Nicaragua: Terror als Strategie

Freitag, 30. Juni 2023

 

(zas, 30. 6. 23) Es ist vielleicht nützlich, dem gerade erst hier abgedruckten Artikel von Rudi einen Hinweis auf einen Artikel in der NewYork Times vom 9. 1. 1986 anzufügen. Darin beschreibt Edgar Chamorro, ein früheres Leitungsmitglied der FDN, der aus Honduras operierenden Hauptkraft der damaligen Contra, das Wesen der Contra-Strategie:

«Als ich mich 1981 den FDN anschloss, hoffte ich, sie sei von Nicaraguanern kontrolliert und an Zielen orientiert, die wir festlegen würden. Aber die «Contras» waren und sind eine von der US-Regierung kontrollierte Stellvertreterarmee. Würde die US-Hilfe beendet, wären sie nicht nur nicht imstand, irgendwelche militärischen Aktionen gegen die Sandinistas durchzuführen, sondern würden sofort beginnen, sich auzulösen.»

«Während meiner vier Jahre als «Contra»-Direktor, war es kalkulierte Politik, zivile Nicht-KombattantInnen zu terrorisieren, um sie von der Zusammenarbeit mit der Regierung abzuhalten. Im Rahmen dieser Politik kam es zu hunderten von Morden, Verstümmelungen, Folterungen und Vergewaltigungen von ZivilistInnen; dies war den «Contra»-Führern und ihren CIA-Vorgesetzten sehr bewusst. Erst als diese Praxis in US-Medien und von Menschenrechtsgruppen enthüllt wurde, fühlten sich die «Contra»-Führer veranlasst, ein Lippenbekenntnis zu ihrer Beendigung abzugeben. Aber dazu wurde keine ernsthafte Massnahme ergriffen, denn Terror ist die wirksamste Waffe der «Contras». Ein typisches Beispiel: Im August 1985 besetzten die «Contras» kurz die Stadt Cuapa, versammelten die EinwohnerInnen auf dem Hauptplatz, sonderten die als RegierungssympathisantInnen verdächtigen ZivilistInnen ab und erschossen sie kaltblütig.

«Die Sandinistas haben trotz all ihrer Fehler enorme Fortschritte in Erziehung, Wohnung und Gesundheitssystem gemacht, Bereiche von vitaler Bedeutung für die arme Mehrheit in Nicaragua. Aber leider brennen die «Contras» Schulen, Häuser und Gesundheitszentren so schnell nieder, wie sie die Sandinistas aufbauen.»

Der US-Krieg gegen das sandinistische Nicaragua dauerte noch Jahre weiter. Die US-Strategen nannten diese systematische Terrorisierung der Menschen einen «Krieg niederer Intensität». Er brachte ihnen den Sieg in den Präsidentschaftswahlen von 1990 – die Mehrheit konnte das Elend nicht mehr aushalten. Natürlich feierten das die westlichen Medien als «Sieg der Demokratie».

Nicaragua fordert Entschädigung der USA für Contra-Krieg ein

  

Laut Internationalem Gerichtshof muss Nicaragua für alle Verluste durch den Krieg entschädigt werden. US-Regierungen erkennen Urteil nicht an: "Eigene Sicherheitsbelange" stünden dem entgegen
 
 Antreiber des Contra-Krieges: US-Präsident Ronald Reagan auf einem Foto von 1986
Antreiber des Contra-Krieges: US-Präsident Ronald Reagan auf einem Foto von 1986

Washington/Managua. Am 27. Juni vor 37 Jahren hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag die USA wegen ihrer gegen das Völkerrecht verstoßenden Kriegsführung gegen Nicaragua verurteilt. Die Regierung des mittelamerikanischen Landes mahnt nun erneut vor den Vereinten Nationen (UN) die historische Schuld der USA an und forderte die Begleichung der verursachten Schäden.

