9.09) Die am 3. September angekündigten Sanktionen des State Department gegen das Putschregime sind tatsächlich nur alter Wein in neuen Schläuchen. Sie betreffen bloss die insgesamt rund $30 Millionen, die Washington zuvor schon eingefroren und jetzt eben gestrichen hat – offiziell. Dies bestätigte noch am gleichen Tag Philipp Crowley, Assistenzsekretär im State Department. Die vom US-Aussenministerium mit einigen Fanfaren angekündigten Sanktionen erfolgten als Reaktion auf die Weigerung der honduranischen Gorillas, sich dem Prozedere des Clinton/Arias-Plans zu unterziehen und dem gestützten Mel Zelaya die symbolische Rückkehr in die Casa Presidencial zu erlauben. Mit dieser Art von Sanktionen kann das Putschregime in Honduras einen Tag nach ihrer Ankündigung so recht oder so schlecht leben wie einen Tag zuvor. Wichtiger ist evl. die gleichzeitig geäusserte Behauptung Washingtons, das Ergebnis der für November angesetzten allgemeinen Wahlen nicht anzuerkennen, wenn sie ohne einen zumindest formal präsidierenden Zelaya erfolgen.

Wie ungetrübt glaubwürdig Angaben aus Washington sind, zeigt das Beispiel der Kriegsübung „Panamax“. Laut Darstellung des US Southern Command wird dabei „die Verteidigung des Panama-Kanals und der zentralamerikanischen Region“ geprobt. Dem edlen, fast zweiwöchigen Unternehmen, das sinnigerweise am 11. September begann, dem 36. Jahrestag des Putsches in Chile, schlossen sich unter Führung der US-Armee die Streitkräfte aus einer Reihe regionaler Länder sowie, einmal mehr bei solchen Anlässen, von Frankreich und den Niederlanden an. Das Manöver, das brav mit UNO-Mandat läuft, beinhaltet nach Darstellung der Southcom übrigens auch eine „Grippenpandemie“-Komponente….

So weit, so schlecht. Widersprüchliche Aussagen panamaischer, honduranischer und US-amerikanischer Militärs deuten darauf hin, dass ein Armeekontingent aus Honduras bei Panamax dabei ist, trotz offiziellem Dementi des Southcom. Der rechtmässige honduranische Botschafter in Panama, Juan Alfaro, ist gestern in mehreren Agenturberichten mit folgender Aussage zitiert worden: „Es ist eine [honduranische Militär-] Delegation dabei. Sie nehmen an diesen Übungen teil. Was mich erstaunt, ist, dass die [US-] Militärhilfe von Anfang des Putsches an gestrichen worden ist. Dies zeigt, dass das Pentagon auf eine Weise handelt und Obama auf eine andere“ (AFP in La Tribuna online, 12.9.09).

Ein panamaischer Panamax-Sprecher, der Subcomisionado Osvaldo Ureña, wusste alles zu erhellen: „Ja, sie [die Honduraner] waren eingeladen, [aber gestern Donnerstag] erhielten wir einen Anruf, dass sie wegen mechanischen Schwierigkeiten mit den Schiffen nicht teilnehmen würden“ (id).

Fragen noch?

Honduras: Anstieg der Frauenmorde

Mittwoch, 9. September 2009

08.09.2009
Honduras: Anstieg der Frauenmorde

Seit dem Putsch nehmen Morde an Frauen zu. Feministinnen werden aus Institutionen gedrängt
Von Sara Lovera
semlac-poonal

Lima. Während der ersten Tage nach dem Putsch am 28. Juni in Honduras sind die Morde an Frauen um 60 Prozent angestiegen. Es gibt Hinweise darauf, dass in einigen Gebieten kollektive Morde begangen wurden. „Die Gewalt gegen die Bevölkerung im Widerstand bedeutet immer ein Risiko für die Sicherheit der Frauen und führt zu zahlreichen Verletzungen der Menschenrechte“, meint Soraya Long, Menschenrechtsexpertin und ehemalige Mitarbeiterin des Zentrums für Justiz und internationales Recht (CEJIL) in einem Interview mit dem Nachrichtenportal der Frau in Lateinamerika und der Karibik (SEMlac). Sie sieht einen Zusammenhang mit der Militarisierung seit dem Putsch.

