(zas, 8.4.14) Vielleicht hören Sie ja hin und wieder das "Echo der Zeit" im Schweizer Radio SRF? Sie wissen, dort wo glänzende JournalistInnen ihr Bestes geben, um uns objektiv zu informieren und die Pressefreiheit zu verteidigen. Wie oft haben wir in letzterem Zusammenhang von SRF und all den anderen engagierten Medien nicht dankenswerterweise Informationen von Reporters sans Frontières (RSF) vermittelt bekommen, dieser grossartigen, topseriösen französisch-internationalen Watchdog-Organisation eben für die Pressefreiheit und das Recht auf ungefilterte Information!
Ja doch, da gab es immer welche, natürlich Linke, die was zu
nörgeln hatten (s. etwa Les
mensonges de Reporters sans frontières). Und das nur, weil RSF über die
Jahre nachgewiesenermassen von der National
Endowment for Democracy (NED) oder dem International
Republican Institute (IRI), Emanationen der US-Geheimdienste, oder von
CIA-kubanischen Organisationen in Miami Geld, viel Geld, erhalten hatte!
Und deswegen
sollten die brillanten RSF-Analysen über Diktatur und Meinungsunterdrückung in
Kuba oder Venezuela nicht klarster Objektivität entspringen! Welch kleinliches
Gezänk! Oder wenn RSF die Ermordung Invasions-kritischer Journalisten im Irak
jahrelang unter den Tisch wischt, dann soll irgendwer Schlechtes dabei denken?
Nicht die JournalistInnen von SRF und "all den andern Medien". Also auch nicht Charles Lieberherr. Er berichtet am 31. März über den neuen Bürgermeister der südfranzösischen Stadt Béziers, Robert Ménard. Ménard ist für den Front National Bürgermeister. Er vertrete ein rechtes Programm, weiss unser Reporter: Innenstadt säubern, Fremde raus etc. Ménard vertraut Lieberherr an, dass ihn jetzt manche mit "Monsieur Le Maire" ansprechen, was ihm, er gibt das offen zu, ein wenig komisch vorkommt. Denn schliess sagt er, der, wie uns Lieberherr nicht zu informieren unterlässt, "den Reportermantel locker über die Schulter" trägt: "Ich komme nicht aus dieser Politikerwelt."
Schade , Lieberherr hätte ja beim Stichwort Reportermantel noch was anderes assozieren können, weniger locker über die Schulter, sondern dass dieser Ménard 1985 RSF gegründet und bis 2008 präsidiert hat (anschliessend nahm er einen Job als Chef eines Pressefreiheitsvereins in Katar an, wo sonst?). Aber Übermenschliches darf man auch von SRF nicht verlangen. Natürlich hat Lieberherr gewusst, wen er da vor sich hatte. Aber am RSF-geschmierten Eigenlob der Mainstreammedien (Pressefreiheit, objektiv etc.pp.) sollte dann doch nicht gerüttelt werden. Ein Leuchtturm besagter Eigenschmiere als Bürgermeister des Front National …? Nun, vielleicht braucht es doch noch ein wenig Zeit, bis auch das beiläufigst verkleckert werden kann.
Jedenfalls hat der SRF-Reporter es vorgezogen, uns den Mann zu präsentieren, der so gar nicht aus "dieser Politikerwelt" kommt, als seine doch jahrelang gefeierten, von Mitterand, de Villepin und Washington unterstützten Verdienste um die Pressefreiheit auch nur im Nebensatz zu erwähnen.
Einfühlsam, diese Reportage. State of the art.