Zürich, vor dem 1. Mai: Veranstaltungen zu Mexiko und Honduras

Mittwoch, 27. April 2011

Soziale Bewegungen in Mexiko
Veranstaltung: Fr 29. April, 20 Uhr im Zeughaus 5 (Kaserne)
Organisiert von „Direkte Solidarität mit Chiapas“
Die Berichterstattung zu Mexiko wird vom Drogenkrieg dominiert. Die vielfältigen Protestbewegungen und Mobilisierungen werden ausgeblendet. Gründe der Auseinandersetzungen sind oft die Landfrage, die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen, eine gerechte Verteilung der Ressourcen und der Kampf gegen Gewalt, Korruption und Straflosigkeit im Land. Die Gruppe «Direkte Solidarität mit Chiapas» präsentiert Brennpunkte verschiedener sozialer Bewegungen in Mexiko (APPO, EZLN, La Otra, Atenco, etc.). Schwerpunkt wird die Landfrage anhand eines Beispieles der Zapatistas sein. Mit Film «Tierra Sagrada» (Mexico 2000, 18').

Fotoausstellung: Protest in Mexiko, Fr 29. April bis So 1. Mai im Zeughaus 5

AktivistInnen verschiedenster Gruppen versuchen auf sich aufmerksam zu machen, um ihre ureigensten Interessen und Rechte durchzusetzen. Die Fotoausstellung zeigt diese Menschen, Gruppen und Bewegungen. Sie gibt ihnen ein Gesicht und will die sozialen Kämpfe in Mexiko in ihrer Existenz und Widersprüchlichkeit sichtbar machen.
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Honduras – der Widerstand lebt
Veranstaltung mit
René Amador Padilla
Mitglied der Widerstandsfront FNPR
Sa., 30. April 2011, 12h, Glaspalast (Kaserne)
organisiert von: Red Latinoamericana, Solifonds, Zentralamerika-Sekretariat

Honduras ist seit dem Putsch von Juni 2009 ein Versuchslabor für besonders reaktionäre Politik. Doch trotz mörderischer Repression nimmt der Widerstand zu. Das internationale mediale Schweigen über die zugespitzte Lage dient den Putschkräften. Es gehört zur Strategie der Einkreisung  des Aufbruchs im Südkontinent.


«Quién dijo miedo» (Arg/Hon 2010)
Samstag, 30.4.11., 15h30
Infoladen Kasama, Militärstr. 87a (Hinterhof, neben Radio LoRa)

Ein Dokumentarfilm der Frauenrechtsaktivistin Katia Lara über Putsch und Widerstand in Honduras, englisch untertitelt

Honduras: Internationale Lösung oder Falle?

Ein Bericht zu einem neuen internationalen Lösungsversuch zu Honduras und ein Kommentar des ZAS. ________

 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149708

Putsch-Opfer Zelaya könnte nach Honduras zurückkehren

Demokratiebewegung geht von Heimkehr aus dem Exil in den kommenden Wochen aus. Verhandlung von Hugo Chávez

Harald Neuber

Der vor zwei Jahren bei einem Putsch gestürzte Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, könnte in den kommenden Wochen aus dem Exil zurückkehren. Das erklärte das zentrale Bündnis der Demokratiebewegung (http://www.resistenciahonduras.net/ FNRP] in Tegucigalpa, der Hauptstadt des mittelamerikanischen Landes.
Die mögliche Repatriierung des liberalen Politikers ist das Ergebnis eines Vermittlungsprozesses mit Hilfe der Präsidenten von Kolumbien und Venezuela, Manuel Santos und Hugo Chávez. Die FNRP, der Zelaya vom Exil in der Dominikanischen Republik aus vorsteht, erklärte indes, sie vertraue auf die Mediation des venezolanischen Staatschefs.
Chávez war am vorletzten Wochenende in der kolumbianischen Hafenstadt Cartagena mit dem honduranischen De-facto-Präsidenten Porfirio Lobo zusammengekommen. Der Befürworter des Putsches hatte auf Einladung des kolumbianischen Präsidenten Manuel Santos an einem Treffen mit Chávez teilgenommen. Zentrales Thema war die Wiederaufnahme des mittelamerikanischen Landes in die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), aus der Honduras nach dem Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung von Manuel Zelaya ausgeschlossen worden war. Mit der Ächtung der Putschisten widersprach die OAS zugleich deren Darstellung, mit dem Putsch sei der illegale Versuch Zelayas unterbunden worden, die Verfassung zu ändern. Diese Darstellung hatte unter anderem auch die deutsche FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung übernommen.
Mit der nun vermittelten Annäherung versuchen beide Konfliktparteien in Honduras ihre Probleme zu lösen. Die De-facto-Regierung von Lobo ist durch die politische Isolation von wichtigen Finanzströmen abgeschnitten und kann immer weniger Löhne und Gehälter zahlen, was intern zu wachsenden Konflikten führt. Der FNRP wiederum ist es nicht gelungen, sich im Land durchzusetzen und die demokratischen Kräfte hinreichend zu einen. Durch die laufenden Verhandlungen erhoffen sich beide Seiten offenbar neue Impulse.
Nach Chávez Angaben hat sich Staatschef Porfirio Lobo bei dem Treffen in Cartagena zu Zugeständnissen bereit erklärt. Diese Zusagen gelte es jedoch noch schriftlich und verbindlich festzuhalten. Bei dem Treffen in Caracas nun formulierte Zelaya die Bedingungen des Demokratiebündnisses. Zunächst müsse die demokratische Ordnung über eine verfassunggebende Versammlung wieder hergestellt werden. Alle Opfer des Putsches müssten frei nach Honduras zurückkehren und die FNRP als legitime politische Kraft anerkannt werden. Als vierte Forderung nannte Zelaya den Respekt vor den Menschenrechten.
Die Entwicklung zeige, so der liberale Politiker weiter, dass sich die Putschisten geirrt haben. Es sei ihnen mit seinem Sturz Ende Juni 2009 nicht gelungen, "eine politische, friedliche und soziale Bewegung zu stoppen, die sich für die Freiheit unserer Gesellschaften einsetzt".

Anmerkung ZAS: Innerhalb der Widerstandsfont FNPR hat diese Entwicklung nicht nur Freude ausgelöst. Kritisiert wird, dass an dem Treffen von Chávez mit Zelaya, dem FNPR-Vizekoordinator Juan Barahona und anderen Kadern der Resistencia intern nie diskutierte Beschlüsse gefasst worden seien. Zudem sei das Ganze eine Initiative des kolumbianischen Präsidenten Santos, also Washingtons, der sich Chávez angeschlossen habe. Sie solle dem isolierten De-facto-Regime die dringend benötigte internationale Anerkennung und den Zugang zu billigem venezolanischem Öl im Rahmen von Petrocaribe ermöglichen. Im Gegenzug werde der FNPR als politische Kraft "anerkannt", um an den nächsten Wahlen teilzunehmen. Dies sei aber für die Resistencia nie die zentrale Frage gewesen. 
FNPR-Vizekoordinator Juan Barahona und Hugo Chávez

