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25.11.2016 Kolumbien / Politik / Soziale Bewegungen
Welle der Gewalt und neues Friedensabkommen in Kolumbien
Morde an Aktivisten lassen an Frieden zweifeln. Regierung und Farc unterzeichnen neu verhandelten Vertrag. Soziale Bewegungen fordern Sicherheitsgarantien
Von
Frederic Schnatterer
amerika21
Präsident Juan Manuel Santos und der Oberkommandierendeder Farc-Guerilla, Timoleón Jiménez, nach Unterzeichnung des Abkommens am Donnerstag
Präsident Juan Manuel Santos und der Oberkommandierendeder Farc-Guerilla, Timoleón Jiménez, nach Unterzeichnung des Abkommens am Donnerstag
Quelle: Farc-EP International
Bogotá. Die Unterzeichnung des überarbeiteten Friedensabkommens durch Präsident Juan Manuel Santos und den Oberkommandierenden der Farc-Guerilla, Timoleón Jiménez, am gestrigen Donnerstag wird von einer Welle der Gewalt gegen soziale Aktivisten überschattet. Wie verschiedene Medien berichteten, kam es in der vergangenen Woche in mehreren Departementos des Landes zu sieben Attentaten gegen Bauernvertreter, allein fünf am vergangenen Wochenende. Dabei wurden insgesamt fünf Menschen getötet, einer schwer verletzt, ein Aktivist konnte einem Mordanschlag knapp entgehen. Und nur einen Tag vor dem "feierlichen Akt" in Bogotá wurde ein Mitglied der Landarbeitervereinigung von Valle del Cauca vor seinem Haus von drei Unbekannten erschossen.
Dies ist der Höhepunkt einer ganzen Reihe von Terrorakten gegen linke Aktivistinnen und Aktivisten: Die Basisbewegung Marcha Patriótica (MP) zählte im Verlauf dieses Jahres 70 Morde, 28 Attentate, 341 Aggressionen und 279 Drohungen gegen ihre Mitglieder. Alle diese Taten richteten sich gegen Personen, die für den aktuellen Friedensprozesses gearbeitet hätten, so die nationale Leitung der Organisation. Zugleich forderte sie von der Regierung Santos Sicherheitsgarantien für soziale Bewegungen ein.
Vor allem der Zeitpunkt der gegenwärtigen Mordserie lässt aufmerken. Am Donnerstag wurde das in Teilen nachverhandelte Friedensabkommen zwischen der Regierung und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (Farc) im Kolumbus-Theater der Hauptstadt Bogotá unterzeichnet. Eine Überarbeitung war notwendig geworden, nachdem eine knappe Mehrheit beim Plebiszit Anfang Oktober das ursprüngliche Abkommen abgelehnt hatte. Obwohl die nun vorliegende Version viele der von der Opposition geforderten Änderungen integriert, bleiben deren Wortführer bei ihrem Nein. Präsident Santos will den Kongress kommende Woche über den Text abstimmen lassen, um zügig mit der Umsetzung des Abkommens beginnen zu können.
Iván Cepeda, Senator der Linkspartei Polo Democrático erklärte: "Das ist eine Offensive just zu einem Zeitpunkt, an dem wir kurz davor sind, über die Friedensverträge abzustimmen und sie umzusetzen. Ohne Zweifel handelt es sich um eine Drohung gegenüber unseren Friedensaktivisten." Die Vermutung, dass hinter den Attentaten paramilitärische Gruppen stehen, die gegen den Friedensprozess agierten und diejenigen, die sich für einen Frieden einsetzen, zum Schweigen bringen wollten, dränge sich auf, so der Senator weiter. Seit Inkrafttreten des bilateralen Waffenstillstands zwischen der Regierung und der Farc wurden 30 Mordanschläge gegen soziale Aktivisten verübt. Erschütternd sei dabei zudem, dass die Straflosigkeit bei 100 Prozent liegt.
"Sie bringen uns um" - "Die Tragödie darf sich nicht wiederholen"
Quelle: #NosEstanMatando
Auch die Farc meldeten sich zu den jüngsten Anschlägen zu Wort. In einem an Präsident Santos adressierten offenen Brief warnt das Nationalsekretariat vor einem neuen Genozid an sozialen und Bauernaktivisten. Das ganze Land erinnere sich, dass Santos die Verantwortung des Staates an der Ermordung von tausenden Mitgliedern der Unión Patriótica anerkannt habe. Wenn die Regierung den schmutzigen Krieg beenden wolle, müsse sie jedoch Entscheidungen treffen, die den Paramilitarismus tatsächlich zerschlagen.
Die Unión Patriótica war eine politische Bewegung, die 1985 nach den Friedensvereinbarungen zwischen der Regierung und den Farc gegründet wurde. In der UP sollten auch die ehemaligen Guerilleros am legalen politischen Kampf teilnehmen, dies war durch den kolumbianischen Staat garantiert worden. Der Oberste Gerichtshof in Bogotá anerkannte im Jahr 2012 die Ermordung von circa 5.000 führenden Mitgliedern der Partei UP als Genozid .
Auch international führte die neuerliche Gewalt zu Kritik. Die Vereinten Nationen verurteilten die Attentate und sprachen von einer Gefährdung des Friedens in Kolumbien. Eine hochrangige Delegation der UN-Menschenrechtskommission werde die Vorfälle vor Ort untersuchen. Die Fraktion der Linksparteien im Europaparlament forderte in einer Pressemitteilung von der kolumbianischen Regierung ein effizientes Vorgehen gegen paramilitärische Strukturen sowie eine schnelle Umsetzung des Friedensabkommens.
Präsident Santos setzte derweil für diese Woche ein Krisentreffen mit seinen Ministern an, um die Situation zu beraten und mögliche Maßnahmen zu ergreifen. Die Staatsanwaltschaft eröffnete erste Untersuchungen der Vorfälle.
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