(zas, 6.3.13) Hier die Trauer, der Schmerz – dort das
Grinsen, das Geld. Im Petare, dem riesigen Volksquartier von Caracas, hupen
gestern Abend, als die Nachricht vom Tod des Comandante bekannt wurde, die
Chauffeure der Taxis und Busse pausenlos und schreien: „Chávez, Chávez, viva Chávez!“. Aus dem Osten der Stadt, der
Reichenzone, war dagegen das Knallen von
Feuerwerk zu hören. Auf den Strassen der
Städte und Dörfer Venezuelas weinen, viele Menschen, so wie es der
Vizepräsident getan hat, als er die Nachricht vom Hinscheiden seines Genossen überbringen
musste. Sie weinen, singen, skandieren Parolen – wie ewa in diesem Video von
Barquisimeto (die Botschaft kommt rüber, auch wenn man kein Spanisch kann).
In Miami feiern die „autoexilierten“ Oppositionellen auf der Strasse mit dem
Ruf: „se fue – er ist gegangen“.
Trauer im Petare. Foto: Aporrea. |
Barquisimeto. Foto: Aporrea |
In Panama, einem rechts-mafiös regierten Land, übermitteln die
Fernseh- und Radiostationen geschlossen die Live-Übertragung von Telesur von
der Pressekonferenz von Nicolás Maduro, dem Vizepräsidenten. Denn Panama liegt
in Lateinamerika und die Rechten müssen der Stimmung im Volk Rechnung tragen.
Anders der Dreck hier. Tages-Anzeiger, NZZ und bestimmt der
Grossteil der restlichen Medien lügen erleichtert, was das Zeugs hält. Da war
einer, der half zwar etwas den Armen, aber er lebte im machtbesessenen Wahn und
schaltete die Freiheit aus. Und nachhaltig, so die DienerInnen des Kapitals,
war sowieso nichts: Nachhaltig ist bekanntlich, dass das Erdölgeld via Börsen in
die Verfügungsmacht der transnationalen Eliten gelangt, und nicht, dass
Menschen nicht mehr an Armut sterben. Das ist Populismus. Deshalb war Chávez
der Böse, der Verführer, der Dumpfnick, und sind die Diktaturen am Golf willkommene,
kompetente Geschäftspartner.
Auch in Medien wie der WoZ kommt fast nichts Brauchbares
über die Kämpfe in Venezuela und den anderen verbündeten Gesellschaften in Lateinamerika.
Zu tief die Frucht, man würde sonst einem Caudillo auf den Leim kriechen, zu
gross der Dünkel, es viel besser zu wissen. Denn was die da unten ganz gut
können, ist ihr Leben für Freiheit riskieren. Aber das Denken sollten sie uns
überlassen, dem ehemaligen Autonomen aus der Solidarität mit kolumbianischen
Linken, der heute, als Dozent an der Uni von Bogotá, von den einstigen
Objekten seiner Zuneigung nichts mehr wissen will und dafür „linke“ Kritik am
Caudillo in Venezuela übt; oder dem Journalisten, der wegen wirtschaftlicher
Schwierigkeiten weiss und dies unerschrocken mitteilt, dass in Venezuela ausser
den chavistischen Spendierhosen gar nie was angesagt war, zu allerletzt ein zäher
Klassenkampf um jeden Millimeter in der
Gesellschaft, weshalb vielleicht der Aufbau auch einer nicht Erdöl-orientierten
Wirtschaft nur schleppend vorankommt. Man weiss auch hier: Eigentlich handeln im
Land nur eine kleine chavistische Elite und die Opposition. Dass die Leute der Unterklassen selber aktiv
werden, liegt jenseits der Wahrnehmung, und dass dann die Probleme erst richtig
anfangen, muss man sowieso nicht wissen, weil man es ja besser weiss.
Así las cosas. Wir brauchen nicht darauf zu warten, dass die
Medien hier mitschneiden, wie tief der Schmerz in Lateinamerika heute geht –
sie werden es nicht. Vergessen wir sie! Tausendmal mehr sagt uns der
ecuadorianische Präsident Rafael Correa in seiner bewegenden Konferenz
zum Tod von Hugo Chávez, wo er das Motto von Alí Primera, dem Sänger,
aufnimmt:
„Los que mueren por la
vida, no pueden llamarse muertos – die für das Leben sterben, können nicht Tote
genannt werden“.
Ein Wissen, das heute Millionen von Menschen in Lateinamerika
haben, und das sie leiten wird in der Verteidigung der Emanzipation, gegen die
jetzt laufende Konteroffensive gegen Venezuela und den bolivarischen Ansatz.
Wir sind Partei, wir trauern mit, wir kämpfen mit. Es gibt
keine Besserwisserei and the revolution
will not be televised.