Ecuador: Kurze Infos zum Putsch

Donnerstag, 30. September 2010

Telesur-Infos

Hugo Chávez (ca. 22h Schweizer Zeit): 
Hat soeben mit Rafael Correa telefoniert, der „entführt“  in einem Spital ist, nur mit 3-4 Vertrauensleuten zusammen. Correa fürchtet um sein Leben. Chávez verweist die These eines „Protestes“ wegen Besoldungsfragen ins Reich der Propaganda: Viele Flughäfen Ecuadors sind militarisiert, Resultat einer lange vorbereiteten Aktion. Correa sagt ihm auch, dass die militärischen Befehlshaber keinen Kontakt mit ihm aufgenommen haben.
Die OAS-Sondersitzung zum Putsch ist für die Katze. Lippenbekenntnisse wie beim Putsch in Honduras. Wichtig ist Unasur (südamerikanische Länder); die Präsidenten der Mitgliederländer brechen in diesem Moment nach Buenos Aires zu einer Sitzung auf.
Correa hat ihm bestätigt: „Ich bin bereit zu sterben“.
Chávez: Sein Leben ist in Gefahr, und wo sind die „loyalen Mitglieder der Armeeführung“?


Kurz darauf Evo Morales:
Eine Gruppe von Unasur-Präsidenten wird morgen Freitag versuchen, nach Ecuador zu fliegen, um das Leben von Rafael Correa zu retten.
Es handelt sich um „einen Putsch der ecuadorianischen Rechten mit Unterstützung der USA gegen Unasur“.


Sprecher des Generalstabes (vermutlich Ernesto González) verliest um 22:35 eine Erklärung, in der sich die Armeeführung erneut verfassungstreu   darstellt, hofft aber, dass die Regierung die vorgesehene Besoldungsreform revidiert (gibt also dem Vorwand der Putschisten Legitimität).

Ca. 23h:
Seit einiger Zeit einige tausend DemonstrantInnen vor dem Polizeispital, indem Correa gefangen ist. Die Leute wollen ihn befreien. Polizei schon mehrmals massiv Tränengas eingesetzt. Die Polizeikräfte werden von zivilen Faschokräften unterstützt.
Gerücht, dass putschistische Polizeikräfte mit Correa zurzeit verhandeln.

Demos auch in vielen anderen Städten.

23:30
Demo vor Spital bis zu Eingang vorgedrungen. Reaktion: massive Tränengaseinsätze.

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Bemerkung ZAS:
Ein Putschversuch, kein Zweifel. Unklare Situation. Im Gegensatz zur Situation in Honduras im Juni 2009 äussert sich hier die Armeeführung gegen den Putsch (dem Vernehmen auch die Führung der Polizei); handelt aber nicht. Es sind bis jetzt laut Liveberichterstattung von Telesur keine Truppenbewegungen zur Rettung von Correa und zur „Neutralisierung“ des Putsches festzustellen. Zwei Möglichkeiten: Die Führung(en) ist (sind) faktisch ausgebootet oder es handelt sich um eine weitere Verwirrungspirouette im neuen kontinentalen Putschdrehbuch. In Washington soll die Administration Obama ein Statement publiziert haben, in dem die Gewalt bedauert und der „Polizeiaufstand“ kritisiert wird, ohne dabei aber das Wort Putsch zu gebrauchen – Honduras remake.
Die NZZ bringt es fertig, auf ihrer Homepage eine ddp-Depesche zu veröffentlichen, mit dem Titel: „Ecuadors Präsident von Demonstranten verletzt“, Subtitel: „Schwere Unruhen als Reaktion auf drastisches Sparprogramm“.

Putschversuch in Ecuador

30. Sep 2010 | Ecuador | Militär | Politik

Putschversuch in Ecuador

Eskalation bei Protesten von Polizei und Armeeeinheiten. Armeechef und General Luis González verteidigt Regierung

