aus junge Welt
»Ein skandalöser Kotau vor den USA«
Schweizer
Credit Suisse weigert sich, Spende an Verein zur medizinischen Hilfe für Kuba
zu überweisen. Ein Gespräch mit Beat Schmid
Interview: Volker Hermsdorf
Beat Schmid
ist Koordinator von mediCuba-Suisse in Havanna. Der 1992 in Zürich gegründete,
gemeinnützige Verein wird von knapp 1600 Mitgliedern und 4600 Spendern getragen
und unterstützt Gesundheitsprojekte auf Kuba
Die US-Blockade gegen Kuba hat jetzt auch Ihre
Organisation getroffen. Was ist passiert?
Eines unserer Mitglieder wollte Anfang April den
Jahresbeitrag von 100 Franken aus Bern an unsere Zentrale in Zürich überweisen.
Am 14. April teilte die »Credit Suisse«, das ist die zweitgrößte Bank der
Schweiz, dem Auftraggeber mit, daß die Zahlung gelöscht und das Geld
zurückgeschickt worden war. In der Begründung hieß es, Credit Suisse habe sich
»zu höchsten ethischen Grundsätzen« verpflichtet. Demzufolge führe man keine
Zahlungen aus, »die von sanktionierten Ländern (…) kommen, an solche gehen oder
sonst einen Bezug zu solchen haben«. Der einzige Grund für die Ablehnung der
Überweisung von Bern nach Zürich in Schweizer Währung durch diese Schweizer
Großbank ist also der, daß der Empfänger »mediCuba« heißt. »Credit Suisse«
unterwirft sich damit freiwillig der von den Vereinten Nationen, der
Europäischen Union und der Schweizer Regierung verurteilten US-Blockade gegen
Kuba und deren exterritoriale Ausweitung.
Verfolgt mediCuba irgendwelche Ziele, die den
Vorgang erklären könnten?
MediCuba-Suisse ist ein legaler Verein, dessen
Gemeinnützigkeit vom schweizerischen Gütesiegel ZEWO anerkannt ist. Von 1992
bis 2012 wurden rund fünf Millionen Schweizer Franken, also knapp 4,1 Millionen
Euro, in verschiedene Gesundheitsprojekte auf Kuba investiert. Dazu gehören zum
Beispiel zwei HIV-Projekte, zwei zur Demenzvorbeugung und Unfallverhütung bei
älteren Menschen, die langjährige Zusammenarbeit mit dem kubanischen
Krebsinstitut und verschiedene Vorhaben in der Kindermedizin, aber auch der
fachliche Austausch und die Ausbildung kubanischer Spezialisten. Unsere Arbeit
wird von Medizinern und Wissenschaftlern in der Schweiz und weit darüber hinaus
geschätzt und gelobt. Sie wird von Privatpersonen aus allen Schichten, aber
auch von Bund, Kantonen und Gemeinden unterstützt.
Wie erklären Sie sich dann das Verhalten der Credit
Suisse?
Es ist ein Skandal, daß eine Privatbank einen
Geldtransfer in Schweizer Währung innerhalb der Schweiz wegen einer US-Sanktion
ablehnt, die Jahr für Jahr einmütig von aller Welt verurteilt wird. Im November
2013 hatten 188 der 193 UN-Mitgliedsländer und auch die Schweiz die sofortige
Beendigung der US-Blockade gefordert. Ich hoffe, daß die Bevölkerung, aber auch
die Medien und Politiker sich dagegen wehren und die Bank diese verfehlte
Politik korrigiert.
Halten Sie die Begründung der Bank für glaubwürdig?
In Anbetracht der unmenschlichen Auswirkungen der
US-Blockade besonders im kubanischen Gesundheitssektor halte ich es für
zynisch, daß sich die Credit Suisse bei ihrem skandalösen Kotau vor den USA
ausgerechnet auf »ethische Grundsätze« beruft. Geradezu pervers ist diese
Begründung aber angesichts der Geschichte dieser und anderer Schweizer Banken,
die jahrzehntelang die bei ihnen deponierten Gelder jüdischer Naziopfer und
Flüchtlinge nicht offengelegt und damit den Erben vorenthalten haben, die seit
Jahrzehnten ein sicherer Fluchthafen für das Blutgeld grausamer Diktatoren
sind, die bis zuletzt enge Beziehungen zum südafrikanischen Apartheid-Regime
pflegten und die bis heute willige Helfer beim Verstecken der Vermögen von
Steuerbetrügern aller möglichen EU-Länder sind. Wenn ausgerechnet eine solche
Bank es verhindert, daß ein engagierter Bürger 100 Franken für Gesundheitsprojekte
in einem Entwicklungsland überweisen kann, ist das für mich ein Mißbrauch
wirtschaftlicher Macht und moralisch abstoßend.
Was erwarten Sie jetzt?
Zunächst erwarten wir, daß dieser Vorgang in der
Schweiz und weit darüber hinaus bekannt wird. Wir denken, daß er so
schwerwiegend ist, daß sich auch europäische Politiker einschalten müssen.
Ansonsten hoffen wir, daß dadurch möglichst vielen Menschen der
menschenverachtende Charakter der US-Blockade gegen Kuba bewußt wird – und die
Tatsache, daß die Macht der USA so weit reicht, daß eine Schweizerin kein Geld
an einen gemeinnützigen Schweizer Verein überweisen kann.
___
Zu diesem Thema s. auch:
___
Zu diesem Thema s. auch: