Mexiko registriert in 100 Tagen der Regierung Sheinbaum 4.000 Verschwundene

Montag, 20. Januar 2025

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Bewegung für unsere Verschwundenen in Mexiko: "Ich werde dich immer suchen ‒ im Himmel, zu Wasser und zu Land"
Bewegung für unsere Verschwundenen in Mexiko: "Ich werde dich immer suchen ‒ im Himmel, zu Wasser und zu Land"

Mexiko-Stadt. In den ersten 100 Tagen der Regierung von Claudia Sheinbaum haben die mexikanischen Behörden im Schnitt täglich 40 Fälle von vermissten Personen registriert, deutlich mehr als während der Vorgängerregierung.

Diese alarmierende Statistik des Nationalen Registers der verschwundenen und vermissten Personen gab der auf das Thema spezialisierte Blog "Wohin gehen die Verschwundenen" bekannt. Seit Sheinbaums Amtsantritt am 1. Oktober 2024 bis zum 8. Januar dieses Jahres gelten gemäß diesen offiziellen Zahlen 4.010 Menschen als verschwunden, darunter 1.259 Frauen.

Unter Sheinbaums Vorgänger Andrés Manuel López Obrador lag die Zahl der Opfer dieses Delikts im Tagesdurchschnitt bei 25 Personen. López Obrador ordnete 2023 eine Überprüfung der Datenbasis aller Verschwundenen an. Tatsächlich haben die Behörden von den damals insgesamt 110.964 Datensätzen ganze 16.681 Vermisste tot oder lebendig aufgefunden. Die politisch brisante Gesamtzahl sank somit kurzfristig auf unter 100.000 Vermisste.

Diese nicht unumstrittene Bereinigung der Datenbank (einzelne Fälle von Verschwundenen wurden aus dem Register gestrichen, obwohl ihre Familien keine Nachricht über deren Verbleib hatten) änderte nichts daran, dass stetig neue Fälle auf die Vermisstenliste kamen, Tendenz steigend. Im Jahr 2024 registrierten die Behörden mit 13.627 Opfern einen neuen Rekord.

Zu diesen dramatischen Zahlen kommen noch die mehr als 72.100 bisher nicht identifizierten Leichen hinzu, die zwischen 2006 und 2023 in die gerichtsmedizinischen Dienste eingeliefert wurden, davon 48 Prozent während der Präsidentschaft von López Obrador.

Die Regierung Obrador habe ihr Versprechen, die Suche nach vermissten Personen zur "obersten Priorität" zu machen, nicht erfüllt, bedauerten die zahlreichen Kollektive der Angehörigen, welche vermisste Personen suchen.

Und auch Sheinbaum hält sich bisher von den Kollektiven fern. Laut Grace Fernández, einer Vertreterin der Dachorganisation "Bewegung für unsere Verschwundenen in Mexiko", hätten die Kollektive nach der hoffnungsvollen Wahl Sheinbaums "sehr schnell" besorgt gemerkt, dass sie bei deren Politikgestaltung nicht einbezogen würden.

Offen ist auch, ob das staatliche Register der Verschwundenen die Realität, insbesondere in von der organisierten Kriminalität stark betroffenen Bundesstaaten, wirklich abbildet.

Reynalda Pulido, die Gründerin des Kollektivs "Mütter kämpfen für deine Rückkehr nach Hause" in der Stadt Culiacán, Bundesstaat Sinaloa, geht davon aus, dass eine große Zahl von Verschwundenen aufgrund des Misstrauens gegenüber den Behörden nicht gemeldet werden. Sie fühlt sich von der Bundesregierung bei der Suche nach den Angehörigen "allein gelassen" und bedauert, dass das Kollektiv aufgrund der anhaltenden Gewalt in Sinaloa seit zwei Monaten keine Suchaktionen mehr durchführen konnte.

Links:
[1] https://amerika21.de/image/25708
[2] https://movndmx.org/
[3] https://adondevanlosdesaparecidos.org/2025/01/14/sheinbaum-100-dias-y-4000-desapariciones/
[4] https://adondevanlosdesaparecidos.org/2024/11/01/sheinbaum-mantiene-censo-de-personas-desaparecidas-y-elude-dialogo-con-buscadoras/