Montag, 15. November 2010

(zas, 15.11.10) Letzten September zitierten wir Berta Cáceres von der indigenen Organisation Copinh, wonach in der US-Militärbase Palmerola stationierte US-Truppen direkt an der Repression gegen Copinh beteiligt sind (s. Honduras: Morden gegen Widerstand). Mittlerweilen sind auch kolumbianische Einheiten quasi offiziell im Land aktiv. Generell ist zu sagen, dass der ökonomische und militärische Einfluss Kolumbiens in Zentralamerika eindeutig am Wachsen ist. Kolumbianisches Kapital, mutmasslich mit Narkogeldern gespiesen, kauft etwa Banken in Panama oder El Salvador auf, die USA betreiben „regionale Sicherheitsabkommen“ zentralamerikanischer Ländern mit Kolumbien und Mexiko gegen „Drogenhandel und organisierte Kriminalität“ und der salvadorianische Präsident Mauricio Funes entpuppt sich zusehends als Bewunderer der „Effizienz“ der kolumbianischen Polizei. Quer zu dieser Tendenz scheint einzig die nicaraguanische Regierung zu stehen.

Am letzten 9. und 10. November berichteten die honduranischen Medien über die erfolgreiche Befreiung des entführten Unternehmers Mario Filiberto Moya  Lobo, Cousin von Staatspräsident Profirio „Pepe“ Lobo, im Departement Olancho. Am 10. November steuerte die kolumbianische Tageszeitung El Tiempo die Info bei, dass bei der Befreiungsaktion auch die kolumbianische Polizei/Armee-Eliteneinheit GAULA mitgewirkt habe.  Die GAULA-Leute hätten, so berichtete ein beteiligter Offizier dem Blatt, die Telefonanrufe der Entführer aufgezeichnet und rückverfolgt. El Tiempo weiter: „Dies ist die Entführung Nummer 12, welche eine GAULA-Kommission gelöst hat, die letzten Juni losgefahren ist, um die Polizei von Honduras dabei zu beraten, wie die Entführungen reduziert werden können, die in den letzten Monaten massiv zugenommen haben“.

Laut Aussagen des Leiters des honduranischen Menschenrechtsbüros Codeh, Andrés Pavón, vom 10. November,  hat die Polizei im Anschluss an die Entführungsbeendigung sieben Menschen aus der Gemeinde Catacamas im Department Olancho wegen Entführungsbeteiligung verhaftet. Pavón stützt sich dabei auf Aussagen aus der Gemeinde. Die Leichen der sieben namentlich Bekannten seien später in einer Finca gefunden worden.

Dick Emanuelsson ist ein schwedischer Journalist, der längere Zeit in Kolumbien gearbeitet und auch Interviews mit FARC-Kadern geführt hat. Um sich in Sicherheit zu bringen, zog er nach Honduras um, wo er den Putsch miterlebte und aktiv ist. Letzten Samstag schrieb er: „Was [die zum Thema zitierten GAULA-Agenten und der kolumbianische Verteidigungsminister] nicht kommentieren, ist die Ermordung der sieben angeblich von honduranischen Polizisten gefangen genommenen und dabei vom Kanal 11 von Honduras gefilmten Honduraner, die am Tag danach ermordet und mit Spuren schwerer Folter gefunden wurden. Mehrere von ihnen haben laut Erklärungen in Honduras eine Vergangenheit als in den 80er Jahren Verfolgte, als der starke Mann im Land John Negroponte hiess [damaliger US-Botschafter und unter Bush II Botschafter im besetzten Irak und vor der UNO und danach US-Geheimdienstkoordinator]. Damals begann der honduranische Zwilling der kolumbianischen Paramilitärs (AUC), das Bataillon 3-16 unter der Führung von Hauptmann Billy Joya und General Gustavo Álvarez Martínez, zu operieren. Letzterer war Chef der honduranischen Streitkräfte und Onkel des heutigen Sicherheitsministers, Oscar Álvarez … Billy Joya war nach dem Putsch Präsidialberater von Diktator Roberto Micheletti soll Quellen zufolge weiter als Berater fungieren.“

Emanuelsson fährt weiter: „Das 3-16 begann sich in einer Luftwaffenbase in einer Wüste im Süden der USA „auszubilden“, wohin sie in einer Nacht von 1980 gelangten und wo sie während sechs Monaten von argentinischen Ausbildnern, Experten der ‚Operación Condor’, und von CIA-Agenten für den Schmutzigen Krieg geformt wurden. Zurück in Honduras begannen sie ihre blutigen Aktionen, die jetzt in einer gewissen Weise wiederkehren.“
GAULA-Männerr im Strafverfahren
Die GAULA, in den 90er Jahren als Spezialeinheit angeblich gegen Entführungen gegründet, befinden sich laut Emanuelsson aufgrund eines Anfang Februar anlässlich eines Besuches des kolumbianischen Präsidenten Álvaro Uribe bei Lobo unterzeichneten Abkommens „gegen“ Terrorismus und Drogenhandel in Honduras. Die GAULA-Einheiten haben in Kolumbien einen harten repressiven Ruf, weshalb sie wohl hin und wieder auch in hiesigen Medien als erfolgreiches Hit-Team gefeiert werden. Emanuelsson bringt als aktuelles Beispiel für den Todesschwadron-Charakter der GAULA kolumbianische Medienberichte, wonach zwei Gruppen ihrer Mitglieder im Department Casanare in von der kolumbianischen Justiz in Militärhaft gesetzt wurden. Delikt: Beteiligung an den „falsos positivos“ (sinngemäss: falsche Erfolgsmeldungen), also der Praxis der kolumbianischen Armee, junge BewohnerInnen von Armutszonen über ein Arbeitsangebot von zuhause wegzulocken, sie anschliessend zu ermorden und danach als im Kampf gefallene Guerillas auszugeben und dafür Kopfgeld zu beziehen. Das Kopfgeld wurde vom damaligen Verteidigungsminister und heutigen Staatspräsidenten Manuel Santos eingeführt. Bei den bisher über 3000 aktenkundigen Fällen von „falsos positivos“  werden, wie in dem von Emanuelsson angeführten einen GAULA-Beispiel, junge Menschen einfach entführt.