Modellstädte in Honduras verfassungswidrig

Mittwoch, 21. November 2012


*Modellstädte in Honduras verfassungswidrig*

*Oberster Gerichtshof stimmt Verfassungsklagen zu.
Regierungsvertreter erklären das Projekt für beendet*

/Von Johannes Schwäbl/

Tegucigalpa. Das umstrittene Projekt der Modellstädte wird in Honduras
vorerst nicht realisiert. Grund dafür ist die Entscheidung des Obersten
Gerichtshofes, der Mitte Oktober die sogenannten Sonderentwicklungszonen
(RED) als verfassungswidrig einstufte. Demnach sahen dreizehn der fünfzehn
Richter in dem Dekret 283-2010, welches der Kongress im Januar 2011
verabschiedet hatte, eine Verletzung der in der Verfassung
festgeschriebenen Prinzipien der nationalen Souveränität, des
honduranischen Territoriums und der festgelegten Regierungsform.
Modellstädte sind eine Art Sonderwirtschaftszone mit eigener Gesetzgebung
und einem eigenen Regierungssystem.

Mit der Entscheidung bestätigte das Plenum des obersten Gerichtshofes das
bereits Anfang Oktober gefällte Urteil der Verfassungskammer und entschied
zu Gunsten der Verfassungsklagen, die von Gegnern der Modellstädte
eingereicht wurden. Die Anzeigen wegen Landesverrat gegen einen Großteil
der Kongressmitglieder und den De-facto-Präsidenten Porfirio Lobo, die von
Aktivisten eingereicht wurden, werden allerdings nicht weiter verfolgt.

Während Vertreter indigener und sozialer Organisationen das Urteil
begrüßten, zeigten sich Präsident Lobo und Abgeordnete des
honduranischen Kongresses enttäuscht über die Entscheidung. Diese hatten
das Projekt bis zuletzt vorangetrieben und verteidigt. Laut eigenen
Aussagen werden die Vertreter der Exekutive und der Legislative das Urteil
aber respektieren. Der Präsident des Kongresses und starke Befürworter
der Modellstädte, Juan Orlando, sprach von einem "endgültigen Aus" des
Projektes. Vertreter sozialer Organisationen befürchten allerdings, dass
das Projekt zu einem späteren Zeitpunkt und mit kleinen Veränderungen
wieder aufgegriffen werden könnte.

In den vergangenen Wochen sorgten die geplanten Modellstädte für viel
Diskussion, welche auch in den honduranischen Medien ein breites Echo fand.
Gegner der Modellstädte führten zahlreiche Protestaktionen durch und
reichten knapp 70 Verfassungsklagen und 12.000 Unterschriften gegen die
Modellstädte ein. Die Proteste gegen die Modellstädte wurden von einem
breiten Spektrum aus sozialen und indigenen Organisationen, Feministischen
Gruppen, Gewerkschaften, Anwälten und Aktivisten der Demokratiebewegung
getragen. Ende September wurde der Anwalt Antonio Trejo, der sich gegen die
Modellstädte einsetzte und an den eingereichten Verfassungsklagen
beteiligt war, ermordet.

Um das Projekt der Sonderentwicklungszonen zu ermöglichen hatte der
honduranische Kongress im Januar 2011 durch das Dekret 283-2010 die
Verfassungsartikel 304 und 329 geändert. Die als Modellstädte
bezeichneten Gebiete auf honduranischem Territorium sollten von der
nationalen Regierung unabhängig sein und von einem internationalen
Investorengremium verwaltet werden. Zudem sollten die Stadtstaaten über
eigene Gesetze und ein eigenes Justiz-, Polizei- und Regierungssystem
verfügen.

Die Projekte hätten zu zahlreichen Vertreibungen indigener Gemeinden
geführt und den ungebremsten Ausverkauf und die Ausbeutung der in den
Gebieten vorhanden natürlichen Ressourcen ermöglicht. Trotz der laufenden
Verfassungsklagen hatte die honduranische Regierung bereits Verträge mit
Investoren abgeschlossen. Diese zogen sich aber aufgrund der
undurchsichtigen Rechtslage bereits Anfang Oktober wieder aus dem Projekt
zurück. Nach dem Scheitern in Honduras und zuvor in Madagaskar ist jetzt
Jamaika als möglicher neuer Standort für Modellstädte im Gespräch.

/amerika21.de -- 17. November 2012/