Kriegstreiber

Donnerstag, 14. Mai 2015



(zas, 14.5.15) Die massive Senkung des Ölpreises – eine Massnahme gegen die russische und venezolanische Wirtschaft? Krankhafter Verschwörungswahn! Die U-Boote, die seit letztem Oktober in schwedischen und finnischen Gewässer gesichtet wurden – keine russischen? Welch abstruse Idee!
Es lohnt sich, die folgende Sendung auf Arte anzuschauen (auf deutsch oder fanzösisch):
Le grand bluff de Ronald Reagan
ausgestrahlt am 5. Mai 2015, im Internet noch zu sehen bis am 4. Juni 2015, in dem eine Reihe führender US-amerikanischer und schwedischer Spitzenfunktionäre aus Politik und Militär und der ehemalige sowjetische Botschafter in Stockholm und spätere (und letzte) Aussenminister der Sowjetunion unter Gorbatschow zu Wort kommen.

Der lange erste Teil skizziert die einem Geisttitanen Reagan zugeschriebene Strategie des wirtschaftlichen Totrüstens der SU, kombiniert mit einer „Täuschungsstrategie“, die den Sowjets eine noch massiv übertriebene militärische Stärke der NATO vorspiegeln sollte. In diesem Rahmen kam es auch zu Einsätzen der US-Luftwaffe bis an die SU-Grenzen, was 1983 während eines NATO-Manövers beinahe zum atomaren Vernichtungskrieg geführt hätte, verhindert in letzter Minute durch „panische Meldungen“ sowjetischer GeheimdienstagentInnen, wie der Film zeigt. Aber auch weniger verheerende Entwicklungen werden benannt: So erklärt uns etwa Herbert Meyer, damals Sonderberater des CIA-Direktors Casey, wie Washington die Saudis dafür einspannte, den Öl- (und Gas-) Preis massiv zu senken und damit die Haupteinnahmequelle der SU zu treffen (ab 6:00 im Video).
Der zweite Teil dreht sich um Schweden, genauer die Bekämpfung des Olof Palme, dessen Wahl zum Premier nicht verhindert werden konnte, wohl aber seine Politik der Blockfreiheit und nicht-militaristischen Sicherheitskooperation auch mit der SU. Nachdem Palme, den die US-Dienste als Feind ausgemacht hatten, die Wahlen gewonnen hatte, tauchten „sowjetische“ U-Boote in schwedischen Gewässern auf. Eine Mär – bis auf zumindest einen speziellen Fall - wie der Film zeigt. Gestützt durch die ultrareaktionären Traditionen im Land verpflichtete und mit Washington verbandelte Militärführung, die nicht davor zurückscheute, die gewählte Regierung aktiv zu sabotieren und dafür sorgte, dass die angeblichen sowjetischen (in Wirklichkeit italienischen NATO-) U-Boote unbehelligt blieben. Die über die Medien verbreitete U-Boothysterie bewirkte, dass von 181-1983 der Anteil der SchwedInnen, die sich durch die SU bedroht fühlten, von 27 % auf 63 % stieg.  Als in der SU Gorbatschow an die Macht kam, wurde die Entspannungspolitik von Palme, Ausdruck auch der europäischen Friedensbewegung, zur Gefahr für die Washingtoner Linie. Allerdings nur für kurze Zeit: 1986, kurz vor seinem Moskau-Besuch, wurde Palme ermordet. Offiziell ist der Mord bis heute nicht aufgeklärt…
Nun, die Dinge verändern sich. Heute sind es nicht mehr sowjetische, sondern russische U-Boote, die die schwedische Sicherheit aufs Extremste gefährden. Dass die NATO dabei ist, Russland gefährlich einzuschnüren (und den skandinavischen Ländern dabei in Bezug auf das Baltikum und die russische Nachbarschaft eine wichtige Rolle zukommt), das und vieles mehr ist einfach ein sonderlicher Zufall.