Im Jahr 2008 wurden in Honduras 1149 Frauen umgebracht. Insgesamt werden 10.000 Fällen von Gewaltanwendung pro Jahr gemeldet. Diese Daten wurden von Frauen-Nichtregierungsorganisationen gesammelt, aufgearbeitet und in einer Presseerklärung veröffentlicht. Sie widerlegen die offiziellen Zahlen, wonach im Vorjahr täglich ein Frauenmord registriert wurde. Irma Grisel Amaya, oberste Staatsanwältin für Vergehen und Straftaten gegen Frauen, geht davon aus, dass die offiziell registrierte innerfamiliäre Gewalt in den vergangenen Wochen zurückgegangen sei. Diese scheinbare Abnahme von Gewalt erklärte sie damit, dass die Frauen aufgrund der Ausgangssperre nicht zu den Polizeistationen gingen.

Dass allerdings im Juli 51 Frauen ermordet wurden, habe in ihrer Kanzlei Besorgnis hervorgerufen, so Amaya. Es wird vermutet, dass es während der ersten Tage des Putsches und der Aktionen der Polizei sowie des Militärs in verschiedenen Departments und Städten von Honduras zu mindestens zwei kollektiven Morden an Frauen kam: Einmal wurden die Körper von vier und an einem anderen Ort von sechs ermordeten Frauen gefunden. Bisher gebe es keine ausreichenden Informationen zu den Gewalttaten. Auf Nachfrage gab die Staatsanwältin zu, dass es nur wenige Anzeigen gibt, die ausreichend dokumentiert sind - ein Hinweis auf das Chaos, in dem sich die Putsch-Regierung befindet.

Schikane und Verfolgung in den Institutionen

Die De-facto-Regierung hat das Staatliche Institut der Frau INAM (Instituto Nacional de la Mujer), eine bedeutende Errungenschaft der honduranischen Frauenbewegung, funktionsunfähig gemacht. Als die Frauenrechtlerinnen versuchten, ihre bestehenden Rechte zu verteidigen, sahen sie sich mit polizeilicher Repression konfrontiert.

Nach Ansicht der Vereinigung zur Beobachtung der Feministischen Transgression (OTF) ist dies eine der härtesten Konsequenzen des Staatsputschs für die Frauen. Das neue Regime setzte María Martha Díaz, eine der führenden Personen der Putschbewegung, an die Spitze des INAM. Mit ihrer Amtsübernahme wurde eine Reihe von Aktionen verordnet, die darauf abzielen, diese Institution zu schwächen.

Zwischen dem 14. und 15. Juli wurde das Institut komplett vom Militär besetzt, um die Frauenorganisationen und die MitarbeiterInnen des INAM, die ihren Widerstand gegen den Staatsstreich ausdrückten, einzuschüchtern. Diese gaben die Ereignisse so wieder: Innerhalb weniger Tage wurden 16 Angestellte entlassen. Dabei handelt es sich in ihrer Mehrheit um Personal, welche die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft koordinierten. Das INAM arbeitete mit Finanzmitteln, die zu 90 Prozent aus der internationalen Zusammenarbeit stammen. Diese Gelder sind im Moment eingefroren, so die UNIFEM-Repräsentantin Rocibel Gómez, was vornehmlich auf die veränderte Ausrichtung der Institution zurückzuführen ist.

Gómez betonte, dass es notwendig sei, PolizistInnen, RichterInnen, Militärangehörige und staatliche FunktionsträgerInnen zu sensibilisieren, „denn mit der Etablierung eines autoritäres Regimes werden alle Investitionen zunichte gemacht, die Einstellungen zur Verteidigung der Menschenrechte von Frauen abgeändert und unterschriebene internationale Abkommen, Verträge und Erklärungen vergessen“.

Kei Arias, technische Leiterin und damit zweit wichtigste Person des INAM, wurde nur aufgrund einer Einigung des Staates mit den Frauenorganisationen eingesetzt. Obwohl sie vorbeugende Schutzmaßnahmen von der Interamerikanischen Kommission der Menschenrechte (CIDH) erhält, ist sie ständigen Schikanen ausgesetzt, die das Ziel verfolgen, sie zur Aufgabe und Kündigung zu bewegen.

Nach Angaben verschiedener Menschenrechtsorganisationen gibt es derzeit Fälle von Schikane und politischer Verfolgung in verschiedenen öffentlichen Institutionen. Diese Aktionen richten sich gegen die Angestellten, die es wagen, sich gegen die neue Regierung und ihre VertreterInnen zu äußern, oder sich weigern, an den Aktivitäten zur Unterstützung der Putschisten teilzunehmen.

Nach Meinung der OTF ist das, was im INAM passiert, insbesondere deshalb besorgniserregend, weil es scheint, dass man sich nicht nur unwillkommenen Personals zu entledigen versucht, sondern der Institution einen unwiderruflichen Schaden zufügen will. Quellen aus dem Inneren des Instituts geben an, dass in dem neu besetzten Ministerium für Soziales ein Antrag eingebracht wurde, das Institut zu schließen und die "Geschlechterfrage" dem Innenministerium zu übertragen.

