Gaza: Stratgie des Aushungerns

Montag, 28. April 2025

 

(zas, 28.4.25) Vor wenigen Tagen im Magazin ein Gespräch mit einem Vertreter des Welternährungsprogramms über das Hungern in Gaza. Fassungslosigkeit klang durch seine ruhigen Worte.  Vor wenigen Tagen ein Nachrichtensprecher im gleichen Medium: Die israelische Armee plane, ihre Operationen in Gaza auszuweiten. Denn noch drohe die Hamas. Im Folgenden zu einigen dieser «Operationen».

Am 25. April 2025 publiziert die Haaretz den Artikel «We’ll Die Whether From Hunger or the Bombing» von Sheren Falah Saab. Sie zitiert den Gaza-Journalisten H.:

Ich fühl mich schwach. Ich esse eine Dattel um 1 pm und eine andere um 6. So geht das nun seit drei Wochen (…) Das Einzige, was ich denke, ist, wie ich meine Kinder in den nächsten Tagen ernähre.

Die Autorin weiter:

Vor drei Wochen schloss die das UN-Ernährungsprogramm wegen Mangel an Mehl und Kochgas die subventionierten Bäckereien, die in Gaza eine Schlüsselrolle innehatten. Seit dann stützen sich die Leute weitgehend auf die rund 1 Million warmen Mahlzeiten, zubereitet von den 175 taqiya  genannten Suppenküchen, die von Freiwilligen organisiert werden und schon vor dem Krieg existierten. Die Mahlzeit besteht meist aus Linsensuppe, Hummus oder Bohnen und manchmal Reis. Das reicht der UNO zufolge keineswegs zur Deckung der Ernährungsbedarfs.  Fischfleisch, Milchprodukte, Eier, Früchte und Gemüse sind nur viel schwerer erhältlich.

Sheren Falah Saab sprach auch mit Amjad, 37-jähriger Vater zweier 4-jähriger Zwillinge aus Beit Lahia in Nordgaza, der ebenfalls im Nuseirat-Flüchtlingslager ist. Er sagt:

Wir lebten schon vor dem Krieg mit Ausfällen. Bei einem Stromausfall kann man mindestens eine Solarpanel während zwei Stunden benutzen. Aber woher kannst du was zu essen kriegen, wenn alles ringsum zerstört ist?

 

Kein Garten mehr

Die Haaretz-Autorin schreibt:

Amjad nennt die die im Krieg zerstörte landwirtschaftliche Infrastruktur. Seit Wiederaufnahme der Kämpfe vor über einem Monat hat die israelische Armee für verschiedene Gebiete über 20 Evakuierungsbefehle erlassen. Quellen in humanitären Organisationen sagen, dass diese Befehle kein Auslaufdatum enthalten und niemand weiss, ob man nach Ende der Armeeoperative zurückkehren kann. Ein UN-Bericht sagte letzte Woche, dass 69 Prozent von Gaza für PalästinenserInnen gesperrt sind, sei es als Puffer- oder Evakuierungszonen. Scheinbar haben Evakuierungsbefehle nichts mit dem Hungerproblem zu tun, aber in Wirklichkeit berauben sie die Menschen in Gaza einer letzten verzweifelten Taktik: das eigene Essen anbauen. Amjad sagt: «Wir können nicht mal auf unser eigenes Land gehen.»

Rabia, ein 39-jähriger Agrartechniker aus Dier-al-Balah in Zentralgaza sprach mit Haaretz im Oktober über den Überlebenskampf mittels kleiner Gemüsegärten. Jetzt, sagt er, können die Leute nichts mehr anbauen, denn sie müssen andauernd den Ort wechseln, wo sie leben. Er sagt: «Zu Beginn des Monats sagte die Armee, wir müssten Deir-al-Balah verlassen. Also gingen wir nach Rafah, Alles ging verloren und anderen Familien ging es genau gleich – sie hatten Gemüse gepflanzt und mussten es dann zurücklassen.»

Amos Harel ist Militäranalytiker bei der Haaretz. Gestern veröffentlichte das Blatt seinen Artikel «As Israeli Soldiers Die in Gaza Again, the IDF Faces a Sobering Reality About Hamas». Wir lesen:

[Seit Wiederaufnahme der Kämpfe] wurden 2000 PalästinenserInnen getötet, mehr als die Hälfte davon ZivilistInnen. Aber das hat in Israel nicht für grosse Aufmerksamkeit gesorgt, da es keine israelische Verluste gegeben hat.

Die Hamas foutiere sich um die Bevölkerung, sagt er, trotz deren «wachsender Sorge bezüglich Nahrungsmangel zusätzlich zur Angst vor weiteren Verlusten.» Er diagnostiziert einen Konflikt zwischen den für eine Kriegsintensivierung eintretenden rechtsextremen Kabinettmitgliedern und der Armeeführung, die angesichts schon spürbarer Rekrutierungsschwierigkeiten von ReservistInnen erst recht bei einer Kriegsintensivierung in Schwierigkeiten geriete. Und dann ein schlagendes Argument:

«Zudem kann Israel die Bevölkerung von Gaza nicht unbeschränkt aushungern. Je mehr sich die humanitäre Lage in Gaza verschlimmert, desto mehr wird es zu internationalem Druck für die Wiederaufnahme der Hilfskonvois kommen.»

Monströse Logik, Andocken an eine vorherrschende Kosten/Nutzen-Mentalität, beides?

 

In nur 5 Wochen

Viel relevanter Nora Barrow-Friedman in Israel imposes starvation “by design” in Gaza vom 25. April:

Zwischen dem 18. März, als Israel den sogenannte Waffenstillstand brach und das Massenschlachten in Gaza wiederaufnahm, und dieser Woche sind fast 1900 PalästinenserInnen getötet und 5000 verletzt worden. Diese Zahlen schliessen 600 getötete und 1600 verwundete Kinder in nur 5 Wochen ein. Am Dienstag, den 22. April, beschoss die israelische Armee inmitten eines Raketenhagels auf die al-Tuffah-Nachbarschaft das Kinderspital in Gaza City. (…) Eine Woche vorher tötete ein israelischer Angriff auf al-Masawi [eine südliche Evakuierungszone]  mindestens 10 PalästinenserInnen, einschliesslich Kinder, davon eine Person im Rollstuhl. Die Exekutivsekretärin des UNO-Kinderhilfswerks Unicef, Catherine Russel, erklärte, dass «Bilder von brennenden Kindern in selbstgemachten Zelten uns alle aufrütteln sollten».  

Mondoweiss veröffentlichte am 24. April den Artikel Rafah no longer exists. This is part of Israel’s plan to permanently occupy Gaza von Tareq S. Hajjaj von der Palestinian Writers Union. Die 200'000-Seelen-Stadt an der Grenze des Gazastreifens mit Ägypten existiere nicht mehr. Hajjaj schreibt:

Im letzten Monat hat die israelische Armee Rafah systematisch entleert und, was an Gebäuden noch stand, dem Erdboden gleichgemacht. Die Stadt Rafah und ihre umgebenden Ortschaften sind praktisch passé, die meisten BewohnerInnen unter andauerndem Artilleriefeuer und dem näherkommenden Lärm von Panzern und Bulldozern nördlich nach Khan Yunis und in den Masawi-Küstenstreifen evakuiert.

Bilder und Berichte aus Rafah zeigen eine total ausgelöscht Stadt und BewohnerInnen bestätigen, dass sie für menschliche Bewohnung nicht mehr geeignet ist. Khaled al-Dahaliz, 36, lud seine Habseligkeiten auf eine Karre und flüchtete nach mehreren Wochen erneuerter israelischer Bombardierungen in Richtung Masawi. Er hatte eine Weile versucht auszuhalten, indem er von einem Ort in Rafah zum anderen wechselte, aber er sagte in einer Mondoweiss zugänglichen Aufnahme, er habe den andauernden Beschuss und die Bombardierungen nicht mehr ausgehalten. «Wir haben Rafah für immer verlassen. Wir glauben nicht, dass eine Rückkehr möglich ist, nichts mehr bleibt von der Stadt. Sogar die Zelte, die wir aufgestellt haben, wurden zum Ziel der israelischen Armee. Wo immer man hingeht, sieht man keine Häuser oder Menschen mehr – nur Vernichtungslager. Es ist so, dass niemand mehr weiss, wo das eigene Heim gestanden hat.»

 

Privatunternehmen und «Waffenruhen»

Das Wall Street Journal beschreibt heute, wie eventuelle Essenslieferungen aus westlicher Sicht aussehen könnten. Gegen eine Essensverteilung durch die IDF spreche auch der Umstand, dass dies als Indiz für eine effektive Kontrolle der Lage (und damit eine grössere israelische Verpflichtung auf Rechtsnormen) interpretiert werden könne. Mehrere Optionen würden diskutiert. Eine beschreibt das Blatt so: «Ein in Diskussion befindlicher Pilotplan würde unter Beteiligung privater amerikanischer Unternehmen an den Hilfeoperationen im südlichen Gaza lanciert werden. Die Idee ist, eine neue humanitäre Zone zu eröffnen, in die Gaza-Einwohner bewegt werden können und wo die Hilfe nicht in die Hände der Hamas gelangen würde, sagten mit der Materie befasste Leute», aber einige Details seien noch unklar.

Solche Gedankenspiele sind im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen den USA, Israel, arabischen Staaten, der Türkei und der Hamas zu sehen. Dabei soll es um den Vorschlag einer langen Waffenruhe und einem grossen Geiselaustausch gehen. Den letzten Waffenstillstand beendeten die USA und Israel, wie vom rechtsextremen Flügel der israelischen Regierung um Smotrich (und Netanyahu) von Beginn weg verheissen. Viele freudige Medienberichte über (massiv unterdotierte) Hilfstransporte während des Waffenstillstands sollten das angerichtete unheilvolle Leiden vergessen machen.

 

Der Albtraum eines Holocaustforschers

Gideon Levy schrieb am 23. April anlässlich des Gedenkens der «Sirenen» an die Shoah in My Thoughts during the Siren:

Wie kann man [dabei] nicht an den mutigen und schockierenden Artikel von Orit Kamir (hebräische Haaretz-Ausgabe, 22. April) über die Israelis denken, die vom Seitenrand her dem Krieg zuschauen, was, sagt sie, ihr Recht, sich über die Deutschen zu beschweren, die das gemacht haben, negiert, und nicht mit jedem Wort einverstanden sein? Oder an den nicht weniger schockierenden Artikel von Daniel Blatman über die Kinder von Gaza und die Kinder des Holocausts (hebräische Haaretz-Ausgabe, 23. April). Blatman schreibt: «Ich habe den Holocaust während 40 Jahren studiert. Ich habe unzählige Zeugnisse über den schrecklichsten aller Genozide gelesen, am jüdischen Volk und anderen Opfern. Aber die Wirklichkeit, in der ich Berichte über einen vom jüdischen Staat begangenen Massenmord lese, die mich in erschreckend Zeugnisse im Yad Vashem-Archiv erinnern – das konnte ich nicht in meinen schlimmsten Alpträumen vorhersehen.»

 

A World Food Program warehouse stood empty on Saturday in Nuseirat, Foto: WSJ.

 

Ecuador: Die Stiefel und die Stimmen

Mittwoch, 23. April 2025

https://amerika21.de/analyse/274883/ecuador-die-stiefel-und-die-stimmen

Marco Terruggi berichtet aus Quito über die Situation nach der Stichwahl
Umstrittener Wahlsieger: Daniel Noboa
Umstrittener Wahlsieger: Daniel Noboa

Aus Quito kommt die Chronik eines Wahlhangovers ohne Happy End. Das überraschende Ergebnis hat die Linke geschockt und einer Regierungspartei, die Donald Trump huldigt, die Wiederwahl beschert. Warum spricht die Opposition von Wahlbetrug? Und was erwartet ein von Gewalt gezeichnetes Ecuador nun?

"Hier stiegen sie ein und sagten mir: 'Schau mal, ich bin für Noboa'. Von etwa 20 Kunden waren fast alle für Noboa, etwa fünf oder sechs für Luisa", sagt Carlos, während er seinen Uber durch die steilen Straßen von Quito fährt, zufrieden mit dem Ergebnis der Wahlen vom Sonntag.

Er gehörte zu den wenigen, die von den Zahlen des Nationalen Wahlrats (CNE) nicht überrascht waren, als dieser den Sieg von Daniel Noboa mit mehr als elf Punkten Vorsprung vor Luisa González bekannt gab. Ein K.o.-Sieg, den keine Umfrage oder Wahlprognose vorhergesagt hatte.

Ebenso wenig hatte man erwartet, dass González am Sonntagabend auf die Bühne steigen und sagen würde: "Das ist eine Diktatur und der größte Wahlbetrug, den wir Ecuadorianer je erlebt haben." Die überraschten Gesichter der Führungskräfte an ihrer Seite zeigten die Wirkung der Anfechtung der Niederlage mit fast 1,2 Millionen Stimmen Unterschied und den Aufruf zu einem Kreuzzug für eine Neuauszählung und die Öffnung der Wahlurnen.

Seitdem sind 72 Stunden vergangen, und der Alltag in der Hauptstadt verlief wie jede Woche, ohne Demonstrationen oder Kundgebungen vor dem CNE, um den Betrug anzuprangern, und ohne Ankündigungen, dass es solche geben wird. Oberflächlich betrachtet ist alles wie zuvor, mit abwechselnd sonnigen und regnerischen Tagen, dem Blick der Jungfrau der Apokalypse auf dem Gipfel des Panecillo, den dunkelgrünen Bergen und dieser seltsamen Traurigkeit in Quito, die von weit her zu kommen scheint.

Eine Ruhe in einer Stadt, die unter der Bedrohung des am Tag vor den Wahlen erlassenen Präsidialdekrets steht, das die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit einschränkt und die Unverletzlichkeit der Kommunikation und der Wohnung für 60 Tage aussetzt. Allerdings sind dies keine neuen Einschränkungen: Der Ausnahmezustand ist nicht außergewöhnlich, sondern seit mindestens sechs Jahren an der Tagesordnung in einem Land in der Krise, das an das tragische Narco-Kolumbien der 1980er Jahre erinnert

Die Frage ist nun, ob der Druck für eine Neuauszählung der Stimmen zunehmen wird oder ob die Betrugsvorwürfe in den sozialen Netzwerken verpuffen werden. Im Moment scheint es, als würde sich die zweite Option durchsetzen, während Noboa beginnt, seinen Plan für weitere vier lange Jahre vorzubereiten, in denen er Ecuador wie seine Bananenplantage regieren will.

Betrug leicht gemacht

Auf die entschiedenen Betrugsvorwürfe von González folgte eine Reihe von eigenen Führungskräften und Verbündeten, die sich distanzierten und den Sieg von Noboa anerkannten. Im Lager der Bürgerrevolution hallten die Namen von Pabel Muñoz, Bürgermeister von Quito, Paola Pabón, Präfektin von Pichincha, Aquiles Álvarez, Bürgermeister von Guayaquil, Marcela Aguiñaga, Präfektin von Guayas, oder Leonardo González, Präfekt von Manabí, wider.

Dass die Abgrenzung weitgehend von Akteuren mit institutionellen Ämtern ausging, lässt sich wohl durch die drohenden Gerichtsverfahren und möglichen Amtsenthebungen erklären, denen sie ausgesetzt sind (wie im Fall von Muñoz) sowie durch eigene Analysen des Wahlergebnisses vom Sonntag und durch politische Kalküle für die Zukunft. Jeder positioniert sich angesichts der bevorstehenden oder sogar bereits eingetretenen Verfolgung, mit Ausreisewarnungen für fast hundert Regierungsgegner.

Auch die Wahlverbündeten des Correismus distanzierten sich, wie Jan Topic, Unternehmer, Kandidat für 2023 und 2025 zugunsten von Noboa disqualifiziert, der die Niederlage von González anerkannte.

Und ebenso Pachakutik, der politische Arm der Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador (Conaie). Die Position der wichtigsten indigenen Organisation war in diesem Szenario entscheidend: Sie ist die einzige Bewegung, die in der Lage ist, eine Massenmobilisierung auf den Straßen zu organisieren, was die Bürgerrevolution, die sich auf die politische Superstruktur konzentriert, aus eigener Kraft nicht leisten kann.

Die zunehmende Zurückhaltung bei der Unterstützung der Betrugsvorwürfe von González und Rafael Correa spiegelte sich auch auf internationaler Ebene wider, wo Lula da Silva, Xiomara Castro, Yamandú Orsi, Gabriel Boric und die Wahlbeobachtermission der Europäischen Union das Ergebnis anerkannten.

Die Zweifel daran, dass es tatsächlich zu einem Wahlbetrug bei den Ergebnissen vom Sonntag gekommen ist, beruhen auf dem Fehlen öffentlich vorgelegter Beweise, die dies zum jetzigen Zeitpunkt in einem Ausmaß belegen, das den angekündigten Stimmenunterschied zwischen den beiden Kandidaten erklären würde.

Der ehemalige Präsident Correa erklärte, er sei dabei, solche Beweise zu sammeln.

Am Mittwochabend prangerte González an, dass es "mehrere Versionen der Wahlprotokolle gab, die vom CNE selbst geändert wurden, nachdem sie in das System eingegeben worden waren (...) und damit das Endergebnis verfälschten", "eine künstliche Verringerung der Wahlenthaltung, es gab mehr Stimmen als Wähler", und sie forderte vom CNE "die sofortige Veröffentlichung aller ordnungsgemäß unterzeichneten Wahlprotokolle". Sie versicherte außerdem, über "1.984 nicht gemeinsam unterzeichnete Protokolle und 1.526 Protokolle, deren Summe nicht mit der Anzahl der Wähler übereinstimmt" zu verfügen, die daher im Kontext eines Betrugs, bei dem "mehr als eine Million Stimmen gestohlen wurden", für ungültig erklärt werden müssten.

Es gibt durchaus ein logisches Argument, um die Zweifel am Ausgang zu erklären: "Das Ergebnis ist statistisch und wahltechnisch unmöglich", wiederholt Correa. Weil González zwischen dem ersten und zweiten Wahlgang in mindestens sechs Provinzen Stimmen verloren hat; weil es nicht sein kann, dass die Bündnisse mit Topic oder Conaie keine Stimmen gebracht haben; weil González nur 159.000 Stimmen hinzugewonnen hat, während Noboa mehr als 1,3 Millionen Stimmen dazugewonnen hat; weil die Differenz zwischen den Exit Polls und dem Endergebnis mathematisch nicht zu erklären ist; weil keine Umfrage oder Nachverfolgung diese Differenz ergeben hat. Ein "sehr zweifelhafter Sieg", wie Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum erklärte.

Es gibt auch kontextbezogene Gründe: Der Wahlkampf fand von Anfang an in einem undemokratischen Rahmen statt. Angefangen bei der Ignoranz der Wahlbehörde CNE gegenüber den zahlreichen Unregelmäßigkeiten und Rechtsverstößen Noboas über die kurzfristige Verlegung von Wahllokalen in Gebieten mit starker sozialer Basis des Correismus bis hin zum Ausnahmezustand am Tag vor der Wahl.

Eine Wahl mit unfairen Spielregeln, einem Schiedsrichter, einer Fangemeinde und einer Polizei, die bereit waren, jeden zu disziplinieren, der sich gegen den Präsidenten-Kandidaten stellte.

Das Ende der Formalitäten

"Als der CNE am Sonntag die Ergebnisse bekannt gab, war es, als würden sie den Sieg ihrer Mannschaft feiern", berichtet eine erfahrene lateinamerikanische Politikerin, die die Bekanntgabe der Ergebnisse vor Ort beobachtete, wo die Rektoren von vermummten Soldaten mit Langwaffen umringt waren.

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Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro sagte am Dienstag: "Die Gebiete mit oppositioneller Mehrheit wurden zwei Tage vor den Wahlen unter Ausgangssperre gestellt und unter militärische Kontrolle gebracht. Die Wahlleitung stand unter direkter militärischer Überwachung durch bewaffnete Männer mit vermummten Gesichtern. An jedem Wahllokal war eine starke uniformierte und bewaffnete Militärpräsenz zu sehen. Wir mussten ausländische Beobachter schützen, weil sie Angst hatten, nicht mehr wegzukommen."

Der letzte Teil der Wahl zeigte, wie die Kampagne eines Präsidenten verlief, der sich rechtlich aus dem Amt zurückziehen musste, um kandidieren zu können, dies aber nicht tat; und der in den letzten Wochen mehr als 500 Millionen Dollar in Form von Anleihen verteilte; oder der ein Abkommen mit dem US-amerikanischen Söldner Erik Prince schloss, der in Ecuador landete, um eine Wahlkampfveranstaltung gegen die Bürgerrevolution abzuhalten. Prince, der neben dem Innen- und dem Verteidigungsminister interviewt wurde, beschuldigte Correa, Verbindungen zum Drogenhandel zu haben und Vater eines Kindes von Luisa González zu sein.

Die Wahl passte in eine Zeit, in der demokratische und diskursive Formen immer weniger Bedeutung haben, manchmal gar keine. Wer kann, der kann.

In Ecuador stimmen laut dem Bericht 2024 von Latinobarómetro 53 Prozent der Bevölkerung zu, dass ein Präsident "Gesetze, das Parlament und Institutionen übergehen darf, um Probleme zu lösen". Das ist der höchste Prozentsatz in der Region.

Noboa hat nun freie Bahn. Nachdem seine erste Amtszeit von einem Polizeieinsatz in der mexikanischen Botschaft und der Entsendung des US-Südkommandos ins Land geprägt war, stellt sich die Frage, was in den kommenden vier Jahren zu erwarten ist.

Innenminister José de la Gasca kündigte bereits am Tag nach der Wahl an, dass die nächste Regierung Noboa eine verfassungsgebende Versammlung vorantreiben werde, eine Strategie zur Abschaffung der Verfassung von Montecristi aus dem Jahr 2008, die unter der Präsidentschaft Correas per Volksabstimmung verabschiedet worden war.

Die neoliberale und neokoloniale Restauration erlebt derzeit ihren Höhepunkt. Der Präsident ist auch Teil eines Unternehmensimperiums mit rund 156 Firmen, das im Bananensektor eine Vormachtstellung innehat, und wird beschuldigt, über sein Familienunternehmen Noboa Trading in Drogengeschäfte verwickelt zu sein. Die Noboas kontrollieren großflächige Plantagen und Lastwagen bis hin zu den Lagern und private Häfen, von denen aus Schiffe mit Bananenstauden und Kokainpaketen nach Europa auslaufen. Die Expansion des Unternehmensimperiums ist in einem Land, das zu einem Drehkreuz des Drogenhandels geworden ist, in vollem Gange.

Die Mehrheit unter Schock

In den Cafés von Quito wird nach den Wahlen eine Frage immer wieder gestellt: Wenn der Wahlbetrug das Ergebnis der Stichwahl nicht erklären kann, warum hat die Bürgerrevolution dann in ihrer dritten Präsidentschaftswahl innerhalb von vier Jahren wieder verloren?

Einige weisen auf Fehler im Wahlkampf hin. Einer davon betrifft die offenen Flanken in Bezug auf die Dollarisierung, ein hochsensibles Thema in Ecuador, das den Slogan "Luisa, entdollarisiert uns" und die Verbreitung einer wirksamen Angstkampagne hervorgebracht hat.

Ein weiterer Faktor dürfte die Haltung gegenüber der Bolivarischen Revolution gewesen sein, vor dem Hintergrund einer starken Ablehnung der ecuadorianischen Bevölkerung gegenüber allem, was venezolanisch klingt.

"Ich mochte keinen der beiden, aber ich habe für Noboa gestimmt, weil mir dieser Teil des Sozialismus Angst macht, zumindest nach den letzten Äußerungen in der Debatte, dass sie Maduro als verfassungsmäßigen Präsidenten anerkannt hat, und auch die Friedensvermittler, von denen Luisa gesprochen hat, haben mir nicht gefallen", sagt María auf der Plaza Murillo in Quito, in der Nähe einer lebensgroßen Pappfigur von Noboa, die am Eingang eines Restaurants steht.

Andererseits hat sich eine radikale Anti-Correismus-Haltung in vielen Köpfen festgesetzt. Dies ist eine Folge der permanenten Korruptionsvorwürfe und angeblichen Verbindungen zum Drogenhandel, der Einleitung von Gerichtsverfahren und der täglichen Medienberichte, die so zahlreich sind wie die Kirchen im kolonialen Zentrum von Quito. Jeder Fehltritt wird hochgespielt, insbesondere bei einer Stichwahl, bei der es darum ging, die unbeständigsten und wechselhaftesten Wähler zu erreichen, um die Decke der Stichwahlen von 2021 und 2023 zu durchbrechen.

Es gibt noch eine andere mögliche Erklärung, die mit den Schwierigkeiten der alten progressiven Kräfte oder Linken in der Region zusammenhängt, die sich in den internen Streitigkeiten innerhalb des argentinischen Peronismus-Kirchnerismus, dem Scheitern des Wandlungsprozesses in Bolivien oder der Krise der venezolanischen Präsidentschaftswahlen zeigen.

Erschöpfung der Repertoires, der sprachlichen Mittel, das Ende von Zyklen, angekündigte, aber nicht vollzogene Führungswechsel, Fotos vergangener Erfolge, die sepiafarben werden, bis sie schließlich für die neuen Generationen, die von Subjektivitäten geprägt sind, die sich aus Prekarisierung und sozialem Aufstieg durch Apps, Wetten, Drogenhandel oder Migration entwickelt haben, verblassen.

Wenn eine andere Formel erforderlich ist, um ein anderes Ergebnis zu erzielen, stellt sich die Frage, wie die neue Arithmetik für eine Bürgerrevolution aussehen würde, die bei dieser Wahl im Gegensatz zu 2021 und 2023 sowohl mit dem indigenen Sektor als auch mit Akteuren der Rechten Bündnisse geschlossen hat.

Die Antwort darauf scheint dringend für eine geografisch zergliederte Bewegung, mit linken und konservativen oder unternehmerischen Strömungen in ihrem Inneren, wahrscheinlichen neuen Verrätereien und sich entwickelnden zentrifugalen Kräften, die in einem Land, das zu Lawfare und Blei verkommen ist, unter Bedrohungen (über)lebt.

Es bleibt schließlich eine Frage offen: Wie kann man in einem Umfeld, in dem demokratische Prozesse manipuliert werden und ein chronischer Schockzustand herrscht, eine Mehrheit aufbauen und Wahlen gewinnen? Alles deutet darauf hin, dass sich dieser Trend in einer Welt, in der Demokratie für diejenigen, die nach Gewinnmaximierung und Macht streben, obsolet wird, noch verschärfen wird.

Im Falle Ecuadors kommt hinzu, dass das Land unter der direkten Kontrolle seiner wirtschaftlichen Eigentümer steht, die offenbar vergessen haben, dass es sich um ein Land der Vulkane handelt.

16. April

 

[rojavaagenda] Newsletter Nr. 54: 1. Mai gegen Krieg und Faschismus und Aktuelle Lage in Kurdistan

Dienstag, 22. April 2025

 

Liebe Freund*innen und Genoss*innen

Die Vorfreude auf den diesjährigen 1. Mai ist besonders gross. Mit Spannung erwarten wir die Hauptrednerin, Ilham Ahmed, Ko-Vorsitzende des Exekutivrats der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien. Ausserdem wird es eine spannende Veranstaltung zur aktuellen Lage in der Türkei und Syrien im Rahmen des Politwochenendes geben. Vorher möchten wir in diesem Newsletter eine Einschätzung zur aktuellen Lage und der Entwicklung seit Öcalans Aufruf vom 27. Februar durch Duran Kalkan teilen.

Aktuelle Lage

Eineinhalb Monate nach Öcalans Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft fasst Duran Kalkan, Mitglied des KCK-Exekutivrats, die aktuelle Lage zusammen. Der KCK sehe keine positiven Entwicklungen in Bezug auf die Haftbedingung Abdullah Öcalans, obwohl versprochen worden war, die Situation innerhalb einer Woche zu verbessern. Stattdessen setze sich das Imrali-System, bestehend aus Isolation, Folter und kulturellem Genozid, fort. Auch der einseitige Waffenstillstand vom 1. März der PKK bleibe bis jetzt unbeantwortet. Diese hatte ausserdem zu einem Kongress unter der Leitung Öcalans zur Auflösung der PKK aufgerufen. Doch bis jetzt wurde diese Initiative durch die anhaltende Isolationshaft blockiert.

 
Kalkan weist darauf hin, dass es trotz der wohlwollenden Worte des türkischen Präsidenten bei dem Treffen mit Vertreter*innen der DEM-Partei eine grosse Lücke zwischen Rhetorik und Realität gäbe, welche an der Ernsthaftigkeit der Regierung zweifeln lasse. Er betonte, dass es keine Option sei, auf das Handeln etablierter Parteien oder staatlicher Akteure zu warten. Stattdessen müssen die demokratischen sozialistischen Kräfte die Initiative ergreifen, denn eine nachhaltig friedliche und gerechte Gesellschaft könne nur aus einer starken, selbstbewussten Zivilgesellschaft hervorgehen. In seinem abschliessenden Appell unterstrich er die Verantwortung der gesellschaftlichen Kräfte: „Der Ruf nach Frieden und Demokratie kann nur von unten beantwortet werden – durch breite gesellschaftliche Mobilisierung und die Entwicklung alternativer Strukturen.“ [1]

1. Mai: Gemeinsam gegen Krieg und Faschismus

Der diesjährige internationale Tag der Arbeit wird in Zürich unter dem Motto „Gemeinsam gegen Krieg und Faschismus“ begangen [2]. Auch hier wird ein besonderer Fokus auf Kurdistan gelegt. Das 1.-Mai-Komitee lud Abdullah Öcalan als Hauptredner ein und würdigte sein „…Engagement für Frieden und Demokratie im Zusammenhang mit den konfliktreichen Entwicklungen im Nahen Osten, in der Türkei und in Kurdistan…“ [3]. Aufgrund der anhaltenden Isolationshaft wird Öcalan leider nicht persönlich nach Zürich kommen können. Die Hauptrednerin, Ilham Ahmed, ist aber ebenfalls eine zentrale Figur im Friedens- und Demokratisierungsprozess in Kurdistan. Ilham war massgeblich am Aufbau der autonomen Selbstverwaltung in Rojava und des Demokratischen Rates Syriens beteiligt, dessen Ko-Vorsitzende sie ist.

Ilham Ahmed In ihrem Beitrag zur 1.-Mai-Zeitung plädiert Ilham dafür, „überall auf der Welt Frieden und Stabilität durch demokratische Entwicklung zu fördern und alle Menschen mit ihren unterschiedlichen kulturellen und religiösen Zugehörigkeiten gleichberechtigt zu behandeln.“ Nur so könne sichergestellt werden, dass Menschen nicht gezwungen würden, ihre Heimat zu verlassen. Die Abschottungspolitik der westlichen Länder gegen Migration sei hingegen nicht zielführend. Als Gegenentwurf zum zentralisierten Nationalstaat stellt sie das von Öcalan entwickelte Prinzip der demokratischen Nation vor. Ausserdem betont sie die besondere Rolle der Frau in der kurdischen Befreiungsbewegung und die Wichtigkeit der Gleichberechtigung der Geschlechter. Ihren sehr lesenswerten Beitrag findet ihr hier [2].

[1] https://anfdeutsch.com/kurdistan/duran-kalkan-imrali-isolation-bleibt-bisher-bestehen-45961
[2] https://www.1mai.ch/thema
[3] https://anfdeutsch.com/aktuelles/1-mai-komitee-zurich-ladt-abdullah-Ocalan-als-gastredner-ein-45982

Veranstaltungen und Demos zum 1. Mai:

Kurdistan: Die Verteidigung des revolutionären Prozesses in Zeiten des Sturms
Freitag, 25.04.2025, 19:00 Uhr, Volkshaus Zürich
Zum Auftakt des Politwochenende wollen wir mit einem internationalistischen Genossen der kurdischen Bewegung die neusten Entwicklungen in der Türkei und in Syrien einordnen.

