Wahrheitsmedium

Mittwoch, 28. August 2013


Eine unerschrocken-besonnene Zusammenfassung der aktuellen Lage!

Mali: Humanitäre Wundertaten

Sonntag, 25. August 2013



(zas, 25.8.13) Die imperialistischen Streitkräfte taumeln enthusiastisch aus einer Kriegsphase hier in die nächste dort, stets geleitet, wie schon der gute König Leopold im Kongo, vom Seelenheil der Heiden, ich meine vom Drang, die Menschenrechte der Unterdrückten in fernen Landen, demnächst womöglich wieder in der metropolitanen Peripherie zu verteidigen. Mit ihnen taumelt selbstverständlich missionsbesoffen das Gros der Medien mit. Würdigen wir dieses Engagement anhand einer kleinen Recherche zu Mali!
Am 11. August 2013 brachte Rebelión einen Artikel der spanischen, auf Afrika spezialisierten Journalistin Rosa Moro mit dem Titel "Intervención francesa en Malí, ¿sin víctimas?" (Französische Intervention in Mali ohne Opfer?). Ihre Medienrecherchen ergaben, dass es trotz mehreren amtlich so bezeichneten "intensiven Bombardierungen" nicht ein ziviles Opfer gegeben hat, abgesehen von jenen, die jihadistische Kräfte auf dem Gewissen haben. La Grande Nation toppt damit die bisherigen humanitären Rekorde der imperialen Streitkräfte anderswo. Moro schreibt: "Ich habe versucht, eine ungefähre Zählung von unschuldigen Opfern in Mali zu machen. Ich habe dafür die Nachrichten aus dem Terrain überprüft, die nationalen Medien (…) Ich habe dabei mit Erstaunen festgestellt, dass praktisch 99 Prozent aller in Mali über Mali publizierten Nachrichten aus französischen Medien stammen, vor allem von Agence France-Presse, AFP, und Radio France International, RFI."
Bilditel: Mali : Les bombardements de l'armée Française continuent leurs avancées. Quelle: melty.fr

Die Journalistin erwähnt mehrere dieser wunderbaren Vorkommnisse mit heftigem Feuer und null zivilen Opfern, bei denen aber nach französischer Darstellung sehr viele "Terroristen", die sich feige in der Zivilbevölkerung versteckt haben, ihr Leben verloren haben. Nie sei dabei an Pressekonferenzen nach genaueren Umständen gefragt worden. Wie starben diese "Terroristen"? "Beim Rückzug? Mit Schussverletzungen im Rücken? Werden keine Gefangenen gemacht? Müsste dies nicht untersucht werden? Am ehesten eine Antwort auf diese Fragen konnte ich in einer […] Bilanz des Verteidigungsministers vom 5. Februar finden, wonach es bei den französischen Bombardierungen in den Regionen von Konna und Gao 'viele Hunderte' von toten Jihadisten gegeben habe. Auf die Frage eines Journalisten, ob es denn keine 'Gefangenen" gegeben habe, antwortete der Minister wortkarg: 'Einige'. Bis über die Hälfte des Textes kann man nicht wissen, ob der Minister, der sprach, jener von Mali oder von Frankreich ist. Es war der von Frankreich, Jean-Yves Le Drian, die Meldung stammt von AFP."
Amnesty International Schweiz
 
Bern, 3. September 2013Ein Abend mit Alma Rosa Garcia Guevara

Mexiko: Migration, organisiertes Verbrechen, Verschwindenlassen

Flyer Veranstaltung mit Alma Rosa Garcia Guevara
Die mexikanische Menschenrechtsverteidigerin Rosa Garcia Guevara erzählt von ihrer Arbeit.
Alma Rosa Garcia Guevara setzt sich im Norden Mexikos für die Rechte von Migrantinnen und Migranten ein. Diese Region ist vor allem im Zusammenhang mit dem Drogenkrieg, organisiertem Verbrechen, Ausseinandersetzungen zwischen kriminellen Banden und Gewalt gegen JournalistInnen in den Schlagzeilen aufgetaucht. MigrantInnen aus Zentralamerika auf ihrem Weg in die USA sind in diesem gewalttätigen Kontext ohne staatlichen Schutz. MenschenrechtsverteidigerInnen wie Alma Rosa Garcia Guevara riskieren viel, wenn sie sich für diese Menschen einsetzen
Alma Rosa Garcia Guevara erzählt aus ihrem Alltag am

Dienstag, 3. September 2013, 19h
bei Amnesty International, Speichergasse 33
, Bern
(mit Übersetzung auf Deutsch).
Kommen Sie vorbei und hören sie ihre spannenden und erschütternden Geschichten. Erzählen Sie Ihren Freunden und Freundinnen von diesem Anlass.

Nestlé in Kolumbien (und global)

Samstag, 24. August 2013

Ein wichtiger Artikel des Präsidenten der kolumbianischen Lebensmittelgewerkschaft Sinaltrainal über die Strategie von Nestlé nicht nur in Kolumbien. Einer der vom Multi angewandten Mechanismen: für die Marktbeherrschung: Die KaffeepflanzerInnen erhalten von Nestlé angeblich hochresistente Pflanzen, müssen dafür ihre traditionellen Sorten aufgeben und die Ernte dem Konzern zuhalten.
Sinaltrainal beteiligt sich am grossen Agrar- und Volksstreik, der seit dem 19. August in Kolumbien im Gange ist und in dessen Veraluf Armee-, Polizei- und Eliteeinheiten kandesweit schon mehrere Strassenblockierer umgebracht und im Department Cauca Tausende von Camepsinas und Campesinos während Tagen gekesselt haben.




Nestlé y la Crisis Cafetera en Colombia

 

Un artículo importante del presidente del sindicato colombiano Sinaltrainal  (en sector agroalimentario) sobre la estrategia de Nestlé no solamente en Colombia.

Kolumbien: Paramilitärs für Multis, gegen Streikende

Freitag, 23. August 2013


Drummond-Arbeiter von Paramilitärs bedroht

Streikende Kohlearbeiter werden von Paramilitärs zu militärischen Zielen erklärt. Streik ist momentan eingestellt

Valledupar. Anführer des Streiks gegen den US-amerikanischen Steinkohlekonzern Drummond sind in einem Kommuniqué  der Paramilitärs mit dem Tod bedroht worden. "Wir fordern den Abbruch jeder Aktivität zur Störung der sozialen Ordnung, wie Streiks oder Demonstrationen", heißt es in dem Schriftstück, das von der Gruppe "Los Rastrojos" unterzeichnet wurde. Die paramilitärische Vereinigung beschuldigt darin die Gewerkschafter, "kommunistische Doktrinen" zu verbreiten, und verspricht, die "Zerstörung der Staatspolitik durch die Guerilla-Gewerkschafter" zu verhindern.
Die Morddrohung der Paramilitärs erfolgt inmitten eines Streiks von circa 3.000 Arbeitern der Drummond und Angehörigen der Gewerkschaft Sintramienergética, der am 23. Juli begann, nachdem die  Gespräche mit der US-amerikanischen Kohlebergbaufirma gescheitert waren.
Auch Menschenrechts- und Basisorganisationen wie das Anwaltskollektiv Alvear Restrepo und die Marcha Patriótica sowie linke Oppositionelle sind in dem Dokument zu militärischen Zielen erklärt worden. Die Drohung von Los Rastrojos konzentriert sich allerdings auf die Bergbau- und Metallindustriegewerkschaften Sintramienergética, Funtramienergética und Sintraime.

Diese Organisationen sollen "mit der subversiven Gehirnwäsche aufhören", denn dadurch griffen sie "die guten und edelmütigen Absichten der Regierung von Dr. Juan Manuel Santos im Hinblick auf den Frieden an" und stoppten "den von Multinationalen wie Glencore, Drummond, Pacific Rubiales und Anglo Gold Ashanti hervorgerufenen Fortschritt", die wie auch andere Konzerne Wohlstand und Arbeitsplätze schüfen, so der erste Punkt des paramilitärischen Kommuniqués.
Die Arbeiter der Drummond klagen allerdings, dass sie 12 Stunden am Tag sechs Mal die Woche unter harten Bedingungen arbeiten müssen und dennoch keinen festen Monatslohn hätten, sondern stundenweise bezahlt werden. Die 4.500 Leiharbeiter seien noch mehr benachteiligt, weil sie nur ein Viertel des Lohns der festen Angestellten bekämen. Ehemalige Angestellte von Drummond berichten, dass 24 von ihnen möglicherweise wegen des Kohlestaubs der Tagebauminen an Lungenkrebs gestorben sind. Außerdem gebe es mehr als 1.500, die krank sind. Darüber hinaus seien 19 Minenarbeiter wegen mangelnder Arbeitssicherheit gestorben.
In diesem Zusammenhang fordern die Streikenden der Drummond vor allem eine Lohnerhöhung von 10 Prozent, einen festen Monatslohn, die Verbesserung der Arbeitssicherheit, die Weiterbeschäftigung von 400 Hafenarbeitern und die Wiedereinstellung der 600 streikenden Arbeiter, die im Jahr 2009 entlassen wurden.
Sintramienergética hat das Angebot von Drummond über eine Lohnerhöhung um 5 Prozent abgelehnt, das die Firma nur mit Sintradrummond und Agretritrenes diskutiert hätte. Die zwei kleinen Gewerkschaften seien von dem US-amerikanischen Konzern selbst kreiert worden und repräsentierten nicht die Mehrheit der Angestellten, klagt César Flóres von Sintramienergética. Momentan sind die Gespräche zwischen Drummond und dem Arbeitergremium eingestellt.
Währenddessen fordern  Oppositionelle die Regierung auf, die von den Paramilitärs bedrohten Gewerkschafter zu schützen. In diesem Jahr hätten sie bereits eine Morddrohung bekommen, berichtet La Silla Vacía. Später sei Rubén Darío Morrón, einer der Gewerkschaftsführer, einen Tag vor dem Beginn der Gespräche mit der Drummond sogar einem Mordattentat entkommen.
Bereits im Jahr 2001 sind drei Gewerkschafter und Arbeiter der Drummond durch Paramilitärs ermordet worden. Heute sitzt Jaime Blanco Maya, ein Subunternehmer des Konzerns, deshalb im Gefängnis und eine gerichtliche Untersuchung gegen den CEO und andere Führungskräfte des Unternehmens ist wegen desselben Falls am Laufen.
Aus diesem Grund verlangen deutsche NGOs, dass Steinkohlekäufer des US-amerikanischen Unternehmens wie RWE, Eon, Steag, Vattenfall und EnBw ihre Geschäftsbeziehungen mit der Drummond überdenken sollen. Die deutschen und schweizer Energieversorger weisen diese Forderung jedoch zurück.

Kolumbien/EU: Waffenlieferungen beenden!