Die politische Verfolgung, die militärische Besetzung des INAM und die Repression gegen die organisierten Frauen, die ihre Errungenschaften und ihr Institut verteidigen, sind politische Ereignisse gewesen, die große Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Trotzdem hat die Staatsanwaltschaft für Frauenangelegenheiten des Innenministeriums bisher keinen Anlass gesehen, Ermittlungen einzuleiten, wozu diese zur Verteidigung der Frauenrechte laut Gesetz verpflichtet wäre.

Video sobre Honduras

Freitag, 4. September 2009

Excelente video en Youtube, realizado por Oaren Méndez para VTV. Historia y actualidad de la resistencia popular en Honduras. A ver!!!

PRIMERA PARTE

SEGUNDA PARTE

TERCERA PARTE

Correos 158, 10. August 2009:

Correos 158, 10. August 2009: Inhaltsverzeichnis

aus dem Heft:


Rosenbergs Video
Ein wenig Reform ist schon zuviel. In Guatemala unternahm die Oligarchie einen ersten Anlauf, um den ungeliebten Präsidenten abzusetzen. Ein Szenarium wie im Krimi mit Morden und vielen Ungereimtheiten.
Barbara Müller

Seiten 15-17 Nicaragua

Der Sandinismus an der Regierung
Eine Chance, die ewige Armut zu überwinden und die kleinbäuerliche Produktion wieder zu festigen. Ein Gespräch mit einem überzeugten Sandinisten und engagierten Journalisten.
Sergio Ferrari und Gérald Fioretta interviewen William Grigsby


Seiten 18-23 El Salvador



Zwischen Putschdrohung, Aufbruch und Anpassung
Nach dem Antritt der FMLN-Koalitionsregierung: Die Rechte setzt auf Destabilisierung und den Putsch in Honduras und die neue Regierung von Mauricio Funes zeigt zwei Gesichter – und beide sind wahr.
Dieter Drüssel

Aufsteller und Ablöscher
Widersprüchliche Politik der neuen salvadorenischen Regierung, Erpressungsversuche des IWF und die Multis.
Dieter Drüssel

Seiten 24-28 Mexiko


Evangelisten der „Armee Gottes“ töten im Namen des Fortschritts
Angriffe gegen Autobahn-Opposition im Hochland von Chiapas
Direkte Solidarität mit Chiapas

Seiten 32-33 Venezuela


Über die beschlossenen ökonomischen Massnahmen in Venezuela
Diesen Ende April verfassten Artikel erhielten wir zu spät für den letzten Correos. Seine Aussagen sind aber immer noch relevant. Und enttäuschend für jene, die hechelnd dem Zusammenbruch der venezolanischen Wirtschaft entgegen fiebern – und sich damit ein Ende des „Spuks“ des Sozialismus des 21. Jahrhunderts versprechen.
César Villalona


Seiten 34-35 EU/Zentralamerika



Sind sie noch zu retten?
Die EU will noch im Juli ein Freihandelsabkommen mit sechs Ländern Zentralamerikas auf den Weg bringen
von Gaby Küppers

Seiten 3-11 Honduras



Das Zeichen an der Wand
Der Putsch in Honduras bewirkt Veränderungen in ganz Lateinamerika.
Dieter Drüssel

Informationen zur Lage in Honduras


Seiten 12-14 Guatemala



Rosenbergs Video
Ein wenig Reform ist schon zuviel. In Guatemala unternahm die Oligarchie einen ersten Anlauf, um den ungeliebten Präsidenten abzusetzen. Ein Szenarium wie im Krimi mit Morden und vielen Ungereimtheiten.
Barbara Müller

Seiten 15-17 Nicaragua



Der Sandinismus an der Regierung
Eine Chance, die ewige Armut zu überwinden und die kleinbäuerliche Produktion wieder zu festigen. Ein Gespräch mit einem überzeugten Sandinisten und engagierten Journalisten.
Sergio Ferrari und Gérald Fioretta interviewen William Grigsby


Seiten 18-23 El Salvador



Zwischen Putschdrohung, Aufbruch und Anpassung
Nach dem Antritt der FMLN-Koalitionsregierung: Die Rechte setzt auf Destabilisierung und den Putsch in Honduras und die neue Regierung von Mauricio Funes zeigt zwei Gesichter – und beide sind wahr.
Dieter Drüssel

Aufsteller und Ablöscher
Widersprüchliche Politik der neuen salvadorenischen Regierung, Erpressungsversuche des IWF und die Multis.
Dieter Drüssel


