Mexiko: Ausnahmezustand in Oaxaca

Montag, 27. Juli 2015

Aus einer Mail eines Compañero in Mexico:

(24.7.15) Die Situation in Oaxaca hat sich diese Woche massiv zugespitzt: 
Die grössten Spannungen werden für kommenden Montag 27.7. erwartet, Megamarcha ab 7 Uhr morgens und gleichzeitig der zweite Montag der Guelaguetza mit 10'000 Touristen, unter dem "Schutz" von mehreren tausend schwerbewaffneten föderalen Einheiten. Vielleicht gibt es aber vorher schon Verhaftungsaktionen gegen die Sektion 22, im Versuch, der Bewegung den Kopf abzuschlagen. Die Stadt ist voll von Uniformierten. Wie das Klima in der Stadt momentan ist, zeigen die Filmchen im Netz, mit den Helikopter-Staffel-Tiefflügen, täglich, teilweise stundenlang. "Hier wirds Krieg geben", meinten dazu lapidar Touristen auf dem Zocalo...:
Helicópteros de la Marina, Policía Federal y Fuerza Aérea Mexicana realizan recorridos en Oaxaca 
Die Gefahr besteht natürlich, dass am Montag offene Rechnungen beglichen werden sollen. Am Wahltag, den 7. Juni, kam es ja zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Policía Federal und Zivilbevölkerung in mindestens 6 Städten Oaxacas, jedoch nicht in der Hauptstadt. Nicht immer hatte die Policía Federal die Überhand, hier ein Video-Dokument aus Huajuapan:
Enfrentamiento Sección 22 Huajuapan y Policia Federal ante liberación del INE
https://www.youtube.com/watch?v=9ha-EpOG294
Seit der "Flucht" des Chapo scheint im Land der Teufel los zu sein. Verschiedene Beobachter interpretieren das als Versuch der Regierung, die verlorengegangene Legitimität per mano dura zurückzugewinnen. Medial ist der Kriegskonsens gegen die oppositionelle Lehrergewerkschaft auf jeden Fall gegeben, Terroristen, Mafiosos, Geldwäscher etc. sind die Bezeichnungen für sie in der Systempresse.
Soweit in aller Kürze.

Großeinsatz gegen paramilitärische Gruppen in Venezuela

Donnerstag, 16. Juli 2015

https://amerika21.de/2015/07/125114/einsatz-paramilitaers-cota-905
15.07.2015 Venezuela / Soziales

Polizeieinheiten beim Einsatz in El Paraíso, Caracas
Polizeieinheiten beim Einsatz in El Paraíso, Caracas
Quelle: albaciudad.org
Caracas. Die Sicherheitsbehörden in Venezuela haben am Montag in Caracas einen Großeinsatz gegen paramilitärische Gruppen durchgeführt. Dabei wurden 14 Männer bei Feuergefechten getötet. Nach Angaben von Innenminister Gustavo González López waren an der Operation im Süden der venezolanischen Hauptstadt Einheiten der Nationalpolizei (PNB) und der Nationalgarde (GNB) beteiligt.
Der Einsatz im Stadtteil El Paraíso richtete sich laut González gegen eine kriminelle Gruppe, die Entführungen und Schutzgelderpressungen begangen habe. 20 gestohlene Fahrzeuge und zahlreiche Waffen seien sichergestellt worden, darunter Gewehre und Granaten. Zudem wurden 134 Personen verhaftet. "Davon sind 32 ausländischer Staatsbürgerschaft und wir stellen eine direkte Verbindung zum kolumbianischen Paramilitarismus fest", sagte González bei einer Pressekonferenz am Montag. Bei Feuergefechten im Zusammenhang mit der Operation seien 14 "Kriminelle" getötet und einer verletzt worden.
"Diese Art von Operationen wird durchgeführt, um die Bevölkerung vor kriminellen Banden zu schützen", so der Minister. Ebenfalls am Montag versprach Präsident Nicolás Maduro in einer Fernsehansprache, dem Paramilitarismus energisch entgegenzutreten. Dabei sei die "Einheit unseres ganzen Volkes" entscheidend, um kriminelle Gruppen zu bekämpfen.
Der Einsatz im Stadtteil El Paraíso ist Teil einer großangelegten "Operation Befreiung und Schutz der Bevölkerung", die Maduro am Montag angeordnet hatte. In diesem Rahmen gingen Polizei und Nationalgarde auch in Ciudad Tiuna (Caracas), Ocumare del Tuy (Bundesstaat Miranda) und San Casimiro (Bundesstaat Aragua) mit Hausdurchsuchungen und Festnahmen gegen die organisierte Kriminalität vor. Ingesamt nahmen mehrere 1.000 Beamte an den verschiedenen Einsätzen teil.