Tatsächlich hat sich am FNPR-Kongress von Ende Februar 2011 knapp jene Tendenz durchgesetzt - ironischerweise dank der Unterstützung des populären Mel Zelaya - die auf eine Kräfteakkumulierung in den gesellschaftlichen Kämpfen und eine selbst einberufene Verfassungsgebende Versammlung als Auftakt zu einem längerem Prozess der Machtgewinnung von unten setzt. Die knapp unterlegene Fraktion, die sich jetzt mit Zelaya als Koordinator des FNPR mit Chávez getroffen hat, hält demgegenüber das "Schielen" auf einen aufständischen Prozess angesichts der gegebenen Machtverhältnisse für illusionär und orientiert angesichts des tief in der Bevölkerung verankerten Glaubens an Wahlen auf eine Wahlbeteiligung, allerdings unter bestimmten Voraussetzungen. Dazu gehören Wahlreformen, Respektierung der Menschenrechte, die Rückkehr der über 200 zur Flucht gezwungenen Oppositionellen inklusive Zelayas und insbesondere eine Verfassungsgebende Versammlung. Es ist unklar, wieweit diese Punkte bis auf die Rückkehrfrage in der von Chávez arrangierten Version berücksichtigt werden. Und natürlich bleibt offen, wieweit sich der doppelzüngige De-facto-Präsident Lobo an solche Vorgaben gehalten sieht und erst recht, ob die faktischen Mächte im Land ausser der US-Botschaft eine solche Entwicklung überhaupt in Betracht ziehen.

Support für eine von Santos und Chávez vorgespurte Lösung kommt von den lateinamerikanischen Regierungen. Die Hoffnung Lobos, dass die OAS-Versammlung  von Anfang Juni in El Salvador seine Regierung wieder als Vollmitglied aufnimmt, dürfte jedoch verfrüht sein – es sei denn, Chávez kippe auch in dieser Frage auf die Seite seines neuen Freundes in Bogotá (vgl. Venezuela: Chávez liefert Verfolgten an kolumbianisches Regime aus). Das dürfte aber unwahrscheinlich sein – er und die ALBA-Regierungen müssen gegen Putschdynamiken vorgehen und können sich nicht mit ein paar leeren Versprechen und maximal der Rückkehr Zelayas nach Honduras zufrieden geben.

Für den FPRN stellt die neue Situation zweifellos eine delikate Angelegenheit dar. Viel wird davon abhängen, wie sehr insbesondere ein Stopp der extremen Repression und ein realer Prozess hin zu einer Verfassungsgebenden Versammlung, die sich nicht auf ein paar nebensächliche Reformen beschränkt, durchgesetzt werden können. Doch angesichts der Machtverhältnisse im Land und der mit dem Putsch entfesselten kapitalistischen Offensive scheinen genau diese Punkte vorderhand nicht durchsetzbar. Sollte die Chávez-Vermittlung mit Zustimmung Zelayas und anderer Kräfte im FNPR ungeachtet eines faktischen Stopps auf dieser Ebene aber dennoch weitergehen, dürfte die Resistencia vor der grössten Zerreissprobe stehen. Bisher aber, und das lässt hoffen, sind sich die Compañeras und Compañeros des FNPR, bei allen inhaltlichen Divergenzen, mit grossem Takt und mit starker Solidarität begegnet.


Venezuela: Chávez liefert Verfolgten an kolumbianisches Regime aus

Dienstag, 26. April 2011

(zas, 26.4.11) Am 23. April reiste ein schwedischer Bürger kolumbianischer Abstammung in Venezuela ein und wurde wegen FARC-Mitgliedschaft festgenommen. Am 25. April lieferte ihn Hugo Chávez dem kolumbianischen Folterregime aus.

„Dieser Fall ist eine weitere Demonstration dafür, wie flüssig und wirksam diese Zusammenarbeit  ist“, freute sich der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos letzten Samstag (El Tiempo, 23.04.11). Stunden zuvor hatte Venezuelas Präsident den schwedischen Bürger kolumbianischer Abstammung Joaquín Pérez Becerra verhaften lassen. Das Blatt berichtete weiter: „Santos erzählte, dass er sich gestern mit Präsident Hugo Chávez telefonisch in Verbindung gesetzt habe, um ihn zu bitten, ein als „Alberto Martínez“ bekanntes Mitglied der FARC zu verhaften, der mit einem Flug aus Frankfurt (Deutschland) in Caracas ankomme. ‚Ich gab ihm den Namen und bat ihn, bei der Verhaftung zu helfen. Er zögert keinen Moment’, sagte der Präsident, der anfügte, er habe heute morgen erneut mit Chávez telefoniert, um ihm für die Verhaftung des Guerillero zu danken“.

Aus einer ersten Stellungsnahme der venezolanischen Regierung: „Die Regierung der Bolivarischen Republik von Venezuela informiert, dass am 23. April 2011 im internationalen Flughafen Simón Bolivar von Maiquetia der kolumbianische Staatsbürger Joaquín Pérez Becerra mit dem Identitätsausweis 16.610.245 … festgenommen wurde. [Er] wird von den Justizorganen der Republik Kolumbien über die rote Liste von Interpol wegen … Terrorismusfinanzierung und Verwaltung von Ressourcen im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten gesucht … Die bolivarische Regierung bekräftigt ihre unwiderrufbare Verpflichtung zum Kampf gegen den Terrorismus, die Kriminalität und das Organisierte Verbrechen in strikter Erfüllung der internationalen Verpflichtungen und Kooperation, unter den Prinzipien  von Frieden, Solidarität und Respektierung der Menschenrechte“.

Das ist mehrmals falsch . Becerra hat seit 1994 Asyl in Schweden und gab bei seiner Einbürgerung in Schweden vor 10 Jahren seine kolumbianische Nationalität auf. Der im Communiqué erwähnte kolumbianische Ausweis ist schon längst verfallen; die Chávez-Behörde gab einfach wieder, was ihr die kolumbianische Dienste fütterten. Nur noch bitterer Hohn ist der Verweis auf die „Respektierung der Menschenrechte“.

Wer ist Joaquín Pérez Becerra Carlos Lozano, Chefredaktor des kolumbianischen KP-Blattes La Voz und international geachteter Vermittler im kolumbianischen Konflikt, sagt: „Pérez Becerra ist Direktor des Internetportals Anncol mit Sitz in Schweden, das mit Bewilligung der Regierung jenes Landes operiert. Man kann mit dem Stil von Anccol und mit einigen Veröffentlichungen nicht einverstanden sein, aber dies macht ihren Direktor nicht zum Terroristen oder zum FARC-Mitglied. Anncol verheimlicht ihre Sympathie für die Guerillagruppe nicht und hat das Recht dazu. Es handelt sich um eine freie Meinungsäusserung bei der Ausübung der alternativen Kommunikation“. Joaquín Pérez Becerra war vor seiner Flucht nach Schweden für die damalige Linkspartei Unión Patriótica (UP) Mitglied der Gemeinderegierung von Corinto im Departement Valle del Cauca. Sämtliche der 1988 gewählten UP-BürgermeisterInnen wurden in den folgenden Jahren vom Staatsterrorismus ermordet, dito hunderte von anderen UP-Mitglieder von Gemeindeexekutiven – insgesamt wurden 4000 oder 5000 UP-AktivistInnen „eliminiert“.  Joaquín Pérez’ Gattin wurde damals von den Paramilitärs entführt.
Joaquín Pérez Becerra bei seiner Auslieferung