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Rafael Correa: "Wenn ihr den Präsidenten töten wollt: Hier bin ich!"
Quito. Mehrere Polizeieinheiten und Verbände der Armee haben sich am heutigen Donnerstagnachmittag (Ortszeit) gegen die Regierung von Präsident Rafael Correa erhoben. Nach Berichten ecuadorianischer Medien und internationaler Nachrichtenagenturen kam es zu zunächst lokal begrenzten Aufständen in der Hauptstadt Quito und in der Stadt Guayaquil.
Nach ersten Berichten begann der Aufruhr mit Protesten gegen ein neues Gesetz zur Regelung des Öffentlichen Dienstes. Nach Meinung der Demonstranten aus Polizei und Armee wird diese Neuregelung erhebliche Nachteile für Mitglieder der bewaffneten Staatsorgane mit sich bringen. Die Situation eskalierte, als einzelne Armeeverbände den Flughafen und die größte Polizeikaserne der Hauptstadt besetzten.
Als Präsident Correa die Besetzer der Kaserne des Regiments Quito 1 besuchte, um ihnen die seiner Meinung nach falsche Interpretation der Gesetzreform zu erklären, wurde er nach Augenzeugenberichten mit Steinen und Tränengasgranaten attackiert. Die Leibwächter mussten den Staatschef in Sicherheit bringen. Nach zunächst unbestätigten Berichten wurde der Präsident jedoch eingekreist und am Verlassen der Kaserne gehindert.
Nach Darstellung lateinamerikanischer Medien und internationaler Nachrichtenagenturen ist das Geschehen in Ecuador als Putschversuch zu werten. Der Korrespondent des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur, Cristian Salas, beschrieb die Lage als "chaotisch". Nach Angaben des Nachrichtendienstes "Resúmen Latinoamericano" gingen in Quito und Guayaquil am Nachmittag Bürger in Unterstützung der Regierung auf die Straßen.
Der Oberkommandierende der Armee, General Luis González, stellte sich indes vor die Regierung. Mitglieder der Armee hätten ihrem Oberbefehlshaber, Präsident Correa, zu gehorchen, sagte der General. "Ecuador ist ein Rechtsstaat", fügte er an.
Der Parlamentsabgeordnete der regierenden "Alianza País", Gabriel Rivero, machte indes Regierungsgegner um den ehemaligen Präsidenten Lucio Gutiérrez für den Aufstand verantwortlich. Rechte Putschisten hätten sich unter die protestierenden Polizisten und Soldaten gemischt, um einen Umsturz anzuzetteln, so Rivero. Auch Präsident Correa sprach von einem Putschversuch. In einer emotionalen Rede von den Aufständischen sagte er: "Wenn ihr den Präsidenten töten wollt: Hier bin ich!"
Auch international sorgte das Geschehen für Aufsehen. Die argentinische Regierung zeigte sich nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa "tief beunruhigt" über das Geschehen in Ecuador. Vertreter der Fraktion der Vereinigten Linken im Europaparlament verurteilten den Putschversuch.
Ein Video der Geschehnisse findet sich auf unserem Partnerportal weltnetz.tv

EL SALVADOR – MARA-FANTASY VERDECKT DESTABILISIERUNG

Montag, 27. September 2010

(zas, 27.9.10). Von der NZZ bis zu linken deutschsprachigen Blogseiten war man sich einig: Die Strassengangs (Maras) haben vor drei Wochen in El Salvador mit einem dreitägigen Streik im landesweiten Transportsystem ihre Muskeln spielen lassen und den Staat herausgefordert.

Tatsächlich war es kein Streik der Maras, sondern einer der Handelskammer. National eingebettet in eine aggressive Destabilisierungspolitik gegen eine Regierung, die trotz schwerer interner Spannungen auf einigen Gebieten positive Arbeit leistet, zum Teil auch im Bereich der öffentlichen Sicherheit. Die Rechten versuchen, das zu verhindern und ihre gefährdeten Felle ins Trockene zu bringen.

International eingebettet in eine Strategie Washingtons, Zentralamerika und die Karibik zu einer Grosszone „gescheiterter Staaten“ zu erklären, wie dies die US-Aussenministerin Clinton so eben vor dem Council on Foreign Relations verdeutlicht hat.

Pseudolinke Undifferenziertheit in der allerdings unabdingbaren Kritik an der salvadorianischen Regierung und ein voyeurhafter Blick auf eine „Chaoszone El Salvador“ im Stile eines billigen Science-Fiction-Filmes tragen schlicht zum Gelingen des imperialen Rollbackversuches bei.


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Südmexiko Soli-Newsletter September 2000

Montag, 20. September 2010

Newsletter September 2010
--- Direkte Solidarität mit Chiapas ---
20. September 2010

CHIAPAS

1. Zaptistische Unterstützungsbasis vertrieben
In Chilón wurden 170 Zapatistas vertrieben, weil sie autonome Schule gründeten. Die Familien aus San Marcos Avilés und Pamala waren daran, eine eigene Schule für ihre Kinder aufzubauen. Die Nachbarn, welche in verschiedenen politischen Parteien organisiert sind, wollten sie daran hindern. Darauf wurden den Zapatistas 30 ha Land enteignet und am 9. September 2010 mit Waffengewalt vertrieben. Der Rat der Guten Regierung von Oventik denunzierte die gewaltsame Vertreibung und unterstützt die Vertriebenen.