Lesestoff Griechenland




Ein wichtiges Interview: Exclusive: Yanis Varoufakis opens up about his five month battle to save Greece vom 13. Juli 2015. Der von Tsipras geschasste Ex-Finanzminister gibt Einblicke in die reale Welt der Mächtigen, wenn er etwa von Eurogruppen-Sitzungen erzählt, an denen er ökonomische Argumente gegen das „Spardiktat“ vorgetragen hat:

Es gab da einfach eine blanke Weigerung, ökonomisch zu argumentieren. Man trägt ein Argument vor und es starren einen einfach leere Blicke an. Es ist so, als ob man nicht gesprochen hätte. Was sie sagen, ist unabhängig von dem, was man sagt. Man hätte ebenso gut die schwedische Nationalhymne singen können – man hätte die gleiche Antwort bekommen.

Zu Schäubles Beharren auf den „Spar“-Diktaten:

Seine Sicht war „Ich diskutiere nicht über das Programm – es wurde von der letzten Regierung akzeptiert und wir können unmöglich nach jeder Wahl alles ändern. Denn wir haben andauernd Wahlen, wir sind 19.“An diesem Punkt musste ich aufstehen und sagen: „Nun, vielleicht sollten wir in verschuldeten Ländern einfach keine Wahlen mehr abhalten“, und es gab keine Antwort. Die einzige Interpretation [ihres Verhaltens], die mir einfällt, ist: „Ja, das wäre ein gute Idee, aber leider schwer umzusetzen.“

Die evidente Führungsrolle Deutschlands in der Eurogruppe, die subalterne Rolle des französischen Finanzministers und andere Punkte werden ebenso plastisch beschrieben. Absolut zentral sind die Passagen, in den Varoufakis Auskunft über die prekären Vorbereitungen einer kleinen Gruppe im Ministerium für einen Grexit beschreibt, deren Vorschläge aber an Alexis Tsipras und an der Kabinettsmehrheit scheiterten. Vorschläge, die um drei zentrale Themen kreisten für den dann eingetreten Fall, dass die EZB die griechischen Banken schliesst: eigene, in Euro dominierte Schuldscheine; Schuldenschnitt bei den griechischen Bonds von 2012 im Besitz der EZB; Kontrolle der griechischen Zentralbank. Das „Oxi“ des Referendums sollte diesen Massnahmen Schubkraft verliehen, aber noch in der Nacht nach dem Referendum beschloss die Regierung im Verbund mit den Führungspersonen der anderen politischen Kräfte, auf keinen Fall Schritte zu unternehmen, welche die Massnahmen der Eurogruppe ablehnten.
Am 1. Juli 2015 beim Finanzministerium. Quelle: businessinsider.com
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Gestern veröffentlichte Varoufakis auf seiner Blogseite das von ihm kommentierte „Abkommen“ mit der Eurogruppe: The Euro-Summit ‘Agreement’ on Greece – annotated by Yanis Varoufakis. Dass das Protektoratsdiktat von seiner angeblichen ökonomischen Zielsetzung her Schwachsinn ist, hat sich ja herumgesprochen. Varoufakis‘ Anmerkungen helfen, das Fleisch am Knochen zu sehen, den Tsipras im EU-Auftrag gestern im Parlament durchgebracht hat: den entfesselten Sozialangriff, die radikale Zerstörung einer Wirtschaft, die sich in irgendeiner Form noch an Interessen der griechischen Bevölkerung orientieren könnte. Der Zynismus der herrschaftlichen Sprache wird unerträglich klar.
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Ähnliches übrigens vermittelt im Prinzip folgender Artikel der „Welt“ von gestern: Die Griechen ahnen gar nicht, was auf sie zukommt. Lesenswert.
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Europas Zahlmeister muss auch Zuchtmeister sein. Ein geisteskranker Artikel aus der „Welt“ von gestern, der aber treffend wiedergibt, dass „in Europa wieder Deutsch gesprochen“ wird (Kauder, Chef der CDU-Bundestagsfraktion). Kostprobe:

Ob es einem gefällt oder nicht, auf absehbare Zeit wird Europa so bleiben, wie es ist. Hauptaufgabe wird sein, diesen zunehmend demolierten Laden mit seinen 28 Möchtegernchefs beisammenzuhalten. Nur einer von ihnen hat derzeit die Kraft dazu. Der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler nennt ihn etwas großspurig die "Macht in der Mitte" Europas. Macht setzt den Willen dazu voraus. Auch braucht sie mehr als Wirtschaftskraft, doch Moderator und Lotse in der ersten Reihe wird Berlin künftig sein und sich an Genörgel und Gemecker gewöhnen müssen. Die europäischen Nachbarn müssen diese Rolle nicht fürchten.

