(zas, 23.7.14) Die verlogene Tour "unserer" Medien
bekam ich grad im Radio (Echo der Zeit) vorgeführt. Da kam ein Beitrag zum
Antisemitismusproblem der aktuellen Proteste gegen den Krieg in Gaza. Anhand von Aussagen von DemonstrantInnen in
Lausanne wies der Journalist, früher aktiv im Kampf für die Rechte der
Flüchtlinge, subtil nach, dass in mancher Kritik an Israel auch Antisemitismus
steckt. Seine Beobachtungen treffen zu.
Etwas anderes ist es, sich zu fragen, warum in den Herrschaftsmedien plötzlich fast
täglich Raum ist für die Hinterfragung erzreaktionärer Mechanismen. Der
Verdacht, dass es – bewusst oder unbewusst – auch darum geht, die israelischen
Verbrechen zu relativieren, liegt auf der Hand. Und findet eine gewisse
Bestätigung in der News-Auswahl zum Thema: Das systematisch über die Jahre aufgebaute
und mit den Kriegsangriffen fast nach Belieben verschärfte Leiden der
palästinensischen Bevölkerung findet meist in ein oder zwei Sätzen summarische Erwähnung,
um dann die Raketen der Hamas etc. als Gegenpart zu situieren. (Raketen, die
dem widerlichen Konzept entsprechen: Mein Volk gegen dein Volk. )
Doch solche Kontextualisierung darf natürlich nicht dazu
dienen, die Frage, was tun gegen Antisemitismus, ihrerseits zu relativieren. Und
für einmal war das, was im Beitrag gesagt wurde, nicht falsch. (Man muss die
Feste feiern, wie sie fallen.)
Später in der gleichen Sendung ein Beitrag zu den aktuellen
chinesischen Milliardenkrediten an Brasilien, Argentinien, Venezuela und Kuba des
schon im Halbschlaf gegen den Veränderungsprozess in Lateinamerika berichtenden
Journalisten (Achermann). Und siehe, auch er hat ein antikolonialistisches
Sensorium, wie heute fast alle anderen in den Mainstreammedien. Diese Kredite,
so tat auch er kund, führen die lateinamerikanischen Länder in koloniale
Abhängigkeit. Das ist noch nicht einmal einfach falsch, auch wenn gewisse
"Nuancen" aus dieser momentan täglich verkündeten Sicht herausfallen.
So sollen in Argentinien, glaubt man der Präsidentin Cristina Fernández de
Kirchner, nach China nicht einfach nur Rohstoffe, sondern auch Produkte mit
zusätzlicher Wertschöpfung exportiert werden.
Wie immer: Diesen Medienleuten fällt ein solcher
Zusammenhang strikt nur jetzt auf, wo eine andere Macht als der Westen ausbeuten
will. Schon fast eine Spasseinlage etwa die entsprechenden Berichte dieser Tage
in der NZZ, von den gleichen, für die jede Regung westlicher Kredithaie im
Südkontinent einer Offenbarung überwältigender Wirtschaftsrationalität gleichkommt.
Dass die chinesische Kapitalintervention
westlichen erstickungsoffensiven in die Quere kommt wie gerade im Fall der
Geierfonds gegen Argentinien, hat bestimmt nicht mit der antikolonialen Eintagsfliege
zu tun.
Schön hat der einleitende Kommentar zum
Lateinamerika-Bericht – nach dem Beitrag zum Antisemitismus (in der Linken
natürlich) auf den Punkt gebracht, worum es geht. Meinte die Sprecherin mit dieser
charmanten eidgenössischen Selbstverständlichkeit, in Lateinamerika hätten sie
viele Rohstoffe, doch gäbe es "die Unfähigkeit
der Latinos, davon zu profitieren". (Und knutschen, so der Bericht, deshalb mit "den
Chinesen" rum, wo das doch "uns" vorbehalten ist.)