Communiqué Oventik:
http://www.chiapas.indymedia.org/article_176342
Weitere Infos:
http://www.chiapas.indymedia.org/

Am 13. September fanden verschiedene Protestaktionen gegen die Repression in Chiapas statt, so auch in der Gemeinde Mitzitón:
http://www.youtube.com/user/CIEPAC#p/u/0/s1_2cLxI0E4



2. Nuevo Juan de Grijalva ein Jahr nach der Einweihung

Ein Jahr nach der Einweihung der „nachhaltigen Landstadt“ Nuevo Juan de Grijalva denunzierten die BewohnerInnen, dass aufgrund der starken Regenfälle die ersten Schäden an den Häusern auftreten. Die BewohnerInnen sind Überlebende der Überschwemmungskatastrophe von 2007, ihre neue Stadt soll ein Modell für die Überwindung der Armut sein. Der Gouverneur Sabines will damit die UNO-Milleniumsziele erfüllen. Wie die Realität aussieht, zeigen die Videos zu Nuevo Juan de Grijalva:
http://www.youtube.com/user/CIEPAC#p/u/3/WuGVelBzn5U
http://www.youtube.com/user/CIEPAC#p/u/2/q60oh7fNdVM

Inzwischen wird die zweite „nachhaltige Landstadt“ fertiggebaut, deren Häuschen aus Sperrholz nicht nachhaltig zu überzeugen mag, wie dieses dritte Video von Ciepac zeigt:
http://www.youtube.com/user/CIEPAC#p/u/4/Wijv-AkY2o4

Und eine dritte ist in Chenalho, nahe San Cristobal, geplant, dagegen organisieren lokale Kirchenvertreter einen ersten Protest:
http://chiapasdenuncia.blogspot.com/2010/08/creyentes-de-chenalho-rechazan-proyecto.html



OAXACA und GUERRERO

3. Vernetzungstreffen gegen Grossprojekte, welche die Umwelt zerstören
Im Bezirk Ocotlan, unweit von Oaxaca Stadt, fand ein mehrtägiges nationales Treffen der von Grossprojekten betroffenen Gemeinden und Organisationen statt. Der Ort ist symbolträchtig, weil in Ocotlan ein Grossteil der EinwohnerInnen gegen die dort ansässige Goldmine kämpft. Infos zum Treffen und zum Widerstand in Ocotlan:
http://www.educaoaxaca.org/index.php?option=com_content&view=article&id=178:en-oaxaca-concluyen-trabajos-de-la-anaa&catid=45:la-minuta&Itemid=55

http://www.oeku-buero.de/nachrichtenleser/items/konflikt-um-goldmine-muendet-in-hetzjagd-auf-befreiungstheologen.html



4. Paramiliärischer Angriff und Entführung von Víctor Ayala überschatten Unabhängigkeitsfeiern

Die groß angelegte Unabhängigkeitsfeier des so genannten „Bicentenario“ diente in den südlichen Bundesstaaten Oaxaca und Guerrero offensichtlich zum Übertünchen von Angriffen auf soziale Bewegungen. Während die Scheinwerfer auf die Festlichkeiten zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit gerichtet waren, haben in den Unruheregionen Oaxaca und Guerrero schwere Übergriffe auf soziale Bewegungen stattgefunden. Weiterlesen:

http://npla.de/de/poonal/3001-paramiliaerischer-angriff-und-entfuehrung-von-victor-ayala-ueberschatten-unabhaengigkeitsfeiern

In den letzten Tagen und Stunden hat sich die Situation in Copala nochmals dramatisch zugespitzt. Die drei im Artikel erwähnten schussverletzten Frauen wurden zwar von einem Polizeiaufgebot evakuiert und können medizinisch versorgt werden. Gleich nach dem Abzug der Polizei wurde jedoch ein weiterer Indigena des autonomen Bezirks vor der Kirche von Copala ermordet. Wieder rückte die Polizei in das Dorf ein, um die Leiche zu bergen. Sie übergab diese jedoch nicht der Familie, sondern den Paramilitärs. Und wenige Stunden darauf geschah ein weiterer Mord an einem jungen Indigena des autonomen Bezirks, zudem gelten zwei Frauen und zwei Männer verschwunden. Die Vertreter des autnomen Bezirks befürchten ein Massaker in den nächsten Tagen. Sie rufen zu Mobilisierungen und Solidaritätsaktionen auf. Die lokale Kirche versucht mit einem Verhandlungsangebot den Konflikt zu entschärfen. Solange die Mörder jedoch ungestraft und auf freiem Fuss sind, ist eine Verhandlungslösung schwierig. Dass es keine Strafverfolgung gibt mussten die mexikanischen Behören bei einem Hearing in Brüssel zugeben, welches wegen dem Mord am finnischen Beobachter Jyri Jaakkola letzte Woche stattfand.