Seiten 24-28 Mexiko



Cruzitas Geschichte
Der mexikanische Journalist Víctor Ronquillo hat die Geschichte einer alten Dorfbewohnerin aufgezeichnet, die sehr eindrücklich davon erzählt, wie der Schlafmohn in ihren verlassenen Landstrich im Bundesstaat Guerrero kam, große Hoffnungen weckte und doch nur Tod und Elend mit sich brachte.
aufgezeichnet von Víctor Ronquillo

Evangelisten der „Armee Gottes“ töten im Namen des Fortschritts
Angriffe gegen Autobahn-Opposition im Hochland von Chiapas
Direkte Solidarität mit Chiapas

Seiten 29-31 Feministische Ökonomie



Krisen, Kapital und Kosten
Ein feministischer Blick auf die globalen Krisen.
Christa Wichterich


Seiten 32-33 Venezuela



Über die beschlossenen ökonomischen Massnahmen in Venezuela
Diesen Ende April verfassten Artikel erhielten wir zu spät für den letzten Correos. Seine Aussagen sind aber immer noch relevant. Und enttäuschend für jene, die hechelnd dem Zusammenbruch der venezolanischen Wirtschaft entgegen fiebern – und sich damit ein Ende des „Spuks“ des Sozialismus des 21. Jahrhunderts versprechen.
César Villalona



Seiten 34-35 EU/Zentralamerika



Sind sie noch zu retten?
Die EU will noch im Juli ein Freihandelsabkommen mit sechs Ländern Zentralamerikas auf den Weg bringen
von Gaby Küppers

Das State Department auf "Chávez-Kurs"

Letzte News:

(3.9.09) Das State Department hat soeben ein Communiqué veröffentlicht, dem zufolge „ein breites Sortiment an Hilfe an die honduranische Regierung“ gestrichen wird. Es bleibt vorderhand unklar, was genau darunter zu verstehen ist und was nicht. Höchstwahrscheinlich sind solche neckischen Dinge wie die Wahlhilfe für zivile putschistische Organisationen (s. dazu den Link auf NarcoNews) nicht mit inbegriffen. Zwar spricht das Communiqué von einem „coup d’etat“, wie früher auch schon Clinton, aber ohne anzugeben, dass das State Department die Vorgänge in Honduras formell, also rechtlich bindend, als Putsch betrachte. Im Gegenteil, wir lesen, dass das Department „die komplizierte Natur der Aktionen anerkennt, die zum Coup d’Etat vom 28. Juni geführt haben … Diese Ereignisse involvieren faktische und legale Fragen und die Beteiligung sowohl der legislativen und judikativen Arme der Regierung wie auch der Armee“.

Kurz: Die Administration Obama hält sich weiterhin den Raum für weiteres Manövrieren frei. Eins für die Putschisten, wenn sie brav sind, eins gegen sie, wenn sie pfui sind. Jetzt, wo wir aufgrund ihrer Weigerung, auf das Washingtoner Modell (den Arias-Plan) einzusteigen, grad in einer Pfuiphase sind, hält das Department zu den für November vorgesehenen Wahlen fest: „Im Moment sind wir nicht in der Lage, das Resultat der vorgesehenen Wahlen zu unterstützen. Ein positiver Abschluss des Arias-Prozesses würde eine gesunde Basis für das weitere Vorgehen ermöglichen“.


Und wie reagieren die Gorilettis?
Der De-facto-Präsidentschaftsminister Rafael Pineda Ponce liess im typischen Gorilla-Slang verlauten: „Wir bedauern, dass eine befreundete Regierung eines befreundeten Landes und eines Volkes, das mit uns befreundet ist, den Entscheid gefällt hat, sich auf die Seite von Chávez zu stellen“ (El Tiempo online, 3.9.09, 15:03). Laut der De-facto-Finanzministerin Gabriela Nuñez betreffe der Entscheid vor allem Geld für ein panamerikanisches Strassenstück, was auf die Sperrung von Geldern der Millenium Challenges Corporation (s. „Putsch ist, wenn die Falschen gewinnen?“). Allerdings hat sich die Frau wiederholt als professionelle Schönrednerin in Sachen internationale Finanzströme geoutet. Vor wenigen Tagen etwa liess sie verlauten, der IWF habe dem Land $150 Millionen Währungsreserven ausgehändigt und somit eine internationale Trendwende eingeläutet. Im Rahmen gigantischer globaler Finanzoperationen hat der Fonds auch Honduras Sonderziehungsrechte gewährt, allerdings, so scheint es, auf ein Konto, für das er nur die Unterschrift der rechtmässigen Finanzministerin anerkennt… Möglich, geradezu wahrscheinlich also, dass die Sanktionen weitergehen, als Nuñez anerkennen will.