Anncol wird vom kolumbianischen Repressionsapparat schon seit langem als organischer Propagandaarm der FARC dargestellt. Meist werden als Beleg für diese These „Emails aus dem Computer von Raúl Reyes“ genannt. So auch jetzt im Fall des von Chávez an seinen Freund Santos ausgelieferten Journalisten. Dies ungeachtet der bekannten Tatsache, dass an den fraglichen Datenträgern reihenweise Änderungen vorgenommen worden waren, bevor sie als „Beweise“ gegen zahllose Linke präsentiert wurden. Angeblich sollen sie beim Angriff 2008 auf ein von Reyes kommandiertes FARC-Lager in Ecuador unbeschädigt, trotz extremem Bombardement, erbeutet worden sein. Selbst der für die Auswertung der „Reyes-Computer“ zuständige Staatsschutzkader gab vor Gericht zu, die daraus gewonnenen „Informationen“ manipuliert waren (s. Kolumbien: Bulle gesteht, „FARC-Beweise“ manipuliert zu haben). Derzeit veröffentlicht die kolumbianische Presse gerade „FARC-Emails“, welche die Mitgliedschaft von Pérez Becerra untermauern sollen. Was Santos & Co.  real nerven dürfte, ist dass Anncol anscheinend die am viertmeisten aufgerufenen Kolumbien-Site ist.

Diesen Mann also liess Chávez verhaften und nicht ausliefern, sondern … deportieren. So drückte sich der kolumbianische Innenminister Germán Vázquez Lleras gestern in der Zeitung El Espectador aus. Tatsächlich spottet das venezolanische Blitzprozedere jeder Beschreibung.  Pérez Becerra war in den Räumlichkeiten des Geheimdienstes Sebin incomunicado gehalten, ohne Kontakt zu einem Anwalt. Seine Aushändigung an das Folterregime erfolgte vielleicht deshalb so rasch und ohne auch nur einen Hauch von ordentlichem Verfahren, weil sich offenbar selbst die schwedische Botschafterin für ihren Bürger eingesetzt hatte. Wäre es zu einem rechtsstaatlichen Verfahren gekommen, hätte das kolumbianische Begehren wohl keine Chance gehabt.

Es ist nicht die erste Auslieferung an die Folterer in Bogotá, die Chávez zu verantworten hat. Seit dem Amtsantritt von Santos und den folgenden Freundschaftsbeteuerungen der beiden Präsidenten ist es dreimal zu Auslieferungen mehrerer angeblicher Mitglieder des ELN und der FARC an Kolumbien gekommen. Umgekehrt hat Santos vor wenigen Tagen einen in Venezuela wegen Mordes gesuchten Drogenhändler an Caracas ausgehändigt. Im März 2010 liess Chávez den deutsch-baskischen Aktivisten Walter Wendelin nach Spanien ausliefern – Wendelin war ein bekannter Aktivist von Askapena, der internationalen Politsolidaritätsorganisation aus dem Umfeld von Herri Batasuna. In Spanien werden baskische Militante, ob ETA-Mitglieder oder nicht, im Normalfall gefoltert. Amnesty International und der UNO-Sonderberichterstatter zu Folter belegen dies regelmässig, wenn auch folgenlos. Die über 7000 politischen Gefangenen in Kolumbien gehören zu den „Glücklichen“, die die Folter lebend überstanden haben.

Als die Schweiz das frühere PKK-Leitungsmitglied Mehmet Esiyok an Ankara ausliefern wollte, war der Widerstand dagegen so gross, dass der Bundesrat sich von den türkischen Behörden die Zusicherung geben lassen musste, Mehmet nicht zu foltern, was von der Schweizer Botschaft überprüft werden dürfe. Das auslieferungsgierige Bundesbern musste sich in der Folge vorhalten lassen, nur zu gern den Lügen der Folterer glauben zu wollen. Mit Erfolg: Mehmet Esiyok wurde nicht ausgeliefert. Es schmerzt tief, sagen zu müssen, dass es in einem rassistischen, reaktionären Staat wie der Schweiz möglich ist, unter sehr günstigen Voraussetzungen eine Auslieferung an ein Folterregime zu verhindern, während im linken Venezuela die chavistische Solidarität mit dem kolumbianischen Widerstand zur Kollaboration mit seinen Massakrierern geworden ist.

Es ist zu befürchten, dass der Entscheid im Falle von Joaquín Pérez Becerra neue „Trends“ setzt. Denn in diesem Fall wäre es Chávez sehr einfach gefallen, die Auslieferung zu verweigern: ein seit langem naturalisierter schwedischer Bürger, Überlebender des in Lateinamerika noch immer unvergessenen Massakers an der UP; ein seit fast 20 Jahren in Schweden lebender Journalist, der ungehindert in Europa reisen konnte … Und, nicht minder wichtig, in diesem Fall hatten venezolanische Linksorganisationen sofort reagiert: mit öffentlichen Erklärungen gegen die Auslieferung wie etwa jener des Gewerkschaftsdachverbandes Unete und mit Protestkundgebungen vor Regierungsgebäuden.

Was ist los mit der Regierung Chávez? Erpressung?. So gibt es in den spanischen Medien unter Führung von El País seit langem eine Hetze für die Auslieferung des venezolanischen Bürgers baskischer Herkunft Arturo Cubillas, der zusammen mit anderen ehemaligen ETA-Häftlingen 1989 auf Ersuchen von Felipe González von der damaligen venezolanischen Regierung aufgenommen wurde. Cubillas arbeitet heute im Agrarministerium. Der klassisch franquistische Richter Eloy Gutiérrez vom Staatssicherheitsgericht Audiencia Nacional beschuldigt Cubillas, mit höchster Protektion seitens der Chávez-Administration ein zentrales Bindeglied zwischen FARC und ETA zu sein. Er stützt sich dabei auf Aussagen zweier ETA-Mitglieder, die sie unter Folter gemacht und schon längst wieder zurückgezogen haben, und auf Beweise aus … dem „Computer von Raúl Reyes“.  Diesen April hatte José Luis Zapatero seinen kolumbianischen Amtskollegen Santos in der Moncloa empfangen. Der spanische Premier kündigte an der Pressekonferenz auf eine Frage an, Chávez wegen der Auslieferung Cubillas’ „unter Druck zu setzen“ und Santos bot seine guten Dienste an … (Francisco, der Bruder des kolumbianischen Präsidenten, war unter dessen Vorgänger Uribe Vizepräsident und zuvor während zweier Jahre Subdirektor von El País vom Prisma-Konglomerat (PSOE-Tendenz) gewesen. Die wichtigste kolumbianische Tageszeitung El Tiempo, jahrelang im Besitz der superreichen Familie Santos, gehört jetzt dem spanischen Medienkonzern Planeta (PP), aber für ihre Editoriallinie sind nach wie vor die Santos zuständig.)