Regierung und Guerilla in Kolumbien einigen sich auf Deeskalation

Dienstag, 14. Juli 2015

https://amerika21.de/2015/07/125012/waffenstillstand-kolumbien
13.07.2015 

Delegierte der Farc und der Regierung in Havanna
Delegierte der Farc und der Regierung in Havanna
Quelle: boliviatv.bo
Havanna. Die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos und die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) haben in Havanna Maßnahmen zur Deeskalation des Krieges und zur Beschleunigung des Friedensprozesses vereinbart. Ein "Fahrplan für eine mögliche bilaterale Waffenruhe" solle erarbeitet werden. Dies geht aus einer gemeinsamen Mitteilung vom Sonntag hervor.
Die Farc hatten bereits am vergangenen Mittwoch eine einseitige Feuerpause ab dem 20. Juli angekündigt. Nun hat sich die Regierung verpflichtet, ihre seit Jahresbeginn laufenden massiven Militäraktionen gegen die Rebellen ab diesem Zeitpunkt zurückzuzufahren.
Mit der Vereinbarung sollen nach Angaben der Friedensdelegationen drei Ziele erreicht werden: Das Vertrauen der Bevölkerung in den Friedensprozess sowie das gegenseitige Vertrauen der Konfliktparteien solle gestärkt werden; das Zustandekommen von Vereinbarungen über alle noch offenen Themen bei den Verhandlungen solle erleichtert und die Bedingungen für eine Waffenruhe geschaffen werden.
Im Einzelnen würden nun "ohne Verzögerungen" die Konditionen für den endgültigen bilateralen Waffenstillstand, das Ende der Feindseligkeiten und die Abgabe der Waffen vereinbart werden. Zunächst sollen je ein Vertreter des UN-Generalsekretariats und der Unasur-Präsidentschaft, die derzeit Uruguay innehat, die Diskussion über ein System der Überwachung und Prüfung begleiten. Später könnten weitere Organisationen oder Länder einbezogen werden.
Die Guerilla verpflichte sich, auf "offensive Aktionen" zu verzichten. Zugleich werde die Regierung weiterhin "das Gesetz im gesamten nationalen Territorium" sowie "die freie Ausübung der Grundrechte der Kolumbianer und Kolumbianerinnen garantieren", heißt es weiter in dem gemeinsamen Kommuniqué. In vier Monaten werde jede Delegation die Einhaltung der vereinbarten Maßnahmen sowie die erzielten Gesprächsergebnisse auswerten.
Die Regierung Santos und die Farc verhandeln seit November 2012 über eine Beendigung des sozialen bewaffneten Konfliktes in Kolumbien, der über 50 Jahre andauert. Der Friedensprozess waren seit Monaten in einer schwere Krise. Militärische Offensiven der Regierung und die darauf folgende Beendigung des einseitigen Waffenstillstands durch die Guerilla hatten zu einer erneuten Verschärfung des Krieges geführt.

Nachrichten aus dem deutschen Grossraum

Montag, 13. Juli 2015



In dem, was ein hoher EU-Offizieller als ‚Übung in extensivem mentalem Waterboarding‘ beschrieb … drängten die beiden Leaders [Merkel und Hollande] auf absolute Sicherheit seitens Tsipras, dass er das, was ein Angebot war, honorieren würde.
Die Bedingungen sind viel strenger als die von den Kreditoren in den letzten fünf Jahren durchgesetzten. Dies, so der hohe Offizielle, war die Quittung für das empathische „Nein“ in dem von Tsipras vor einer Woche aufgesetzten Schnappschuss-Referendum. ‚Er war gewarnt worden, dass ein „Ja“ bessere Bedingungen ermöglichen würde und ein „Nein“ viel härter würde. ‘


Über die letzte Runde der Euro-Staatschefs vor dem „Deal“:

‚Sie haben Tsipras da drin gekreuzigt‘, bemerkte ein hoher EU-Offizieller, der am Gipfel teilnahm.