Es wird sich zeigen, wie weit die Sanktionen gehen. Und davon wird die Antwort der De-facto-Machthaber abhängen. Solange sie kalkulieren, dass sie ohne Zugeständnisse über die runden kommen, werden sie dem „Chávez-Freund“ in Washington nicht nachgeben. Micheletti hat das kurz vor der offiziellen Bekanntgabe der Erklärung des State Departments folgendermassen verdeutlicht: „Wir sind entschlossen und stärker denn je, um unsere Demokratie und unsere Freiheiten zu verteidigen“ (id.). Der Kleingorilla setzt offensichtlich darauf, dass die Sanktionen genügend Schlupflöcher aufweisen und natürlich auf die Unterstützung der starken Pro-Putschfraktion in den beiden grossen US-Parteien. In diesem Fall werden wir bald serviert bekommen - und Fox-News wird's verbreiten - dass nicht nur der Widerstand in Honduras, sondern auch das Weisse Haus unter Obama von den FARC finanziert ist.

US-Finanzhilfe an das Putschregime

Donnerstag, 3. September 2009

Einen interessanten Bericht über die US-Finanzierung des Putschregimes findet hier.

http://narcosphere.narconews.com/notebook/bill-conroy/2009/08/millions-dollars-usaid-funding-still-flowing-honduras

Putsch ist, wenn die Falschen gewinnen?

Zweierlei US-Mass

28. Juni. Putsch.

29. Juni. Pressekonferenz des State-Department-Speakers Jan Kelly. Pressefrage: “Gibt es eine Zeitlimite, bis wann die Administration darüber befindet, ob ein Militärputsch stattgefunden hat?“ Antwort Jan Kelly: „Ich glaube nicht, dass es eine gibt, aber ich werde Sie darüber informieren, falls es eine gibt“.

28. Juli. Pressekonferenz des State-Department-Speakers Jan Kelly. Pressefrage: „Das Büro des Rechtsberaters untersuchte, ob die Ereignisse in Honduras technisch der Putschdefinition entsprechen …. Haben Sie zu dieser Frage einen Befund gefällt?” Antwort Jan Kelly: “Ich muss Ihnen dazu ein Update besorgen”.

3. September. Das State Department brütet immer noch über der Frage.

Mit Grund: Würde die Antwort „ja“ lauten, müssten laut US-Gesetz über die internationale Hilfe alle Beiträge an die Regierung eingestellt werden. Also hirnt man im State Department immer noch über die Frage nach, ob das ein Putsch war, als vom Armeechef beorderte Einheiten den Präsidenten Mel Zelaya im Pyjama aus seinem Haus holten und in einen Flieger setzten, der erst in der US-Luftwaffenbasis Palmerola zwischenlandete und danach nach Costa Rica zu Clinton-Freund Oscar Arias weiterflog. Denn schliesslich, so die umwerfende Logik der ExpertInnen, gibt es ja auch zivile putschistische Kräfte, womit der Putsch eigentlich keiner mehr ist, sondern bloss etwas Illegales.

Vielleicht kommen die Leute in Washington demnächst zu einem Ergebnis. So tönen es zumindest mehrere Nachrichtenagenturen an. Denn rundum zufrieden mit den Gorilettis sind Obama und Clinton nicht. Sie sperren sich gegen den Clinton-Vorschlag, Zelaya möglichst mit Handschellen und verklebtem Mund auf den Präsidentenstuhl zu hieven, damit er als ein weitgehend stummer „Zeuge“ einer von den Putschkräften beherrschten (also demokratischen) Präsidentenwahl im November fungiere. Die OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) will ein unter der Diktatur zustande gekommenes Wahlergebnis nicht anerkennen. Nichts als Ärger also! Zwar gibt es da noch währschafte Politiker wie den costaricanischen Präsidenten Oscar Arias, der weiss, was sich gehört, und gestern meinte, auch solche Wahlen könnten eine Lösung der vertrackten Lage bringen. Aber so sehr die Medieninternationale den Mann auch hochjubelt, die meisten Regierungen im Südkontinent sehen das entschieden anders.

Wir werden es angeblich in diesen Tagen sehen, ob sich Washington offiziell zu einem bindenden Putsch-Verdikt durchringen kann. Möglicherweise werden stattdessen einfach bestimmte Hilfsmodalitäten „suspendiert“. Die Rede ist dabei vor allem von der Millenium Challenge Corporation (MCC), einem von der USAID betriebenen Spezialarm der US-„Hilfe“ für besonders arme Länder, in deren Zentrum der Bau von Infrastruktur für den transnationalen Handel („Entwicklung“) und das Anbinden von Teilen der BäuerInnen an die Weltmarktproduktion stehen. Aus dem MCC-Topf flossen auch nach dem Putsch fleissig Gelder an die Machthaber in Tegucigalpa. Stand Ende August war, dass bis Ende Fiskaljahr 2009 am kommenden 30. September noch weitere $47 Millionen ausgeschüttet werden müssen. Diese Gelder würden im Fall eines Putsch-Verdikts des State Departments sofort gestrichen.