Mittwoch, 21. August 2013




FARC-Sprecher zum Stand der Gespräche in Havanna
In einem Exklusivinterview für Europa hat der Pressechef der Friedensdelegation der FARC-EP in Havanna, Kommandant Andrés París, knapp erklärt, wie es um die Dialoge mit der Regierung steht und einige Aspekte angerissen, die für eine spätere Mitwirkung der Europäischen Union von Bedeutung sind. Die Fragen stellten für „Tercera Información“ (Spanien) Eliécer Jiménez und José Antonio Gutiérrez.
F: Können Sie für einen mittelmäßig am Konflikt, dem Dialog und dem Frieden in unserem Land interessierten Europäer zusammenfassen, wie dieser Prozess bislang verlief und wie weit man zu einem Friedensabkommen für Kolumbien gekommen ist?
Andrés París: Wenn wir mit anderen Erfahrungen vergleichen, dann ist Havanna gut vorangekommen. Beim ersten Punkt, der Landfrage, haben wir einige strategische Aspekte auf später verschoben und sind nun beim zweiten Punkt der politischen Teilhabe, die wir von unserer „strukturellen politischen Reform“ her angehen, bei der es um mehr Demokratie und Garantien geht, angefangen beim Recht auf Leben. Es gibt einen medialen Druck von Regierungsstrategen um die Guerilla sozusagen mit der „Zeitpeitsche“ zu bestrafen. Aber was da verheimlicht wird, sind die Wahlinteressen der politischen Kräfte des Staates, der Regierung selbst. Die größte Schwierigkeit für eine Vereinbarung liegt nicht in der Geschwindigkeit des Friedensprozesses, sondern in der Konzeption zu glauben, dass man zum Frieden kommen kann ohne etwas im Land zu verändern und anzunehmen, dass eine revolutionäre Guerilla vor einem Verfassungsfetisch aufgebe. Es muss tiefgehende Reformen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft geben.
F: Sind Sie zufrieden mit der Unterstützung der Europäischen Union für die Dialoge und worin sie besteht – oder sehen Sie sie eher als halbherzig an?
Andrés París: Nun, Europa und einige seiner Länder haben den Friedensprozess unterstützt, und das ist positiv. Nun muss es darum gehen die FARC von der Liste der Terrororganisationen zu nehmen und aufzuhören der kolumbianischen Regierung Waffen zu verkaufen.
F: Wenn es um eine Verstärkung der Vermittlung geht und um Unterstützung anderer europäischer Regierungen um die Dialoge zu stabilisieren – haben Sie dabei an die Teilnahme von Staaten wie der Schweiz, Irland oder auch Schweden gedacht?
Andrés París: Die Vereinbarung ist offen dafür, dass später andere Länder teilnehmen können, und wir haben vorgeschlagen eine Art „Freundesgruppe des Prozesses“ zu schaffen.
F: Die irische Regierung hat mehrfach gesagt, dass sie mitmachen und ihre Erfahrung bei der Schaffung eines Friedensabkommens beitragen will, das dort den Krieg beendete. Wie sehr interessiert dieser Vorschlag und wie tauglich ist die irische Erfahrung, auf dass Sie ihr positive Aspekte abgewinnen könnten?
Andrés París: Wir haben mit irischen Delegationen gesprochen, die aus beiden Seiten bestanden. Und wir haben darum gebeten, dass sie mit der kolumbianischen Regierung sprechen, damit diese versteht, dass der Frieden Änderungen und Reformen beinhaltet. Das ist normal in allen Friedensprozessen. Die Regierung aber will einen Express- und Gratisfrieden.
Kolumbien und seine Regierenden sind im neunzehnten Jahrhundert, was die Agrarfrage angeht, wobei eine Agrarreform in Irland vor zweihundert Jahren gemacht wurde. Das ist der Unterschied zwischen beiden Prozessen: einer endete erfolgreich in Irland, und der andere in Kolumbien öffnet für unser Land hoffentlich die Türen des zwanzigsten Jahrhunderts. Um es an das einundzwanzigste Jahrhundert anzupassen, gehören wir Revolutionäre in eine neue Regierung, die in der nächsten Wahldebatte aus einem Linksbündnis entsteht.
Übers.: G.P.

Südmexiko Soli-Newsletter August 2013

Sonntag, 18. August 2013




C H I A P A S

«Die Zapatisten feiern und erzählen in der Kleinen Zapatistischen Schule (Escuelita Zapatista), was für sie Freiheit bedeutet»

Wie bereits anlässlich der Schweigemärsche im Dezember 2012 angekündigt, feierten die Zapatistas und ihre Basis das 10-jährige Bestehen der 5 Caracoles und ihrer autonomen Regierung, der Junta de Buen Gobierno mit einem grossen Fest vom 8. – 10. August. Während dieses allen Interessierten offen war, fand vom 12. bis 16. August nun die der erste Kurs der Escuelita Zapatista mit fast 1700 eingeladenen SchülerInnen statt.
Anlässlich der Feier wurde der „Kreuzzug gegen den Hunger“ der Regierung als Angriff verurteilt, mit welchem versucht wird, den Widerstand der autonomen Gemeinden zu brechen und Auseinandersetzungen zu provozieren.

Mehr zur Feier auf Spanisch: http://www.proceso.com.mx/?p=349583
Mehr zur Escuelita auf Spanisch:
Artikel von Gloria Muñoz Ramírez auf Spanisch: Contra los pueblos, la peor ofensiva en la historia moderna.


Vom 12.auf den 13. August überflogen Militärflugzeuge die zapatistischen Gebiete, in denen die Escuelita Zapatista durchgeführt wird. In einem Communiqué berichtete das Geheime Revolutionäre Indigene Komitee darüber.



Gemeinsam im Widerstand gegen Megaprojekte und Vertreibung der indigenen Völker Lateinamerikas– Cátedra «Tata Juan Chávez»

Am Wochenende vom 17. Und 18. August befanden sich im CIDECI in San Cristobal de las Casas verschiedene indigene Organisationen von ganz Mexiko zusammen, und zwar im Rahmen des CNI, des Congreso Nacional Indigena. Dieser wurde 1996 von Comandante Ramona ins Leben gerufen.



