Eine Sendung von Democracy Now am 11. März 2024. Amy Goodman im Gespräch mit Jemima Pierre.*
Jemima Pierre. Quelle: Democracy Now.
AMY
GOODMAN: Wir beginnen unsere heutige Sendung in Haiti, wo die Kämpfe
zwischen der Polizei und bewaffneten Gruppen, die den Rücktritt des nicht
gewählten Premierministers Ariel Henry fordern, weitergehen. Am Wochenende
arbeiteten Polizei und Palastwächter daran, einige Strassen in der Hauptstadt
Port-au-Prince zurückzuerobern, nachdem bewaffnete Banden gross angelegte
Angriffe auf mindestens drei Polizeistationen gestartet hatten. Seit einer
Woche befindet sich Haiti im Ausnahmezustand, und Zehntausende wurden inmitten
der Kämpfe vertrieben. UN-Beamte warnen davor, dass das haitianische
Gesundheitssystem kurz vor dem Zusammenbruch steht, weil es an Personal,
Ausrüstung und anderen Ressourcen fehlt, um die wachsende Zahl von Verwundeten
zu behandeln.
Unterdessen erklärte das US-Militär am Sonntag, es habe in der Nacht einen Einsatz durchgeführt, um nicht benötigte US-Mitarbeiter aus Haiti zu fliegen und die Sicherheit in der US-Botschaft in Port-au-Prince zu erhöhen. Die Staats- und Regierungschefs der Karibik riefen am späten Freitag zu einer Dringlichkeitssitzung in Jamaika auf. Sie haben die Vereinigten Staaten, Frankreich, Kanada, die Vereinten Nationen und Brasilien zu diesem Treffen eingeladen. CARICOM, der 15-Nationen-Block der Karibik, sagte in einer Erklärung: «Die Situation vor Ort ist nach wie vor katastrophal».
Ariel Henry wurde nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Juli 2021 zum Premierminister ernannt. Henry ist immer noch nicht nach Haiti zurückgekehrt, nachdem er eine Reise nach Kenia unternommen hatte, wo er sich um eine Vereinbarung für eine lange verzögerte UN-Mission in Haiti bemühte. Kenia hatte im vergangenen Jahr angekündigt, die Truppe zu leiten, aber die Mission wurde praktisch auf Eis gelegt. Henry kam am Dienstag in Puerto Rico an, nachdem er in der Dominikanischen Republik nicht landen konnte. Der dominikanische Präsident erklärte, Henry sei aus Sicherheitsgründen nicht im Lande willkommen.
Weitere Informationen erhalten wir von Jemima Pierre, Professorin am Social Justice Institute an der University of British Columbia in Kanada und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der University of Johannesburg. Sie ist eine haitianisch-amerikanische Wissenschaftlerin und Ko-Koordinatorin des Haiti/America-Teams der Black Alliance for Peace, das die Krise in Haiti genau verfolgt hat. Ihr aktueller Artikel für NACLA trägt die Überschrift «Haiti as Empire's Laboratory».
Professorin Pierre, willkommen bei Democracy Now! Können Sie uns zunächst den aktuellen Stand der Dinge schildern, wer die bewaffneten Gruppen sind und welche verschiedenen Bereiche der haitianischen Gesellschaft sich mit diesen bewaffneten Banden zusammenschliessen und den Rücktritt des nicht gewählten Premierministers Henry fordern?
JEMIMA PIERRE: Guten Morgen. Vielen Dank für die Einladung, Amy.
Eines der Dinge, mit denen wir beginnen müssen, ist, dass es sich um paramilitärische Kräfte handelt. Ich denke, "Banden" ist eine unzureichende Bezeichnung für sie, denn viele von ihnen sind ehemalige Militärs und Polizisten, und sie sind schwer bewaffnet. Was passiert, ist, dass sich verschiedene Gruppen zusammentun - sie nennen sich jetzt «Viv Ansanm», was «Zusammenleben» bedeutet, ein Haufen verschiedener bewaffneter Gruppen von jungen Männern - um zu sagen, dass sie Ariel Henry loswerden wollen.