Dass es Beziehungen zwischen den bolivarischen Bewegungen in den beiden historisch besonders verbundenen Ländern gegeben hat, ist klar. Kolumbianische Guerillamissionen waren schon offiziell von Chávez empfangen worden. In der Vor-Chávez-Ära unterhielten die FARC ein offizielles Verbindungsbüro in Caracas. Unter Uribe war die Gefahr einer Grenzprovokation, die sich zu einer internationalen Intervention hätte ausweiten können, nicht von der Hand zu weisen. Santos, der heutige Präsident, war damals Kriegsminister. Im Gegensatz zu seinem damaligen Chef, dem Mafioso, vertritt er aber die klassische Grossbourgeoisie, deren Geschäfte aufgrund des venezolanischen Handelsboykotts riesige Verluste erlitten haben. Die Verbesserung der Beziehungen mit Venezuela (man nennt sich nun amigos, ein Begriff, mit dem Chávez ohnehin inflationär umgeht) im Interesse seiner Klasse verbindet Santos aber mit politischen Kosten für Chávez. So willfährig sich dieser zurzeit auch zeigt, das hindert das Regime in Bogotá nicht, immer wieder mit „Neuigkeiten“ über die angeblichen Intimitäten von FARC und Chávez aus den „FARC-Computern“, oft vom spanischen El País international verbreitet, aufzuwarten. Warum auch die Zitrone nicht weiter auspressen? Unterdessen macht sich der kolumbianische Paramilitarismus in immer grösseren Zonen Venezuelas breit (vgl. Brennt Caracas?).

Doch dies allein kann Chávez’ Auslieferungen nicht erklären. Offenbar ist die von ihm immer wieder als Gefahr gebrandmarkte „Bürokratisierung“ des Umbruchs in Venezuela mittlerweile so weit fortgeschritten, dass auch er aktiv mitmacht in den Bestrebungen des reaktionären Teils seiner Regierung, international weniger anzuecken. Das alles ist tragisch.

Tunesischer Linker kritisiert Hugo Chávez

Montag, 25. April 2011

Die baskische „Gara“ und anschliessend rebelion.org veröffentlichten am 21. April 2011 ein Interview („Quieren reducir la revolución tunecina a una liberalización de la dictadura“)
mit dem Sprecher des Parti Communiste Ouvrier de Tunisie, Hamma Hammami, über die Perspektiven de revolutionären Bewegung in Tunesien. Hammami sass bis zum 14. Januar 2011 in den Gefängnissen des Ancien Régime. Wir bringen daraus einen Auszug zur Position von Hugo Chávez zum Libyen-Konflikt und eine Kurzeinschätzung der libyschen Ereignisse.  
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Frage: In den letzten Monaten hat Libyen die anderen arabischen Ländern aus den westlichen Schlagzeilen verdrängt. Wie sehr, denken Sie, kann die Situation im Nachbarland Tunesien betreffen?
Antwort: die Situation in Libyen hat sich in einen Bürgerkrieg transformiert, aber der Prozess ist damit nicht zu Ende. Im Gegensatz zur ägyptischen Revolution, die den Tunesiern Energie einflösste, wissen wir nicht, was in Libyen geschieht. Wir unterstützen das Verlangen des libyschen Volkes nach einem Leben in Freiheit und Demokratie. Trotz allem sind wir gegen jede ausländische Intervention. Ein Triumph der libyschen Revolution könnte auch der tunesischen Rebellion nutzen, da sich so in der ganzen Region demokratische Regimes etablieren würden. Den zwei Ländern würde es besser gehen. In Libyen spielen einige soziale Faktoren wie die Stämme eine Rolle, die Tunesien nicht betreffen. Dann gibt es die Bürokratie, die vom Ghadhafi-Regime profitiert hat und die ihre Interessen verteidigt. Hinzu kommt der Despotismus eines Regimes, das Massaker verübt hat, um an der Macht zu bleiben.

Frage: Die Analysten stimmen darin überein, dass die tunesische Revolution eine neue Etappe in der arabischen Welt eingeläutet hat. Kann sich diese zu einem weiteren antiimperialistischen Pol wie Lateinamerika werden?
Antwort: Wir sind sehr interessiert an den antiimperialistischen Prozessen in Lateinamerika. Sie stellen eine sehr wichtige Kraft auf internationaler Ebene dar und haben unsere Völker inspiriert.
Es stimmt, dass die Position von Hugo Chávez nicht korrekt war, da er die legitimen Forderungen des libyschen Volkes nicht respektiert hat. Aber dies ist ein politischer Fehler, denn es schwächt das Image des venezolanischen Präsidenten in der arabischen Welt. Es ist unverständlich, wie ein demokratisch gewählter Präsident einen Despoten unterstützen kann. Als Front des 14. Januars [linkes und nationalistisches Bündnis in Tunesien] sind wir direkt daran interessiert, von einer antiimperialistischen Allianz zwischen der arabischen Welt und Lateinamerika zu sprechen. Wir haben eine strategische Position und sie auch, deshalb wäre es interessant, von so einem Bündnis zu sprechen. Dies würde erlauben die Entwicklung revolutionärer Prozesse auf der ganzen Welt einschliesslich Europas fördern.

USA/Mexiko: Waffen für die Kartelle

Sonntag, 24. April 2011

Wie US-Dienste mithelfen, die Drogenkartelle auszurüsten

(zas, 24.4.11) Das Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms, and Explosives (ATF) hatte seit 2009 Waffengeschäfte in Phoenix (Arizona) gebeten, die Massenkäufe bestimmter mutmasslicher Kartell-Leute nicht zu behindern. Die ATF-AgentInnen schauten zu, wie die EinkäuferInnen ihre Waren weitergaben – ohne einzugreifen. Die Waffen tauchten wie vorausgesehen in den Händen der mexikanischen Kartelle wieder auf, bloss leider hatte das ATF die Spur zwischenzeitlich verloren… Am 14. Dezember 2010 wurde Brian Terry von der Border Patrol (US-Grenzpolizei) von Schleppern während eines illegalen Grenzübertritts erschossen. Die Mordwaffe war, wie sich herausstellen sollte, Teil der ATF-Operation Fast and Furious. Am 23. Februar 2011 brachte Sharyl Attkisson, gestützt auf Aussagen mehrerer anonym bleiben wollender ATF-Mitglieder, einen ersten Bericht (Gunrunning scandal uncovered at the ATF) zu Fast and Furious in „CBS News“. Eine der ATF-Quellen meinte damals zu CBS: „Die Anzahl [der Fast and Furious-Waffen]  ist übrigens mehr als 2500. Soviele Gewehre wurden verkauft – auch einige mit Kaliber .50 [Scharfschützengewehre] liessen sie laufen“.  CBS zitierte eine andere anonyme ATF-Quelle: „Wir waren uns der Tatsache voll bewusst, dass die Waffen vermutlich an Drogenkartelle über die Grenze verschoben würden“. Am 3. März 2011 brachte „CBS News“ ein Interview mit ATF-Whistlblower John Dodson und veröffentlichte auch einen Auszug aus einer Email des für das gunwalking (Laufen lassen illegaler Waffengeschäfte)  verantwortlichen ATF-Supervisors: „985 im März 2010 [in Mexiko] umgebracht … gewalttätigster Monat seit 2005… Unsere Subjekte erwarben allein im März 359 Feuerwaffen“, einschliesslich „zahlreicher Barrett- .50-Kalibergewehre“. CBS berichtete weiter: „Höhere AgentInnen inklusive Dodson sagten CBS News, dass sie ihre SupervisorInnen noch und noch konfrontiert haben. Ihre Antwort, so Dodson, war: ‚Für eine Omelette muss man Eier zerschlagen’“. Die Aktion war intern so umstritten, dass ein ATF-Kader in einer Email von einem „Schisma“ sprach, auf die Absegnung des Programms aus dem „HQ“ hin wies und meinte: „Wenn Sie das nicht lustig finden, arbeiten Sie am falschen Ort. Vielleicht sucht das Maricopa County-Gefängnis Wärter und Sie … können den Insassen das Essen servieren“.