Doch wie wir gesehen haben, ist das eine komplizierte Frage, deren Beantwortung Zeit braucht. Das verdient Washingtoner Center for Economic and Policy Research hat zu diesem Thema letzten August ein Papierchen veröffentlicht, das uns zeigt, dass es manchmal auch schneller geht. Am 17. März 2009 zwang die Armee von Madagaskar den gewählten Präsidenten zum Rücktritt. Drei Tage später fror Washington seine MCC-Zahlungen ein und der von Aussenministerin Clinton präsidierte MCC-Vorstand strich sie definitiv am 19. Mai. In Mauritanien putschten am 6. August 2008 einige zuvor vom verfassungsmässigen Präsidenten entlassene Generale. (Der honduranische Armeechef Vásquez war seinerseits letzten Juni von Zelaya entlassen worden, Die rechte Parlamentsmehrheit „setzte“ ihn jedoch wieder „ein“, auch wenn das Parlament zur Frage des Armeekommandanten nichts zu sagen hat – laut Verfassung.) Am folgenden Tag gab das State Department die Einfrierung sämtlicher Finanzhilfe inklusive der MCC-Gelder bekannt (definitive Streichung durch den MCC-Vorstand am 17. September. Am 9. November 2008 fanden in Nicaragua Gemeindewahlen statt. Die unterlegenen Rechten, Washington und Brüssel sprachen von Wahlbetrug. Am 24. November, knappe zwei Wochen später, wurden die MCC-Gelder für Nicaragua gestrichen. Vielleicht ist Putsch, wenn die Falschen gewinnen?

Die Lage in Honduras


(3.9.09) Die Medieninternationale schreibt Honduras derzeit sehr klein. Nicht, weil dort nichts liefe – im Gegenteil, was läuft, soll entsorgt werden, im Moment mit Totschweigen. Bewusst oder reflexartig werden sowohl die internationale Komplizenschaft mit dem Putsch wie auch und vor allem das Subjekt des Widerstands, die Organisationen der Unterklassen, weg retouchiert. Wenn derzeit etwas berichtet wird, ist dieses Etwas stets in der Sphäre der „hohen Politik“ angesiedelt – in Aussenministertreffen und dergleichen. Der Widerstand wird nicht erwähnt oder, wenn es besonders hoch kommt, als unbedeutend dargestellt. Das hat System.

Die Lage in Honduras entzieht sich der schnellen Beurteilung, zu widersprüchlich sind ihre beiden Haupttendenzen. Negativ schlägt zweifelsohne zu Buche, dass nach über zwei Monaten Putschregime die kontinentale Botschaft ziemlich klar ist: putschen lohnt sich. Die „internationale Gemeinschaft“, also die USA und die EU plus deren Assortiments, mault fürs Protokoll zwar etwas rum, unternimmt aber keine Schritte, dem Regime wirklich den Garaus zu machen. Wir haben im Laufe des Putsches auf dieser Blogseite viele Beispiele für diese „Doppelmoral“ beschrieben. Diese Woche hat, jüngstes Beispiel aus Europa, die Lateinamerikagruppe des EU-Ministerrates beschlossen, entgegen einem spanischen Vorstoss das Putschregime bei den Freihandelsverhandlungen EU/Zentralamerika nicht auszuschliessen. Natürlich wäre es für die honduranische Bevölkerung eine Wohltat, nicht mit diesem Assozierungsabkommen bedroht zu werden, doch für die den Putsch stützende Geschäftswelt im Land würde ein Ausschluss eine äusserst schmerzhafte Beschränkung ihrer künftigen Profitmöglichkeiten darstellen.

