Heftige Proteste in Panama halten an

Samstag, 27. Oktober 2012

http://amerika21.de/print/66146
26. Okt 2012 | Panama | Politik | Soziale Bewegungen

Heftige Proteste in Panama halten an

Bevölkerung lehnt neues Gesetz zur Privatisierung der Freihandelszonen ab. Drei Menschen wurden im Zuge der Proteste getötet

Vereinigung Schweiz-Cuba: Hilferuf nach Wirbelsturm

Liebe Freundinnen und Freunde,

der "Oriente" von Cuba mit den Städten Santiago de Cuba, Guantánamo und Holguin wurde brutal hart getroffen vom Wirbelsturm Sandy!
Auch wenn wir im Moment ohnmächtig hinschauen müssen - siehe Link mit Fotos - so wollen wir helfen, wie wir können. Wir rufen deshalb zu einer Sammelaktion auf und bitten Euch um Spenden an:

Vereinigung Schweiz-Cuba
Postcheckkonto 30-36190-7
Vermerk: "Wirbelsturm Sandy"

Mit solidarischen Grüssen
Samuel Wanitsch
VSC
nationale Koordination

http://www.cuba-si.ch/index.php?lang=es&site=1&ID=1641

Armee macht mobil gegen Krisenwiderstand




aus der Unia-Zeitung work:

Ein Bild, das das bei der Übung von 2000 Offizieren gegen den inneren Feind Verwendung fand. Quelle: Sonntag, 6.10.12

Kolumbien: FARC-Statement zur Eröffnung der Friedensgespräche in Oslo

Dienstag, 23. Oktober 2012


(zas, 23.10.12) Nach monatelangen diskreten Vorgesprächen in Kuba über die Verhandlungsagenda kam es am Donnerstag, dem 18. Oktober 2012, in Oslo zur Eröffnung der historischen Gesprächsrunde zwischen der FARC-Guerilla und der kolumbianischen Regierung. Die eigentlichen Verhandlungen werden in Havanna stattfinden.
Die kolumbianischen Regimemedien zeigten sich über die dabei gehaltene Rede des Chefs der FARC-Delegation, Iván Márquez, schockiert. Die FARC versuchten, so der Tenor, durch die Hintertür Verhandlungsinhalte einzuführen, die mit den vereinbarten nichts zu tun hätten. Tatsächlich versucht das Regime, die Verhandlungsagenda auf die Demobilisierung der Guerilla zu reduzieren, verzuckert mit dem Zugständnis, die Agrarfrage zu thematisieren. Hier will die Regierung mit ihrer kapitalistischen Agrar-Konterreform punkten, die auch in hiesigen Medien zur Sozialreform umgelogen wird. (Vgl. zum Thema auch: Azalea Robles: Von den Massengräbern zur Konsolidierung des Grosskapitals“ in Correos 165, Juni 2011).
Diese Elitensuppe allerdings wurde in Oslo schon ziemlich versalzen.
Worum es den FARC geht, machen die folgenden Auszüge aus dem Statement von Iván Márquez in Oslo deutlich. Zur vereinbarten Verhandlungsagenda vgl. den Artikel „Noch kein Frieden“ aus Correos 171 (September 2012).
________________________________________

Intervention von Iván Márquez bei der Installation der zweiten Phase des Friedensprozesses*
Iván Márquez in Oslo, links von ihm der fast erblindete Guerillero Jesús Santrich

 [Eckklammern: Anmerkungen des Übersetzers]