Der Internationale Gerichtshof (IGH) ist das Hauptrechtsprechungsorgan der UN. Seine Funktionsweise und Zuständigkeit sind in der Charta der Vereinten Nationen geregelt

Am vergangenen Dienstag überreichte Nicaraguas Außenminister Denis Moncada einen Brief an UN-Generalsekretär António Guterres, in dem sich das Land über die Nichtbeachtung der Verurteilung der USA durch den Internationalen Gerichtshof für ihre Kriegsführung in den 1980er Jahren gegen das mittelamerikanische Land beschwert. In dem Schreiben wird daran erinnert, dass "es eine historische Schuld gegenüber dem nicaraguanischen Volk gibt, die 37 Jahre später von den USA noch nicht beglichen wurde".  Es soll an alle UN-Mitgliedsländer weitergeleitet werden.

In dem Dokument heißt es, es gehe um die Begleichung der direkten menschlichen und materiellen Schäden, der notwendigen Verteidigungskosten des Landes und durch die Wirtschaftsblockade verursachte Verluste.

Für das Sozialversicherungssystem Nicaraguas entstehen laut dem Schreiben viele weitere Kosten infolge des "Contra-Krieges": Immer noch würden Renten an Kriegsverletzte und ihre Familien gezahlt, auch an die konterrevolutionären Kräfte, die von den USA finanziert worden waren. Die US-Regierungen hätten nie die sozialen Kosten ihrer illegalen Handlungen übernommen. Schon im März 1988 waren die Schäden auf zwölf Milliarden US-Dollar geschätzt worden.

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega erinnerte daran, dass das Land kurz nach dem Sieg der Revolution gegen eine offene und direkte Aggression des US-Imperiums kämpfen musste: "Es war kein einzelner Angriff, es war ein Krieg, der fast zehn Jahre andauerte und der Tausende Tote, Tausende Krüppel, Tausende Waisen hinterließ, die Wirtschaft unseres Landes ausblutete, den Bau von Straßen, Wasserkraftwerken, Schulen stoppte. Alles, was in der zentralen Zone unseres Landes gebaut werden sollte, wurde zum Ziel der Yankee-Aggression".

Nicaraguas Klage gegen die USA vor dem Internationalen Gerichtshofs (IGH) ging auf die Idee von Pater Miguel d'Escoto zurück. Er war von 1979 bis 1990 im Kabinett von Ortega Außenminister. Die 1984 erhobene Klage erfolgte wegen der Organisation, Ausbildung und Unterstützung der Contra-Kräfte, die Nicaragua fast ein Jahrzehnt lang terrorisierten und dabei den Tod von 30.000 Menschen verursachten. Zusätzlich verminten die USA auch Häfen, zerstörten Erdölanlagen und verhängten eine Wirtschaftsblockade gegen das Land.

Nicaragua erreichte 1986 das Urteil: Die USA wurden für ihre schweren Verbrechen gegen das Land und seine Bevölkerung verurteilt. Der IGH wies die USA an, ihren Krieg einzustellen und Nicaragua für alle Verluste zu entschädigen, die der Krieg verursacht hatte.

Laut dem US-amerikanischen Anwalt und Professor für internationales Recht, Daniel Kovalik, bedeutete die Entscheidung nicht nur einen Sieg für Nicaragua, sondern hätte auch einen Sieg für das Völkerrecht und die UN-Charta sein können. Denn mit der Gründung des IGH sei das Verständnis verankert worden, dass alle Nationen ungeachtet ihrer Größe, ihres Reichtums oder ihrer militärischen Stärke souverän und gleichberechtigt sind.

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Nicaraguas Außenminister Moncada übergab Guterres am Montag das Schreiben
Nicaraguas Außenminister Moncada übergab Guterres am Montag das Schreiben

Die Reaktion der USA auf die Entscheidung des IGH hat sich laut Kovalik aber als große und historische Niederlage für das Völkerrecht erwiesen. Die damalige US-Regierung unter Ronald Reagan hat sich geweigert, die Zuständigkeit und Autorität des IGH anzuerkennen ‒ und das, obwohl die USA an der Ausarbeitung der UN-Charta mitgewirkt hatten, durch die dieser Gerichtshof geschaffen wurde. Zur Begründung hieß es seitens der US-Regierung, dass "eigene Sicherheitsbelange einer Anerkennung des Urteils entgegenstehen".

