Argentinien: American Airlines destabilisiert mit

Samstag, 20. September 2014



(zas, 19.9.14) In der letzten Correos-Nummer haben wir einige Aspekte des enormen und in vielen Aspekten neuartigen Finanzangriffs auf den argentinischen Reichtum beschrieben (Und es regnete Steine, Frösche und Schlangen). Ausgeführt von einigen mächtigen Hedgefonds,  abgesegnet von der US-Justiz(und gehorsam vom Medienmainstream begleitet. Hedgefonds unter ultrarechtem, mächtigem Kommando von US-Financiers wollen die argentinische Regierung zwingen, ihr bisheriges, etwas unabhängiges Schuldenmanagement zugunsten eines neuen Totalgehorsams den transnationalen Ausbeutungschefs gegenüber aufzugeben. Diese im Volksmund Geierfonds genannten Finanzgesellschaften haben nach dem Schuldendefault 2002 argentinische Schuldenpapiere zu einem Ramschpreis aufgekauft, beharren jetzt auf der Auszahlung des vollen Nominalwertes samt massiven Zinseszinsen und lassen zu diesem Zweck die argentinische Zahlungen an die grosse Mehrheit der (oft auch illegitimen) umschuldungswilligen Gläubiger von der US-Justiz blockieren.
Bisher ist die Rechnung dieser Fonds trotz massivem US-Druck nicht aufgegangen. Entsprechend wird die argentinische Regierung unter Cristina Fernández de Kirchner, im Lande meist Cristina oder CFK genannt, zum Feind. Eine Rezession mit Arbeitsplatzverlusten als Folge, manchmal auch durch gezielte Entkapitalisierung herbeigeführt, wird von den transnationalen und nationalen Rechten benutzt, um die ungenehme Regierung in die Enge zu treiben. Im Lande streuen Beauftragte der Geierfonds und die immer noch sehnsüchtig an die Militärdiktatur zurückdenkende Rechte Gerüchte, um die Wirtschaft zu destabilisieren und die populäre Präsidentin anzuschwärzen.
Ein Beispiel hat jetzt American Airlines (AA) geliefert. Der Multi hat soeben bekanntgegebenen, dass er in Argentinien nur noch Tickets für Flüge innert weniger als drei Monaten verkaufe. Das Rechtsblatt La Nación "erklärte" die Massnahme von AA gestern damit , dass der Zugang der Reisebüros etc. zu Dollars beschränkt sei und diese nicht auf Pesoguthaben sitzen bleiben wollen.
Ein kompletter Quatsch, wie gestern die argentinische Zentralbank klar stellte: In Argentinien werden täglich 24 bis 26 Mio. harte Dollars für Tourismus ausgegeben. Die Präsidentin ihrerseits stellte die AA-Massnahme in den Zusammenhang mit der Destabilisierungskampagne der Geierfonds und erwähnte , dass sich der Geschäftsführer der US-Botschaft vor wenigen Tagen die Sprachregelung der Hedgefonds zu eigen machte und von einem "Default" des Landes sprach,  was dem Mainstream-Journalismus so selbstverständlich ist wie es falsch ist: Argentinien hat (leider) seinen UmschuldungsläubigerInnen auch die bisher letzte Tranche von Juni 2014 über die vertraglich festgelegte Bank New York Mellon bezahlt, von Zahlungsstopp also keine Spur. Dass die US-Justiz dieses Geld dort eingefroren hält, ist einfach eine andere Sachlage als eine Zahlungsunfähigkeit oder – unwilligkeit.  
Für Cristina Fernández ist die AA-Massnahme auch eine Antwort auf das Vorgehen des argentinischen Aussenministeriums, die dem US-Botschaftsvertreter klar machte, dass weitere Einmischungen von Botschaftsangehörigen in Landesangelegenheiten Folgen im Rahmen der Wiener Konvention zeitigen würden (bis hin zum Rausschmiss aus dem Land). Aussenminister Héctor Timerman "bedauerte" überdies, dass Washington im Hedgefonds-Streik eine Einigung vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag ausgeschalgen hat und dass "die USA auch die Hoheit des Interamerikanischen Gerichtshofes und des Internationalen Strafgerichts nicht akzeptieren" (Página/12 vom 17. 9. 14).
Die Präsidentin warnte vor "Geiern mit Turbinen"
Cristina Fernández erinnerte im Zusammenhang mit der AA-Massnahme an einen angeblich der Vermittlung gewidmeten Besuch von Carlos Gutiérrez, ehemaliger Handelsminister von George W. Bush, letzten Monat, bei Kabinettschef Jorge Capitanich. Gutiérrez erwähnte dabei, so die Präsidentin, einen "5-Punkte-Plan" der Geierfonds, mit dem Ziel, "eine Gerüchtewelle zu lancieren, um eine wirtschaftliche Instabilität zu erzeugen und spekulative Angriffe voranzutreiben" (Página/12, 19.9.14). Die 5 Punkte beinhalteten, so CFK: 1. Angriffe auf die Figur der Präsidentin, 2. Gerüchtewelle zwecks Kreierung von Spekulationsattacken  insbesondere via den Schwarzmarktkurs des Peso, 3. Abschneiden des öffentlichen und des privaten Sektors des Landes vom internationalen Finanzmarkt, 4. Zeit gewinnen bis zu den Präsidentschaftswahlen Ende 2015, um dann bei einer Rechtsregierung alle Forderungen durchzubringen und 5.Medienschaffende aus dem In- und Ausland  für die eigene Propaganda anheuern und oppositionelle Polit- und Gewerkschaftskreise zwecks  Abnutzung der Regierung einsetzen.
"Was sagst du zu den Punkten 1 und 2? Jede Ähnlichkeit mit der Realität ist reiner Zufall. Wie im Kino, siehst du?", tweetete CFK gestern (id.). "Aber weisst du was? Diesen Film haben wir schon gesehen. Die Vorführung endete 2001, sehr schlecht. Verschuldung, Aushändigung des Reichtums, Elend und Tragödie für die Argentinier. Sie versuchen es wieder. Man muss auch sagen, mit grosser interner Kooperation." (id.)
Die Präsidentin sagte, nach seinem "Vermittlungsbesuch" habe man aus den US-Medien erfahren, dass der ehemalige US-Handelsminister Gutiérrez in der Anwaltskanzlei von Bill Clintons ehemaliger  Aussenministerin Madeleine Albright arbeite, welche von den Geierfonds in der Sache gegen Argentinien unter Vertrag genommen worden sei. Offenbar kam der Mann, um zu erpressen. Und wo doch die Welt so klein ist: Direktor von AA ist James F. Albaugh, der auch als Topberater  des führenden Hedgefund Blackstone Group fungiert. Blackstone gehört zu Gläubiger Argentiniens, die in die lukrative Umschuldung von 2005/10 eingewilligt haben.
So viel zur absehbaren Berichterstattung der hiesigen "unabhängigen" Medien, dass CFK wieder einmal Sündenböcke suche, um eigenes Versagen zu kaschieren.