Honduras: Weitere Morde an Bauern und Journalisten

Donnerstag, 28. Juli 2011



(zas, 28.7.11) In den letzten zwei Wochen sind vier Mitglieder von bäuerischen Kooperativenunternehmen im Gebiet des Bajo Aguán, also des unteren Verlaufes des Flusses Aguán in der Karibikregion von Honduras, ermordet worden. Hintergrund ist auch bei diesen Morden der Konflikt zwischen bäuerischen Kooperativen und einigen Grossgrundbesitzer um Miguel Facussé um das Land. Während auch die Kooperativen Ölpalmen anpflanzen, nebst dem Anbau von Nahrungsmitteln für den Eigenbedarf, wollen sich die Agrarkapitalisten um Facussé, einen wichtigen Financier des Putsches vom Juni 2009, den ganzen fruchtbaren Boden für ihre Exportgeschäfte mit Agrosprit aneignen. Seit dem Putsch können sie mit ihren eigenen Privatarmeen und mit Unterstützung der staatlichen Sicherheitskräfte staatlich ungehindert versuchen, diesen Plan umzusetzen. Doch den Widerstand der Landbevölkerung und der Widerstandsfront FNPR konnten sie noch nicht brechen.
Im Bajo Aguán. Foto: Los Necios

Am  16. Juli 2011 wurden der Luis Alonso Ortíz (52) und Constantino Morales Enmorado (32) in der Gemeinde Trujillo (Dep. Colón) mit einer Reihe von Schüssen ermordet. Ihre KollegInnen von der Basisorganisation MUCA berichten von andauernden Einschüchterungen der BäuerInnen durch maskierte Männer, die sich in nummernlosen Fahrzeugen bewegen und mit AK-47-Gewehren Schüsse abfeuern. (Quelle: FIAN-Mitteilung, 20.7.11).
Am 23. Juli 2011 wurde in der gleichen Gegend das MUCA-Mitglied Julián Alvarenga (45), Vorstand des Kooperativunternehmens Isla Uno, ermordet. Zusammen mit Vorstandskollege Santos Dubón war er in Richtung des Städtchens Tocoa unterwegs, als sein Wagen gestoppt und er anschliessend erschossen wurde. Santos Dubón wurde schwer verletzt und schwebte in Lebensgefahr. Wilfredo Paz vom departementalen FNPR berichtete über vorausgegangen Morddrohungen gegen Julián Alvarenga: „Sie sagten, sie würden ihn umbringen, wenn er sich nicht von der Campesinaorganisation zurück ziehe. Ich kannte ihn gut. Er war ein mutiger und kampfbereiter Genosse. Sehr engagiert, nicht nur im Kampf der BäuerInnen, sondern auch im Widerstand des FNPR“. (Quelle: Rel-UITA).
Am 25. Juli starb Carlos Maradiaga, Vorstandmitglied des Kooperativunternehmens  Coapalma-Ecara im Departement Colón in der Stadt La Ceiba, wo er sich zusammen mit anderen Vorstandsmitgliedern eben anschickte, das Gebäude eines staatlichen Büros zu betreten, als zwei Individuen auf einem Motorrad heranfuhren, ihm ein Kettchen entrissen und ihn mit zwei Schüssen niederstreckten. Der FNPR schliesst jedoch einen Raubüberfall aus, da das Kettchen am Tatort gleich fort geschmissen wurde. (Quelle: Los Necios).
Die Kooperative Coapalma-Ecara. Foto: Los Necios.

Mit diesen Morden sind es 36 Bauern aus den Kooperativen im Bajo Aguán, die seit Januar 2010 ermordet wurden, 13 von ihnen in den letzten vier Monaten. In keinem einzigen Fall ist ein Mord aufgeklärt worden. Begründung der Behörden für ihre Untätigkeit: Die Kollegen etwa der am 16. Juli ermordeten würden die Polizei am Arbeiten hindern.
Am 14. Juli ist Geremías Orellana (26) mit einem Kopfschuss ermordet worden, als er bei der Ortschaft Candelaria, Dep. Lempira, mit dem Moto unterwegs war. Das FNPR-Mitglied Geremías Orellana leitete das Lokalradio von Candelaria nahe bei der salvadorianischen Grenze. Der Priester des Ortes, José Amilcar Lara, gab bekannt, dass auch er und er Bürgermeister die beide im Radio mitarbeiteten, Morddrohungen erhalten habe. Manuel Orellana ist der 13. seit dem Putsch ermordete Journalist im Land. (Quelle: FNPR).
Geremías Orellana
 Am 27. Juli 2011 gab das aus Medienschaffenden zusammengesetzte C-Libre (Komitee für Meinungsfreiheit) bekannt, dass der Journalist Soberto García Funez vom jesuitischen Radio Progreso, der aus der Gemeinde Arizona im Department Atlántida über illegale Staudämme berichtet hatte, seine journalistische Tätigkeit massiv einschränkt. Grund: wiederholte Morddrohungen gegen ihn und seine Familie und offensichtliche Beschattung durch Unbekannte. García war zuvor schon öffentlich und physisch vom Bürgermeister von Arizona angegriffen worden. Der Ortspriester César Espinoza berichtete dem Komitee von einem zunehmenden Klima der Gewalt,  14 Menschen seien seit Jahresbeginn ermordet worden und 24 Familien hätten wegen Einschüchterung den Wohnort gewechselt. Espinoza sagte: „Die Behörden sind korrupt und werden bestochen. Die Kriminellen sind Leute von dort, aus Angst nennen wir ihre Namen nicht, aber alle wissen, um wen es sich handelt.

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Für Kurzinfos auf deutsch s. den Bericht einer internationalen Mission im Bajo Aguán, der kürzlich auch dem Europaparlament vorglegt worden ist:

Honduras: Bericht einer internationalen Mission im Bajo Aguán