The Guardian, Varoufakis: It's a new Versailles Treaty, 3.57 pm :
Das Blatt zitiert den ehemaligen Finanzminister Yanis Varoufakis:

Die Troika hat sicher gestellt, dass er [Tsipras] jedes Wort, das er in den letzten fünf Jahren kritisch zur Troika geäussert hat, wider hinunterschlucken muss. Nicht nur in den sechs Monaten, die wir an der Regierung waren, sondern in den fünf Jahren zuvor. Das hat nichts mit Ökonomie zu tun. Nichts damit, für Griechenland die Weichen auf Erholung zu stellen. Dies ist ein neuer Vertrag von Versailles, der wieder in Europa umgeht, und der Premier weiss das. Er weiss, dass er verdammt ist, wenn er es tut, und verdammt, wenn er es nicht tut.



Das Abkommen verlangt harte Massnahmen. Doch wir verhinderten den Transfer öffentlichen Eigentums ins Ausland, wir verhinderten das finanzielle Abwürgen und den Kollaps des Finanzsystems – das war bis ins letzte Detail geplant, kürzlich zur Perfektion gebracht und im Prozess seiner Umsetzung befindlich … Was immer die Lasten sein werden, sie werden – wir garantieren das – sozial gerecht verteilt werden. Es wird nicht dazu kommen, dass die, die die Last die letzten Jahre geschultert haben, erneut die Rechnung begleichen müssen. Dieses Mal werden diejenigen zahlen, die es vermieden haben, zu zahlen – viele von ihnen durch die früheren Regierungen geschützt. Auch sie werden die Last schultern.





#ThisIsACoup / Wieder so beliebt wie 1942


https://twitter.com/hashtag/thisisacoup

Der zur Zeit führende Hashtag. Aus der Homepage der Süddeutschen Zeitung:

Dass sich unter dem Schlagwort #ThisIsACoup nicht nur ein digitaler Mob manifestiert, deutet die Einlassung eines US-Ökonoms an. In seinem Blog in der New York Times schreibt Paul Krugman, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften: "Der Forderungskatalog der Euro-Gruppe ist Wahnsinn. Der populäre Hashtag #ThisIsACoup ist genau richtig."

Und noch dieses:
1 Std.Vor 1 Stunde
Man bedankt sich bei -, dass wir wieder so beliebt wie 1942 werden.

2 Std.Vor 2 Stunden
Der titelt heute allen Ernstes so. Welche Drogen nehmen die?
 Eingebetteter Bild-Link

Griechenland/EU: Ein Post von Varoufakis

Sonntag, 12. Juli 2015



(zas, 12.7.15) Es braucht viel schlechten Willen, um nicht zu erkennen, dass die Troika nicht nur die griechische Regierung, sondern auch „die Griechen“ für das Referendum fertig machen will. Selbst die bittere Pille, die das letzte „Angebot“ aus  Athen darstellt, ist dem deutschen Oberkommando nicht genug. Denn die Idee, dass es auch anders gehe als mit neoliberalem Terrordiktat, soll den Menschen aus Kopf und Seele geprügelt werden. Dies machte etwa der ehemalige belgische Premier Verhofstadt, heute Chef der liberalen Fraktion im Europaparlament, nach der Rede von Alexis Tsipras dort vor ein paar Tagen deutlich. Er schnauzte den griechischen Präsidenten an wie der Gutsherr den faulen Gärtner (und erhielt dafür das mediale Lob eines „konstruktiven“ Beitrags!). Die „Eliten“ sind auf Kriegsfuss.  Syriza muss sich am besten „freiwillig“ zu einem regime change in Griechenland bereit erklären (um „das Vertrauen wiederherstellen“), danach kommt Technisches wie ein Schuldenschnitt.
CDU-Fraktionschef Kauder hatte 2011 Recht, als er sagte: „Jetzt wird in Europa wieder Deutsch gesprochen.“  Bisher sind potenziell divergierende Kräfte auf Regierungsebene in der EU, vertreten durch Figuren wie wie Renzi oder Hollande, jeweils eingeknickt und haben so ihre untergeordnete Rolle im „neuen Europa“ zementiert.
Ob die Rechnung des in Deutschland zentrierten Oberkommandos für die nahe Zukunft aufgehen wird – Syriza kriecht zu Kreuz, in Griechenland kommt psychische Verelendung statt Hoffnung – ist wohl offen (seien wir vorsichtig beim medialen Siegesgeheul - es hält mit Unterbrüchen seit Februar an).  Was Syriza, was die Bewegung in Griechenland machen können, was nicht (und was falsch lief, was nicht), ist keine Frage abstrakten Wissens, sondern sollte Gegenstand sachlich fundierter Debatten sein – über Gemeinplätze hinaus.
Dass in Europa wieder Deutsch gesprochen wird, heisst natürlich auch, dass zu Griechenland für die Interessen von Frankfurt stringent gelogen werden muss, bis zum bitteren Ende. Ein Antidot dazu, was den üblichen Schuldendiskurs betrifft, ist der gestrige Beitrag von Yanis Varoufakis auf seinem Blog: Behind Germany’s refusal to grant Greece debt relief – Op-Ed in The Guardian. Er enthält ein paar erhellende Sätze zum „Schuldenspiel“ und hält fest, dass es beim deutschen Grexit-Willen nicht mehr um Griechenland gehe, sondern darum, Frankreich zu disziplinieren. Übersetzt: die gesamten europäischen Unterklassen.