Einer, der das Ganze nicht „lustig“ fand, war der ATF-Vertreter in Mexiko, Darren Gil. Er kündigte seinen Job letzten Dezember, vermutlich auch, weil ihm, wie er am 25. März 2011 im Gespräch mit Sharyl Attkisson andeutete, angesichts der möglichen Konsequenzen unwohl wurde. Er erwähnte eine „beschränkte diplomatische Immunität“, sprach davon, dass mexikanische Behörden die Waffendeals möglicherweise als „Kriegshandlung“ interpretieren könnten  und meinte zudem: „Wir sind im Geschäft der Unterbindung von Waffen, wir sind nicht im Geschäft, Waffen für die Kriminellen bereit zu stellen, was aber in diesem Fall geschehen ist“. Offenbar war Gil nicht in Fast and Furious eingeweiht gewesen – ein äusserst bemerkenswerter Umstand! Immerhin wollte ATF mit dem gunwalking offiziell ja genau jene kriminellen Strukturen in Mexiko ausleuchten, für die ihr Mexiko-Büro zuständig war. Gil war anscheinend erst durch die massenhaften Funde von Waffen aus Phoenix und danach durch die CBS-Berichte aufgeklärt worden. Danach habe er sich mit seinen Vorgesetzten angelegt. Der erwähnte CBS-Bericht vom 25. März liefert etwa dieses Beispiel: „’Ist der [ATF-] Direktor [über Fast and Furious] informiert’, fragte Gil seinen Supervisor. Gil sagt, sein Supervisor habe geantwortet: ‚Ja, der Direktor ist informiert. Und nicht nur er, sondern auch das Justizministerium’“. Gil berichtete denn auch, dass Lanny Breuer, Chef der Criminal Division des Ministeriums, im Sommer letzten Jahres bei einem Besuch bei ATF-Mexiko in allgemeinen Begriffen von einer „gute Resultate liefernden“ Waffenhandelsuntersuchung gesprochen.

Mittlerweile wird ATF vor den US-Senat zwangsvorgeladen (subpoena).        „CBS“ zitierte im o.e. Bericht zu dieser Sache auch Barack Obama: „Ich habe das nicht bewilligt. Auch Justizminister Eric Holder hat das nicht bewilligt“.

Interessant die offizielle Nicht-Reaktion in Mexiko. Der Sprecher des „Nationalen Sicherheitsrates“, Alejandro Poiré, „glaubte“ einfach nicht, dass sich so etwas Unschickliches wie Fast and Furious zugetragen habe. Für böses Blut im Land, nicht aber in der „Drogenkriegs“-Regierung, sorgten Erklärungen des State Department-Drogenverantwortlichen William Brownfield in der Zeitung „Reforma“ vom 9. März 2011. Zwar gab er an, nicht im Detail informiert zu sein, wusste aber, dass sich herausstellen werde, dass nur wenige Waffen der Kontrolle entglitten seien und einige Anklagen bevorstünden. Ominös seine Aussage: „Wenn wir alle Details dieser Operation haben werden, werden wir sehen, dass sie sehr positive Resultate gezeitigt hat“. Für Laura Carlsen, die bekannte Analytikerin des Americas Program des Council for International Policy, bedeutet dies, dass die Operation „weiter geht“.

Die „Affaire“ ist brisant. US-Waffen für die mexikanischen Kartelle sind schon seit einiger Zeit Thema; führende VertreterInnen der Obama-Administration wie Hillary Clinton mussten in Mexiko Lippenbekenntnisse zur verschärften Bekämpfung des florierenden Waffendeals über die Grenze von sich geben. Auszüge aus einem Interview mit ATF-Whistleblower Dodson wie die folgenden in der mexikanischen Zeitschrift „Proceso“ vom 27. März 2011 tragen nicht zur Beruhigung bei: „Was geschah mit den Waffen, nachdem sie [von den EinkäuferInnen in Phoenix] in andere Wagen verladen wurden?“ Antwort: „Man hat uns verboten, die Individuen zu verhaften, wir konnten die Waffen nicht beschlagnahmen oder die Involvierten identifizieren. Unsere Mission war nur das Observieren. So verloren wir die Spur der Waffen, und sie gelangten nach Mexiko“.  Dodson beschreibt im Weiteren, wie er in ATF kaltgestellt wurde, noch bevor er an die Öffentlichkeit gelangt war, aber nachdem er intern die Operation in Frage zu stellen begann.

Die „Unstimmigkeiten“ im US-Drogenkrieg in Mexiko mehren sich. Was von Brownfield, dem Obama-Beauftragten für die Militarisierung von Mexiko, Zentralamerika und der Karibik (s. Correos 165, März 2011) als erfolgreiche Sting-Operation dargestellt wird, nimmt sich mehr wie ein weiteres Element des „tiefen Staates“ aus, der in Mexiko (und zunehmend in Zentralamerika) seinen „Drogenkrieg“ führt. Parallel dazu waschen führende US-Geschäftsbanken riesige Mengen mexikanischer Narcodollars – ungestraft. Oder beklagen mexikanische JournalistInnen, dass von den in den letzten drei Jahren umgebrachten Medienschaffenden, die angeblich auf das Konto der Drogendealer gehen, nur gerade 6 Prozent tatsächlich damit zu tun haben (s. Correos 164

Correos 165, März 2011

Inhaltsverzeichnis Correos 165



Schweiz-Kolumbien

Eine Kapsel – eine Kugel! What else?
Pressemitteilung 18.12.2010, Solidaritätskoordination Schweiz – Lateinamerika



Plan Kolumbien

Es ist noch nicht lange her, da galt der Medieninternationalen der damalige kolumbianische Präsident Uribe als sunny boy, der grosse Fortschritte auf dem Weg der Demokratisierung und Befreiung von Terror geleistet habe. Folgsam nahmen die Demokratie-durchtränkten Verlautbarungsorgane danach den nächsten Wink aus Washington auf: Uribe ist out, mitunter gar ein wenig pfui, in ist der Neue. Die Geschichte vom alten und vom neuen Mohr. Doch auch der derzeitige Strahlemann ist ein Massenmörder. Sein aktuelles „Bravourstück“ in Sachen democracy&reform, das sogenannte Landrückgabegesetz, verschärft den Hungerangriff.
Azalea Robles

Am 21. Februar veröffentlichte Azalea Robles auf ihrem Blog http://azalearobles.blogspot.com einen langen Artikel: „250.000 Desaparecidos claman justicia, y Falsimedia confunde para seguir desapareciendo la verdad“. Elemente daraus:
nach Azalea Robles

Armee hat mehr Verluste als die USA in Afghanistan
Roberto Romero

USA bauen Militärbasen in Kolumbien aus
Verstoss gegen Urteil des Verfassungsgerichts. Opposition verlangt Klärung durch Regierung Santos
Hans Weber