Segundo asesinato en un día de miembros del MULTI en Copala
http://www.jornada.unam.mx/2010/09/20/index.php?section=politica&article=022n1pol

Bruselas: Debate sobre San Juan Copala
http://www.proceso.com.mx/rv/modHome/detalleExclusiva/83503



SCHWEIZ

5. Spendenkampagne für zapatistisches Gesundheitswesen

In Chiapas hat die indigene Bewegung der Zapatistas die Gesundheitsversorgung in die eigenen Hände genommen. Hebammen und lokale PromotorInnen arbeiten mit engagierten FachärztInnen zusammen. Mehr Infos und die Bitte um private Spenden oder Spendenanlässe auf medico.ch. Gerne können auch Flyers bestellt werden oder weitere Auskünfte erteilt werden, wenn ihr einen Anlass organisieren wollt! Übrigens unterstützt medico international in Deutschland die zapatistischen Kliniken ebenfalls.

Gemeindegesundheit und Pflanzenmedizin in Chiapas / Mexiko
http://www.medicointernational.ch/content/view/251/103/



ZEITSCHRIFTEN online

6. Tierra y Libertad
Willkommen auf der neuen Seite der Tierra y Libertad. Ab sofort findet ihr hier Informationen zu den Tierra y Libertad-Heften. Das neue Heft kann bestellt, ältere Hefte herunter geladen werden.
http://www.tierra-y-libertad.de/


7. Desinformemonos
Zweimonatliche Zeitschrift von unten, Nummer 8 August, September 2010
http://desinformemonos.org/wp-content/uploads/2010/08/desinformemonos8aleman.pdf



VORSCHAU Chiapas-Filme auf Tournee in der Schweiz

In der zweiten Oktoberhälfte werden mehrere Veranstaltungen mit den Filmen des zapatistischen Videoprojekts Promedios gezeigt. Wir werden im Oktober rechtzeitig über die Daten informieren. Video-Auswahl siehe: http://www.promediosmexico.org/

Direkte Solidarität mit Chiapas

Mexiko: Festivitäten verdecken massive Angriffe

Samstag, 18. September 2010

Dieser Artikel ist erschienen in Poonal Nr. 913

Paramiliärischer Angriff und Entführung von Víctor Ayala überschatten Unabhängigkeitsfeiern

Freitag, den 17. September 2010
von Philipp Gerber

(Berlin, 17. September 2010, npl).- Die groß angelegte Unabhängigkeitsfeier des so genannten „Bicentenario“ diente in den südlichen Bundesstaaten offensichtlich zum Übertünchen von Angriffen auf soziale Bewegungen. Während die Scheinwerfer auf die Festlichkeiten zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit gerichtet waren, haben in den Unruheregionen Oaxaca und Guerrero schwere Übergriffe auf soziale Bewegungen stattgefunden.

In Oaxaca eskalierte der Konflikt um San Juan Copala, wo sich drei indigene Organisationen um die Vorherrschaft der symbolträchtigen Gemeinde der Triqui-Indigenen streiten. Unabhängige Quellen über die Situation liegen nicht vor, da die Gemeinde seit November 2009 von Bewaffneten der Nachbardörfer El Rastrojo und La Sabana belagert wird.

Laut Jorge Albino, dem Vertreter des autonomen Bezirks, drangen in der Nacht zum 13. September rund 500 Bewaffnete der Organisationen Vereinigung für das Gemeinwohl der Region Triqui UBISORT (Unión de Bienestar Social de la Región Triqui) und Bewegung zur Vereinigung des Kampfes der Triqui MULT (Movimiento de Unificación de Lucha Triqui) nach einer zweistündigen Schießerei bis zum Gemeindesitz vor und konnten ihn einnehmen. Die beiden Organisationen stehen der Partei der Institutionellen Revolution PRI (Partido Revolucionario Institucional) nahe. Die wenigen Familien, je nach Quellen sollen es zwischen 20 und 50 sein, die nach der monatelangen Belagerung der Gemeinde noch zum Projekt des autonomen Bezirks halten, wurden aufgefordert, sich innerhalb von 24 Stunden zu ergeben, sonst würden sie niedergemetzelt. Drei Frauen wurden in den letzten Tagen durch Schüsse verletzt: María Rosa Francisco (35), María Rosa López (55) und Macaria Merino Martínez (85). Diese können nicht medizinisch versorgt werden.