Jetzt hören wir, dass rund um die Uhr Verhandlungen stattfinden. Und anscheinend laufen heute Verhandlungen in Jamaika oder von den CARICOM-Ländern, an denen sich die USA, Frankreich und Kanada beteiligen. Das Problem ist jedoch, dass all diese Verhandlungen ausserhalb von Haiti von vielen AusländerInnen geführt werden, ohne entscheidende haitianischen Beteiligung. Und ich denke, wir müssen zurückgehen, um zu verstehen, dass der Grund für diese Krise nicht letzte Woche, nicht diese Woche, nicht einmal Ariel Henry ist, sondern wir müssen bis 2004 zurückgehen, bis zum Staatsstreich.
AMY GOODMAN: Nehmen Sie uns also mit auf diese Reise zurück. Würden Sie uns den historischen Kontext erläutern? Ihr Artikel trägt die Überschrift "Haiti als Labor des Imperiums". Darin schreiben Sie: "Haiti war und ist das Hauptlabor für die imperialen Machenschaften der USA in der Region und in der ganzen Welt." Erklären Sie das.
JEMIMA PIERRE: Ja, klar. Wissen Sie, wir sagen, dass die Krise in Haiti eine Krise des Imperialismus ist. Wie bekannt und zugegeben, haben sich die USA, Frankreich und Kanada 2004 zusammengetan und einen Staatsstreich gegen den ersten demokratisch gewählten Präsidenten des Landes, Jean-Bertrand Aristide, unterstützt. Die US-Marines drangen in sein Haus ein, setzten ihn zusammen mit seinen Sicherheitsbeamten, seiner Frau und seinen Helfern in ein Flugzeug und flogen sie in die Zentralafrikanische Republik. Und die Leute können die Archive von Democracy Now! besuchen, die live darüber berichtet haben. Ich erinnere mich, dass ich das live mitbekommen habe.
Der Kernpunkt war, dass dieser Staatsstreich, der von zwei ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates angeführt und dann von der UNO sanktioniert wurde, und diese beiden Mitglieder des UN-Sicherheitsrates - die USA und Frankreich - den UN-Sicherheitsrat im Grunde dazu drängten, eine multinationale Militärtruppe nach Haiti zu schicken, die nach Kapitel VII bewaffnet wurde. Und das wiederum war illegal, weil der ursprüngliche Staatsstreich illegal war. Der US-Botschafter in Haiti und sein Vize waren diejenigen, die den Interimspräsidenten benannten, einen Rat der Weisen zusammenstellten und die gewählte haitianische Präsidentschaft umstrukturierten. Damals hatten wir 7’000 gewählte FunktionärInnen, heute haben wir null. Ich sage, Haiti war unter Besatzung, denn es ist diese militärische Besatzung, die MINUSTAH-Besetzung von 2004 bis 2007, die die sog. Kerngruppe ins Leben rief, diese nicht gewählte Gruppe westlicher FunktionärInnen einschliesslich Brasiliens, das 2004 unter Lula den militärischen Arm der Besatzung anführte und dann alle Aktionen in Haiti kontrollierte, bis hin zur Ernennung des Premierministers, Ariel Henry, nach der Ermordung von Jovenel Moïse.
Ich muss jedoch schnell sagen, dass eines der wichtigsten Ereignisse 2010 nach dem Erdbeben in Haiti, bei dem Hunderttausende ums Leben kamen, war, dass die USA den amtierenden Präsidenten René Préval drängten, Wahlen abzuhalten - und die WikiLeaks-Papiere enthüllten uns später, dass Hillary Clinton tatsächlich nach Haiti flog und die Wahlergebnisse änderte. Denn Michel Martelly von der PHTK-Partei hatte es nicht in die zweite Runde geschaffte; aber die USA zwangen den haitianischen Wahlrat, Martelly in die zweite Runde zu bringen. Und so wurde Michel Martelly von der Partei PHTK, ein Neo-Duvalierist, mit einer Wahlbeteiligung von weniger als 20 % zum Präsidenten Haitis ernannt, während die grösste politische Partei Haitis, Lavalas, nicht an den Wahlen teilnehmen konnte. Das schuf die Voraussetzungen für das, was wir heute sehen.