Menschenrechte im Rückspiegel
Kolumbianische Kommandos trainieren mexikanische Sicherheitskräfte
Cyril Mychalejko

USA: Mexiko als Sündenpfuhl

Plan Kolumbien in Zentralamerika
Leandro Albani



Schweiz-Uruguay
Philip Morris klagt gegen Uruguay, weil das Land zum Beispiel Tabakwerbungen in den Medien verboten hat. Der US-Tabakmulti mit Steuersitz in der Schweiz klagt vor einem Investoren-Schiedsgericht der Weltbank. Das Schweizer Wirtschaftsdepartment stellt sich mit interessanten Argumenten hinter den Multi.
Sergio Ferrari



Brasilien
Die WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 bewirken schon jetzt die gewalttätige Verdrängung von Menschen aus den Unterklassenquartieren in die abgelegene und extrem arme Peripherie der Stadt. Die Regierenden von „links“ bis rechts setzen dabei auf die Militarisierung der Favelas. Dagegen formiert sich Widerstand, der vielleicht morgen schon nicht mehr totgeschwiegen werden kann. Ein Gespräch mit zwei AktivistInnen des Widerstandes.
Eva Danzl und Dieter Drüssel befragen María Lucia de Pontes und Mauricio Campos dos Santos



Kuba
Wirtschaftsbaustelle Kuba
„Dass die Partei in einer kritischen wirtschaftlichen Situation und vor der Notwendigkeit tief greifender Veränderungen diese öffentlich zur Debatte stellt, sucht seinesgleichen und zeugt von einem soliden sozialen Grundkonsens in der Bevölkerung.“
Franco Weis

Aufbruch – in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit!
„Wir dürfen die Errungenschaften nicht aufgeben, insbesondere was die uns auszeichnende menschliche Haltung betrifft.“ Die Argumente der „müde Gewordenen“ für die derzeitigen wirtschaftlichen Veränderungsbestrebungen laufen auf die Wiedereinführung kapitalistischer Verhältnisse in Kuba hinaus. Die Autorin propagiert die sozialistische Demokratisierung der Gesellschaft.
Camila Piñeiro Harnecker



Venezuela
Es bürgert sich in bestimmten Kreisen der lateinamerikanischen besonders „radikalen Linken“ ein, mit den Rechten zu marschieren. Ein Beispiel aus Venezuela mit Aufhänger in der Schweiz.
Dieter Drüssel



Bolivien
Eine asoziale Regierungsmassnahme aus abgeschotteten Höhen der Macht. Ein Volksprotest von links bis weit rechts. Neue Widersprüche, neue Spaltungen.
Emily Achtenberg

Eine abgehobene Regierungspolitik favorisiert die Rechte und entmutigt die Basis. Die Regierungspartei braucht eine Reorganisierung von unten, der Umbruchprozess einen realen Einbezug aller veränderungswilligen Kräfte. Der Autor, ein früheres Leitungsmitglied des Gewerkschaftsdachverbandes COB, schlägt dafür eine grosse Volksversammlung vor.
José Justiniano Lijerón



Haiti
Haitischer Wahlzirkus
Was sich Wahlen nennt, sind offensichtliche Betrugsmanöver miteinander konkurrierender Fraktionen mit Arbitrage durch die Besatzungsmächte. Im Ergebnis dürfen jetzt zwei extremistische Rechte, beide Washington und Paris hörig, miteinander wetteifern. Es gibt keinen Zweifel daran, dass, würde der 2004 von Washington und Paris vertriebenen Lavalas-Partei die Wahlteilnahme bewilligt, die Resultate ganze andere wären. Der frühere Diktator Duvalier treibt erneut sein Unwesen auf der Insel, die Rückkehr des weggeputschten Ex-Präsidenten Aristide dagegen wird bis heute verhindert. Die folgenden Beiträge von Mark Weisbrot beleuchten diese Seite des Problems. Unbeantwortet bleibt die Frage, wie sich all diese Vorgänge auf der politischen Makroebene zum extremen Leiden der Bevölkerung und zu Ansätzen von sozialem Eiderstand von unten verhalten.
Mark Weisbrot



Honduras
Rechte US-Ökonomen streben in Honduras „Modellstädte“ mit extraterritorialer Gesetzgebung und Organisation im Dienste von InvestorInnen an. Das Putschregime hat schon eine servile Verfassungsänderung durchgezogen. Das klingt nach billiger Science Fiction, doch dahinter steckt die intellektuelle Bereitschaft von Elitären, „einen Putsch nicht zu vergeuden“. Wie die Chicago-Boys im Chile Pinochets.
Dieter Drüssel

USA: He's our son of a bitch

Montag, 18. April 2011


10. Apr 2011 | Kuba | USA | Venezuela | Politik

Protest nach Freispruch von Posada Carriles

Kuba und Venezuela kritisieren Urteil nach Prozess im US-amerikanischen El Paso. 83-jähriger Ex-CIA-Mann soll wegen Terror vor Gericht

El Paso, Texas. Nach dem Freispruch des langjährigen CIA-Agenten und mutmaßlichen Terroristen Luis Posada Carriles haben Kuba und Venezuela schwere Vorwürfe gegen Justiz und Regierung der Vereinigten Staaten erhoben.
Der 83-jährige gebürtige Kubaner war am Freitag von einem Gericht in El Paso im US-Bundesstaat Texas nach einem 13-wöchigen Verfahren von allen Anklagepunkten freigesprochen worden. Allerdings war Posada Carriles lediglich wegen Verstößen gegen das Einwanderungsrecht der USA angeklagt. Kuba und Venezuela legen ihm zahlreiche terroristische Akte zu Last.
In einem Kommuniqué bezeichnete das kubanische Außenministerium den Prozess in Texas als "Farce, Beleidigung und Schande". Seit der ehemalige CIA-Mann und entschiedene Gegner der sozialistischen Regierungen in Havanna und Caracas 2005 über den Bundesstaat Florida in die USA eingereist ist, "befand er sich, wie stets zuvor, unter Obhut und Schutz der Regierung der Vereinigten Staaten", heißt es in der offiziellen Verlautbarung.
Zugleich forderte Kuba die USA auf, die "Doppelzüngigkeit" im Kampf gegen den Terrorismus aufzugeben. Dazu gehöre auch, fünf Kubaner freizulassen, die wegen der Überwachung gewaltbereiter Gruppen des kubanischen Exils seit 1998 in den USA in Haft sind.
Venezuela stellte nach Auskunft des Außenministeriums in Caracas nach Ende des Prozesses in El Paso erneut ein Auslieferungsgesuch an die US-Behörden. Man wolle Posada Carriles habhaft werden, um ihm in Venezuela wegen des Bombenanschlags auf ein kubanisches Passagierflugzeug 1976 den Prozess zu machen. Damals kamen alle 73 Insassen ums Leben.
Später war Posada Carriles offenbar mit Hilfe von Geheimdiensten aus der Haft in Venezuela geflohen, um sich einem Strafverfahren zu entziehen.