Das Counter-Lager
Diese grundsätzliche Einschätzung hat Bestand, selbst falls die Obama/Clinton-Administration nächste Woche, wie Agenturberichte suggerieren, die sich auf verklausulierte Aussagen von US-FunktionärInnen stützen, den Gorilettis mit schärferen Massnahmen wie etwa der Streichung (oder auch nur Suspendierung) von relevanten finanziellen Hilfspaketen kommen sollte. Sie hat Bestand, weil klar ist: Mel Zelaya ist erfolgreich vertrieben worden. Selbst wenn er, was ziemlich unwahrscheinlich erscheint, im Rahmen des so genannten Arias-Plans als faktisch entmachteter Figurationspräsident zwecks „ordentlicher Absegnung“ des angelaufenen Prozesses für die allgemeinen Wahlen vom nächsten November zurückkehren könnte – die Dynamik seiner Regierung, mit Unterstützung der Sozialbewegungen soziale und internationale Reformen im ALBA-Geist voranzutreiben, würde der Vergangenheit angehören. Doch die Machthaber in Tegucigalpa scheinen nicht daran zu denken, Zelaya die Rückkehr ins Land zu erlauben. Die Aussenministergruppe der OAS, die zu diesem Behuf kürzlich im Land weilte, musste unverrichteter Dinge abziehen. Militärchef Vásquez, sein De-facto-Präsident Micheletti und die ganze Bande befürchten einerseits, dass eine wie auch immer konditionierte Rückkehr eine gigantische Pandora-Büchse öffnen würde, unter anderem auch die strafrechtliche Untersuchung ihrer Verbrechen seit dem Putsch vom 28. Juni. Zum anderen scheinen sie sich stark zu fühlen aufgrund der Unterstützung nicht nur des Grossteils der Republikanischen Partei in den USA, sondern auch der blue democrats, des so genannt konservativen Flügels also jener Partei, für die die beiden Clintons stehen.

Das Obama-Dilemma
Die Obama-Administration hat aber nicht nur nationale, sondern auch kontinentale Probleme zu berücksichtigen. Mit der scharfen Eskalation der Bedrohung unbotmässiger Länder über die US-Militärbasen in Kolumbien, die Obama durchgesetzt hat, schwimmt Washington im Süden ein wichtiges Fell davon. Obamas Sprüche von der „neuen Partnerschaft“ im Kontinent, analog zur good neigborhood-Politik von Roosevelt in den 1930er Jahren, stossen heute bitter auf (ausser natürlich in der Medieninternationalen). Dieser policy approach entsprach der taktischen Anerkennung von Machtverhältnissen, nach den Fehlschlägen der US-Politik wie dem Putschversuch in Venezuela und dem Apartheidsezessionismus in Bolivien und der beachtlichen Folge mehr oder weniger linker Wahlsiege (vgl. Zur Lateinamerikapolitik von Mr. Doubletalk und Obama und die Putschgeister). Zwar deutet die Eskalation in Kolumbien daraufhin, dass dieser soft approach von Anfang an nur als Begleitstück für die knallharte militärische Eskalation gedacht war, doch ihn einfach mit einer offenen Unterstützung des Putsches in Honduras definitiv über Bord zu werden, entspricht nicht den US-Interessen.

Möglich also, aber überhaupt nicht sicher, dass die Administration Obama nächstens von ihrer bisherigen Politik, dem Putschregime den Rücken zu stärken, etwas abrücken wird. Vermutlich würden in so einem Fall einige relevantere Finanzhilfen an das Regime gestoppt werden, auf keinen Fall aber werden die USA ihre regionale Militärbase Palmerola (und den Aufbau einer weiteren an der Atlantikküste) aufgeben. Eine Rückkehr Zelayas im Sinne des von Clinton inspirierten Plans des costaricanischen Präsidenten Oscar Arias möglichst kurz vor dem Wahltermin zwecks Legitimierung eines Wahlprozesses, dessen leitende Instanzen wie das Oberste Wahlgericht zu den Kernkräften des Putsches gehören, wäre eigentlich ideal und würde die „Opferung“ einer Figur wie Micheletti im Nu mit sich bringen.

Die Dokumente in den Händen der BäuerInnen

Es gibt da bloss einen Umstand, der all diese schönen Kalküle unsicher macht und es Washington erschwert, einen Schritt vorwärts zu machen: Die Widerstandsbewegung gegen den Putsch. Sie ist es, die die anfangs erwähnte Siegesmeldung vom erfolgreichen Putsch in Frage stellt. Seit 70 Tagen ist sie jeden Tag auf der Strasse, trotz manchmal brutaler Repression. Lesen wir, was uns der honduranische Sozialforschers Ricardo Arturo Salgado sagt: „Der sensible Agrarsektor ist total gelähmt, da die Einrichtungen des Nationalen Agrarinstituts seit dem Putschtag landesweit von Campesinos besetzt sind. Diese Compañeros werden täglich mit der Räumung bedroht, aber ihre Entschlossenheit hat die Repression verhindert. Historisch ist die Frage des Landeigentums in Honduras von grosser Bedeutung. Sämtliche Unterlagen über Konflikte zwischen Grossgrundbesitzer und Campesinos werden jetzt von Compañeros der Bauernzentralen bewacht und Micheletti hat einen Minister ernannt, der seine Büros nicht betreten kann“ (alai, 31.8.09: Honduras: Golpistas en campaña electoral).

