Miguel Facussé, Drogenhändler

Samstag, 21. Januar 2012


aus Correos 167 (September 2011)

Radio La Primerísima

(Tegucigalpa, 3.9.11)  Ein von Wikileaks veröffentlichtes Kabel des US-State Departments belegt, dass die USA schon seit Jahren über die Verbindungen des honduranischen Magnaten Miguel Facussé mit dem Drogenhandel im Bilde waren. Laut dem als geheim klassierten Kabel der US-Botschaft in Tegucigalpa vom 4. März 2004 (TEGUCIGALPAPAooo672) landete ein mit einer Tonne Kokain beladenes Flugzeug auf dem Land von Facussé, wo es entladen und danach verbrannt wurde, um den Anschein zu wecken, der Industrielle habe nichts damit zu tun. Zudem enthüllt das Kabel, dass das Botschaftspersonal von zwei anderen, mit Facussés Eigentum verbundenen Drogenaffairen von Anfang und Mitte 2003 wusste.

Der Investor und Grossgrundbesitzer Miguel Facussé ist eine der mächtigsten Personen im Land. Sein Neffe, der ehemalige Staatspräsident Carlos Flores, ist ein Pressemagnat. Facussé gilt als Vertreter der „faktischen Mächte“, ausserinstitutionelle Sektoren mit grossem Einfluss in der Gesellschaft, die den Putsch vom 28. Juni 2009 gegen Präsident Manuel Zelaya initiierten. Teile dieser Mächte sind die Narkostrukturen, die zur Beunruhigung der Experten vor allem in den letzten zehn Jahren die honduranische Gesellschaft  durchdringen.

Das Botschaftskabel mit dem Titel „Drug plane burned on prominent honduran’s property“ beschreibt Angaben über einen Unfall eines zweimotorigen Flugzeuges am 18. März 2004 in der Gegend von Farallones an der honduranischen Ostküste. „Es sieht nicht so aus, ob irgend ein Flugzeug am 18. März abgestürzt sei“, steht im Kabel. Weitere Botschaftsabklärungen ergaben, so das Kabel, dass es der Besitzer des Grundstücks, in dem sich die Flugzeugreste fanden, Facussé selbst, war, der am 17. März die Polizei benachrichtigte, dass seine Angestellten am Vortag auf das Flugzeug, das ohne Bewilligung gelandet war, geschossen und so in Brand gesteckt haben.

Tatsächlich hatte die Botschaft gute Gründe, an dieser Version zu zweifeln. Das Kabel erwähnt, dass die Taktische Analysegruppe der Joint Interagency Task Force South des US-Südkommandos am 14. März die honduranische Luftwaffe (HAF) über ein mit einer Tonne Kokain gefülltes Flugzeug aus Kolumbien informiert hatte, das Gegenstand einer vergeblichen Abfangoperation gewesen war. Und die Polizei informierte die Botschaft, dass der gesuchte Flieger am gleichen 14. März problemlos auf Land von Facussé gelandet war. Nach den Polizeiquellen der Botschaft „wurde die Ladung des Flugzeugs in einer von 30 schwer bewaffneten Männer bewachte Wagenkolonne umgeladen“. Die honduranische Polizei habe mehrere Angestellte und AnwohnerInnen der Hacienda befragt. „Es ist offensichtlich, dass diese Zeugen wussten, was vorgefallen war, aber aus Angst die Behörden nicht aufklärten“, steht im Kabel.

Ausserdem war der Botschaft zufolge das Landstück von Facussé schwer bewacht, was die Version „fragwürdig“ mache, dass Fremde die Landepiste ohne Einwilligung hätten benutzen können. Laut dem Kabel „gibt es absolut keinen Hinweis darauf, dass die HAF in irgendeiner Weise mit dem Endresultat dieser Fluglinie zu tun gehabt hätte, ausser das Post (die Botschaft) es für unwahrscheinlich hält, dass ein HAF-Abfangflieger das auf dem Boden brennende Flugzeug nicht bemerkt hätte“. Zuletzt erwähnt die Botschaft, dass „bei diesem Vorfall Drogenhändler zum dritten Mal in den letzten 15 Monaten mit Eigentum von Mr. Facussé verbunden sind. Im Juli 2003 fuhr ein Schnellboot in einen Wellenbrecher auf dem gleichen Besitztum und es kam zu einem Gefecht mit Kräften der Nationalpolizei. Zwei bekannte Drogenhändler wurden gefasst und 420 k Kokain beschlagnahmt. Früher  im gleichen Jahr endete ein anderer Flug auf dem gleichen Landstück und scheint die gleiche Piste benutzt zu haben“.

Natürlich hat Facussé einige unbequeme Fragen zu beantworten. Aber auch die USA täten gut daran zu erklären, warum sie, während mehr als acht Jahren im Besitz dieser Information, nicht gehandelt haben.

Kasten
Agrosprit, Kokain und Landkonflikte
(dd) Im Gebiet am unteren Verlauf des Flusses Aguán an der honduranischen Atlantikküste sind seit Anfang letztem Jahr schon 38 Bauern ermordet worden, fast alle Mitglieder von Kooperativen. Hintergrund: Das fruchtbare Land wurde im Rahmen einer beschränkten Agrarreform an bäuerische Kooperativen verteilt. Mit einer neoliberalen Gegenreform der 90er Jahre setzten einige Grossgrundbesitzer um Miguel Facussé gesetzliche Tricks durch, um sich die Kooperativländereien für ihren Anbau von Afrikanischer Palme (Agrosprit) anzueignen. Der Putsch von 2009 verhinderte, dass die Reformregierung von Mel Zelaya den Kooperativen helfen konnte. Facussé ist enger WWF-Partner an dessen Lobbyrunde für „nachhaltiges“ Palmöl der Multis. Im April 2011 konnte eine Kampagne von u.a. „Rettet den Regenwald“ das französischen Energieunternehmen EDF dazu zwingen, sein „Klima-Projekt“ mit Facussé zu beenden.
In der zweiten Augusthälfte wurden 12 Personen im Bajo Aguán umgebracht, die meisten von den Privatarmeen von Facussé. Danach schickte die Regierung 600 Militärs in die Zone. Bisher haben die staatlichen Repressionskräfte die paramilitärischen Verbände der Grossgrundbesitzer geschützt. Seit langem zirkuliert in Honduras die These, dass der Landkonflikt durch die Rolle von Facussé und anderen beim Transport von Kokain in die USA verschärft wird.