(zas,
19.9.14) In der letzten Correos-Nummer haben wir einige Aspekte des enormen und
in vielen Aspekten neuartigen Finanzangriffs auf den argentinischen Reichtum
beschrieben („Und es
regnete Steine, Frösche und Schlangen“). Ausgeführt
von einigen mächtigen Hedgefonds,
abgesegnet von der US-Justiz(und gehorsam vom Medienmainstream begleitet.
Hedgefonds unter ultrarechtem, mächtigem Kommando von US-Financiers wollen die
argentinische Regierung zwingen, ihr bisheriges, etwas unabhängiges
Schuldenmanagement zugunsten eines neuen Totalgehorsams den transnationalen
Ausbeutungschefs gegenüber aufzugeben. Diese im Volksmund Geierfonds genannten
Finanzgesellschaften haben nach dem Schuldendefault 2002 argentinische
Schuldenpapiere zu einem Ramschpreis aufgekauft, beharren jetzt auf der
Auszahlung des vollen Nominalwertes samt massiven Zinseszinsen und lassen zu
diesem Zweck die argentinische Zahlungen an die grosse Mehrheit der (oft auch
illegitimen) umschuldungswilligen Gläubiger von der US-Justiz blockieren.
Bisher
ist die Rechnung dieser Fonds trotz massivem US-Druck nicht aufgegangen.
Entsprechend wird die argentinische Regierung unter Cristina Fernández de
Kirchner, im Lande meist Cristina oder CFK genannt, zum Feind. Eine Rezession
mit Arbeitsplatzverlusten als Folge, manchmal auch durch gezielte
Entkapitalisierung herbeigeführt, wird von den transnationalen und nationalen
Rechten benutzt, um die ungenehme Regierung in die Enge zu treiben. Im Lande
streuen Beauftragte der Geierfonds und die immer noch sehnsüchtig an die
Militärdiktatur zurückdenkende Rechte Gerüchte, um die Wirtschaft zu destabilisieren
und die populäre Präsidentin anzuschwärzen.
Ein Beispiel
hat jetzt American Airlines (AA) geliefert. Der Multi hat soeben bekanntgegebenen,
dass er in Argentinien nur noch Tickets für Flüge innert weniger als drei
Monaten verkaufe. Das Rechtsblatt La Nación "erklärte" die Massnahme von
AA gestern
damit , dass der Zugang der Reisebüros etc. zu Dollars beschränkt sei und diese
nicht auf Pesoguthaben sitzen bleiben wollen.
Ein
kompletter Quatsch, wie gestern die argentinische Zentralbank klar stellte: In Argentinien
werden täglich 24 bis 26 Mio. harte Dollars für Tourismus ausgegeben. Die
Präsidentin ihrerseits stellte die AA-Massnahme in den Zusammenhang mit der
Destabilisierungskampagne der Geierfonds und erwähnte , dass sich der
Geschäftsführer der US-Botschaft vor wenigen Tagen die Sprachregelung der
Hedgefonds zu eigen machte und von einem "Default"
des Landes sprach, was dem
Mainstream-Journalismus so selbstverständlich ist wie es falsch ist:
Argentinien hat (leider) seinen UmschuldungsläubigerInnen auch die bisher
letzte Tranche von Juni 2014 über die vertraglich festgelegte Bank New York
Mellon bezahlt, von Zahlungsstopp also keine Spur. Dass die US-Justiz dieses
Geld dort eingefroren hält, ist einfach eine andere Sachlage als eine
Zahlungsunfähigkeit oder – unwilligkeit.
Für Cristina
Fernández ist die AA-Massnahme auch eine Antwort auf das Vorgehen des argentinischen
Aussenministeriums, die dem US-Botschaftsvertreter klar machte, dass weitere
Einmischungen von Botschaftsangehörigen in Landesangelegenheiten Folgen im
Rahmen der Wiener Konvention zeitigen würden (bis hin zum Rausschmiss aus dem
Land). Aussenminister Héctor Timerman "bedauerte"
überdies, dass Washington im Hedgefonds-Streik eine Einigung vor dem Internationalen
Gerichtshof in Den Haag ausgeschalgen hat und dass "die USA auch die Hoheit des Interamerikanischen Gerichtshofes und
des Internationalen Strafgerichts nicht akzeptieren" (Página/12
vom 17. 9. 14).
Die Präsidentin warnte vor "Geiern mit Turbinen" |
Cristina
Fernández erinnerte im Zusammenhang mit der AA-Massnahme an einen angeblich der
Vermittlung gewidmeten Besuch von Carlos Gutiérrez, ehemaliger Handelsminister
von George W. Bush, letzten Monat, bei Kabinettschef Jorge Capitanich.
Gutiérrez erwähnte dabei, so die Präsidentin, einen "5-Punkte-Plan" der Geierfonds, mit dem Ziel, "eine Gerüchtewelle zu lancieren, um
eine wirtschaftliche Instabilität zu erzeugen und spekulative Angriffe
voranzutreiben" (Página/12,
19.9.14). Die 5 Punkte beinhalteten, so CFK: 1. Angriffe auf die
Figur der Präsidentin, 2. Gerüchtewelle zwecks Kreierung von
Spekulationsattacken insbesondere via
den Schwarzmarktkurs des Peso, 3. Abschneiden des öffentlichen und des privaten
Sektors des Landes vom internationalen Finanzmarkt, 4. Zeit gewinnen bis zu den
Präsidentschaftswahlen Ende 2015, um dann bei einer Rechtsregierung alle
Forderungen durchzubringen und 5.Medienschaffende aus dem In- und Ausland für die eigene Propaganda anheuern und oppositionelle
Polit- und Gewerkschaftskreise zwecks Abnutzung der Regierung einsetzen.
"Was sagst du zu den Punkten 1 und 2?
Jede Ähnlichkeit mit der Realität ist reiner Zufall. Wie im Kino, siehst
du?", tweetete CFK gestern (id.). "Aber
weisst du was? Diesen Film haben wir schon gesehen. Die Vorführung endete 2001,
sehr schlecht. Verschuldung, Aushändigung des Reichtums, Elend und Tragödie für
die Argentinier. Sie versuchen es wieder. Man muss auch sagen, mit grosser
interner Kooperation." (id.)
Die Präsidentin sagte,
nach seinem "Vermittlungsbesuch" habe man aus den US-Medien erfahren,
dass der ehemalige US-Handelsminister Gutiérrez in der Anwaltskanzlei von Bill
Clintons ehemaliger Aussenministerin Madeleine
Albright arbeite, welche von den Geierfonds in der Sache gegen Argentinien unter
Vertrag genommen worden sei. Offenbar kam der Mann, um zu erpressen. Und wo
doch die Welt so klein ist: Direktor von AA ist James F. Albaugh, der auch als Topberater
des führenden Hedgefund Blackstone Group
fungiert. Blackstone gehört zu Gläubiger Argentiniens, die in die lukrative
Umschuldung von 2005/10 eingewilligt haben.
So viel zur absehbaren Berichterstattung der hiesigen
"unabhängigen" Medien, dass CFK wieder einmal Sündenböcke suche, um
eigenes Versagen zu kaschieren.