Störfaktor Mahnwache
Erst zu Wochenbeginn hatte die Regierung von Oaxaca den im Exil mit einer Mahnwache demonstrierenden Triqui-Frauen versprochen, dass ein Krankenwagen nach San Juan Copala entsandt werde und dort Polizeipatrouillen stattfinden sollten. Doch diese Versprechen erwiesen sich, ebenso wie die Zusage, dass die hungernden Familien zehn Tonnen Mais geliefert bekämen, als Finte. Denn die kleine Gruppe von rund zwei Dutzend Indigenas hatte sich auf dem Hauptplatz in Oaxaca-Stadt dauerhaft installiert und war dadurch ein Störfaktor für die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag. Nach einer polizeilichen Räumungsdrohung und mit den ausgehandelten Versprechen hatten sich die Triqui darauf eingelassen, für die Dauer der Feiern auf einen alternativen Platz zu gehen.

Nicht viel besser erging es protestierenden Triqui auf dem Hauptplatz in Mexiko-Stadt: Die Stadtregierung der Partei der Demokratischen Revolution PRD (Partido de la Revolución Democrática) entsandte Polizisten, die den dortigen Protest während der Feierlichkeiten hermetisch abriegelten – stundenlang wurde niemand herein und niemand herausgelassen. Während also die MestizInnen ihre 200-jährige Unabhängigkeit von Spanien feiern, sind die Indigenen im Land immer noch in Repression und Armut gefangen.

„Es gibt nichts zu feiern“
„Es gibt nichts zu feiern, wir sind immer noch eine Kolonie“, fasste ein Demonstrant in Chilpancingo, Guerrero, diese Stimmung zusammen. In Guerreros Hauptstadt versuchte der Gouverneur Zeferino Torreblanca (PRD), die nächtliche Unabhängigkeitsfeier anzuführen. Doch kaum auf der Bühne, wurde er von einem Großteil des Publikums lautstark niedergeschrien. Nach erstem Zögern verkündete er dann doch die Worte des Priesters Hidalgo, mit denen der Kampf gegen die Spanier vor 200 Jahren begonnen hatte. Das anschließende Glockengeläut, Teil des Rituals, wurde dann aber wegen der allgemeinen Verwirrung über den Volkszorn vergessen.

Bauern-Aktivist Víctor Ayala Tapia entführt
Schon tagsüber hatten am 15. September 17 Organisationen gegen die Kriminalisierung des sozialen Protests im Bundesstaat Guerrero protestiert. Jüngstes Beispiel ist das Verhaften und Verschwindenlassen des Aktivisten Víctor Ayala Tapia am 14. September. Der Anführer der Bauernorganisation „Frente Libre Hermenegildo Galeana“ wurde nach längerer polizeilicher Überwachung seines Hauses just nach dem Abzug der Patrouillen von bewaffneten Männern in einen Wagen ohne Nummernschild gezerrt und gilt seither als verschwunden. Seine Ehefrau bekam in der Nacht nach der Tat ein Dutzend Drohanrufe der Entführer und am Morgen darauf Besuch von der Polizei, die sie zu der Aussage zwingen wollte, dass die Polizei nichts mit dem Verschwinden ihres Ehemannes zu tun habe.

Weitere Informationen:
* Radio-Interview mit Jorge Albino: http://www.chiapas.indymedia.org/article_176434
* Eilaktion des Kollektivs gegen Folter wg. des Verschwindenlassens von Víctor Ayala de Guerrero: http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2010/09/16/el-colectivo-contra-la-tortura-llama-a-una-accion-urgente-por-el-companero-victor-ayala-de-guerrero/

Falsche Berichterstattung über Venezuelas Wirtschaft

Mittwoch, 15. September 2010

Kommentar von Mark Weisbrot zur Desinformation betreffs Venezuela, deutsch auf amerika21.de: Falsche Berichterstattung über Venezuelas Wirtschaft

Kuba: „Heilige und würdige Arbeit“/ Fidel zur europäischen Jagd auf Roma

Wer sich für derartige Begriffe begeistern kann, kommt in der Erklärung der kubanischen Gewerkschaft CTC zur angekündigten Streichung einer halben Million staatlicher Arbeitsplätze und ihrem angeblichen Ersatz im Privatsektor voll auf seine/ihre Rechnung. Siehe dazu: »Das Prinzip der sozialistischen Verteilung wiederbeleben« auf http://womblog.de.