«Alberto Patishtán ruft zu einer weltweiten Urgent Action am 21. August auf»

Alcemos la voz – Erheben wir die Stimme! Alberto Patishtán, der immer noch auf den Bescheid des Gerichtshofes von Tuxtla Gutierrez wartet, ruft zu einem internationalen Aktionstag auf. Er fordert die Freiheit von Alejandro Diaz Santiz, Antonio Estrada Estrada und Miguel Demeza Jiménez und verlangt, dass die für seinen Fall zuständigen Richter den Menschenrechten entsprechend in seinem Fall entscheiden.
Weiter auf Spanisch mit aktuellen Hintergrundinfos: http://albertopatishtan.blogspot.com.es/




O A X A C A   U N D   V E R A C R U Z


«Umweltschützer im Hinterhalt ermordet»

Unbekannte ermordeten Anfang August einen Aktivisten der Umweltschutzgruppe «Colectivo Defensa Verde» im Bundesstaat Veracruz. Noè Vásquez Ortiz war mit den Vorbereitungen für das Jahrestreffen der Betroffenen von Staudammprojekten (MAPDER) beschäftigt, als er in den tödlichen Hinterhalt geriet.



«Alarmierende Gewaltwelle in Oaxaca»

Der engagierte Menschenrechtsaktivist aus der Mixteca, Héron Sixto López, wurde Mitte Juli entführt und später ermordet aufgefunden. Zuvor erhielt er Morddrohungen wegen seiner Beratungsarbeit indigener Gemeinden der Triquis und Mixtecos.

Ebenfalls Mitte Juli fand man den Fotoreporter Alberto López Bello und einen Polizisten tot in Oaxaca-Stadt auf. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sind alarmiert über die eskalierende Gewalt in Oaxaca und fordern Gouverneur Cué zum Handeln auf «für die Integrität und Sicherheit von Aktivisten und Journalisten».




G U E R R E R O

«Bauernführer gefoltert und ermordet»

Drei führende Mitglieder der Bauernorganisation LARSEZ verschwanden auf ihrem Weg zu einem Treffen ihrer Organisation in Chilpancingo Anfang August. Ihre Leichen wurden zwei Tage später an einem Flussufer entdeckt und wiesen Folterspuren auf. LARSEZ hatte die regierende PRD zuvor öffentlich kritisiert.




M E X I K O

«Mexikanischer Widerstand gegen Monsanto»

Immer mehr mexikanische Bauern, Wissenschaftler und Umweltschutz-organisationen und empören sich über die genetische Verunreinigung ihres Maises. Schuld sind Biotech-Konzerne wie Monsanto, DuPont-Pioneer und Dow Chemical, die in Mexiko Fuss fassen wollen mit dem Anbau von Gentechmais. Behilflich dabei ist ihnen die mexikanische Regierung selbst. 2005 schuf der damalige Präsident Fox die gesetzlichen Grundlagen für den Einzug des Gentechmaises und 2009 hob Calderón trotz massiver Proteste das Moratorium für Gentechmais auf. Auch der amtierende Präsident Pena Nieto wird höchstwahrscheinlich eine gentechfreundliche Linie verfolgen.

Damit ist die weltweit einzigartige genetische Vielfalt der mexikanischen Maissorten gefährdet und mit ihr die indigenen Kleinbauern, welche in zunehmende Abhängigkeit internationaler Saatgut- und Biotechkonzerne fallen.




H I N W E I S E

Filmtipp: «Somos Viento»
Der Dokufilm (35 Min.) zeigt den Kampf der indigenen Küstenbewohner Oaxacas gegen ein Megawindparkprojekt, welches ihnen ihr Land und ihre natürlichen Ressourcen wegnimmt.

Donnerstag, 22. August 2013, 19.30 Uhr
Baby Jail live, Kultur im Rahmen der Stattaufwertung
Bullingerplatz Zürich

Samstag, 7. September 2013, ab 18 Uhr
Café Canibal präsentiert: Diskussion über „Son Jaroche“ (Musik in Veracruz, Mexiko) und kultureller Widerstand, verschiedene Kurzfilme über Musik, Fandango und mexikanisches Essen
Autonome Schule Zürich, besetztes Kochareal, Flurstrasse 85, Zürich
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Direkte Solidaritaet mit Chiapas |  Chiapas - Unterstützungsverein!
Postfach 8616                    |  Mitgliedschaft für 60.- / Jahr
8036 Zürich, SUIZA               |  http://www.chiapas.ch/aktion5.php
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Café RebelDia     fein-fair-bio  |  Bio-Arabica-Kaffee aus 
Eglistrasse 25                   |  zapatistischen Kooperativen
8004 Zürich                      |  Für Deinen täglichen Aufstand !
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Ecuador: Yasuní-ITT: "Äußerst negative Signale" aus Berlin

Ecuadors Botschafter sieht bei der deutschen Bundesregierung eine Teilschuld am Scheitern der Umweltschutzinitiative

