(zas, 17.1.25) Es lohnt sich irgendwie halt doch, den Artikel A Euphoric Tech-Industry Is Ready to Celebrate Trump and Itself in der New York Times von gestern zu lesen. Es geht darin um die tollen Feste, Diners (Einladung für $ 100'000) und anderen Spektakel, die eine Woche lange den Trump-Sieg feiern sollen. Ganz vorne dabei: Silicon Valley und die Krypto-Mafia. Man erfährt, welche einschlägigen Grössen an welcher Party teilzunehmen gedenken.
The venture capitalist Peter Thiel is set to co-host a black-tie Saturday evening party at his Washington home. |
Der Titel – Euphorische Tech-Industrie feiert ihren Sieg - ist leider besser als der Inhalt. Name reiht sich an Name, voyeuristischer Klatsch ähnlich wie jedes Jahr bei einer zeremoniellen Präsentation der Liste der Superreichen. Nur nichts dazu, warum Silicon Valley, doch vor kurzem noch als Ausbund liberaler Gesinnung dargestellt, heute bei der Ultrarechten mittanzt. Überraschung? (Kollaboration IBM / Gestapo zwecks Judenerfassung? War da mal was?) Besser ein wenig Smalltalk, denn würde die gestellte Frage über Politklatsch (wer geht mit wem?) hinaus gehen, könnte die Idee aufkommen, dass der der Technofaschismus Teil des Faschismus ist. Technofaschismus? Nur wegen einer Überwachung, die «1984» zum technisch beschränkten Rumstümpern degradiert? Und der auch die letzten biederen Ämter und staatlichen Unternehmen zuarbeiten? Wegen Clouds und KI in Genozid- und anderen Kriegen? Oder weil der Faschismus in den USA jetzt hemmende staatliche Regulierungen auch im IT-Bereich liquidieren will? Bitte nicht unhöflich werden!
Doch der Artikel evoziert Bilder von Szenen im königlichen Palast, die von hofeigenen Dichtern einem staunenden Volk zwecks Ah und Oh gefüttert wurden. Er hebt sich nicht gross vom Niveau von Revues ab, oder von Berichten «respektierter» Medien über die letzten Abenteuer einer Buckingham-Familie.
Kein Zufall. Eine alte, oft geleugnete Geschichte, die innige Liaison von Kapitalismus und Feudalismus gegen die Unterklassen. Sie wollte einem von einer «gesellschaftlichen Sprengkraft» der Produktivkräfte eingenommenem Marx nicht in den Kopf, ist heute aber fast sinnlich greifbar. Etwa, wenn ein Elon Musk sich fragt, ob Washington England (also Musks Faschokumpels) nicht von Keir Starmer befreien sollte. Auf den Lithiumputsch von 2019 in Bolivien angesprochen, hatte er getweetet: «We coup whoever we want». Die neuen Adligen sind die sogenannten Superreichen. Sie haben in den USA Trump portiert und die als Project 2025 gestreute neue Regierungsdoktrin formuliert, für deren Schaltstellen sie sich aus ihren Kreisen bedienen: Zerschlagung des Sozialstaatlichen, Steuersenkungen für die Unternehmen, unitay executive[i] (Justiz, Sicherheitsapparate, weitgehend das Parlament, alle staatlichen Instanzen, unterstehen dem Befehl des Präsidenten), weitgehende Abschaffung staatlicher Regulierungen (Umwelt, Energie Technologie, Erziehung), Ideologiemanagement der Bevölkerung (möglichst auch im Ausland) über social media[ii], Durchsetzung ultrareaktionärer «Familienwerte», «Schleisst MigrantInnen», US-Kriege nur aus wirtschaftlicher Logik, Aussenpolitik entlang unverblümt nationalistischer Vormachtsinteressen (Trump zu Grönland oder zum «Heimholen» des Panama-Kanals)…
Klar, das kommt manchmal plump daher, manche Egoshow überzeugt nicht wirklich. Doch wir verstehen das frohe Aufatmen in hiesigen Wirtschaftsredaktionen, wenn Trump, Musk etc. Kompetenz zeigen und sich für Aufenthaltsbewilligungen für benötigte Fachkräfte aussprechen, Wutausbrüchen in tumben Sektoren der eigenen Basis zum Trotz. Etwas Faschismus, kann nicht schaden, wenn er eingebunden ist.
[i] https://truthout.org/articles/trump-is-using-unitary-executive-theory-in-his-bid-to-amass-supreme-power/
[ii] Am Tag, als die Medien die Nachricht von der Meinungsfreiheit-gesponsorten Abschaffung der sogenannten fact checks in X und Facebook verbreiteten, sperrte Facebook, das in El Salvador mit Abstand wichtigste social medium, den Account von Movir, Diese Selbsthilfeorganisation verlang Auskunft über ihre im andauernden «Ausnahmezustand» gefangen genommenen und seither unauffindbaren Angehörigen. Die dortige Diktatur hofft auch für ihre krypto-mafiöse Zukunft auf Trump.