Wem das Herz bei solcher Begrifflichkeit nicht gleich überfliesst, bleibt nach der Lektüre des CTC-Statements etwas ratlos. Es wird genauere Angaben über die anvisierte „Transition“ (zu was?) und ihre Umsetzung brauchen, um eine Einschätzung haben zu können. Eine Sache ist unbestreitbar, wie Franco Weis in seinem Artikel über die „Reformen“ in Kuba im demnächst erscheinenden „Correos“ festhält, dass damit auch „umstrittene Massnahmen vom Ende der Sechzigerjahre rückgängig gemacht werden, als auch noch der letzte Coiffeursalon und die letzte Imbissbude sozialisiert wurden“. Und eine andere ist die Koppelung solcher Schritte an Produktivitätsdiktate, Unverdrossenheitsbekundungen und Lohndifferenzierung.
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Zunehmend geraten Repressionsvorgänge in Europa ins Visier trikontinentaler Menschenrechtsgruppen. Kürzlich sprachen sich lateinamerikanische MenschenrechtlerInnen gegen die Verfolgung eines deutschen Anti-NATO-Aktivisten aus, dieser Tage brachte die mexikanische Zeitung La Jornada eine Serie über die Verfolgung von Roma und Sinti in Europa, gestern und heute. Fidel Castro hat dazu einen Text geschrieben, auf deutsch auf der Kuba-Soliseite http://www.cuba-si.ch: Die grenzenlose Scheinheiligkeit des Westens.

Honduras: Morden gegen Widerstand

Dienstag, 14. September 2010

(zas, 14.9.10) Am Freitag, den 10. September 2010, gab Gilberto Ríos vom Food International Action Network (FIAN) die Ermordung des 55-jährigen Francisco Miranda Ortega bekannt. Miranda, Mitglied der bäuerischen Bewegung MUCA in der umkämpften Region Bajo Aguán radelte an diesem Nachmittag in seine Kooperative La Aurora zurück, als ihn fünf oder sechs hinter Palmen versteckte Attentäter erschossen. Dieses Mal hatten AnwohnerInnen den Mord beobachtet. Der gleichen Vorgehensweise fielen am 17. August Manuel Mata Oliva (40), Sergio Magdiel Amaya (18) und Rodving Omar Villegas (15) zum Opfer (s. Honduras: Drastische Verschlechterung der Lage).

Der Infodienst der Volkswiderstandsfront FNRP fasste am gleichen Tag zusammen, dass seit Dezember 2009 12 Bäuerinnen und Bauern, darunter auch mehrere Kinder, umgebracht worden sind. Die meisten dieser Morde fanden in der Gegend des unteren Laufes des Aguán-Flusses statt, wo einige Grossgrundbesitzer um Putschmeister Miguel Facussé ihr Totalmonopol auf Ölpalmen (Agrosprit)  gegen die Kooperativen des MUCA durchzusetzen versuchen.

SITRAUNAH
Letzten August traf es die LehrerInnen: Ihre Demos wurden mit brutaler Gewalt angegriffen (s. den oben erwähnten Blog-Eintrag). Am 5. September waren die streikenden Angestellten der Nationaluni UNAH an der Reihe. Seit Ende April 2010 kämpfen sie, seit drei Monaten auch mit einem Hungerstreik, für die Wiedereinstellung von 124 aus politischen Gründen  Entlassenen. Die pro-putschistische Rektorin Julieta Castellanos, überdies noch Mitglied der offiziellen „Wahrheitskommission“ des Putschpräsidenten II, Porfirio Lobo, liess Spezialeinheiten der Polizei das Unigelände stürmen – in Lateinamerika mit seiner altehrwürdigen Tradition der universitären Autonomie mit ihrem strikten Verbot von polizeilichen oder militärischen Einsätzen auf dem Campus ein speziell verletzender Vorgang.  Im ganzen Uni-Gelände wurden GewerkschafterInnen der SITRAUNAH gejagt, 28 wurden verhaftet, alle ihrer 22 Führungsmitglieder sind zur Verhaftung ausgeschrieben, mehrere der Verhafteten sind – wegen eines Arbeitskonfliktes! – immer noch im Knast, SITRAUNAH-Präsident René Andino ist untergetaucht.