Berlin. Ecuadors Botschafter in Deutschland, Jorge Jurado, hat der amtierenden schwarz-gelben Bundesregierung eine Mitschuld am Scheitern der Umweltschutzinitiative Yasuní-ITT gegeben. Das Vorhaben war am Donnerstagabend nach sechsjähriger Kampagne vom Präsidenten des südamerikanischen Landes, Rafael Correa, für gescheitert erklärt worden. Die Umweltschutzinitiative sah vor, die Reserven unter dem einmaligen Naturreservat unberührt zu lassen, wenn die Konsumentenstaaten die Hälfte des zu erwartenden Gewinns in einen Treuhandfonds einzahlen, der vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP verwaltet worden wäre.
Die Initiative sei beendet worden, weil die Ergebnisse nach sechs Jahren äußerst mager gewesen seien, sagte nun gegenüber amerika21.de der Botschafter Ecuadors in Deutschland, Jorge Jurado. "Tatsächlich sind nur gut 13 Millionen US-Dollar auf das Treuhandkonto der Yasuní-ITT-Initiative eingegangen", führte der Diplomat aus. Insgesamt habe Ecuador aber mit Kompensationen in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar gerechnet. "Das magere Ergebnis nach sechs Jahren besagt schon viel über das Interesse der Weltgemeinschaft gegenüber dieser einzigartigen und wichtigen Initiative Ecuadors", urteilte der Diplomat, der vor allem auf die Industriestaaten Bezug nahm. "Die Idee war ja vor allem, dass die Industriestaaten einen Teil der Schäden kompensieren, die sie durch ihre eigene Entwicklung verursacht haben", so Jurado, der auf die Klimaerwärmung verwies. Diese Mitverantwortung sei von den Industriestaaten nicht wahrgenommen worden.
Eine Mitschuld sieht der Botschafter bei der Haltung der deutschen Bundesregierung und des Entwicklungsministers Dirk Niebel (FDP). "Sehr viele Länder haben auf das Urteil der deutschen Regierung gewartet, um eine eigene Entscheidung zur Beteiligung an der Yasuní-ITT-Initiative zu treffen", sagte er. Angesichts dessen sei das Signal aus Deutschland "äußerst negativ" gewesen: "Das hatte damals schon eine sehr negative Bedeutung für die weitere Entwicklung dieses Vorhabens." Jurado bezog sich damit auf die Entscheidung der schwarz-gelben Bundesregierung, eine vormalige Zusage zur Unterstützung des Projektes wieder zurückzunehmen.
Die auch nach dem Scheitern der Initiative durch das Bundesentwicklungsministerium wiederholten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Initiative wies Jurado zurück. "Nach sechs Jahren kann Ecuador der Welt zeigen, was wir geschafft haben. Wir haben hohe Wachstumsraten zu verzeichnen und sind eines der erfolgreichsten Länder Lateinamerikas. Das zeigt doch, dass wir eine äußerst seriöse Regierung haben. Diese Kritik an einer angeblichen Unzuverlässigkeit kann ich nur zurückweisen."

Zugleich verteidigte der Diplomat die Politik seiner Regierung gegen die kritische Haltung einiger Umweltschutzgruppen und linker Akteure aus Europa. Auch von dieser Seite war die Glaubwürdigkeit der Regierung von Präsident Correa wiederholt hinterfragt worden. "Die Haltung und die Motive der Regierung Ecuadors sind immer sehr transparent gewesen", entgegnete Jurado diesen Positionen im amerika21.de-Interview. Schon im Jahr 2007, als Präsident Rafael Correa die Yasuní-ITT-Initiative vor der UNO-Generalversammlung vorgestellt hatte, habe er sehr deutlich gesagt, dass Ecuador die Erdölressourcen werde fördern müssen, wenn das Vorhaben auf ungenügende Resonanz stoße. "In dieser Hinsicht kann man uns keine falschen Absichten oder Scheinheiligkeit vorwerfen. Wir haben die Optionen von Anfang an offengelegt, wir haben mit offenen Karten gespielt", so Jurado. Leider hätten die Industriestaaten Ecuador jedoch alleine gelassen.
Auch von progressiven Gruppen erwarte er nun neue Kritik, sagte der Botschafter. "Aber es ist eben leicht, vom Wohlstand aus die Länder des Südens zu kritisieren. Und es ist leichter, Steine zu werfen, als seine Arme hochzukrempeln und etwas aufzubauen", sagte Jurado. Er erwarte daher eine Welle negativer Urteile. "Es gibt hier in Europa leider viele Leute, auch in der Linken, die von jeher gegen die ecuadorianische Regierung gewesen sind, weil sie denken, dass man eine extraktivistische Politik von einem Tag auf den anderen einstellen kann", fügte er an. Ecuador sei durchaus auf dem Weg, diese Politik des Ressourcenabbaus einzustellen. Aber das brauche Zeit, "vielleicht 10 bis 15 Jahre".

Die Wahrheit über die extreme globale Ungleichheit

Mittwoch, 14. August 2013



Die Wahrheit über die extreme globale Ungleichheit
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(zas, 13.8.13) Ein in der Übersetzung gekürzter Artikel aus der Al-Jazeera-Homepage von April 2013, auf den wir erst kürzlich aufmerksam gemacht wurden. Die globale Einkommensschere öffnet sich immer mehr – nichts Neues, aber es ist nützlich, Angaben in konzentrierter Form zu haben. Der Streit um die Höhe der Entwicklungshilfe – hoffnungslos auf einem Nebengleis.
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 The truth about extreme global inequality
Jason Hickel*
Die Krise des Kapitals, der Aufschwung der Occupy-Bewegung und der Crash von Südeuropa haben zum ersten Mal in Jahrzehnten das Problem der Einkommensungleichheit in das Mainstream-Bewusstsein des Westens gebracht. Jetzt reden alle darüber, welch extrem unangemessenen Anteil am Reichtum die reichsten 1 Prozent in ihren jeweiligen Ländern beanspruchen. Das wurde sonnenklar, als ein Trickfilm-Video letzten Monat über die Reichtumsungleichheit in den USA viral wurde. Wenn eine Informationsgrafik die Aufmerksamkeit von Dutzenden von Millionen InternetbenutzerInnen erlangt, weiss man, dass ein wunder Punkt getroffen wurde.
Aber die globale Dimension der Ungleichheit glänzt weitgehend durch Abwesenheit in dieser Story. Deshalb haben wir von /The Rules beschlossen, ein Video herzustellen, das dem etwas Aufmerksamkeit leiht. Die Informationen sind nicht neu, aber weiterhin erschreckend. Im Video sagen wir, dass die reichsten 300 Personen auf der Welt mehr Eigentum besitzen als die ärmsten 3 Milliarden, fast die Hälfte der Erdbevölkerung. Wir nahmen diese Zahlen, da sie sich für einen klaren und erinnerbaren Vergleich eignen, aber tatsächlich ist die Situation noch ärger: Die reichsten 200 Leute besitzen etwa $ 2.7 Billionen, mehr als die 3.5 Milliarden Ärmsten, die zusammen etwa $ 2.2 Billionen[i] haben.
Aber wir wollten mehr tun als nur das brutale Ausmass der Ungleichheit zu illustrieren; wir wollten aufzeigen, dass dieses zunehmend schlimmer wird. Ein kürzlicher Bericht von Oxfam zeigt, dass "das reichste 1 Prozent in den letzten 20 Jahren sein Einkommen um 60 Prozent vergrössert hat, wobei die Finanzkrise diesen Prozess eher beschleunigt als verlangsamt". Das Einkommen der Top-0.01-Prozent ist sogar noch schneller gewachsen.
Das Video zeigt, wie die sich ausweitende Ungleichheit zwischen den Ländern funktioniert. Unter dem Kolonialismus weitete sich der Unterschied zwischen den reichsten und den ärmsten Ländern von 3:1 zu 35:1 aus, zum Teil, weil die europäischen Mächte so viel Reichtum in Form von Ressourcen und Arbeit aus dem globalen Süden extrahierten. Seither ist die Differenz auf fast 80:1 angewachsen. Wie ist das möglich?