Abgeordnete fordern Freilassung von deutschem Linken in Venezuela

https://amerika21.de/2015/07/124799/brief-abgeordnete-heidbreder

Abgeordnete fordern Freilassung von deutschem Linken in Venezuela

Seite des Unterstützungskomitees für Heidbreder
Seite des Unterstützungskomitees für Heidbreder
Quelle: dageblieben.net
Berlin. Im Fall des in Venezuela inhaftierten Deutschen Bernhard Heidbreder haben sich Abgeordnete des Bundestages erneut an die Regierung des südamerikanischen Landes gewandt, um eine zügige Entscheidung zu fordern. Heidbreder wurde vor einem Jahr in der venezolanischen Stadt Mérida verhaftet. Die deutschen Behörden haben seine Auslieferung beantragt, eine Entscheidung der venezolanischen Behörden steht aus.
Zielfahnder des Bundeskriminalamts (BKA) hatten den heute 54-Jährigen in Venezuela aufgespürt. Der Zugriff erfolgte durch örtliche Spezialkräfte am 11. Juli 2014. Heidbreder wurde seit 1995 mit Haftbefehl gesucht, hieß es damals im Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt ihn, gemeinsam mit zwei noch immer untergetauchten Personen der Gruppierung "Das K.O.M.I.T.E.E." angehört zu haben. Diese soll in den Neunzigerjahren einen Anschlag auf ein Bundeswehrgebäude im brandenburgischen Bad Freienwalde verübt haben. Zudem wird ihr die geplante Sprengung eines leerstehenden Abschiebegefängnisses in Berlin-Grünau vorgeworfen. Nach Informationen von amerika21 sind die Vorwürfe durch die Ermittlungsakten jedoch kaum gedeckt.
In dem offenen Brief der Abgeordneten heißt es: "Wir sind damit nicht einverstanden und setzen uns dafür ein, dass Bernhard Heidbreder nicht nach Deutschland ausgeliefert wird." Die Unterzeichnenden appellierten deshalb an die venezolanischen Behörden und die Regierung, sich "im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und im Einklang mit dem venezolanischen Rechtssystem" dafür zu engagieren, dass Bernhard Heidbreder in Venezuela bleiben kann. Als Begründung wird unter anderem angeführt, dass der Vorwurf des Terrorismus "maßlos übertrieben" sei.
Seit seiner Festnahme erwartet Heidbreder die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes TSJ. "Diese Entscheidung hätte bereits bis Ende Februar erfolgen müssen gemäß venezolanischem Recht", heißt es in der Erklärung eines Solidaritätskomitees. Da sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung die Aufhebung des Auslieferungsverfahrens beantragt haben, sei die Entscheidung im Grunde nicht besonders schwierig. "In den fünf Monaten, die seitdem vergangen sind, hat der TSJ aber in fast 100 anderen Fällen Entscheidungen zu Auslieferungsverfahren getroffen, nur nicht in Sachen Bernhard Heidbreder", schreiben die Unterstützer: "Bei uns wachsen daher so langsam die Zweifel, ob es sich hier nur um Schlamperei handelt."
Acht Bundestagsabgeordnete und der Alterspräsident der Partei "Die Linke", Hans Modrow, sowie zwei linke Abgeordnete des Europa-Parlaments haben nun in einem Brief an die venezolanische Regierung erneut auf die "unerklärliche Verschleppung des Verfahrens" hingewiesen.