15. September des Widerstandes

Die Repression fand zwei Tage vor einem erfolgreichen, landesweiten Tag des zivilen Ungehorsams statt, den die LehrerInnengewerkschaften und der FNPR gemeinsam organisiert hatten. Dabei kam es zu Strassen- und Brückenblockaden, zu einer von José Baquedano vom Gewerkschaftsdachverband CUTH als Grosserfolg eingestuften Demo in Tegucigalpa, an der die Scheiben von zwei Hetz-Fernsehkanälen und des putschistischen staatlichen „Menschenrechts“-Büros in die Brüche gingen, und zu einer Reihe von anderen Protestaktionen. Bei den Forderungen ging es einerseits um die Anliegen der LehrerInnenorganisationen (Stopp dem Rentenklau, keine Privatisierung im Schulwesen) und  um Inhalte wie die Anhebung des Mindestlohnes, andererseits auch wie stets um die für den Widerstand zentrale Forderung nach einer Verfassungsgebenden Versammlung mit realer Volksbeteiligung.

Die Mobilisierung vom 7. September diente als Auftakt für einen „15. September des Widerstandes“. An diesem Tag feiern die zentralamerikanischen Länder die 1821 erreichte Unabhängigkeit von der spanischen Krone. Letztes Jahr verblasste die von den Putschisten organisierte Militärparade vor der massiven Strassenpräsenz mit Volksfestcharakter der Resistencia. Der Widerstand versucht, an diesen Erfolg anzuknüpfen, auch als eine weitere Etappe hin zum Ziel eines landesweiten Generalstreikes gegen das autoritäre Regime. Gerade wurde bekannt, dass der Erziehungsminister jenen drei Schulen, die am aktivsten an den offiziellen Militärparaden teilnehmen werden, über $ 20'000  plus eine Reihe von IT-Hardware und Blackberries schenken will.

IWF
Bei soviel demokratischem Eifer kann sich selbstverständlich auch der IWF nicht zurückhalten. Zwar hat die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) trotz Kommando aus Washington und eifrigster Botengängerei insbesondere des salvadorianischen Präsidenten Mauricio Funes das Putschregime II in Tegucigalpa immer noch nicht als legitim anerkannt. Damit fehlt dem IWF eigentlich die selbstdeklarierte Voraussetzung für die Rückkehr zur Normalität, doch schliesslich geben Washington und Brüssel den Ton an. Also hat er gestern Montag, den 13. September 2010, mit Tegucigalpa ein Stand-by-Abkommen für $196 Mio. Budgethilfe abgeschlossen. Das IWF-Communiqué begründet den freudigen Akt mit so hehren Dingen wie „Wiederherstellung der makroökonomischen Stabilität … der Erneuerung des Investorenvertrauens … Strukturreformen zur Verbesserung der Effizienz im staatlichen Sektor … Kontrolle der öffentlichen Ausgaben einschliesslich der Löhne … Verbesserung der Fokussierung  der Sozialausgaben für die Armen“ (auf deutsch: ihre massive Kürzung) und andere Evergreens der neoliberalen Attacke,

US-Truppen im Einsatz
Und wo Gottes ökonomische Stimme der Vernunft spricht, handelt auch sein bewaffneter Arm. In einem Interview von Mario Casasús sagt Bertha Cáceres, Leiterin der Indígenaorganisation COPINH, vor wenigen Tagen: „Wir haben angeprangert, dass es im ganzen Land eine Militarisierung gibt, und zwar nicht nur von Seiten der honduranischen Armee und Polizei, sondern auch der US-Truppen, die ihre gemeinsamen Manövern zusammen mit kolumbianischen Truppen auf den Islas de la Bahía (in der Karibik) durchziehen. Sie wollen eine Akzeptanz für den Militarismus ähnlich wie in Kolumbien erzielen. Wir sind in den indigenen Comunidades Opfer der Nachstellungen der US-Truppen von [der US-Militärbase] Palmerola gewesen, [aber] so etwas haben wir noch nicht gesehen, dass US-Truppen kommen, um unsere Büros zu kontrollieren! Wir haben Staatsterrorismus, sie haben unsere compañeros von COPINH umgebracht, andere halten sie gefangen, sie haben uns Dokumente beschlagnahmt, haben uns geschlagen, vertrieben und unterdrückt. Auf all das lautet die würdige Antwort der indigenen Völker: mehr Widerstand, mehr Organisation, mehr Organisation und mehr Vorschläge“.