Kapital fliesst von arm zu reich
Die Kluft wächst zum Teil wegen der in den letzten Jahrzehnten von internationalen Institutionen wie der der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds oder der Welthandelsorganisation den Entwicklungsländern aufgezwungenen neoliberalen Wirtschaftspolitik. Diese Politik zielt darauf, die Märkte mit Gewalt zu liberalisieren, um den Multis beispiellosen Zugang zu billigen Ressourcen, Land und Arbeit zu geben. Zu einem ernsten Preis: Arme Länder haben dem Ökonomen Robert Pollin von der University of Massachusetts zufolge ungefähr $ 500 Mrd. pro Jahr dabei verloren.
Im Ergebnis sehen wir einen klaren Reichtumsfluss von arm zu reich. Wir haben das Video so gestaltet, dass es hilft, diesen Fluss zu visualisieren.
Wenige Leute wissen von diesem konstanten Absaugen von Reichtum. Einer der Gründe dafür liegt darin, dass die Rede von der Hilfe so viel Raum einnimmt. Siehe die enorme Publizität für Jeffrey Sachs und die Milleniums-Entwicklungsziele, oder für Bono und Bob Geldof oder sogar die grossen Hilfswerke wie Save the Children, Christian Aid und Action Aid.
Regierungen reicher Länder zelebrieren andauernd, wie viel sie für die Hilfe an Entwicklungsländer ausgeben und Multis pflatschen "Social Responsibility"-Kredentiale über all in ihre Jahresberichte und Produktlinien hin – beide geben nicht zu, wie viel sie aus den Entwicklungsländern heraus holen.
Das Video beleuchtet den Fakt, dass Hilfsgelder von reich zu arm verblassen im Vergleich zum Kapitalbetrag, der andersherum fliesst. Allein Steuervermeidung macht jährlich mehr als $ 900 Mrd. aus – Geld, das die Unternehmen von Entwicklungsländern stehlen. Sie verstecken es in Steueroasen (oder genauer: Diebstahlzonen), von denen die Londoner City als globaler Hub fungiert. Schuldendienstzahlungen stehen für weitere $600 Mrd. im Jahr, vieles davon als Zinseszinszahlung für illegitime Kredite an längst abgesetzte Diktatoren. Beide Finanzflüsse können als direkte Cash-Transfusionen von arm zu reich begriffen werden[ii]
Verhältnis Hilfe an den Süden und Hilfe des Südens(Quelle: Video des Autors)

Es gibt so viel mehr, das wir im Video hätten einbeziehen können. Zum Beispiel das neue Buch von Fred Pearce, The Land Grabbers, das aufzeigt, dass die Multis allein im letzten Jahrzehnt von den Entwicklungsländern Land geraubt haben, das die Grösse von Westeuropa übertrifft. Könnten wir den Wert dieses Landes quantifizieren, hätten wir einen Riesenbetrag zum Haufen von $ 2 Billionen hinzufügen können, den das Video als Fluss von arm zu reich veranschaulicht.
Oder nehmen wir den Klimawandel: eine globale Erwärmung um 2 Grad wird Regionen wie Afrika oder Südasien ungefähr 5 Prozent ihres BIP kosten, weit mehr als den reichen Ländern, obwohl diese die Hauptverantwortung für diese Katastrophe tragen. Verluste dieser Dimension werden die Entwicklungshilfe als unbedeutend erscheinen lassen.
Dies sind die grossen Treibkräfte für Armut und Ungleichheit. Dies sind die Probleme, die wir angehen müssen.
* Jason Hickel unterrichtet an der London School of Economics


[i] (zas) Dieser Link führt auf einen "Guardian"-Artikel mit einem ähnlichem, aber nicht dem angegebenen  Thema. Offenbar ein Irrtum.
Generell sind globale Reichtumszahlen natürlich mit Vorsicht zu geniessen. Wie etwa wird der "Wert" eines über Generationen funktionierenden Bewässerungssystems "berechnet", wie jener einer Wasserquelle in einer nomadischen Ökonomie, wie das Aufziehen von Kindern nicht nur in der Schweiz, sondern im Sudan? Welche Daten werden wo wie von wem erhoben, welche nicht?  Solche Angaben geben uns eine Richtung an, mehr nicht. Die quantitative Dimension ist nur die Hülle der qualitativen Brutalität.
[ii] (zas) Laut Video beträgt die "Entwicklungszusammenarbeit" des Nordens mit dem globalen Süden $130 Mrd. im Jahr.

