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Privatuniversität der Jesuiten in Nicaragua geschlossen, neue staatliche Universität gegründet
Managua. Die Zentralamerikanische Universität in Nicaraguas Hauptstadt hat ihre Aktivitäten eingestellt. Das Zehnte Strafgericht von Managua hatte mit Urteil vom 16. August Vermögen und Bankkonten der von Jesuiten betriebenen Privathochschule beschlagnahmt.
Die UCA sieht in der Schließung eine Vergeltungsmaßnahme für ihr Engagement während des Aufstandsversuchs gegen die Regierung 2018.
Die Grundlage für die Schließung der Universität war laut Gericht, dass sie in den letzten drei Jahren keine Finanzberichte vorgelegt, keinen Verwaltungsrat benannt und verschiedene Gesetzesverstöße begangen habe.
Berichten zufolge, die sich auf Schilderungen der UCA beziehen, sei die Universität seit 2018 verschiedenen Repressalien seitens des für das Hochschulwesen zuständigen Nationalen Universitätsrats (CNU) und der Generaldirektion für Steuern (DGI) ausgesetzt gewesen. Verzögerungen im Akkreditierungsverfahren hätten sie demnach daran gehindert, ihre Registrierung gemäß den Richtlinien dieser Institutionen formell zu aktualisieren.
Dagegen beschreibt das eher regierungsnahe Online-Magazin Cuaderno Sandinista eine schon vor langem begonnene inhaltlichen Änderung in der Ausrichtung der UCA. Während der neoliberalen Regierung Violeta Barrios de Chamorro (1990 bis 1997) habe die Streichung der humanistischen Bildung, Änderung von Bildungsinhalten und Akzeptanz von Ungleichheit zwischen Staaten und sozialen Klassen angefangen. Ab 2007 sei die UCA genutzt worden, um von US-Behörden wie Usaid und Ned finanzierte "Leadership"-Kurse für Studentenführer anzubieten, die bei dem versuchten Staatsstreich 2018 eine Schlüsselrolle gespielt hätten.
Für 2020, 2021 und 2022 habe die UCA keine Finanzberichte vorgelegt, aus denen die Herkunft ihrer Spenden und die davon Begünstigten hervorgingen. Außerdem habe sie es versäumt, eine detaillierte Aufschlüsselung der Einnahmen und Ausgaben und Bilanzen vorzulegen, auch sei das Mandat des Verwaltungsrats am 18. März 2022 ausgelaufen und nicht verlängert worden, so das Magazin.
Der Generalobere der Jesuiten, Pater Arturo Sosa, verurteilte das Vorgehen der Regierung scharf. Die Anschuldigungen gegen die UCA seien "komplett falsch und ohne Fundament". Die Regierung habe den Verantwortlichen der Universität und des Ordens das "Recht auf die legitime Verteidigung" ihrer Interessen verweigert, so Sosa.
Vergangenen Woche hob das Innenministerium auch den Rechtsstatus der Gesellschaft Jesu in Nicaragua, der Organisation des Jesuitenordens, auf und beschlagnahmte ihr Vermögen. Laut Ministerium hätten die Jesuiten ihre Finanzberichte für die Jahre 2020, 2021 und 2022 nicht vorgelegt. Unter die Beschlagnahme fallen auch vier von ihnen betriebene Schulen.
Obwohl die UCA eine von den Jesuiten geführte Privatuniversität war, hatte sie von 1987 bis 2022 die gleiche staatliche Förderung wie die öffentlichen Universitäten erhalten, obwohl die Verfassung dies nicht vorsieht. Im März 2022 ordnete das Parlament an, der UCA diese Förderung zu entziehen.
Die Regierung kündigte als Ersatz für die geschlossene Zentralamerikanischen Universität die Gründung einer neuen staatlichen Hochschule auf dem von der UCA beschlagnahmten Gelände an. Sie wird den Namen Casimiro Sotelo tragen, zu Ehren eines rebellischen Studenten, der 1967 von der Nationalgarde Anastasio Somozas getötet wurde. Der Vorlesungsbetrieb soll am 25. September aufgenommen werden.
Als Rektor wurde Alejandro Genet Cruz, bisher Dekan der Fakultät für Erziehungswissenschaften an der Universidad Nacional Autónoma de Nicaragua (Unan) eingesetzt. Die neue Universität werde das Modell der Unan übernehmen, kostenlos sein und Studienmöglichkeiten für Studenten aus allen Teilen des Landes anbieten, sagte Cruz.
In der Casimiro Sotelo können sich laut dem Universitätsrat alle bisherigen Studenten der UCA einschreiben. Andere Privatuniversitäten wie die Amerikanische Universität hatten die Immatrikulation von UCA-Studenten abgelehnt.