Erfolgreiche Unterschriftensammlung
Vorgestern Sonntag, den 12. September, gab der FNPR ein stolzes Resultat bekannt: Just vor dem Widerstandstag vom 15. September hat er das hoch gesteckte Ziel von über 1.25 Millionen Unterschriften unter eine Petition für die Abhaltung einer Verfassungsgebenden Versammlung und die Rückkehr von Ex-Präsident Mel Zelaya und den anderen ausser Landes Getriebenen erreichen können. Unter den Bedingungen der systematischen Repression und Einschüchterung und bei einer Gesamtbevölkerung von weniger als 8 Millionen eine beeindruckende Zahl.
Und, hast du schon unterschrieben?

El Salvador: Das Recht auf Vergiften

Sonntag, 12. September 2010

(zas, 12.9.10) Im Correos sind wir hin und wieder auf die sogenannten internationalen "Investoren-Staats-Tribunale" eingegangen, eine wichtige rechtliche Komponente des globalen Diktaturregimes der Multis. Ebenso haben wir zum Widerstand in El Salvador gegen ein kanadisches Minenproekt berichtet (El Salvador: Wieder Morde an UmweltkämpferInnen).
Im Juli 2010 hat das US-Portal "The Progressive" einen Artikel zum kanadischen Minenunternehmen Pacific Rim gebracht, das die Regierung von El Salvador mittlerweilen vor dem Investorengericht der Weltbank (ICSID, International Center for the Settlement of Investment related Disputes, spanisch: CIADI) für $77 Mio. eingeklagt hat, weil es nicht wie erhofft das Grundwasser und die BewohnerInnen im Department Cabañas und darüber hinaus vergiften darf. Eine andere kanadische Minengesellschaft hat ein weiteres Verfahren gegen das Land angestrengt.

Der Progressive-Artikel ist auf deutsch auf der Seite des österreichischen El Salvador-Solikomitees zu lesen:
"Ist der Freihandel eine Goldmine?"

Hintergrundinfos zur globalen Diktaturjustiz der Multis bieter immer noch das Papier
"NAFTA'S Threat to Sovereignty and Democracy: The Record of NAFTA Chapter 11 Investor State Cases 1004-2005"

von Mari Bottani und Lori Wallach, 2005 für die US-NGO "Public Citizen" verfasst.
In Correos 144 (Dezember 2005) haben wir die wesentlichen Punkte des Papiers zusammengefasst:
"Diktatur der Multis"
(für gute Lesbarkeit auf das +-Zoom-Zeichen klicken).

Fidel Castro: "Beendet die Diffamierung von Juden"

8. Sep 2010

Revolutionsführer warnt Iran vor den Konsequenzen antisemitischer Ideologie

Von Malte Daniljuk
Havanna. Der ehemalige Präsident von Kuba, Fidel Castro, fordert den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad auf, die Diffamierung der Juden zu beenden. In einem Interview in der amerikanischen Zeitschrift The Atlantic warnte Castro, dass die iranische Regierung die Konsequenzen antisemitischer Ideologie bedenken müsse.
"Ich glaube nicht, dass irgend jemand mehr beschimpft wurde als die Juden. Ich würde sagen, viel mehr als die Muslime" so der ehemalige kubanische Staatschef in dem Interview mit dem Journalisten Jeffrey Goldberg. Der Iran müsse "verstehen, dass die Juden von ihrem Land vertrieben wurden, verfolgt und misshandelt auf der ganzen Welt." An dem Existenzrecht Israels könne es nicht den geringsten Zweifel geben.
Das Interview, das unmittelbar vor dem heutigen jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana veröffentlicht wurde, ist das erste aus einer Folge, die in den nächsten Wochen veröffentlicht werden soll. Goldberg hatte in Havana ein fünf stündiges Gespräch mit dem 84 jährigen Fidel Castro geführt.
Castro verwies darin auf die zweitausend Jahre, in denen Juden schrecklichen Verfolgungen und Pogromen ausgesetzt waren. "Man hätte denken müssen, sie würden untergehen, aber ihre Kultur und Religion hielten sie als Nation zusammen." Seiner Ansicht nach ist das Schicksal der jüdischen Bevölkerung härter gewesen, als das jedes anderen Volkes: "Es gibt nichts, was mit dem Holocaust verglichen werden kann", sagte er.
Ausdrücklich erklärte der Revolutionsführer, dass er dies dem iranischen Präsidenten auch persönlich sagen würde. Castro betonte, er verstehe die Angst des Iran vor einem Angriff von Seiten Israels und der Vereinigten Staaten. In dem Gespräch ließ Castro auch dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu eine klare Botschaft zukommen: "Israel wird nur dann Sicherheit erlangen, wenn es auf seine Atomwaffen verzichtet."