Der angebliche Expressfrieden, den einige promovieren, wird wegen seiner volatilen Subjektivität und seinen Zielsetzungen nur in die Abgründe der Frustration führen. Ein Frieden, der nicht die Lösung der den Konflikt hervorrufenden ökonomischen, politischen und sozialen Ursachen angeht, wäre launenhaft und würde in Kolumbien nur Chimären säen. Das Zusammenleben muss auf felsigem Grund eingerichtet werden.
(…)
Wir sind nicht die Kriegstreiber, als die uns einige Medien hinzustellen versuchen, wir kommen mit Vorschlägen und Projekten an den Verhandlungstisch, um endgültig den Frieden zu erringen, einen Frieden, der eine tief greifende Entmilitarisierung des Staates und radikale sozioökonomische Reformen beinhaltet, um wahre Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit zu schaffen. Wir bringen  die Akkumulation eines historischen Kampfes für den Frieden hierher, um, Schulter an Schulter mit unserem Volk den Sieg der politischen Lösung über einen Bürgerkrieg zu suchen, der Kolumbien zerstört. Aber unser Entschluss beinhaltet auch, die Kriegstreiber zu konfrontieren, die glauben, sie könnten mit dem Dröhnen von Bomben und Kanonen unseren Willen brechen, die wir die Fahnen des Wechsels und der sozialen Gerechtigkeit hochhalten.
Dieser Prozess kann nicht an eine Politik gefesselt sein, die ausschliesslich auf ungeheure Profite für einige wenige Kapitalisten aus ist, denen die Armut von 70% unserer Bevölkerung absolut gleichgültig ist. Mehr als 30 Millionen Kolumbianer leben in Armut, 12 Millionen in extremer Armut, 50% der erwerbsfähigen Bevölkerung lebt die Agonie zwischen Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, fast sechs Millionen Campesinos halten sich als Vertriebene in den Städten auf. Von den 114 Millionen Hektaren des Landes sind 38 der Ölförderung zugeteilt, 11 Millionen den Minenprojekten und die 750‘000 ha Waldausbeute sollen auf 12 Millionen ausgeweitet werden. Die extensive Viehwirtschaft belegt 39.2 Millionen ha. Das gesamte Anbaugebiet beträgt 21.5 Millionen ha, aber davon sind nur 4.2 Millionen für die Landwirtschaft bestimmt. Diese nimmt weiter ab, was sich darin zeigt, dass das Land schon mehr als 10 Millionen Tonnen Nahrungsmittel importieren muss. Über die Hälfte des nationalen Territoriums funktioniert für die Interessen einer Enklavenwirtschaft.
(…)
 Das, was der Grund für einen bewaffneten Aufstand und einen heroischen Campesinowiderstand war, hat sich im Lauf der Zeit verschärft. Die Geophagie [Essen von Erde] der Grossgrundbesitzer hat die unausgeglichene und ungerechte Landbesitzstruktur noch akzentuiert. Der Gini-Koeffizient auf dem Land steht bei 0.89%. Eine erschreckende Ungleichheit! Die offiziellen Angaben zeigen, dass die Fincas mit mehr als 500 ha im Besitz von 0.4% der Eigentümer sind und 61.2% der Böden beanspruchen. Es geht um eine Akkumulation der Enteignung, die sich zuletzt in 8 Millionen mit paramilitärischen Massakern, Massengräbern, Verschwindenlassen, gewaltsamer Vertreibung und Verbrechen gegen die Menschheit blutig geraubter Hektaren niederschlägt. In den 8 Jahren der Regierung Uribe sind alle diese Komponenten des Staatsterrorismus in Kolumbien noch verstärkt worden.
Für die FARC-Ejército del Pueblo ist das Konzept von LAND unlösbar mit Territorium verbunden. Sie stellen ein untrennbares Ganzes dar, das über den rein agrarischen Aspekt hinaus strategische, vitale Interessen der ganzen Nation betrifft. Deshalb steht heute der Kampf ums Territorium im Zentrum der Kämpfe in Kolumbien. Von Land zu reden, heisst für uns, von Territorium zu reden, einer Kategorie, die nicht nur die Begriffe von „unter dem Boden“ und „über dem Boden“ einschliesst, sondern auch sozio-historische Beziehungen unserer Comunidades, und zu der das Gefühl von Vaterland gehört. Eine Kategorie, die Land als Mantel begreift und den Sinn von gut leben einschliesst.
(…)