Als dann die Kerngruppe Ariel Henry dem haitianischen Volk aufzwang, hatten wir keine gewählten VertreterInnen, denn Michel Martelly organisierte kaum Wahlen, aber er setzte seinen Protegé Jovenel Moïse ein, der ebenfalls unbeliebt war und nicht zu einer Wahl angetreten war. Wir haben also seit 2016, als Jovenel Moïse von der Kerngruppe für uns ausgewählt wurde, keine Wahlen in Haiti gehabt.
Um also zu verstehen, was in Haiti vor sich geht, müssen wir verstehen, wie der ursprüngliche Moment des Staatsstreichs von 2004 zur vollständigen Zerstörung des haitianischen Staates geführt hat. Und wenn wir das nicht tun, verstehen wir auch nicht die aktuellen Aufstände, bei denen die Menschen sagen, dass sie ihre Demokratie zurückhaben wollen und dass die Verhandlungen, die ausserhalb von Haiti stattfinden, nichts mit ihnen zu tun haben, weil sie nicht einbezogen wurden.
AMY GOODMAN: Wissen Sie, als wir in einem kleinen Flugzeug mit der US-Kongressabgeordneten Maxine Waters und dem verstorbenen Gründer von TransAfrica, Randall Robinson, und einem jamaikanischen Abgeordneten in die Zentralafrikanische Republik geflogen sind, sind wir in die Zentralafrikanische Republik geflogen. Sie wollten die Aristides zurückholen, die von den Vereinigten Staaten dorthin gebracht worden waren. Und als wir über den Atlantik zurückflogen, erfuhren sie, dass Rumsfeld, Condoleezza Rice und Colin Powell sagten, dass die Aristides nicht in diese Hemisphäre, nicht nach Haiti zurückkehren sollten, worauf Randall Robinson antwortete: "Wessen Hemisphäre?" Und so konnte Aristide nicht in Haiti landen und ging ins Exil nach Südafrika, wo Sie auch viele Jahre lang unterrichtet haben, über sieben Jahre lang. Als er schliesslich nach Haiti zurückkehren konnte, gingen wir wieder nach Südafrika. Alle diese Berichte können auf democracynow.org eingesehen werden.
Aber ich wollte Sie zu der Nachricht im Miami Herald fragen, wonach Aussenminister Antony Blinken am Donnerstag mit dem haitianischen Premierminister Ariel Henry telefoniert hat, und zwar in einer Reihe von Gesprächen, die von offizieller Seite als "angespannt" bezeichnet wurden. Hier spricht der Sprecher des US-Aussenministeriums, Matthew Miller, am Mittwoch über die Gewalt in Haiti.
MATTHEW MILLER: Da sich die Lage vor Ort immer mehr zuspitzt, haben wir und CARICOM die Beteiligten, einschliesslich des Premierministers, zu Zugeständnissen im Interesse des haitianischen Volkes aufgerufen. Wir fordern ihn also nicht zum Rücktritt auf, aber wir drängen ihn, den Übergang zu einer ermächtigten und inklusiven Regierungsstruktur zu beschleunigen, die dem Land dabei helfen wird, sich auf eine multinationale Sicherheitsmission vorzubereiten, um die Sicherheitslage zu verbessern und den Weg für freie und faire Wahlen zu ebnen.
AMY GOODMAN: Nun, Jacqueline Charles, die Reporterin des Miami Herald, sagte, die USA drängten Ariel Henry zum Rücktritt. Was wissen Sie, Professorin Pierre, über den neuesten Stand der Dinge und auch darüber, wo er sich befindet? Ist er immer noch in Puerto Rico und nicht in der Lage, nach Haiti zurückzukehren?
