09.12.2016 Argentinien / Politik
amerika21
Buenos Aires. Dreizehn Jahre
nach der Besetzung des Hotels Bauen im Zentrum von Buenos Aires hat
dessen Belegschaft einen Sieg errungen: Am vergangenen Donnerstag
verabschiedete der argentinische Senat mit 39 Für- und sieben
Gegenstimmen ein Enteignungsgesetz, das das Hotel zu öffentlichem
Eigentum macht und sein Verbleiben in Arbeiterhand legalisiert. Damit
wurde ein Parlamentsvotum von November 2015 bestätigt. Die
Belegschaftskooperative B.A.U.E.N, ihre 130 Arbeiter und eine breite
Solidaritätsbewegung hatten die Enteignung der Vorbesitzer seit Jahren
gefordert.
Unter dem Motto "Besetzen, Widerstand leisten,
produzieren" war das Hotel im März 2003 besetzt und wiedereröffnet
worden, nachdem der frühere Besitzer Solari es 2001 im Zuge der
Wirtschaftskrise in den Bankrott geführt, an das Unternehmen Mercoteles
S.A. verkauft und die Belegschaft entlassen hatte. Seither entwickelte
sich das 20-stöckige Gästehaus als Teil der Fabrikbesetzerbewegung zu
einem symbolträchtigen Ort: Mitten im Herzen der argentinischen
Hauptstadt entzogen die Aktivisten dort nicht nur ihre Arbeit der
Direktive des Kapitals, sondern schufen auch einen Ort der progressiven
Kultur und der Zusammenkunft von Arbeiter- und sozialen Bewegungen, so
die Arbeiterin und Aktivistin Elvira Jara.
Mercoteles S.A. hatte in den vergangenen Jahren immer
wieder versucht, die Räumung des Hotels zu erwirken. Diverse
Räumungsbefehle konnten jedoch nie durchgesetzt werden. "Die Zukunft
entscheidet sich eben auf der Straße", äußerte dazu die Arbeiterin Maria Delvalle
im Jahr 2007. Dass Mercoteles S.A. nun enteignet wurde, ist zum einen
der Ausdauer der Belegschaft zuzurechnen, zum anderen war die
Eigentumsfrage bereits lange umstritten.
Das Prestigeprojekt "Bauen" wurde 1978 während der
zivil-militärischen Diktatur von dem Unternehmer Marcelo Iurcovich
gebaut – in Vorbereitung auf die damals in Argentinien ausgetragene
Fußballweltmeisterschaft. Iurcovich erhielt dafür Millionenkredite von
der staatlichen Entwicklungsbank Banade, zahlte diese jedoch nie zurück.
1997 verkaufte er an Solari. Dennoch erhob die Familie Iurcovich bis
zuletzt Anspruch auf das staatlich subventionierte Hotel, weil
Mercoteles S.A. mehrheitlich den Iurcovichs gehört.
Die Kooperative hat sich die Vorgänge um den
Bankrott, Weiterverkauf und die Schuldenverschleppung erfolgreich
politisch zu Nutze gemacht. "Jetzt können wir nicht nur unsere
Arbeitsplätze erhalten, sondern ohne ständige Bedrohung Raum für soziale
und politische Organisationen schaffen", freut sich die Vorsitzende Maria Eva Lossada.
Senatoren der konservativen Partei Propuesta Republicana (Pro) des amtierenden neoliberalen Präsidenten Mauricio Macri stellten sich bis zuletzt gegen das Enteignungsgesetz.