Wir gehen von dieser Vision aus, um ganz Kolumbien zu warnen: Die Landtitulierung, so wie sie die Regierung konzipiert hat, ist eine Falle und beinhaltet eine Art legaler Enteignung. Der Campesino soll, hat er erst den Eigentumstitel für sein Land in den Händen, keinen anderen Ausweg haben als den, sein Land den Multis und Finanzgesellschaften zu vermieten oder zu verpachten, die nur an der masslosen Plünderung von  Bodenschätzen und Energieressourcen interessiert sind. In ihrer Strategie soll der Boden für die Ausweitung der Waldbewirtschaftung und der immensen Plantagen dienen, nicht um das gravierende Nahrungsproblem unseres Volkes zu lösen, sondern um Agrotreibstoffe herzustellen, die Autos ernähren sollen. Im besten Fall sind die Leute, weit weg von ihrem Land, in die städtischen Elendszonen verbannt und es bleibt ihnen eine erbärmliche Rente. Nach 20 oder 30 Vertragsjahren wird sich niemand mehr der eigentlichen Landeigentümer entsinnen.  Wir halten dies ohne Zögern fest: Die von seiner Titulierung abgeleitete Finanziarisierung des Landes wird damit enden, dass dem Campesino sein Land „abgejagt“ wird [tumbar – eine Dealergruppe jagt der andern die Ware ab]. Sie treiben uns zur Veräusserung des Landes ans Ausland und zu der durch die Ausbeutung von Minen, energetischen Ressourcen und Waldwirtschaft brutal dynamisierten Umweltkatastrophe. Die Natur als Quelle genetischer Information darf nicht zur Beute der Multis werden. Wir widersetzen uns der Invasion von Gentechsaatgut, der Privatisierung und Zerstörung unserer Biodiversität und dem Vorhaben, aus unseren Campesinos Teile des Räderwerkes des Agribusiness und seiner agroindustriellen Ketten zu machen. Es geht um die Souveränität und das Leben selbst.
So ist die Landtitulierung nichts als eine Legalität, die das blutige Gesicht des vom Staatsterrorismus während Jahrzehnten praktizierten Landraubes waschen soll. Für einen Multi ist es angenehmer zu sagen, „Ich habe einen Minentitel“, als bezichtigt zu werden, für sein Förderungsprojekt paramilitärische Gruppen finanziert und eine Bevölkerung entwurzelt zu haben. So mordet das Regime in Kolumbien nicht nur mit Kriegsvorhaben, Paramilitärs und Auftragskillern, sondern auch mit Wirtschaftsplänen, die mit Hunger töten. Heute sind wir gekommen, um diesen metaphysischen Mörder, der der Markt ist, zu demaskieren, die Kriminalität des Finanzkapitals zu denunzieren und den Neoliberalismus als Henker der Völker und Todesfabrikanten auf die Anklagebank zu bringen.
Täuschen wir uns nicht! Die Agrarpolitik des Regimes ist rückwärts gerichtet und betrügerisch. Wie der Libertador Simón Bolivar sagt, dient die reine Wahrheit am besten der Überzeugungsarbeit. Die Lüge wird nur zur Verschärfung des Konflikts führen. Letztes Ziel dieser Politik ist, den Investoren zum Schaden der Souveränität und des Allgemeinwohls Rechtssicherheit zu bieten, die Landmärkte zu liberalisieren und das Territorium der Finanzspekulation und den Futuremärkten auszusetzen. Ob mit oder ohne bewaffneten Konflikt, diese Politik wird die Konflikte und die Gewalt multiplizieren.
Akkumulierung über Enteignung und neue kapitalistische Raumordnung (espacialidad capitalista) – das ist die Formel des politisch-ökonomischen Projekts der Eliten, die das Vaterland von Kopf bis Fuss bluten lassen.
Dagegen wehren wir uns. Die FARC wenden sich nicht gegen eine reale Rückgabe und Titulierung des Landes. Während Jahren haben wir als bewaffnetes Volk für eine wirkungsvolle und transparente Landreform gekämpft. Genau deswegen kann die von der Regierung mit ihrem Landgesetzt geplante legale Enteignung nicht zugelassen werden. Über das Medium der Gewalt des Plans Kolumbien und das paramilitärische Projekt wurde das Terrain für den Ansturm der Multis vorbereitet. Das Allgemeine Agrar- und Landentwicklungsgesetz stellt im Wesentlichen ein Projekt der territorialen Neuordnung dar, konzipiert, um der Ökonomie der Ressourcenausbeutung gegen die Campesinaökonomie Raum zu schaffen. Zum Schaden der Souveränität und des eigenen Marktes wird eine Minen-energetische-Landkarte über den Landwirtschaftsraum gelegt.
(…)
Im Land herrscht eine tiefe Inkonformität mit der Finanzmafia, die sich die Orinoquía aneignet [auch Llanos Orientales, östliche Ebene, genannt; riesige Viehzuchtgegend bis zur Grenze mit Venezuela. Llaneros/as: BewohnerInnen der Llanos]. Jetzt sind einige Neu-Llaneros aufgetaucht, die mit den Llaneros nichts gemein haben, wie die Magnaten Sarmiento Angulo und Julio Mario Santodomingo (Jr.), die Grossgrundbesitzer Eder vom Cauca-Tal [ein Vertreter der Familie ist Mitglied der Verhandlungsdelegation der Regierung], Herr Efromovich, der ehemalige Vizestaatspräsident Francisco Santos  (Anstifter des paramilitärischen Bloque Capital), die Söhne von Uribe Vélez. Wie weitere Filibuster haben sie kein Anrecht auf diese Ländereien, sie wollen einzig Öl, Gold, Coltan, Lithium in ihre Klauen kriegen und in der Hochebene grosse agroindustrielle und Biodiversitätsprojekte ausbeuten. Die Landfrage angehen, heisst, mit dem Land über diese Probleme zu reden. Lasst die wirklichen Llaneros sprechen, die, deren Haut in der Steppe von der Sonne ihre rostbraune Färbung erhalten hat, die, die während Jahrhunderten in Frieden mit den morichales-Palmen und dem Flug der Reiher und der Triele harmonisch zusammengelebt haben, die, die barfuss mit ihrer historischen Bravour die Lanzen gebraucht haben, um uns die Freiheit zu schenken.