Honduras: Erste Erfolge gegen Putschfinancier

Sonntag, 17. April 2011

Die Perspektive stimmt nicht ganz bei der folgenden Mitteilung von "Rettet den Regenwald": Es waren nicht primär und einzig ihre "monatelangen Recherchen und Vorarbeit", die zum Erfolg gegen den Mörder und Grossunternehmer Miguel Facussé, Besitzer des erwähnten Unternehmens Dinant, geführt haben, sondern zuerst der anhaltende Widerstand der Bäuerinnen und Bauern im Gebiet des Bajo Aguán, den sie schon mit über 20 Ermordeten "bezahlen" mussten. Abgesehen davon ist aber die Protestaktion von "Rettet den Regenwald" sehr schön. 


 http://www.regenwald.org/erfolge

Stromriese EDF beendet Klima-Projekt mit Palmölkonzern Dinant in Honduras

14.04.2011
 
Nach den Protesten von Rettet den Regenwald, Biofuel Watch und CDM Watch beendet der französische Stromkonzern EDF sein Klima-Projekt mit dem Palmölkonzern Dinant in Honduras. Dinant hat mit den Erweiterungen der Palmölplantagen einen blutigen Landkonflikt mit mindestens 23 Morden an Kleinbauern und einem Journalistenpaar verursacht. Lesen Sie dazu unsere aktuelle Protestaktion Honduras: 25 Morde für Palmöl mit Weltbank-Kredit.

Über den sogenannten Clean Development Mechanism (CDM), ein umstrittenes Handelssystem mit Umweltverschutzungsrechten der Vereinten Nationen, hatte EDF die „Klimaschutzprojekte“ des Palmölherstellers in Honduras finanziert. Dabei soll Methangas aufgefangen werden, das in großen Mengen aus den Abwässerteichen einer Palmölmühle von Dinant entweicht. Methan ist ein sehr starkes Treibhausgas.

Rettet den Regenwald begrüßt die rasche Entscheidung von EDF, die eine Woche nach dem Start der Aktion auf der englischen und spanischen Webseite des Vereins fiel. Dieser Schritt ist auch eine Ohrfeige für den TÜV Süd, der die beiden Klimaschutzprojekte geprüft und zertifiziert hatte.

Der Protestaktion waren monatelange Recherchen und Vorarbeit vorangegangen. Jetzt muss noch die britische Regierung ihre Zulassung der Klimaschutzprojekte von Dinant streichen. Europäische Konzerne und Regierungen dürfen sich nicht mit Klimageldern an den Projekten von Firmen beteiligen, die für Mord und Landraub verantwortlich sind.

Generell ist der Handel mit Verschmutzungsrechten kein geeignetes Instrument, um den Klimawandel und die Kontamination der Natur zu bekämpfen. Es bringt nichts, wenn die reichen Länder des Nordens sich von ihren massiven Umweltzerstörungen freikaufen, indem sie in Industrieprojekte im globalen Süden investieren. Klimagase und Umweltverschmutzung müssen dort bekämpft und vermieden werden, wo sie entstehen.

Mittwoch, 13. April 2011


aus aktuellem Anlass

US-Budget für Kriege und „Sicherheit“

Samstag, 2. April 2011


(zas, 2.4.11) Letzten Februar die frohe Kunde: Erstmals seit 9/11 sieht der US-Budgetvoranschlag eine Reduktion des Militärhaushaltes vor. „Einen gewichtigen Beitrag zur Defizitreduktion soll mit 78 Mrd. $ über fünf Jahre auch das Militär leisten“, schrieb die NZZ am 15.2.11. Zwar tadelte das Blatt Obamas generell fehlende Sparentschlossenheit, aber eben, dass der Mann inmitten all der Kriege, die sein Land schultern muss, beim Pentagon Einsparungen betreibt, das will vermerkt werden. Schliesslich gilt der Friedensnobelpreis etwas.
Nur leider ist das falsch. Einsparen will der Mann im Weissen Haus. Allerdings nicht beim Pentagon, dafür etwa bei den Heizkostenzuschüssen für die arme Innercities-Bevölkerung. Rund 200 Sozialprogramme werden gekürzt oder gestrichen, wie Amy Goodman in ihrer Sendung „Democracy Now“ vom 15.2.11 festhält (Obama’s $3.7 Trillion Budget Calls for Military Spending Increases and Deep Cuts to Social Service Programs).  Ok, das reicht den PropagandistInnen der reichsten 5 Prozent der Bevölkerung nicht. Soweit alles klar. Aber die Einsparungen beim Pentagon? In der erwähnten Democracy Now-Sendung sagt John Nichols von der linksliberalen US-Zeitschrift „The Nation“ zu dieser Frage: „Mit am Frustrierendsten ist, wie die Medien Budget-Fragen behandeln. Sie repetieren den Spin. So haben gestern die meisten Medien berichtet, dass das Weisse Haus Einsparungen von $70 Mio. bis $80 Mio. beim Pentagon vorschlägt. Worum es dabei in Wirklichkeit geht, ist dass [Verteidigungsminister] Robert Gates sagt: ‚Es gibt da ein paar Dinge, die wir wohl nicht brauchen’. Unter dem Strich aber gibt es keine Kürzungen. Wir haben eine dramatische Erhöhung des Pentagon-Budgets um drei bis fünf Prozent, je nach Messart.“
 
Also: Die Obama-Administration verzichtet auf einen Teil (von $12 Milliarden) von angedachten Zusatzausgaben. Dem sagt man: Das Pentagon spart. (Es führt ja auch nur Kriege zum Schutz der ZivilistInnen.) Das Kriegsbudget wird für das Fiskaljahr 2012 mit $553 Mrd. angegeben, rund einem Sechstel des Gesamthaushaltes von $3.7 Billionen. Die offiziellen US-Militärangaben betragen fast die Hälfte der entsprechenden Budgets aller übrigen Länder auf dem Planeten.
Nur ist das erst die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte erklärt uns Chris Hellman vom National Priorities Project,  der während 10 Jahren Kongressmitarbeiter im Bereich Sicherheit- und Aussenpolitik war. In seinem Artikel „The Real U.S. National Security Budget“ vom 1.3.11 auf TomDispatch.com rechnet er die sogenannten Zusatzausgaben und die in anderen Ministerien versteckten Ausgaben für Militär und Geheimdienste zusammen und kommt auf Gesamtkriegsausgaben von sage und schreibe $1.219 Billionen. Im Haushaltsantrag 2012 beantragte Extras für die Kriege in Afghanistan und Irak: $118 Mrd. $19.3 Mrd. für das garantierte Funktionieren der gelagerten Atomwaffen und das „Aufräumen“ von radioaktivem Waffenabfall (Energieministerium). $7.8 Mrd. für einen angeblich interministeriellen, real dem Pentagon vorbehaltenen Fonds. $8.7 Mrd. Sicherheitsausgaben des State Department in Afghanistan und Irak. Verschiedene Budgetposten ausserhalb des Pentagons im Gesamtbetrag von 53.5 Mrd. für Homeland Security. Auslandgeheimdienstausgaben, die im Voranschlag nicht beziffert werden. Sie haben 2010 $53.1 Mrd. betragen und steigen mit Bestimmtheit. Aufwendungen für die verletzte oder kranke ArmeeveteranInnen: $129.3 Mrd. State Department-Ausgaben für nicht direkt Armee-bezogene Belange in Irak und Afghanistan und andere Antiterrorismus-Kosten: $18 Mrd. Normale Renten für ArmeeveteranInnen und zivile Angestellte des Pentagons: $68 Mrd. Auch sehr reizend: $185 Mrd. für den Schuldendienst auf aufgenommenen Krediten zur Deckung früherer Pentagonbudgetdefizite. Das ergibt die 1219 Millionen Kriegsausgaben für das Fiskaljahr. Mehrere nicht-bezifferbare Posten wie der Kriegsanteil bei der NASA sind in dieser Rechnung nicht enthalten, betont Hellman.