Seit vorgestern sind zum Beispiel auch die zentralen Installationen der Strom- und der Wasserversorgung von den Angestelltengewerkschaften besetzt. Grund: Das Regime zahlt keine Löhne mehr aus, kein sehr geschickter Schachzug in einer Situation, in der es den endemischen Streiks gegen den Putsch im öffentlichen Sektor Herr werden will. Die Putschzeitung La Tribuna berichtete gestern auch, dass 2500 Angestellte die Zentralen für Tiefbau, Transport und Wohnungswesen besetzt haben. Grund: ausgebliebene Lohnzahlungen. Offenbar sind die Regierungskassen langsam wirklich leer geplündert. Nach Angaben des rechtmässigen Notenbankpräsidenten Edwin Araque haben sich die Gorilettis bisher an fast $500 Millionen der beim Putsch $2.5 Milliarden betragenden Währungsreserven gütlich getan (El Tiempo, 2.9.09). Diese düstere Reservensituation ist ebenso wie von Salgado referierte Mitteilung des Unternehmerverbandes, dass allein im Juli 50'000 Arbeitsplätze verloren gingen, Anzeichen für eine katastrophale Wirtschaftssituation.

Der Mafioso als Putschchef
In einem von rebelion.org übernommenen Telefoninterview mit der chilenischen Tageszeitung Clarín berichtet die gerade geschasste Leiterin des staatlichen Zeitungsarchivs, Natalie Roque Sandoval, nicht nur über Gründe für ihre Entlassung, sondern äussert sich auch zur Widerstandsbewegung, der sie selber angehört. Unter ihrer Ägide wurde vor einigen Wochen jene Zeitungsnotiz über die Verhaftung eines gewissen Romeo Vásquez am 15. Februar 1993 zu Tage gefördert, die danach in vielen Medien (natürlich nicht den hiesigen) die Runde machte: Vásquez, heute als Armeechef der starke Mann im Putschlager, war damals wegen organisiertem Autodiebstahl aufgeflogen! Auch über andere Regimegrössen wusste Roque Sandoval Interessantes zu berichten, so etwa über den (Anwärter auf den Papstposten und) Kardinal Oscar Rodríguez, der „1980 in die Vertuschung eines Massakers an Salvadoreños involviert war“ (In dem in den 90er Jahren aufgekommenen, extrem brutal operierenden Autodiebstahlbusiness von den USA bis Zentralamerika waren geheimdienstliche und militärische Elemente verschiedener Länder involviert. Beim erwähnten Massaker dürfte es sich um jenes vom 14. Mai 1980 am Grenzfluss Sumpul handeln, als bis an 600 flüchtende Campesinas, Campesinos und Kinder von salvadorianischen Soldaten und Paramilitärs mit aktiver Schützenhilfe honduranischer Armeeeinheiten in einer „Hammer- und-Amboss-Operation“ umgebracht worden sind. Offenbar wusste Monseñor schon damals die Seinen zu segnen.)



„Die Geschichte wird täglich auf den Strassen geschrieben“
Und dies sagt die Historikerin zur Widerstandsbewegung: „Die Geschichte von Honduras ist seit dem 28. Juni neu definiert worden. Das honduranische Volk ist aufgewacht, mit einer enormen Klarheit und Bewusstheit. Es hat das Trauma der Repression der Militärregimes der 60er und 70er Jahre und die Doktrin der Nationalen Sicherheit der 80er Jahre überwunden, ist während zwei Monaten im Widerstand auf die Strasse gegangen und wird dies solange weiter tun, wie es nötig ist. Die Geschichte wird täglich in den Strassen geschrieben, von diesem Volk, das sich erhoben hat. Wenn die neue Geschichte von Honduras aufgebaut wird, wird die Widerstandsfront gegen den Putsch als Wasserscheide in unsere Geschichte eingehen. Die honduranische Gesellschaft ist transformiert, die Widerstandsbewegung umfasst breite Sektoren der honduranischen Gesellschaft und befindet sich an der Tür für eine veritable nationale Transformation“.

Ein führendes Mitglied des salvadorianischen FMLN, der die Ereignisse natürlich mit grösster Intensität verfolgt – auch die salvadorianische Rechte frohlockt über den Putsch – sagte heute: „Ja, die Putschisten haben Mel Zelaya vertreiben können. Das ist gefährlich. Aber sie können ihr Regime nicht stabilisieren. Die revolutionären Kräfte in Honduras haben einen enormen Sprung vorwärts gemacht“.