Ecuador: Kurze Infos zum Putsch

Donnerstag, 30. September 2010

Telesur-Infos

Hugo Chávez (ca. 22h Schweizer Zeit): 
Hat soeben mit Rafael Correa telefoniert, der „entführt“  in einem Spital ist, nur mit 3-4 Vertrauensleuten zusammen. Correa fürchtet um sein Leben. Chávez verweist die These eines „Protestes“ wegen Besoldungsfragen ins Reich der Propaganda: Viele Flughäfen Ecuadors sind militarisiert, Resultat einer lange vorbereiteten Aktion. Correa sagt ihm auch, dass die militärischen Befehlshaber keinen Kontakt mit ihm aufgenommen haben.
Die OAS-Sondersitzung zum Putsch ist für die Katze. Lippenbekenntnisse wie beim Putsch in Honduras. Wichtig ist Unasur (südamerikanische Länder); die Präsidenten der Mitgliederländer brechen in diesem Moment nach Buenos Aires zu einer Sitzung auf.
Correa hat ihm bestätigt: „Ich bin bereit zu sterben“.
Chávez: Sein Leben ist in Gefahr, und wo sind die „loyalen Mitglieder der Armeeführung“?


Kurz darauf Evo Morales:
Eine Gruppe von Unasur-Präsidenten wird morgen Freitag versuchen, nach Ecuador zu fliegen, um das Leben von Rafael Correa zu retten.
Es handelt sich um „einen Putsch der ecuadorianischen Rechten mit Unterstützung der USA gegen Unasur“.


Sprecher des Generalstabes (vermutlich Ernesto González) verliest um 22:35 eine Erklärung, in der sich die Armeeführung erneut verfassungstreu   darstellt, hofft aber, dass die Regierung die vorgesehene Besoldungsreform revidiert (gibt also dem Vorwand der Putschisten Legitimität).

Ca. 23h:
Seit einiger Zeit einige tausend DemonstrantInnen vor dem Polizeispital, indem Correa gefangen ist. Die Leute wollen ihn befreien. Polizei schon mehrmals massiv Tränengas eingesetzt. Die Polizeikräfte werden von zivilen Faschokräften unterstützt.
Gerücht, dass putschistische Polizeikräfte mit Correa zurzeit verhandeln.

Demos auch in vielen anderen Städten.

23:30
Demo vor Spital bis zu Eingang vorgedrungen. Reaktion: massive Tränengaseinsätze.

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Bemerkung ZAS:
Ein Putschversuch, kein Zweifel. Unklare Situation. Im Gegensatz zur Situation in Honduras im Juni 2009 äussert sich hier die Armeeführung gegen den Putsch (dem Vernehmen auch die Führung der Polizei); handelt aber nicht. Es sind bis jetzt laut Liveberichterstattung von Telesur keine Truppenbewegungen zur Rettung von Correa und zur „Neutralisierung“ des Putsches festzustellen. Zwei Möglichkeiten: Die Führung(en) ist (sind) faktisch ausgebootet oder es handelt sich um eine weitere Verwirrungspirouette im neuen kontinentalen Putschdrehbuch. In Washington soll die Administration Obama ein Statement publiziert haben, in dem die Gewalt bedauert und der „Polizeiaufstand“ kritisiert wird, ohne dabei aber das Wort Putsch zu gebrauchen – Honduras remake.
Die NZZ bringt es fertig, auf ihrer Homepage eine ddp-Depesche zu veröffentlichen, mit dem Titel: „Ecuadors Präsident von Demonstranten verletzt“, Subtitel: „Schwere Unruhen als Reaktion auf drastisches Sparprogramm“.