Honduras: Hillary, die Putschfreundin, und Tom, der Modernisierer

Mittwoch, 8. Juli 2015



(zas, 8.7.15) „The Intercept“, die Homepage des Snowden-Mitarbeiters Glenn Greenwald, veröffentlichte letzten Montag Angaben zur Unterstützung des Putschs von Juni 2009 in Honduras durch die damalige US-Aussenministerin Hillary Clinton und andere Spitzenbeamte des State Departments. Gestützt auf Inhalte aus den jetzt veröffentlichten „privaten“ Mails Clintons bestätigt sich eine Lageeinschätzung, die sich schon 2009 heraus kristallisiert hat. Clinton veranlasste im Oktober 2009 die Indienstnahme von Lanny Davis zwecks Eröffnung eines Kommunikationskanals mit Putschpräsident Micheletti. Davis, ein alter Vertrauter ihres Ehemanns, lobbyierte damals für CEAL, das Honduras-Kapitel des Business Council of Latin America, zugunsten der Putschisten in Honduras. Wenig später verblüffte das State Department die Öffentlichkeit mit einem angeblichen Plan für die Rückkehr des gestürzten Linkspräsidenten Mel Zelaya in einem Konsensverfahren mit den putschistischen Kräften, eine Referenz an die erbitterte Opposition des südamerikanischen Staatenbundes Unasur gegen den Putsch. 
Tom Shannon. Qulle: State Department.
Die Überraschung hielt nicht lange an. Es war Plan-Architekt Thomas Shannon, damals im State Department für die westliche Hemisphäre zuständig, der kurz darauf die Abhaltung von Wahlen ohne Zelaya begrüsste. (Der Trick: Das von den Putschisten dominierte Parlament hätte die Sache absegnen sollen, eine angebliche „Formalität“, die es verweigerte.) Shannon, heute Berater von Aussenminister John Kerry, mailte nach den Putschwahlen von Ende November 2009: „Die Wahlbeteiligung (vermutlich ein Rekordhoch) und die klare Ablehnung der Liberalen Partei zeigen, dass wir richtig handelten.“ Zelaya bezeichnete er als „gescheitert“. Die „Wahlen“ unter der Drohung der Bajonette verzeichneten in Wirklichkeit eine rekordtiefe Beteiligung und waren offensichtlich zugunsten der Nationalen Partei gefälscht (da Zelaya damals in der Liberalen Partei noch über einen gewissen Rückhalt verfügte). „Die Shannon-Emails zeigen, was wir schon lange wussten: Die USA wollten, dass die Wahlen die vom Putsch vorangetriebenen Änderungen solide machen“, wie Dan Beeton vom Center for International Policy (CEPR) dem „Intercept“ sagte. Die Site erwähnt auch, dass Mark Weisbrot vom CEPR die Aussagen in Hillary Clintons Buch „Hard Choices“ (2014) als „kühn“ bezeichnete. Clinton schrieb dort, dass sie mit Leaders der westlichen Hemisphäre über „einen Plan für die Wiederherstellung der Ordnung in Honduras“ gesprochen hatte, der „sicherstellen sollte, dass rasch und legitim freie und faire Wahlen abgehalten werden konnten, und der die Frage einer Rückkehr Zelayas akademisch machen würde“
Hillary Clinton. Quelle: The Intercept.

Die Davis-Connection war bekannt (s. Washington und Honduras-Putsch: Die Fakten). Auch die Rolle Shannons. Bemerkenswert ist, dass dieser Putschfreund diese Tage gerade eine Zentralamerika-Reise in El Salvador begonnen hat, wo er sich für die Installation von international kontrollierten Staatsanwaltschaften gegen die Straflosigkeit wie die CICIG in Guatemala ausgesprochen hat. Er suggeriert also das, was sich die Protestbewegungen in Guatemala und Honduras aktuell zueigen machen. Die Gefahr ist natürlich, dass so ein US-Management für den Ersatz ausgedienter Potentaten ermöglicht wird, das sich aber im Kern gegen die Möglichkeit einer realen Emanzipation richtet, oder einfach gegen ungenehme Regierungen wie die salvadorianische. Die tragische Vernutzung der Aufbruchsbewegungen des „arabischen Frühlings“ für eine „Modernisierung“ der alten Machtverhältnisse gibt zu denken.