Nicaragua: Desinformation und offene Fragen

Sonntag, 11. August 2013

(zas, 11.8.13)

Anhand einer kleinen Meldung in der NZZ vom 9. August zeigen wir einige Momente der Desinformation zu Nicaragua auf. Dies vor dem Hintergrund, dass tatsächlich immer wieder offenen Fragen zur Entwicklung im Land auftauchen, aber meist andere, als der Mainstream glauben machen will. Zuerst die NZZ-Meldung:
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Erfolg für Nicaraguas Senioren
Die Regierung zahlt Teilrenten
pgp. San José · Nach jahrelangen Protesten haben Nicaraguas hartnäckige Senioren die Regierung zum Nachgeben im Konflikt um Rentenansprüche gezwungen. Seit diesem Monat erhalten über 60-Jährige, die wegen mangelnder Beitragsjahre keinen Anspruch auf die volle staatliche Altersrente haben, von der Sozialversicherung ihren jeweiligen Leistungen entsprechende Teilrenten.
Die 2007 begonnene Kampagne der sich betrogen fühlenden Senioren kulminierte im Juni in einer friedlichen «Besetzung» des Hauptsitzes der Sozialversicherung, die von der Polizei unsanft beendet wurde. In der Folge solidarisierten sich zahlreiche junge Leute mit den Alten und errichteten eine Zeltstadt auf dem Platz vor dem Gebäude. Diese wurde von Schlägertrupps der Sandinistenpartei FSLN zerstört, wobei die Polizei tatenlos zuschaute.
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Natürlich kommen gleich einige Fragen auf: Woher auch nur hat sich die NZZ plötzlich ein Herz für UnterklassenrentnerInnen geborgt? Oder bei all ihrer Ambivalenz, warum soll die sandinistische Führung Leute, die für Sozialforderungen eintreten, polizeilich abzuservieren? Immerhin ist eigentlich unbestritten, dass es in Nicaragua unter der sandinistischen Regierung zu beträchtlichen Soziareformen gekommen ist.   
1979 fand die sandinistische Revolution 8000 Mitglieder der Sozialversicherung INSS (staatliches Alters- und Krankheitsinstitut für Leute mit einem Job im formellen Sektor) vor, die keine Renten erhielten, weil sie nicht die geforderten 750 Wochen lang einbezahlt hatten (weil der Patron die Sozialzahlungen für sich behalten hatte oder sie nicht lange genug formelle Jobs gehabt hatten). Die Revolution führte per Dekret eine reduzierte Rente für alle ein, die mindestens 250 Wochen ihre Beiträge einbezahlt hatten.
1994, als die gefeierte neoliberale Präsidentin Violeta Chamorro die Minimalrente ersatzlos abschaffte, fand Peter Gaupp, Verfasser der obigen Meldung, daran nichts auszusetzen. Er war damals schon NZZ-Korrespondent gegen die Bewegungen in Zentralamerika gewesen. Jetzt aber ist Gaupp scheinbar für die RentnerInnen und den Ausbau ihrer Sozialrechte. Dabei gehen ihm einige "Details" etwas unter. Seit die Sandinistas wieder an der Regierung sind, erhielt diese Klasse der RentnerInnen zwar keine formale Rente, aber immerhin einen Bonus als Ersatz, bezahlt aus den ALBA-Fonds. Warum Bonus und nicht Rente? Weil, wie die Rechten angeben, der Diktator auf dem Präsidentenstuhl die Leute mit Geschenken (Boni) statt Rechten (Renten) von sich abhängig machen will? Nun, vielleicht ist es nicht ganz so einfach. Die Sozialversicherung INSS scheint tatsächlich in einer  Krise zu stecken, etwa ab 1919 sollen Finanzierungsengpässe anstehen, weshalb eine Reform Not tue. Findet auch der IWF und drängt gleich wieder seine fabelhaften Rezepte auf: Rentenkürzung, Erhöhung des Pensionierungsalters… Daraus soll aber nichts werden, glaubt man den Worten von Staatspräsident Daniel Ortega. Und ein Zusammenschluss von sandinistischen und nicht-sandinistischen Gewerkschaften liess vor wenigen Tagen verlauten, solche Rezepte seien ein Casus belli. Das Sozialinstitut solle auf zwei Wegen reformiert werden: Höhere Abgaben der Patrons (die Bourgeoisie in Nicaragua schwimmt, dank der positiven Wirtschaftsentwicklung, in Geld) und Mehreinnahmen auf der Basis der Schaffung von besser qualifizierten und bezahlten Arbeitsplätzen.
Bisher haben wir in der NZZ keinen flammenden Artikel gegen dieses Daueransinnen des IWF in Nicaragua oder in Südeuropa oder in den USA gelesen. Überraschend, nicht? Gaupp teilt auch nicht mit, dass die 2007, im Jahr der sandinistischen Regierungsübernahme, eingesetzten Kämpfe der erwähnten RentnerInnen vom sandinistischen Gewerkschaftsbund FNT unterstützt und finanziert sind. Und vom FNT weiss man, dass er sehr eng mit den Frente Sandinista verbunden ist. Und kein Wort dazu, dass dem Chef dieser spezifischen RentnernInnenorganisation mehrere Korruptionsvorfälle "unterlaufen" sind, worauf ihm seine Machtbefugnisse beschnitten worden sind. Der Mann rächte sich, in dem er zur antisandinistischen Rechtspartei MRS lief (die sich in den 90er Jahren vom Frente Sandinista wegen dessen Unterstützung von Sozialkämpfen abgespalten hat …). Und genau damit wurde das Schicksal der RentnerInnen Herzensanliegen der Rechten, so sehr, dass deren Protestaktion im Sozialinstitut gleich von den Jugendverbänden des MRS und der erzreaktionären Partei PLI des Ex-Präsidenten Arnoldo Alemán unterstützt wurde. Ja, es stimmt, sandinistische Kräfte haben diese "engagierten Jungen" vor dem INSS vertrieben; es soll dabei niemandem von den protestierenden RentnerInnen ein Haar gekrümmt worden sein.
Am 19. Juli, dem 34. Jahrestag der sandinistischen Revolution 1979, verkündete Daniel Ortega, dass die Minimalrente nun wieder offizialisiert sei, also Rente, nicht mehr Bonus. Mit auf der Tribüne der erwähnte Chef der Organisationen dieser RentnerInnen. Zwei Fragen stellen sich uns: Warum ist der offenbar korrupte Mann wieder im Rennen, was sind die Kräfteverhältnisse? Und vor allem, warum ist eine Rente jetzt möglich, und vorher war sie es nicht? Offenbar hat die Staatsführung dem Druck nachgegeben, zugunsten einer, wenn die Angaben zum dringenden Reformbedarf des INSS stimmen, sehr prekären Lösung. Die kommende Reform des Instituts wird zeigen, wie die Karten verteilt sind. Allzu viel Pessimismus scheint fehl am Platz: Ende 2006 (also bei Amtsantritt von Ortega) verzeichnete das INSS 439'002 Versicherte, Ende 2011 waren es 596'328 (+ 35.8 %). Die Zahl der Rentenberechtigten stieg im gleichen Zeitraum um 25 % auf 134'296 Menschen. Und die Durchschnittsrente erhöhte sich ebenfalls in dieser Periode um 118.7 % auf 2994 Córdobas (inflationsbereinigt um ca. 60 %).