Das Volk hat das Wort: Da ist der patriotische Widerstand der Ölarbeiter gegen die kanadische Pacific-Rubiales in Puerto Gaitán, deren Ausplünderungsszenario von den Paramilitärs von Víctor Carranza [Grossunternehmer] blutig vorbereitet wurde. Täglich nimmt der Vampir mehr als 250‘000 Fass Öl mit, während er mehr als 12‘500 Leiharbeiter aussaugt, die wie Sklaven während 21 Tagen 16 Stunden täglich arbeiten müssen, bei einer Woche Erholung. Ihre Arbeitsbedingungen sind grausamer als die in den 20er Jahren von den Bananenenklaven durchgesetzten.
Da gibt es den Widerstand der Bewohner von Quimbo, wo die Regierung die Leute, die dort seit mehr als einem Jahrhundert leben, mit Fusstritten vertreiben und so ihre kulturellen Lebenswerke, ihr Leben und ihre Umwelt zerstören will. Werden wir etwa zulassen, dass der Fluss des Vaterlandes, der der Río Grande del Magdalena ist, tödlich getroffen wird, nur um einen Stausee zu bauen, der Strom für den Export und nicht für die Millionen von der Stromversorgung abgeschnittener Kolumbianer liefern soll? Für die Regierung kommen die Interessen des Multis EMGESA vor dem Los der dann entwurzelten Familien.
(…)
Da gibt es den grossartigen indigenen und bäuerischen Widerstand im [Department] Cauca zur Verteidigung ihres Territoriums und ihrer alten Kulturen und den ihrer afrokolumbianischen Brüder, patriotische Wächter der Souveränität des Volkes über den Pazifik und unsere Wälder.
Die herrschenden Kasten insistieren darauf, das Moor von Santurbán zu zerstören, das reich ist an Biodiversität und Wasser, das den Durst so wichtiger Städte wie Bucaramanga Cúcuta stillt. Aus Goldgier wollen sie das saubere Wasser des Flusses Suratá zerstören. Die Würde der Söhne von José Antonio Galán, dem Comunero, bewirkte einen Widerstand, der das Volk der Llanos sogar mit dem lokalen Unternehmertum vereinigt, das zu begreifen beginnt, dass dies ein Kampf von ganz Kolumbien ist. [Der Aufstand der Comuneros 1781 gegen die Kolonialverwaltung wurde von Kräften aus den Unterklassen und den indigenen Völkern getragen.]
Wie sollen wir zulassen, dass ANGLO GOLD ASHANTI, nur um ihre Goldgier zu befriedigen, 5% unseres Territoriums übergeben wird? Das Goldförderprojekt dieses Multis in La Colosa (Cajamarca) wird eine grosse ökologische Verwüstung mit sich bringen und 4 Millionen Kolumbianern das Wasser nehmen.
Die Minenlokomotive ist wie ein sozio-ökologischer Zerstörungsdämon. Stoppt sie das Volk nicht, wird sie in weniger als zehn Jahren Kolumbien in ein unlebbares Land verwandeln. Lasst uns die physischen Lokomotiven des Cerrejón [Kohlemine im Tagebau mit Beteiligung von Xstrata/Glencore] und der Drummond stoppen, die während 24 Stunden am Tag unsere Kohle plündern. Stoppen wir BHT Billiton, Xstrata und Anglo American, die, um die 600 Millionen Tonnen Kohle zu fördern, die unter dem Bett des Río Ranchería liegen, dessen Verlauf ändern wollen, was den Wasserfluss um 40% verringern und eine Umweltzerstörung und einen irreparablen Schaden am sozialen Geflecht der Wayúu-Völker bewirken wird.
(…)
Hier [in der Verhandlungsrunde] geht es nicht darum, die speziellen Probleme der Guerilleros, sondern die der ganzen Gesellschaft zu lösen.  Und da die Freihandelsverträge ein Faktor sind, der die Bevölkerung am Negativsten betrifft,  wird dieses Thema zwangsläufig angegangen werden müssen.
(…)
Also der Frieden … ja. Wir streben ehrlich nach Frieden und identifizieren uns mit dem Ruf der Mehrheit der Nation für einen Dialogausweg aus dem Konflikt, der Räume für eine volle BürgerInnenbeteiligung an den Debatten und Beschlüssen öffnet.
