Das Spital und das Schweigen, das lügt

Montag, 1. April 2024


Das zerstörte Shifa-Spital in Gaza.
 

(zas, 1. 4. 24) Die Fotos stammen aus der Haaretz von heute zum angeblichen Rückzug der IDF aus dem Shifa-Spital in Gaza-City. Im Artikel wird eingangs erwähnt, dass laut «den Hamas-Rettungsdiensten», gemeint also, was vom Gaza-Gesundheitsministerium noch funktioniert - oder wären die Rettungsdienste der Schweizer Spitäler jene von FDP/SVP & Co.? – die IDF alle Spitalstationen «unbrauchbar» gemacht habe und etwa 300 Leichen im Al-Shifa gefunden worden seien. Im Artikel kommt nach diesen Hinweisen der Sprecher der IDF zu Wort, dem zufolge viele hohe Hamas-Mitglieder geschnappt wurden (ihre Identität werde aus geheimdienstlichen Gründen noch zurückgehalten), gefolgt vom Generalstabstabschef der IDF, der versicherte, es sei alles gemacht worden, «um weder Patienten noch Spitalangehörige in Mitleidenschaft zu ziehen».  

Wie kommen diese Bilder in Israel an? Einige Menschen werden wohl erschüttert sein, viele andere, und, so lässt sich aus jüngeren Umfragen in Israel schliessen, auch solche, die sich als links bezeichnen, werden eher mit grimmigem Stolz reagieren: «Unsere Armee hat es den menschlichen Tieren heimgezahlt.»

Hatte sie ja im Shifa-Spital schon ein paar Monate zuvor gemacht. Damals «erfuhren» wir, dass in den Tunnels unter dem Spital, aber mit diesem verbunden, eine wichtige Kommandozentrale operierte. Die IDF mussten folglich «eingreifen» – PatientInnen starben schon an den Folgen der Abschnürung des Spitals, andere wurden von Tanks oder Scharfschützen ermordet, Pfleger und Ärzte wurden gefangen genommen und gefoltertUnd als das Fact-Checking-Team der Washington Post am 21. Dezember letztes Jahr an den Tag legte, dass es von den von der Regierung von Ehud Barak  erbauten Tunnels, die belegten, wie heimtückisch die Hamas sich hinter der Bevölkerung verschanzt, keinen Zugang zum Spital gab, ging das etwas unter, du weisst, vorweihnachtliche Stimmung. Schon im Oktober zuvor hatte die Fact-Checking-Abteilung der New York Times nachgewiesen, dass die Rakete, die das Ahli-Arab-Spital in Gaza Mitte des Monats schwer beschädigt hatte, keine palästinensische war.

Klar, bei der Post und der Times handelt es sich um Bollwerke der imperialen Freiheit. Deshalb werden solch seltene Momente des Journalismus nicht als anti-semitisch kritisiert. Sie werden einfach kaum je erwähnt, und wenn, dann nur kurz und eingebettet in eine ausführliche Würdigung der Ansichten des State Departments oder der IDF. Und so gut wie gar nie wird darauf hingewiesen, dass man die Zwecklügen selber hingebungsvoll wiedergekäut hat. Sie werden einfach nicht oder kaum mehr wiederholt. So kann man beim Shifa-Spital heute wieder ganz objektiv die offiziellen israelischen Angaben zirkulieren lassen.

Zur Zerstörung des Shifa-Spitals nur noch dieses: Selbst wenn die IDF-Angaben zur Präsenz hochrangiger Hamas-Funktionäre im Spital zuträfen (und diese auch nicht als Patienten dort gewesen wären), woher verdammt nimmt sich die westlich-israelische Selbstsicherheit das Recht, dann das Shifa-Spital zu zerstören, wie laut vermutlich schon veralteten UN-Angaben 70 Prozent aller Gesundheitseinrichtungen in Gaza? Kriegsverbrechen? Was sollen weinerliche Details?