In Nicaragua hatte die Sandinistische Partei (FSLN) noch 1990 kurz vor ihrer Machtübergabe an die von den USA geförderte Regierung von Violeta Chamorro versucht, das Urteil des IGH für das Land zu konservieren. So entstand das "Gesetz zum Schutz der Rechte Nicaraguas vor dem Internationalen Gerichtshof", das am 5. April 1990 von der Nationalversammlung verabschiedet wurde und als Gesetz 92 bekannt ist.

Das Gesetz besagt: "Die Entschädigung, die die USA Nicaragua schulden, stellt das unveräußerliche Erbe aller Nicaraguaner dar, das dazu verwendet werden muss, die durch den Krieg verursachten Schäden zu beheben, die Opfer und ihre Familien zu entschädigen". Die Hoffnung darauf hielt nur 14 Monate an: Am 5. Juni 1991 wurde das Gesetz 92 von den Abgeordneten aufgehoben, die die neu gewählte Chamorro-Regierung unterstützten.

Im aktuellen Schreiben an UN-Generalsekretär Guterres betont Nicaraguas Regierung deshalb auch, dass die Nicaragua geschuldete Entschädigung immer noch nicht beglichen ist. Zwar habe das Land das Verfahren vor dem Gerichtshof zur Festsetzung des geschuldeten Betrags eingestellt, aber zu keinem Zeitpunkt auf die Zahlung der Schuld oder auf das Recht auf Entschädigung verzichtet.

Weiter heißt es, Nicaragua nutze diese Gelegenheit, um daran zu erinnern, dass die Urteile des IGH rechtskräftig sind und "unausweichlich" befolgt werden müssen. Die USA seien daher rechtlich verpflichtet, den im Urteil vom 27. Juni 1986 angeordneten Reparationen nachzukommen.

Erfolglos: Erste Lateinamerika-Reise von Außenministerin Baerbock

Samstag, 17. Juni 2023

 https://amerika21.de/analyse/264468/erfolglos-lateinamerikareise-baerbock

 

Fortschritte im Einflussstreben bleiben aus. Brasilien erteilt ihr eine offene diplomatische Abfuhr
Brasiliens Vizepräsident Geraldo Alckmin beim Treffen mit Baerbock
Brasiliens Vizepräsident Geraldo Alckmin beim Treffen mit Baerbock

Mit einer kräftigen Abfuhr in Brasilien und ohne erkennbaren Erfolg in Kolumbien und Panama ist vergangene Woche die erste Lateinamerikareise von Außenministerin Annalena Baerbock zu Ende gegangen.

Offiziell standen bei Baerbocks Reise die Klima- und die Energiepolitik im Mittelpunkt der Gespräche: Brasilien soll zum Schutz seiner Wälder im Amazonasgebiet veranlasst werden; Kolumbien wird in Deutschland als künftiger Lieferant von grünem Wasserstoff eingeplant, während Panama mit seinem Kanal als Drehscheibe für Wasserstoffexporte aus Südamerika vorgesehen ist.

Konkrete Ergebnisse der Reise der Außenministerin wurden nicht bekannt.

Unklar ist auch, was Baerbock mit ihrem Bestreben erreichen konnte, im Machtkampf der USA gegen Chinas wachsenden Einfluss in Panama, der seit geraumer Zeit tobt, die Stellung des Westens zu stärken. Ihr Versuch, Brasiliens Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und seine Regierung unter Druck zu setzen, sich im Ukraine-Krieg gegen Russland zu positionieren, ist krachend gescheitert: Lula und sein Außenminister gewährten Baerbock weder ein Treffen noch eine gemeinsame Pressekonferenz mit einem anderen Regierungsmitglied.

Grüner Wasserstoff

Offiziell standen bei der sechstägigen Lateinamerika-Reise von Außenministerin Annalena Baerbock in der vergangenen Woche die Klima- und die Energiepolitik im Zentrum der Gespräche.