Aber Frieden meint nicht Schweigen der Gewehre, sondern beinhaltet die Transformation der Staatsstruktur und die Veränderung der politischen, ökonomischen und militärischen Formen. Ja, Frieden ist nicht schlichte Demobilisierung. Comandante Alfonso Cano sagte: „Sich zu demobilisieren ist Synonym für Trägheit, ist feige Ergebung, ist Kapitulation und Verrat an der Sache des Volkes und dem revolutionären Gedankengut. Wir kämpfen für soziale Veränderungen. Es ist eine Unwürdigkeit, die eine Botschaft der Verzweiflung an das Volk vermittelt, das auf unser Engagement und unseren bolivarischen Vorschlag zählt“. Wir müssen zwangsläufig die den Konflikt verursachenden Gründe angehen und zuerst das Geschwür der Institutionalität sanieren. Natürlich, rein ökonomisch gesehen, ist es für einen Multi leichter, die Naturressourcen ohne Widerstand des Volkes und der der Guerilla zu plündern. [Und für den Staat, führt Márquez aus, ist der Krieg ökonomisch nicht tragbar.]
(…)
Wir sind nicht die Ursache, sondern die Antwort auf die Gewalt des Staates, der sich in einem Rechtsrahmen für seine Grausamkeiten und Verbrechen gegen die Menschheit wie den 300‘000 Toten der als Epoche der Gewalt bezeichneten Zeit in den 50er Jahren verantworten muss, für die 5000 ermordeten Militanten und Kader der Unión Patriótica, für den Paramilitarismus als staatliche Aufstandsbekämpfungsstrategie, für die Vertreibung von circa. 6 Millionen Campesinos, für die mehr als 50‘000 Fälle von gewaltsam Verschwundenen, für die Massaker und falsos positivos [die Staatsanwaltschaft führt mehrere tausend Untersuchungsverfahren gegen Armeeangehörige wegen der Ermordung von unbeteiligten Unterklassenangehörigen, deren Leichen in FARC-Uniformen gesteckt und als Beleg für den Erfolg der Aufstandsbekämpfung gezählt wurden], für die Folter, für die dramatische soziale und humanitäre Krise. Zusammengefasst: Sie muss für den Staatsterrorismus Verantwortung übernehmen. Die in der falschen Institutionalität eingebunkerten Täter sind es, die die Wahrheit zugeben und die Opfer entschädigen müssen.
Wir sind eine kriegsführende Kraft, eine revolutionäre politische Organisation mit einem in der Bolivarischen Plattform für ein Neues Kolumbien skizzierten Projekt. Uns treibt die Gewissheit an, dass unser Hafen der Frieden ist, aber nicht der Frieden der Besiegten, sondern der mit sozialer Gerechtigkeit.
Der bewaffnete Aufstand, ein gerechter Kampf, wird weder mit Bombardierungen, Technologien noch Plänen, wie klingend und zahlreich auch immer ihre Namen lauten,  besiegbar sein. Der Krieg der mobilen Guerillas ist unbesiegbar. Jene, die, berauscht von Triumphalismus, vom Ende der Guerilla reden, täuschen sich. Sie verwechseln unsere Bereitschaft zum Dialog mit einem Zeichen der Schwäche. Wir haben Schläge eingesteckt, und wir haben Schläge ausgeteilt.
(…)
Präsident Santos, legen wir den Grundstock für den Frieden, indem wir uns an die Wünsche der Nation halten.
Wir rufen alle sozialen Sektoren des Landes dazu auf, diesen diplomatischen Lösungsversuch des Konflikts mit Hoffnung zu füllen: das Ejército de Liberación Nacional (ELN), die Leitungen der politischen Parteien, die Kolumbianer und Kolumbianerinnen für den Frieden - die von Piedad Córodoba geleitete Organisationhat furchtlos für die Ermöglichung dieses Weges gearbeitet -, die Bischofskonferenz und die Kirchen, den Breiten Nationalen Studentischen Rundtisch (MANE), die Koordination von Sozialbewegungen in Kolumbien (COMCOSOL), die  Promotoren des Friedenstreffens von Barranca, die Indígenas, die Afrika-Stämmigen, die Campesinos, die Vertriebenenorganisationen, die ACVC, die ANZORC, die Gewerkschaftsbünde, die Frauen, die kolumbianische Jugendbewegung, die LGTBI-Bevölkerung, die Akademiker, die Künstler, die alternativen Medienschaffenden, das Volk allgemein, die Migranten und Exilierten, die Marcha Patriótica, den Polo Democrático, den Congreso de los Pueblos, das MOIR, die Minga Indígena, die Friedliebenden der Welt.
Simón Trinidad bekundete aus dem Gefängnis von Florence (Colorado, USA), wo er ungerechterweise für 60 Jahre eingesperrt ist, seine totale Bereitschaft, an den Gesprächen für den Frieden in Kolumbien teilzunehmen. In einem Akt der Vernunft hat die kolumbianische Staatsanwaltschaft gesagt, ihm stehe das volle Recht zu, Teil der FARC-Verhandlungsdelegation zu sein, und der Oberste Justizrat offerierte die Technologie und die Logistik, um dies zu ermöglichen. Die Regierung der USA würde einen grossen Beitrag an die Versöhnung der kolumbianischen Familie leisten, wenn sie die physische Anwesenheit Simóns am Verhandlungstisch ermöglichen würde.
(…)
Wir heissen dieses neue Unterfangen für einen Frieden mit sozialer Gerechtigkeit willkommen. Alle für die unblutige Lösung des kolumbianischen Konflikts.
Es lebe Kolumbien! Es lebe Manuel Marulanda Vélez! Es lebe der Frieden!
Sekretariat des Zentralen Generalstabs der FARC-EP