Politwochenende
25. – 27.04.2025, Volkshaus ZH, Nord-Süd-Haus Winterthur, Kanzlei ZH
Am diesjährigen Politwochenende gibt es wieder viele spannende Veranstaltungen und auch wir werden mit einem Stand vor Ort sein. Also kommt unbedingt vorbei!

Wir rufen ALLE auf in den revolutionären Block am 1. Mai zu kommen!
Donnerstag, 01.05.2025 10:00 Uhr, Ni Una Menos Platz (ehem. Helvetia Platz), Zürich

Rede von Ilham Ahmed nach 1. Mai Demo auf dem Sechseläutenplatz
Dieses Jahr wollen wir euch besonders ans Herz legen nach der Demo zur 1. Mai Rede auf dem Sechseläutenplatz zu bleiben. Hören wir zu was uns Ilham Ahmed zusagen hat und zeigen wir unsere Solidarität mit dem revolutionären Projekt in Rojava.

Mit solidarischen und kämpferischen Grüssen
Rojava Komitee Zürich

rojavaagenda.ch
Telegram-Kanal: t.me/rojavaagenda
Twitter: @AgendaRojka
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Mexiko: Förderung von Kleinbauern soll die Ernährungssouveränität stärken

Donnerstag, 17. April 2025

 https://amerika21.de/2025/04/274697/mexiko-foerdert-kleinbauern

 

Präsidentin Claudia Sheinbaum spricht vor Kleinbauern und -bäuerinnen in Zinapécuaro
Präsidentin Claudia Sheinbaum spricht vor Kleinbauern und -bäuerinnen in Zinapécuaro

Mexiko-Stadt. Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum hat den Start des neuen staatlichen Programms "Souveränität ernten" (Cosechando Soberanía) verkündet, das die Selbstversorgung des Landes mit Grundnahrungsmitteln verbessern soll.

Mehr Eigenständigkeit im Agrar- und Lebensmittelsektor sei "die beste Verteidigung gegen jegliche Zölle", welche die Regierung von Donald Trump verhängt habe, betonte Sheinbaum vor Tausenden von Bauern und Bäuerinnen am vergangenen Samstag in Zinapécuaro, einem indigenen Ort im Bundesstaat Michoacán.

Mit dem Programm können kleine und mittlere Landwirte günstig verzinste Kredite mit technischer Unterstützung sowie Beratung erhalten, um ihre Produkte auf den Markt zu bringen. Insbesondere Mais, Bohnen, Kaffee, Kakao und Honig werden gefördert. Für diese Produkte sollen "faire Preise" garantiert werden.

Tags zuvor hatte Landwirtschaftsminister Julio Berdegué Sacristán erklärt, dass die Kredite einen Höchstzinssatz von 8,5 Prozent haben werden, rund die Hälfte des marktüblichen Zinses. Die Kredite sind gekoppelt an eine Versicherung gegen klimatisch bedingte Produktionsausfälle.

Berdegué räumte ein, dass gegenwärtig drei Viertel des im Land konsumierten Reises importiert werden. Auch rund die Hälfte des verbrauchten Maises stammt aus Importen. Wichtigstes Herkunftsland für beide Produkte sind die USA. Der von dort stammende genveränderte Mais wird in Mexiko jedoch hauptsächlich als Futtermittel verwendet.

Ohne Moos nix los

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2025 werden die Kosten für das Programm voraussichtlich 54 Milliarden mexikanische Pesos betragen, rund 2,4 Milliarden Euro. Dieses Jahr sollen 300.000 kleine und mittelgroße Produzenten von Mais, Bohnen, Reis, Kakao und Honig unterstützt werden, bis 2030 dann 750.000 Landwirte. Fünf Prozent ihrer Produkte will der Staat aufkaufen, um sie in den 25.000 staatseigenen Verkaufsstellen zu subventionierten Preisen in den bedürftigsten Regionen des Landes anzubieten.

Bereits die Regierung von Andrés Manuel López Obrador (2018-2024) ließ verlauten, dass sie an der Selbstversorgung des Landes arbeite. Im damaligen Staatshaushalt wurden jedoch nur geringe Mittel dafür zur Verfügung gestellt. Der Anteil des nationalen Budgets für den Agrarsektor ist indes auch 2025 mit rund 1,25 Prozent relativ niedrig.

Vergangenes Jahr stiegen die Importe von Grundnahrungsmitteln auf ein historisches Hoch. Laut dem Branchenverband der Agromärkte GCMA stieg die Einfuhr von Getreide 2024 um 16,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 46,7 Millionen Tonnen an. Mehr als die Hälfte des konsumierten Getreides stammte aus Importen. Einer der Gründe für die sinkende landwirtschaftliche Produktion Mexikos ist die anhaltende Dürre, die besonders den Norden des Landes seit Jahren im Griff hat.

Im Süden des Landes, wo Kleinbetriebe die Landwirtschaft prägen, beraten derzeit viele Gemeinden über die Umsetzung von Sheinbaums neuem Programm.