JEMIMA PIERRE: Ja, er ist in Puerto Rico unter dem Schutz des FBI. Er musste das Hotel, in dem er bei seiner Ankunft war, verlassen, weil die in Puerto Rico lebenden Haitianer gegen seine Anwesenheit in dem Staat protestierten. Das ist also wichtig.
Wissen Sie, die US-Regierung ist hier extrem heuchlerisch, denn als 2004 die US-Marines in Aristides Haus landeten und ihn in ein Flugzeug setzten, teilte sie der Welt mit, dass er zurückgetreten sei, bevor das Flugzeug überhaupt in der Zentralafrikanischen Republik gelandet war. Sie brachte eine völlig neue Regierung an die Macht und sagt jetzt, dass dieser nicht gewählte Premierminister, den sie eingesetzt hat, sich weigert, zurückzutreten, obwohl er eigentlich keine Legitimität und kein Mandat habe.
Ich möchte nur auf die Frage von vorhin nach Haiti als Labor zurückzukommen. Es war dies der erste UN-sanktionierte Staatsstreich, und Haiti wurde von einer multilateralen Koalition all dieser Länder regiert. Die Besetzung Haitis durch die UNO, durch die MINUSTAH und die Kerngruppe, ist also multinational und multirassisch, und es scheint fast so, als ob es sich um eine humanitäre Aktion handle und nicht um einen erfolgreichen Staatsstreich. Wir müssen uns daran erinnern, wie die USA arbeiten, und sie werden ihre Stellvertreter benutzen, um die Drecksarbeit für sie zu erledigen.
Und ich möchte sagen, dass das, was heute vor Ort mit CARICOM passiert, auch ein Problem ist, denn 2004 war P.J. Patterson, der Führer - der Präsident von CARICOM, sehr gegen die Absetzung des amtierenden haitianischen Präsidenten. Er weigerte sich sogar, die uns von den USA aufgezwungene Regierung anzuerkennen. Aber jetzt spielt CARICOM eine andere Rolle, indem sie die USA, Frankreich und Kanada, also diejenigen, die die Erbsünde begangen haben, dazu bringt, wieder unsere FührerInnen auszuwählen.
Die andere Sache – in aller Eile - ist, dass die Leute, die diese bewaffneten Gruppen finanzieren, Teil der Oligarchie sind. Und die meisten Waffen und Munition kommen aus den USA. Die Menschen müssen sich daran erinnern, dass die kanadische Regierung Ende 2022, Anfang 2023 drei der reichsten Oligarchen in Haiti sanktioniert hat. Das sind Gilbert Bigio, Reynold Deeb und Sherif Abdallah. Die kanadische Regierung verhängte auch Sanktionen gegen den ehemaligen Präsidenten Michel Martelly und andere wie Laurent Lamothe, seinen Premierminister, wegen Drogenhandels, aber auch wegen der Finanzierung dieser bewaffneten Gruppen. In den Nachrichten sieht man also diese Typen, die wie zerlumpt aussehen - zerlumpt und arm, aber die Leute, die sie wirklich finanzieren, weil Haiti keine Waffen herstellt, sind diese Eliten, die hinter all der Gewalt stehen. Ich möchte das in einen klaren Kontext stellen, damit wir wissen, dass es sich um ein sehr komplexes Problem handelt, das durch den Staatsstreich von 2004 entstanden ist, aber auch von der Oligarchie und den USA aufrechterhalten wird, die zusammenarbeiten, um Haiti instabil zu halten, so dass wir sagen können, Haiti ist unregierbar und wir müssen kommen und es retten.
AMY GOODMAN: Können Sie erklären, wer Guy Philippe ist, der gerade im November aus einem US-Gefängnis entlassen wurde, welche Rolle er beim Staatsstreich 2004 spielte und was er jetzt tut?