„Linke“ Herrensprache

Samstag, 20. Oktober 2012




(zas, 19.10.12) Zum zweiten Mal scheitere ich beim Versuch, einen Text über den „Mythos der progressiven Regierungen in Brasilien“ zu lesen. Dabei nimmt sich der Artikel des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten der Linkspartei PSOL in Brasilien, Plinio de Arruda Sampaio Júnior, spannenderweise „den perversen Charakter des kapitalistischen Akkumulationsmodells in Brasilien“ vor. Doch danach folgt dieser Part: „ „Das Wachstum der brasilianischen Wirtschaft zwischen 2003 und 2011 war bescheiden, weniger als 3 Prozent im Jahr, weit unterhalb dessen, was nötig wäre, um das vegetative Wachstum der Arbeitskraft zu absorbieren“.
„Vegetatives Wachstum“ nicht „der Arbeitskraft“, sondern von unsereins … Ich hör auf zu lesen. Diesen „systematisierenden“ Herrenblick, die Brutalität dahinter, erkenne ich.  

Inhaltsverzeichnis Correos 171, 16.9.12

Freitag, 12. Oktober 2012




Wasser
Nestlé und die Schweizer Wasserpolitik
Franklin Frederick

Venezuela
Auf die harte oder auf die sanfte Tour
Laut Umfragen gewinnt Hugo Chávez die kommenden Präsidentschaftswahlen. Die USA, die rechte Opposition und die Kartellmedien bereiten das Terrain für eine Eskalation der Auseinandersetzungen am Tag danach.
Aram Aharonian

So viele Emotionen
Ein Text, der uns Linke in den hiesigen Breitengraden vielleicht auch etwas befremdet. Was redet der Autor so viel von Führung, was will der brasilianische Besucher wirklich vom widersprüchlichen Prozess in Venezuela mitgeschnitten haben? Aber wir bringen den Text gerne, und aus zwei Gründen: Er wirft ein Licht auf die Lebendigkeit eines Prozesses, in dessen Verlauf die Unterklassen ihre Intellektualität entwickeln. Und als Hommage an den Autor, einen der führenden Theoretiker der in den 60er-Jahren entstandenen lateinamerikanischen Dependenztheorie („Entwicklung der Unterentwicklung“).
Theotonio Dos Santos

Warum Venezuela die Interamerikanische Menschenrechtskommission verliess
Wie „Menschenrechte“ für die Diffamierung genutzt werden.
Salim Lamrani


Kolumbien
Noch kein Frieden
Ein erster Versuch, Fakten, Desinformation und Perspektiven bei den angekündigten Friedensgesprächen zwischen der FARC-Guerilla und der Regierung zu entwirren.
José Rodríguez


Guatemala
Mega-Tourismus-Projekt im guatemaltekischen Urwald?
„Umweltschutz“, „Bekämpfung des Drogenhandels“, „Entwicklung“ – kein Vorwand zu billig, um nicht die im Dschungel lebenden indigenen Comunidades anzugreifen und zu vertreiben. Denn mit einem Tourismusprojekt zur Mayakultur soll Kohle gemacht werden – da stören die Mayas nur.
Barbara Müller

Mexiko
Tausendköpfiges Monster mit Geld
Mechanismen des Wahlbetrugs.
Claudia Sheinbaum Pardo und Carlos Imaz Gispert

Kriminalisierung im Namen des Drogenkriegs
Für die mexikanische Regierung besteht die Bevölkerung zunehmend aus mutmasslichen Kriminellen. Ihr Krieg „gegen“ den Drogenhandel ist ein Krieg gegen soziale Netze von unten. Das Beispiel Oaxaca.
Bruno Ladrillero

Fleissig Geld waschen
Der US-mexikanische „Drogenkrieg“ fordert zehntausende von Menschenleben, hütet sich aber, die ökonomische Basis der sogenannten organisierten Kriminalität anzutasten. Eine Analyse aus der mexikanischen Recherchezeitschrift Contralínea.
Nancy Flores

„Die Farce hinter dem Drogenkrieg“
Ein wichtiges Buch von Nancy Flores.
Dieter Drüssel

Kuba
Auftragsschreiber für den Schweizer Medienfilz
Bestimmt musste Filmkritiker Geri Krebs schluchzen. So sehr gefiel ihm der Hetzfilm, an dem er selber mitgewirkt hatte. Wenn es gegen Kuba geht, ist nicht nur die NZZ dabei, sondern auch Syndicom. Schade.
Samuel Wanitsch

El Salvador
Der FMLN für eine revolutionäre und sozialistische Demokratie
Nidia Díaz, Verantwortliche für internationale Beziehungen des FMLN, erläutert die Natur der Widersprüche mit der aktuellen Übergangsregierung und anaylsiert den Aufmarsch gegen den Aufbruchprozess in Lateinamerika.
Jaime Padilla

Nicaragua
„Nicaragua, der Traum einer Generation“
Viele argentinische GenossInnen, die sich vor der Diktatur in ihrem Land retten konnten, hatten sich danach in den Kampf der sandinistischen Revolution eingereiht. Impressionen von einem Dokumentarfilm über einige von ihnen. Wer das Glück hatte, die sandinistische Revolution mitzuerleben, wird in den Emotionen der argentinischen Compas die eigenen wiedererkennen.
Lucas Pedulla

USA
Straflosigkeit im Inland, “Überstellungen“ im Ausland
„Der einzige CIA-Folter-Fall, der je vor Gericht gebracht wurde, betraf einen ehemaligen CIA-Agenten, der beschuldigt worden ist, die Namen einiger Folterer weitergegeben zu haben.“
Alfred McCoy

Venezuela: The Ballot and the Bullet

Mittwoch, 10. Oktober 2012


Freude in Venezuela, Freude in Lateinamerika, Freude in unseren Kreisen. Quelle: venezuelanalysis.com


Ein Bericht, der ein wenig die Kampfzusammenhänge in den Unterklassenquartieren von Caracas auslotet. Über das spannungsgeladene Verhältnis zwischen Regierungspolitik, Selbstorganisation und Militanz. Und vermittelt, womit die transnationalen Rechten bei ihren weiteren Versuchen, zum ancien régime zurückzukehren, rechnen müssen.
von George Ciccariello-Maher, erschien gestern in counterpunch.org.

