Ecuador: Yasuní-ITT: "Äußerst negative Signale" aus Berlin

Sonntag, 18. August 2013

Ecuadors Botschafter sieht bei der deutschen Bundesregierung eine Teilschuld am Scheitern der Umweltschutzinitiative

Berlin. Ecuadors Botschafter in Deutschland, Jorge Jurado, hat der amtierenden schwarz-gelben Bundesregierung eine Mitschuld am Scheitern der Umweltschutzinitiative Yasuní-ITT gegeben. Das Vorhaben war am Donnerstagabend nach sechsjähriger Kampagne vom Präsidenten des südamerikanischen Landes, Rafael Correa, für gescheitert erklärt worden. Die Umweltschutzinitiative sah vor, die Reserven unter dem einmaligen Naturreservat unberührt zu lassen, wenn die Konsumentenstaaten die Hälfte des zu erwartenden Gewinns in einen Treuhandfonds einzahlen, der vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP verwaltet worden wäre.
Die Initiative sei beendet worden, weil die Ergebnisse nach sechs Jahren äußerst mager gewesen seien, sagte nun gegenüber amerika21.de der Botschafter Ecuadors in Deutschland, Jorge Jurado. "Tatsächlich sind nur gut 13 Millionen US-Dollar auf das Treuhandkonto der Yasuní-ITT-Initiative eingegangen", führte der Diplomat aus. Insgesamt habe Ecuador aber mit Kompensationen in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar gerechnet. "Das magere Ergebnis nach sechs Jahren besagt schon viel über das Interesse der Weltgemeinschaft gegenüber dieser einzigartigen und wichtigen Initiative Ecuadors", urteilte der Diplomat, der vor allem auf die Industriestaaten Bezug nahm. "Die Idee war ja vor allem, dass die Industriestaaten einen Teil der Schäden kompensieren, die sie durch ihre eigene Entwicklung verursacht haben", so Jurado, der auf die Klimaerwärmung verwies. Diese Mitverantwortung sei von den Industriestaaten nicht wahrgenommen worden.
Eine Mitschuld sieht der Botschafter bei der Haltung der deutschen Bundesregierung und des Entwicklungsministers Dirk Niebel (FDP). "Sehr viele Länder haben auf das Urteil der deutschen Regierung gewartet, um eine eigene Entscheidung zur Beteiligung an der Yasuní-ITT-Initiative zu treffen", sagte er. Angesichts dessen sei das Signal aus Deutschland "äußerst negativ" gewesen: "Das hatte damals schon eine sehr negative Bedeutung für die weitere Entwicklung dieses Vorhabens." Jurado bezog sich damit auf die Entscheidung der schwarz-gelben Bundesregierung, eine vormalige Zusage zur Unterstützung des Projektes wieder zurückzunehmen.
Die auch nach dem Scheitern der Initiative durch das Bundesentwicklungsministerium wiederholten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Initiative wies Jurado zurück. "Nach sechs Jahren kann Ecuador der Welt zeigen, was wir geschafft haben. Wir haben hohe Wachstumsraten zu verzeichnen und sind eines der erfolgreichsten Länder Lateinamerikas. Das zeigt doch, dass wir eine äußerst seriöse Regierung haben. Diese Kritik an einer angeblichen Unzuverlässigkeit kann ich nur zurückweisen."

Zugleich verteidigte der Diplomat die Politik seiner Regierung gegen die kritische Haltung einiger Umweltschutzgruppen und linker Akteure aus Europa. Auch von dieser Seite war die Glaubwürdigkeit der Regierung von Präsident Correa wiederholt hinterfragt worden. "Die Haltung und die Motive der Regierung Ecuadors sind immer sehr transparent gewesen", entgegnete Jurado diesen Positionen im amerika21.de-Interview. Schon im Jahr 2007, als Präsident Rafael Correa die Yasuní-ITT-Initiative vor der UNO-Generalversammlung vorgestellt hatte, habe er sehr deutlich gesagt, dass Ecuador die Erdölressourcen werde fördern müssen, wenn das Vorhaben auf ungenügende Resonanz stoße. "In dieser Hinsicht kann man uns keine falschen Absichten oder Scheinheiligkeit vorwerfen. Wir haben die Optionen von Anfang an offengelegt, wir haben mit offenen Karten gespielt", so Jurado. Leider hätten die Industriestaaten Ecuador jedoch alleine gelassen.
Auch von progressiven Gruppen erwarte er nun neue Kritik, sagte der Botschafter. "Aber es ist eben leicht, vom Wohlstand aus die Länder des Südens zu kritisieren. Und es ist leichter, Steine zu werfen, als seine Arme hochzukrempeln und etwas aufzubauen", sagte Jurado. Er erwarte daher eine Welle negativer Urteile. "Es gibt hier in Europa leider viele Leute, auch in der Linken, die von jeher gegen die ecuadorianische Regierung gewesen sind, weil sie denken, dass man eine extraktivistische Politik von einem Tag auf den anderen einstellen kann", fügte er an. Ecuador sei durchaus auf dem Weg, diese Politik des Ressourcenabbaus einzustellen. Aber das brauche Zeit, "vielleicht 10 bis 15 Jahre".