Menschenhandel: US-Privatknäste internationalisieren

Sonntag, 13. April 2025

 

(zas, 13.4.25) Letzten Freitag publizierte die Civil Rights-Organisation ACLU staatliche Dokumente, in denen es um eine $ 45-Mrd. schwere Ausweitung der US-Gefängniskapazitäten der Antimigrationsbehörde ICE in Kooperation mit zentralen privaten Gefängnisunternehmen wie GEO Group und CoreCivic geht. Diese modernen Sklavenhalter finden zusammen etwa mit Mafias aus der CO2-Wirtschaft und der Krypto-Branche beste Unterkunft in der Trump-Administration.  

Doch warum sich auf das traute Homeland beschränken?

Auf treten erneut Erick Prince & Konsorten, berüchtigt wegen Massaker der ihnen gehörenden Söldnertruppe Blackwater im Irak und anderswo. Schon vor Trumps November-Sieg hatten sie ihm einen $25-Mrd.-Plan vorgelegt, mittels dessen mit KZ’s für MigrantInnen (auch in Armee-Basen) und privatisierter Justiz und Miliz bis zu den Midterm-Wahlen nächstes Jahr 12 Millionen MigrantInnen deportieren werden sollten. Absurd? Trump scheint sich für diesen Plan seines Kumpels nicht richtig erwärmt zu haben.

Vorgestern kam das US-Medium Politico auf das Thema zurück. Wieder hatte es Dokumente von Prince und «einem Team von defense contractors» einsehen können. Sie skizzieren einen Plan, um, falls vom Weissen Haus angenommen, «die Deportationen nach El Salvador massiv auszuweiten und Tausende von MigrantInnen aus US-Einrichtungen in ein weiträumiges Hochsicherheitsgefängnis in Zentralamerika zu transportieren.» Das Prince-Unternehmen 2USV (SV ist das salvadorianische Landeskürzel) will so «100'000 der Schwerstkriminellen» in einem 10'000-Personenlager in den USA zwischenparkieren und sie dann «nach El Salvador fliegen», zitiert Politico.  

Um rechtliche «Komplikationen» wie bei der Deportation von 237 Venezolanern in den salvadorianischen Riesenknast CECOC zu vermeiden, soll dem Plan zufolge ein «Abtretungsabkommen» zwischen Washington und San Salvador geschlossen werden – ein Teil des CECOC würde nun US-Territorium werden. Damit wäre die Verschleppung von Gefangenen dorthin «weder eine Auslieferung noch eine Abschiebung». Die USA würden danach den Betrieb des «US-Knasts» wieder an El Salvador leasen, wobei, zitiert Politico, «die ICE-Haft-Standards suspendiert» werden müssen, um rechtlichen Zank zu umgehen.

Unter den eingesehenen Dokumenten befindet sich auch ein Schreiben von Bukeles Justizminister Gustavo Villatoro vom vergangenen 13. März. Darin wird Prince als «Handelsagent» El Salvadors bezeichnet, der helfe, «ein Abkommen für die Unterbringung ausländischer Krimineller in den salvadorianischen Gefängnissen zu erzielen.» Man könne «40'000 Kriminelle sofort» und bis zu «100'000 in naher Zukunft» aufnehmen.

Der Artikel endet mit dem Hinweis, dass was heute papierlosen MigrantInnen drohe, morgen auch US-BürgerInnen treffen könne – «eine Idee, die Trump weiderholt ventiliert hat, sagte ein/e Ex-Official von DHS nach Zusicherung von Anonymität.»

 

Salvadorean Happy End

 Am 8. April publizierte das State Department ein Gespräch von Trumps Filius Donald Jr. mit Marco Rubio, Trumps Aussenminister. Beide versuchten, sich in der Verbreitung paranoider Szenarien zu übertreffen: Maduro führt über die Emigration Krieg gegen die USA, indem er Mitglieder des Tren de Aragua in die USA schickt. Diese Organisation ist, weiss Rubio, «eine der gefährlichsten Gangs aller Zeiten». Sie kontrolliert in den USA ganze Communities. Der salvadorianische Präsident Bukele war so freundlich, einige dieser Schrecklichen in seinem Gefängnis aufzunehmen. Anders als US-AktivistInnen aus der Justiz (und sonstiger Linksszene, die den Kriminellen möglichst den Friedensnobelpreis verleihen will).

Bukele aber ist offen für US-Anliegen. Rubio: «Er sagte, schau, ich habe diese Gefängnisse gebaut und bin bereit, diese Leute hier unterzubringen. Aber am meisten will er die MS-13-Mörder, die in den USA sind, denn sie werden auch in El Salvador wegen Verbrechen belangt.»  

Konkret geht es um Mitglieder der Leitung der Mara Salvatrucha, die in den USA einsitzen, mehrere, nachdem sie in Mexiko verhaftet wurden. Darunter auch solche, die, wie Untersuchungen des US-Justizministeriums ergeben hatten, vom Regime Bukele klandestin frei gelassen und sicher ins Ausland begleitet wurden. Dies im Rahmen eines Deals Bukeles mit den Maras. Auch das ist Gegenstand eines anlaufenden Gerichtsverfahrens in den USA und Bukele und Trump wollen dies vermeiden. Einen betroffenen Mara-Chef haben die USA schon ausgeliefert (s. diesen Post), weitere dürften nach Bukeles Empfang im Weissen Haus morgen Montag folgen. Oder aber sie wissen, dass sie dem bekanntermassen rachsüchtigen Bukele ausgeliefert werden, sollten sie ihre sachbezogenen Aussagen vor einem US-Gericht bestätigen.