Venezuela: „Unsere“ Medien, so überrascht



(zas, 9.10.12) Sind sie aber alle überrascht, „unsere“ Medien! „Hugo Chávez ist in Venezuela überraschend deutlich bestätigt worden“, klagt heute Nicoletta Wagner in der „NZZ“ in ihrem Stück „Goliath besiegt David in Venezuela“.  Welch wunderschönes Bild übrigens, beeindruckend … es muss eine tiefere Wahrheit wiederspiegeln, die sich Schreibenden eingibt. Denn ich habe den Rekurs auf genau diese Parabel mehrmals gelesen, seit gestern früh „El País“ seinem Schmerz über die Ereignisse so Ausdruck verlieh. So archetypisch wahr, dass sich das Bild David gegen Goliath nicht nur den von der Muse berührten Schreibenden aufdrängt, sondern auch - staunt still ob solcher sinnvoller Koinzidenz - seit Wochen schon in der Wahlkampfkampagne des Bourgeoisevertreters und Wahlverlierers Henrique Capriles zirkuliert. Ihr wisst, die arme, unterdrückte Oligarchie von Venezuela und Washington… jetzt kam einer, David gleich, und forderte den Tyrannen heraus – allein, die Parzen zertrümmerten unsere Hoffnungen.
Medium rauf, Medium runter, sie sind alle so überrascht. Dabei, um bei der NZZ zu bleiben, sahen wir  doch den „verblassenden Stern der bolivarischen Revolution“, wie das Wagner am 29. September 2012 formuliert hatte.  Wir erfuhren, wie knapp das Kopf-an-Kopfrennen laut „seriösen“ Umfrageinstituten war, die auf jeden Fall das Rennen in den Köpfen „unserer“ Journis machten, im Gegensatz zu den pro- und antichavistischen Instituten, die vom Wahlrat CNE als professionell qualifiziert anerkannt waren und die übereinstimmend 10 oder mehr Prozent Vorsprung für Chávez ermittelt hatten. Auf die waren unsere WahrheitsheldInnen dummerweise grad nicht gestossen. Dafür auf andere, vom „Wall Street Journal“ bis zu „deinem“ TV-Sender als „angesehen“ gepriesene Institute, die bei vergangenen Wahlen relativ akkurat das Verhältnis von chavistischen Siegen und rechten Niederlagen vorausgesagt hatten – nur allerdings mit verwechselten  Rollen fürs Siegerpodest. Deshalb heute die Überraschung. 
"Von hier sehe ich ein technisches 'Patt'". Quelle: venezuelanalysis.com