Kolumbianisches Militär agierte in Venezuela

30. Mär 2011 | Kolumbien | Venezuela | Politik

Wikileaks und Lateinamerika: Depeschen der US-Botschaft in Bogota bestätigen kolumbianische Militär- und Geheimdienstoperationen in Venezuela

Jan Ullrich
Bogotá. Nach Einschätzungen des ehemaligen US-Botschafters in Bogotá, William B. Wood, operierte eine 100 Mann starke Anti-Guerillaeinheit der kolumbianischen Armee dauerhaft im venezolanischen Bundesstaat Zulia. Das geht aus einer im April 2005 verfassten Botschaftsdepesche hervor, welche die kolumbianische Wochenzeitung La Semana in Zusammenarbeit mit Wikileaks vergangene Woche veröffentlichte.
Spezialeinheiten des kolumbianischen Geheimdienstes hätten bei der Verfolgung von 30 mutmaßlichen Mitgliedern der Guerilla dabei auch venezolanische Polizeieinheiten korrumpiert. Die Festnahme des FARC-Führers Juan José Martínez auf venezolanischem Territorium sei unter dem Kommando kolumbianischer Militäreinheiten verlaufen. Sie habe dafür venezolanische Sicherheitsbehörden mit 20 Millionen Peso (etwa 7.500 Euro) "geölt", heißt es in Absatz 12 der teilweise zensierten Depesche.
Wikileaks-Mitbegründer Julian Assange betonte währenddessen in einem Interview mit der kolumbianischen Wochenzeitung Semana das besondere Interesse an den US-Botschaftsdepeschen aus Kolumbien. Die Beziehungen der USA zu ihrem wichtigsten Verbündeten in der Region würden Rückschlüsse auf die gesamte Lateinamerikapolitik Washingtons erlauben, so Assange gegenüber La Semana. In diesem Zusammenhang erwähnte er vor allem den aus den Geheimdokumenten hervorgehenden Einfluss von wirtschaftlichen Interessen der US-amerikanischen Rüstungsindustrie auf dem südlichen Subkontinent. US-amerikanische Rüstungsverkäufer würden das Konfliktszenario in Kolumbien "ausnutzen und aufblasen" und dabei die kolumbianische Demokratie gefährden, so Assange.
In einer weiteren von La Semana veröffentlichten Depesche aus dem Jahr 2008 berichtet die US-Botschaft in Bogotá ausführlich über Militärabkommen Kolumbiens mit israelischen Sicherheitsfirmen. So habe es besonders 2005 und 2006 eine "große Frustration unter höheren Militärführern hinsichtlich der schlechten Erfolgsrate beim Töten und Festnehmen von High Value Targets" gegeben. Daraufhin habe das kolumbianische Verteidigungsministerium unter Führung des heutigen Präsidenten Santos israelische Militärausbilder und Berater angeheuert, heißt es in der Depesche. Unter anderem wurde dabei die Sicherheitsfirma Global Comprehensive Security Transformation (Global CST) als strategischer Beratungspartner des kolumbianischen Verteidigungsministeriums mit der Ausarbeitung von Strategien der Guerillabekämpfung beauftragt. Diese beinhalten auch die "Evaluierung externer Gefahren einschließlich Venezuela und Ecuador". Der ehemalige "Director of Operations" der israelischen Streitkräfte (IDF), Major Gen Yisrael Ziv, sei dabei auch als persönlicher Berater des Verteidigungsministers Santos tätig gewesen. Das kolumbianische Verteidigungsministerium bezeichnete die gemeinsam entwickelten Strategien als "strategischen Sprung".
Wikileaks hatte in den vergangenen Wochen einen Fokus auf die Veröffentlichung von Botschaftsdepeschen aus lateinamerikanischen Ländern gelegt. Neben La Semana und El Espectador in Kolumbien, sind dabei die costaricanische Tageszeitung La Nación und die argentinische Página/12 exklusive Medienpartner.

Kolumbien: Humanitäre Krise in Putumayo

29. Mär 2011 | Kolumbien | Militär

Eskalation der Gewalt gegen Zivilbevölkerung in Südkolumbien. Kokabauern beschweren sich über fehlenden Schutz und Verfolgung durch Armee

Hans Weber
Putumayo/Kolumbien. Im kolumbianischen Bundesstaat Putumayo an der Grenze zu Ecuador eskaliert die militärische und paramilitärische Gewalt gegen die Bevölkerung. Dies beklagte letzten Mittwoch ein Bündnis indigener und afrokolumbianischer Gemeinden und Bauern der Region. Schon im Februar hatten 850 Einwohner von Putumayo bei einer öffentlichen Anhörung im Dorf Puerto Asís über etwa 400 Gewaltfälle berichtet. Die Veranstaltung wurde von Sozialorganisationen und Oppositionspolitikern ausgerichtet. Anwesend waren Vertreter von internationalen Menschenrechtsorganisationen, Beamte der Staatsanwaltschaft und Beobachter der UNO.
Der jüngste Fall geschah erst vor sechs Wochen. Es handelt sich um das Massaker an fünf Menschen im Südwesten von Putumayo durch Unbekannte. Unter den Opfern befand sich das fünfjährige Mädchen Sorith Alfonso Roa, dem die Mörder den Hals durchschnitten und die Händen abtrennten. Soriths Mutter Luz Mery Roa und Großmutter Luz Marina Alfonso Roa wurden mit Macheten geköpft. Außerdem wurde im selben Ort ein Landarbeiter erschossen. Luz Mery Roa war die 2. Vorsitzende des Gemeinderats "Dios Peña".
Das Massaker geschah trotz der Anwesenheit der 7. Brigade der Streitkräfte und der Marine des Südens in dem Gebiet. Nicht nur das Versagen beim Schutz der Zivilbevölkerung werfen die Einwohner von Putumayo dem Militär vor. Sie beschweren sich auch über direkte Angriffe der Armee. Die Truppen besetzten Häuser, Schulen, drohten den Bauern mit dem Tod, führten illegale Verhaftungen durch und zerstörten die Koka-Pflanzungen, die die einzige Einnahmequelle für die Menschen im Hinterland seien, informiert der Aktivist und Sozialforscher Javier Orozco Peñaranda. "Sie wollen uns verhungern lassen, einschüchtern und vertreiben", so der Gemeindeführer Manuel.
Der Bauer erklärte, dass das Megaprojekt "Initiative zur regionalen Verbindung von Südamerika" (IIRSA) das Land von Putumayo für multinationale Erdölkonzerne ins Visier genommen hätte. IIRSA plant Atlantik und Pazifik durch den Bau einer Autobahn und mittels Wasserstraßen über die Flüsse Putumayo und Amazonas zu verbinden.