Ging es während ihres dreitägigen Aufenthalts in Brasilien insbesondere darum, die Abholzung der Wälder im riesigen brasilianischen Teil des Amazonasgebiets zu beenden, so verhandelte Baerbock in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá über einen künftigen Bezug von grünem Wasserstoff aus Kolumbien. Das Land verfüge über "ein enormes Potenzial, ein Schwergewicht bei den Erneuerbaren und bei grünem Wasserstoff zu werden", erklärte Baerbock.1

Ähnlich hatte sich bereits Wirtschaftsminister Robert Habeck Mitte März bei einem Besuch in Bogotá geäußert. Habeck hatte versichert, in Deutschland gebe es Unternehmen, die "in Zukunft einen klimaneutralen Energieträger kaufen möchten".2

Weil grüner Wasserstoff aus Südamerika per Schiff in die Bundesrepublik transportiert werden muss, kommt in den Berliner Plänen Panama eine erhebliche Bedeutung zu. Das Land wird vom Panama-Kanal gekreuzt, der zentralen Seeverbindung von der lateinamerikanischen Westküste nach Europa. Panama könne zur "Drehscheibe" für grünen Wasserstoff werden, lockte Baerbock in der Hauptstadt Ciudad de Panamá.3

Klimawandel statt Klimawende

Unerwähnt gelassen hatte die Außenministerin zuvor in Bogotá, dass die Bundesrepublik in Kolumbien derzeit nicht die Klimawende, sondern den Klimawandel vorantreibt.

Ursache ist, dass Deutschland seit dem im vergangenen Jahr beschlossenen Ausstieg aus dem Erwerb russischer Kohle seine Einfuhr von Kohle aus Kolumbien massiv gesteigert hat. Bereits 2022 verdreifachte es den Import kolumbianischer Steinkohle von unter zwei auf gut 5,8 Millionen Tonnen. Als Abnehmer werden konkret EnBW, RWE, STEAG und Uniper genannt.4

Der Lieferantenwechsel hat erhebliche Bedeutung, weil die kolumbianische Steinkohle oft unter desaströsen Umständen abgebaut wird. Berüchtigt ist etwa die Mine El Cerrejón, eine der größten Steinkohleminen der Welt, die vom Schweizer Konzern Glencore betrieben wird und schon seit vielen Jahren wegen desolater Arbeitsbedingungen und einer für die Bevölkerung schwer gesundheitsschädlichen Verschmutzung der Umwelt Schlagzeilen macht.5

Vor Ort regt sich bereits seit langer Zeit massiver Protest. Die Aufforderung der indigenen Umweltaktivistin Jakeline Romero von der Frauenorganisation Fuerza de Mujeres Wayúu, sich vor Ort über die Folgen der deutschen Steinkohleimporte aus El Cerrejón zu informieren, ignorierte Baerbock kühl.6

Westen gegen China

Jenseits der Klima- und Energiepolitik stand Baerbocks Lateinamerika-Reise vor allem im Zeichen des eskalierenden Machtkampfs zwischen den westlichen Staaten auf der einen und Russland bzw. China auf der anderen Seite.

In Panama etwa, Baerbocks dritter Reisestation, findet seit Jahren ein erbittertes Ringen um Einfluss zwischen den USA und China statt.

Die Volksrepublik konnte ihre Position zunächst rasch ausbauen, nachdem Panama im Jahr 2017 seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan gekappt und entgegen massivem Druck aus Washington offizielle Beziehungen zu Beijing aufgenommen hatte. Sie startete umgehend mehrere große Infrastrukturprojekte, darunter ein Hafenterminal sowie eine Hochgeschwindigkeitsstrecke aus der Hauptstadt Ciudad de Panamá nach Costa Rica.

Die meisten Projekte wurden, wie Insider berichten, nach dem Amtsantritt des derzeitigen Präsidenten Laurentino Cortizo am 1. Juli 2019 unter massivem Druck aus den USA abgesagt.7

Ob es dabei bleibt, ist allerdings nicht gewiss: Selbst Cortizo, klar auf die USA orientiert, weist darauf hin, dass den Versprechungen der Biden-Administration, mit einem eigenen großdimensionierten Infrastrukturprogram ("Build Back Better World") China in Panama zu ersetzen, keine Taten gefolgt sind.8

Baerbock habe in Panama gleichfalls Beijings Einfluss kritisiert, heißt es in Berlin.