Auch andere immanente Wahrheiten tun sich heute „unseren“ Medien kund. Zwar hat Chávez das Land gründlich ruiniert, allein, populistisch gelang es ihm erneut, verblendete Seelen einzufangen. Während in Griechenland dank kundiger wirtschaftsrationaler Anleitung die Selbstmordrate langsam auf ein befriedigendes, sozial produktives Niveau steigt, tut dieser Chávez das Ölgeld verschleudern und füttert faule Mäuler, die Selbstverantwortung scheuen! Wo doch, von Gott und den Märkten gewollt, diese Einnahmen wie früher an die transnationalen Börsen gehören! Da ist also mal diese Verblendung, die „uns“ überrascht hat.  Und vielleicht haben „wir“ die Dimension des Bösen nicht tief genug ausgelotet, die Pervertierung der Demokratie. Wagner heute: „Auch wenn das Regime formale demokratische Prinzipien hochhält, kann es nicht darüber hinwegtäuschen, dass die venezolanische Demokratie pervertiert und ausgehöhlt ist“. Im Gegensatz, you know, als 1989 ein paar tausend gegen Preiserhöhungen Antretende in Caracas mit IWF-Logik ins Jenseits weggeputzt wurden, die Ölgelder alle nach New York flossen und Linke unterdrückt wurden. Leider ungenügend war auch der Widerstand der Demokratie gegen den Autoritären – während des dreitägigen Putsches im April 2002 unter der Leitung des  Unternehmerchefs Carmona, der gleich alle gewählten Körperschaften aufgelöst und die Mordkampagne gegen Chavistas in den Quartieren eingeleitet hatte (was ihm das hieisige Medienprädikat „besonnen“ einbrachte). Vergeblich damals auch der Einsatz von Capriles, der an der Spitze eines bewaffneten Mobs – pardon, besorgter Bürger - die kubanische Botschaft stürmen wollte, um angeblicher geflohener Chavistas habhaft zu werden  – er war dafür als Bürgermeister des Bonzenstadtteils Baruta von Caracas hervorragend qualifiziert. Gleich wie grad eben als demokratischer, sozialer Hoffnungsträger für ein Ende des Chavismus.  
„Unsere“ Journis reagieren besonders sensibel auf medienterroristische Einseitigkeit. Schon am Montag früh wusste DRS-Korrespondern Ulrich Ackermann diese weitere Ursache für den Wahlsieg des Unguten zu nennen. Chávez schaltete immer wieder alle nationalen Sender in eine obligatorische Kettenübertragung, um faktisch Wahlkampagne zu betreiben, während die Capriles-Spots in den staatlichen Sendern auf 3 Minuten beschränkt blieben. Der ganzen Weltfreipresse ist dieser Punkt aufgefallen. Auch der in Venezuela, von der man sich ebenso wie von den „angesehenen“ US-Medien leiten lassen kann. Weshalb denn auch sich bei dem aufhalten, was die die BBC mitten in ihrer sonstigen Dauerhetze auf ihrer Lateinamerika-Homepage vermeldet hat, als absurde Spitze britischer Fairness vielleicht? Dass nämlich, offiziellen angaben zufolge, 70 Prozent der venezolanischen Radio- und TV-Sender in Händen des Privatkapitals und 5 Prozent in Staatseigentum sind. (Der Rest sind Basissender). Und die privaten Kapitalmedien sind eigentlich fest für die Freiheit und gegen Chávez.
Details, die so wenig zu interessieren brauchen wie unpassende Umfragen, von denen dort, wo man abkupfert, ja auch nicht gross die Rede ist. Lieber Weisheiten verbreiten wie die, dass Chávez womöglich die vor allem in den Unterklassen Opfer fordernde Kriminalität fördere, um aus ideologischen Gründen die Mittelschichten zu bestrafen. Statt, wie Ackermann vor einigen Tagen in „DRS“ so beredt beklagte, endlich mit harter Hand vorzugehen – frag in Zentralamerika und Mexiko nach deren Blutresultaten. Welche Brillianz in der Analyse eines Ackermanns, der im Radio als klärenden Hinweis zur desaströsen chavistischen Lage und dem Aufstieg des Sterns Capriles anbringt, was ihm ein venezolanischer „Bekannter“ eingeflüstert hat: Chávez regiere 3 Tage die Woche und 4 Tage mache er Revolution. Er und die vielen seinesgleichen geben eine Botschaft wider, deren Sinn ihnen kaum sehr bewusst sein dürfte: Wäre die Distanz zwischen Sieger und Verlierer nicht derart klar gewesen, hätte durchaus eine unmittelbare gesteigerte Destabilisierungsoffensive gestartet werden können, national und international in derartige Erklärungen eingebettet. Es sind Medienschaffende, die sich über Zensur weit weg von ihnen empören; von der Schere im eigenen Kopf haben sie vermutlich keinen Schimmer– vielleicht allerdings ,al einen Alptraum.
Etwas anders liegt der Fall vielleicht bei Figuren wie Wagner. Sie, NZZ-Redaktionsleitungsmitglied, liess etwa schon ihren Korrespondenten Marti vom Kriminalitätsterror linker Guerillas und Narcos in Venezuela schwafeln. Sie zumindest wird nicht ganz blind dafür sein, dass die Lunte am Dynamitfass der Kriminalität in Venezuela seit Jahren systematisch von kolumbianischen Paramilitärs, protegiert in den von den Rechten regierten Gliedstaaten, gelegt worden ist. Sie, die in der späteren Phase der Präsidentschaft Uribes in Kolumbien etwa alle Quartale einmal Distanz zum Massenmörder signalisierte, liess gleichzeitig andauernd Beat Ammanns Lobgesänge auf Uribes Erfolge im Kampf gegen den „Terrorismus“ erklingen – Erfolge, von denen schon damals klar war, dass sie als Massaker bezeichnet werden mussten, nicht an den Guerillas, sondern an deren angenommenen sozialen Basis. Bis heute kein Sterbenswörtchen der Entschuldigung. Sie ist es denn, die im „Verblassenden Stern…“ gegen Chávez schrieb: „Er brachte Kolumbien unter dessen nicht weniger intransigenten Präsidenten Uribe sogar an den Rand eines bewaffneten Konflikts.“  Chávez hat also Uribe bis zur Weissglut gereizt, deshalb sagte letzterer ja auch kürzlich, ihm habe leider die Zeit gefehlt, gegen Venezuela in den Krieg zu ziehen.  Chávez‘ Plan, Uribe (gleich Washington) zu seiner Ermordung zu provozieren, ging also irgendwie nicht auf.
In ihrem Vorwahlartikel noch voller Hoffnung auf einen Sieg des Möchtegern-Erstürmers der kubanischen Botschaft, behandelte sie eingangs Chávez‘ Krebskrankheit. Und schliesst ihre Meinungsäusserung so: „Verschwände Chávez demnächst von der politischen Bühne, würde die Lücke, die er hinterlässt, (…) in Südamerika (…) kaum lange spürbar sein.“
Was müsste sie in diesem Fall nach einer ersten Euphorie wieder überrascht sein. Und weiss der Teufel, warum ich dieses Bild - „verschwände Chávez von der Bildfläche“ - mit diesem obligaten Ende fast eines jeden Venezuela-Artikels gestern und heute im Schweizer und internationalen Mainstream in Verbindung bringe, mit diesem Stossgebet und Seufzer nach Trost, dass Chávez vielleicht demnächst sterbe – an Krebs (oder was immer).