Der Kanal
Die obige Meldung dient wie das Meiste, was im Mainstream zu Nicaragua geschrieben oder gesagt wird, der Verfälschung. Das ist klar. Oft weniger klar ist, was denn real Sache ist in diesem Prozess. Mit dem von Ortega im Juni propagierten Bau eines "grossen Kanals" zwischen den beiden Ozeanen verschärfen sich diese Dimensionen der Unklarheit, nur schon wegen des gigantischen Ausmasses des Projekts. Wir fragen nach den sozialen und ökologischen Konsequenzen dieses Super-Megaprojekts. Dabei müssen wir uns durch jede Menge rechter Desinformationen durchkämpfen (wie sie natürlich auch Gaupp in der NZZ verbreitet hat). Wir sehen aber auch in den Pro-Kanalbau-Darlegungen der Regierung Ungereimtes.
Nur ein Beispiel für die Problematik: Der riesige Nicaragua-See, die grösste Süsswasserreserve Zentralamerikas, müsste für die Passage der Post-Panamax-Tanker ausgebaggert werden, mit eventuell katastrophalen Folgen im Bereich der Sedimentierung des Sees. (Post-Panamax bezieht sich auf Tanker einer Grösse, für die auch der Panamakanal nach Abschluss seiner Erweiterung zu klein bleiben wird.) Das Problem ist aber komplexer: Offenbar schreitet die Sedimentierung derart schnell voran, dass dieser See in 15 bis 20 Jahren zum Teich wird, wenn nicht Wiederaufforstungsmassnahmen in seinem Einzugsgebiet von 40'000 qkm ergriffen werden, zusammen mit einer Lösung der Frage des Umgangs mit den Agrarabfällen in dieser Region, offenbar Hauptursache der Segmentierung. Das übersteigt die finanziellen Kapazitäten Nicaraguas bei weitem, weshalb die Regierung aussagt, einzig ein kapitalintensives Unterfangen wie der Kanalbau, bei dem die Investoren alles Interesse an der Rettung des Lago Nicaragua haben, stelle eine Lösung dar. Denn der Kanal braucht das See-Wasser für sein Funktionieren. Als ich dieses Argument in abgekürzter Form zum ersten Mal las, packte mich ein Grauen. Umweltzerstörung als Umweltrettung, nur was kostet, schützt die Umwelt – die alten Weltbank-Linien. Jetzt, wo ich von der fast nirgends berichteten Gefährdung des Lago Nicaragua auch ohne den Kanal weiss, erscheint dieses Argument nicht mehr ganz so absurd wie ohne diese Info. 
Werbung für den "grossen Kanal" (Qulle: La voz del sandinismo)

Doch was, wenn auch nur einer dieser Tanker eine Havarie im See hat? Wie war das mit der Exxon-Küstenzerstörung in Alaska? Wo blieben die Abermilliarden, nötig, um das Allerschlimmste zu verhindern? (Auf dem Konto von Exxon, natürlich.) Und was kann das kleine Nicaragua in so einem Fall schon machen? Zur Beruhigung trägt nicht bei, dass in den Machbarkeitsstudien der nächsten zwei Jahre das britische Unternehmen ERM die Verantwortung für die ökologischen Abklärungen hat. Zwar verfügt EMR in Nicaragua bisher in ökologischen Kreisen über einen guten Ruf, weil sie etwa Kleinprojekte in Sachen Wasserreinigung finanziert hat. Doch laut dem Vizeleiter der Ökoorganisation Centro Humboldt war es EMR, die eine das Keystone XL-Projekt befürwortende Ökostudie verfasst hat. Das Projekt sieht den Transport von Schieferöl aus Kanada  in die grossen Erdölraffinerien im Midwest der USA vor; letztes Jahr musste Obama aufgrund eines massiven Protests seine Umsetzung aussetzen. Auch die von Präsidentengattin Rosario Murillo, Nummer 2 in der Partei- und Staatsführung, angerufene Mutter Gottes als Schutzpatronin des "Grossen Kanals" zur Überwindung der Armut in Nicaragua, ähnliche Ergüsse Ortegas oder das Mitwirken von Topshots aus der Wall Street und dem imperialen Kader der USA wie etwa John Negroponte am Projekt tragen nicht zur Beruhigung bei.
Nur, es wäre einfach, schnell ein paar "coole" Aussagen über "linken Extraktivismus" (Wirtschaften auf der Basis von zerstörerischer Ausbeutung oder in diesem Fall von Transport von Naturressourcen) zum Besten zu geben. Wir ziehen es vor, erst zu begreifen versuchen, was das Projekt soll, wie es aufgegleist ist, ob und warum es zustande kommt oder nicht. Das braucht Zeit, Arbeit, Zugang zu nicht offenkundigen Hintergrundinfos – wir hoffen, in diesem Blog und im "Correos" mit der Zeit Material dazu liefern zu können.