Westen gegen Russland

In Brasilien wiederum bemüht sich Berlin mit aller Macht, Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und seine Regierung zu einem Kurswechsel gegenüber Russland zu nötigen. Lula hat mehrfach öffentlich klargestellt, dass er nicht bereit ist, sich im Ukraine-Krieg auf eine Seite zu schlagen, und dass er sich stattdessen für rasche Verhandlungen zwischen den zwei Kriegsparteien stark macht. 9

Im Bemühen, Lula auf ihre Seite zu ziehen und Brasilien enger an sich zu binden, hat die Bundesregierung seit Lulas Amtsantritt am 1. Januar 2023 so viele Regierungspolitiker nach Brasília entsandt wie in kaum eine andere Hauptstadt weltweit.

Anfang Januar hielt sich Umweltministerin Steffi Lemke, den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier begleitend, in Brasilien auf. Steinmeier hatte großen Wert darauf gelegt, in Brasília persönlich an Lulas Amtseinführung teilzunehmen.10

Kanzler Olaf Scholz versuchte in Brasília, den Präsidenten zu veranlassen, Kiew den Flugabwehrpanzer Gepard bzw. Munition für ihn aus brasilianischen Beständen zu liefern. Lula wies dies öffentlich zurück.11

Darüber hinaus bereisten die Minister für Wirtschaft, Robert Habeck, sowie für Umwelt, Cem Özdemir, Brasilien, bevor Anfang vergangener Woche Baerbock und Arbeitsminister Hubertus Heil dort eintrafen.

Kein Treffen, keine Pressekonferenz

Baerbock hat sich nun in Brasília eine offene Abfuhr geholt. Die Außenministerin hatte zuletzt für Aufsehen gesorgt, als sie ihren chinesischen Amtskollegen Qin Gang, der sie in Beijing empfing, auf einer Pressekonferenz vor den Augen der Weltöffentlichkeit unter anderem in Sachen Menschenrechte belehren zu müssen meinte – in einer Form, die Qin zu der Entgegnung trieb: "Was China am wenigsten braucht, ist eine Lehrmeisterin aus dem Westen."12

Die brasilianische Regierung gewährte Baerbock während ihres dreitägigen Aufenthalts keine einzige gemeinsame Pressekonferenz. Die deutsche Ministerin sah sich genötigt, ihre öffentliche Kritik an Brasiliens Position im Ukraine-Krieg alleine, vor dem brasilianischen Außenministerium stehend, vorzunehmen.13

Dort traf sie nicht ihren Amtskollegen Mauro Vieira, sondern nur dessen Stellvertreterin Maria Laura da Rocha; Vieira hatte es, obwohl Baerbocks Besuch langfristig anberaumt war, vorgezogen, in Afrika Gespräche zu führen und dort am Montag etwa bei Äthiopiens Ministerpräsidenten Abiy Ahmed vorzusprechen.14

Lula nahm sich für ein Treffen mit Baerbock gleichfalls keine Zeit. Er setzt zur Zeit auf eine enge Kooperation im Rahmen der Brics15 und sucht Brasiliens Zusammenarbeit mit Afrika zu intensivieren16. Die Bundesrepublik ist möglicherweise dabei, ihren einst starken Einfluss in Brasilien zu verlieren.

Die einzige Rede Baerbocks in Brasilien können Sie hier nachlesen. Gehalten bei der Veranstaltung "Democracy and Digitization: Challenges of the Digital Era" der Fundação Getulio Vargas, einer privaten Denkfabrik und Wirtschaftshochschule. Das Event wurde von EU und deutschem Auswärtigen Amt gesponsert.