JEMIMA PIERRE: Genau, und das ist sehr wichtig. Danke, dass Sie das fragen. Guy Philippe war im Jahr 2004 dabei. Guy Philippe wurde von den USA in Ecuador ausgebildet und verbrachte danach viel Zeit in Ausbildung in der Dominikanischen Republik. Im Vorfeld des Staatsstreichs gegen Aristide im Jahr 2004 plünderten Guy Philippe und seine bewaffneten Gruppen den ganzen Herbst 2003 über die Grenze und überfielen Polizeistationen und so weiter und so fort. Damals, und das ist faszinierend, wurde er in den westlichen Medien als Freiheitskämpfer dargestellt. Er war der Held, der sich gegen den bösen Aristide stellte, so der Westen. Und so unterstützten sie ihn. Später sagte er, dass er in Wirklichkeit von der CIA finanziert wurde und so weiter.
Und sobald Aristide abgesetzt war, versuchten sie, diese ehemaligen bewaffneten Militärgruppen in die haitianische Nationalpolizei zu integrieren, da Aristide die Armee aufgelöst hatte. Deshalb sage ich, dass wir sie "Paramilitärs" nennen müssen, weil es sich um ehemalige bewaffnete Gruppen handelt, die von Aussenstehenden finanziert wurden, um unseren demokratisch gewählten Präsidenten zu stürzen.
Und hier sind wir nun. Guy Philippe wurde von den USA verhaftet und wegen Drogenhandels ins Gefängnis gesteckt. Und wir müssen das verstehen, denn selbst während seines Prozesses wurden bestimmte Dinge geheim gehalten, weil sie die US-Regierung belasteten. Er sass also sechs Jahre als Krimineller in den USA im Gefängnis, und nun haben die USA ihn im November 2023 nach Haiti entlassen, nachdem er sechs Jahre einer neunjährigen Haftstrafe abgesessen hatte. Und jetzt rennt er wieder herum und sagt, er wolle Präsident werden.
Wissen Sie, es heisst, dass Haiti im Krieg ist, und so weiter und so fort, aber die Realität ist, Guy Philippe gibt Interviews für alle Mainstream-Presse. Guy Philippe gibt mehr Interviews als die Menschen vor Ort, die sich gegen die Unterdrückung organisieren. Wir hören sie nicht in der Washington Post, aber wir hören Guy Philippe. Aber ich frage mich, welche Rolle die USA im Moment für Guy Philippe vorsehen.
AMY GOODMAN: Und Chérizier, bekannt als "Barbecue", der Anführer einer der mächtigsten bewaffneten Gruppen, erklärt seine Rolle und die Allianz, die zwischen den bewaffneten Gruppen gebildet wurde. Und ist es wirklich wahr, dass sie sich zum ersten Mal mit der Elite verbündet haben und zumindest auch der Meinung sind, dass Ariel Henry abgesetzt werden sollte?
JEMIMA PIERRE: Ja, anscheinend hat sich Chérizier mit all den anderen Gruppen verbündet, mit denen sie Probleme hatten. Es ist also eine Kombination aus allen möglichen Gruppen, die gegeneinander gearbeitet haben, die sich gegenseitig bekämpft haben, und jetzt kommen sie zusammen, um Henry loszuwerden. Und ich glaube, ein Teil des Problems ist, dass sie Angst vor dieser angeblich von Kenia geleiteten, aber von den USA vorangetriebenen kenianischen Mission mit tausend Polizisten haben, einer weiteren ausländischen Invasion, und dass sie sich Sorgen um ihre Position in der haitianischen Gesellschaft machen.
Ich denke, dass die Elite, die Oligarchen von Haiti, die dies finanzieren und unterstützen, in diese Angelegenheit einbezogen werden müssen, denn der Nonstop-Fluss an Munition kommt von irgendwoher. Aus diesen Häfen, die den Eliten gehören. Es könnte also sein, dass wir nicht wissen, welche Machenschaften hinter diesen Banden stecken und wer sie bezahlt. Wir wissen nur, dass sie in die Häfen eingebrochen sind und einige Container geleert haben. Wir wissen nicht, was sie mitgenommen haben. Aber wir wissen, dass die Häfen nicht dem Volk gehören, sondern den Oligarchen.