  • 1. "Enormes Potenzial": Baerbock will Kolumbien für Energiekooperation gewinnen. rnd.de 09.06.2023.
  • 2. Habeck sagt Kolumbien Unterstützung bei Kohle-Ausstieg zu. dw.com 15.03.2023.
  • 3. Baerbock: Mit stärkerer Zusammenarbeit mit Panama Welthandel sichern. handelsblatt.com 09.06.2023.
  • 4. Tobias Lambert: Für Menschen und Umwelt zu spät. oxiblog.de 16.05.2023.
  • 5. S. dazu german-foreign-policy.com Nach uns die Sintflut (III).
  • 6. Indigene Aktivistin fordert Baerbock zum Kohleminen-Besuch auf. deutschlandfunk.de 07.06.2023.
  • 7. Nahal Toosi: ‘Frustrated and powerless‘: In fight with China for global influence, diplomacy is America’s biggest weakness. politico.com 23.10.2022.
  • 8. Nahal Toosi: ‘Frustrated and powerless‘: In fight with China for global influence, diplomacy is America’s biggest weakness. politico.com 23.10.2022.
  • 9. S. Dazu german-foreign-policy.com "Die globale Geopolitik ausbalancieren".
  • 10. S. Dazu amerika21 Auf bröckelndem Boden.
  • 11. S. Dazu amerika21 Brasilien: "Auf der Seite der Diplomatie".
  • 12. Baerbock mahnt Verantwortung Chinas im Ukrainekrieg an. Frankfurter Allgemeine Zeitung 15.04.2023. S. dazu german-foreign-policy.com Baerbocks Lektionen.
  • 13. Tjerk Brühwiller, Matthias Wyssuwa: Der komplizierte Freund hat anderes zu tun. Frankfurter Allgemeine Zeitung 07.06.2023.
  • 14. Priorizando relações entre Brasil e África, Mauro Vieira visita Etiópia. operamundi.uol.com.br 05.06.2023.
  • 15. Brics ministers call for rebalancing of global order away from West. bbc.co.uk 02.06.2023.
  • 16. Lula quer ir a oito países africanos para reverter 'apagão' do Brasil com a região. oglobo.globo.com 11.06.2023.

Das Schweigen der Mittäter

Dienstag, 13. Juni 2023

(zas, 13. 2. 23) Putin sagt: «Wir wollen die Ukraine fertigmachen, dann gehört all ihr Getreide uns.» Aber warum gibt das keine Schlagzeilen? Ach so, es war nicht Putin, sondern der ehemalige US-Präsident Trump, der sowas vor zwei Tagen sagte. Und es ging ja auch nicht um die Ukraine, sondern um Venezuela. Trump, der in den USA für die faschistische Vorherrschaft der Gesellschaft kämpft, meinte vorgestern in North Carolina: «Als ich ging, war Venezuela am Punkt zu kollabieren. Wir hätten Venezuela genommen und all das Öl wäre unser geworden.»


Verdammt unwichtig! In Venezuela ging’s um die Menschenrechte, die Freiheit, die Demokratie – deshalb mussten die USA (und der freie Westen im Anhang) einen eigenen Präsidenten des Landes ernennen und seine Wirtschaft mit Sanktionen kurz und klein schlagen. Folgen wie um sich greifende Armut oder die Massenflucht per Migration werden seither vom für die Freiheit entbrannten Medienmainstream eisern als Beleg für die Unmenschlichkeit des Chavismus behandelt. Eine andere Folge – das Massensterben als Resultat des umfassenden Angriffs auf den wirtschaftlichen Alltag der Bevölkerung – wird verschwiegen oder allenfalls Maduro in die Schuhe geschoben.

Über den mörderischen Krieg per Sanktionen gegen die Bevölkerung von Staaten mit ungewünschter Regierung gibt es heute hervorragende Untersuchungen (zu Iran etwa The Inflation Weapon oder zu Iran/Venezuela/Afghanistan The Human Consequences of Economic Sanctions) und zahlreiche Stellungsnahmen aus dem UN-Menschenrechtsapparat. Doch auch dazu herrscht eisernes Schweigen im «Blätterwald». Wie jetzt eben zu dieser Aussage von Trump. Weshalb diese berücksichtigen, nur weil sie das demokratische Gefasel zu den westlichen Sanktionen als Lüge enthüllt?

Auffallend ist: In Lateinamerika sorgt Trumps Geständnis durchaus für Schlagzeilen, auch in rechten Medien. In US- und europäischen Medien habe ich auf die Schnelle nichts gefunden, abgesehen von einer Meldung auf CNN en Español!

Lassen wir den Sarkasmus. Dieses Schweigen ist aktive Komplizenschaft. Die heute praktizierte Sorte von Sanktionen ist bewusster Massenmord– dazu muss geschwiegen werden.