Was in Haiti passiert, ist also sehr wichtig. Ich glaube nicht, dass es nach US-Plan gelaufen ist, weshalb sie Henry nach Kenia spedierten, um dieses bilaterale Abkommen zu unterzeichnen, nachdem die kenianischen Gerichte gesagt hatten, dass es für Kenia verfassungswidrig sei, seine Polizei nach Haiti zu schicken. Aber ich glaube, die Dinge haben sich schneller geändert, als die USA erwartet haben, und so suchen sie jetzt nach einem neuen Plan für Haiti. Und in der Zwischenzeit leiden unsere Leute - die armen Leute vor Ort - unter der Situation.
· 11.3.24, Democracy Now: Empire’s Laboratory”: How 2004 U.S.-Backed Coup Destabilized Haiti & Led to Current Crisis
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(zas, 19.3.24) Interessant, was die New York Times resp. die Washington Post zu zum Paramilitärchef Chérizier resp. zum Dauerputschisten Guy Philippe zu sagen haben. Die Post fasste am 14. März einen Lateinamerika-Spezialisten der im Rahmen des Ukrainekriegs praktisch permanent präsenten Medienorientierungsstelle Royal United Services Institute (RUSI, UK), Carlos Solar, so zusammen: «Wenn Haiti vorankommen soll, sagte Solar, könnte ein Waffenstillstand oder ‘informeller Pakt’ mit den Banden nötig werden.» Die Post erläutert den Gedankengang. Chérizier war als Polizist in Massaker verwickelt, insbesondere das berüchtigte im Slum La Saline von 2018. «Mindestens 71 Menschen wurden dabei ermordet, mindestens 7 Frauen vergewaltigt und mehr als 400 Häuser wurden niedergebrannt.» Sein brutaler Spitzname Barbecue geht darauf zurück. (Zu dem gezielt gegen die rebellische Bevölkerung von La Saline gerichteten Massaker und zur wichtigen, aber der Staatsgewalt untergeordneten Rolle Chériziers dabei s. Haiti: Die Installation eines autoritären, vom Verbrechen unterstützten Regimes des Médiapart-Journalisten François Bonnet.) «Barbecue ist echt wer», zitiert die Post Solar, «er ist ein wenig Robin Hood – als das stellt er sich dar». Er stelle sich vergleiche sich gerne mit Malcolm X oder dem historischen haitischen Revolutionsanführer Dessalines. Bevor Ariel Henry seinen Rücktritt bekannt gab, forderte Chérizier «eine neue Regierung, die von seinem Bündnis und dem ‘haitianischen Volk’ gewählt werde.» Andernfalls gäbe es einen «Bürgerkrieg», eine «Revolution», wie auch die Post den Paramilitär zitierte.
Chérizier mit der Presse. Quelle: New York Times.
Auf Rebell macht auch der alte Para Guy Philippe, der im Che-Guevara-T-Shirt posiert, wie uns die New York Times ebenfalls am 14. März vermittelt. «Er hat», so die Times, «die Forderung nach Mr. Henrys Rücktritt angeführt.» Philippe redet einer Amnestie für die «Banden» das Wort: «Wenn du die Waffen niederlegst, bekommst du eine zweite Chance. Es wird eine Art Amnestie geben.» Zwar könne Philippe nicht Mitglied der ernannten Übergangsregierung sein, doch «er benutzt seine Verbindungen mit der Partei Pitit Desalin, um diese Forderungen in den Verhandlungstisch in Jamaika einzubringen, wo die Caricom und internationale FunktionärInnen sich treffen, um eine Lösung für die Krise in Haiti zu finden, wie drei mit den Diskussionen vertraute Leute sagen.»
Guy Philippe. Qulle: New York Times.
Noch ist unklar, wie genau sich die Sache entwickelt. Die Paramilitärs griffen in diesen Tagen gezielt «strategische Institutionen» (alterpresse.org) an, nach Gefängnissen, dem internationalen Flughafen, dem Stromnetz gestern die Zentralbank. Man redet mit in den Jamaika-Gesprächen.
Musste abtreten: Ariel Henry. Quelle: New York Times.