Argentinien und der Eurokolonialismus

Samstag, 5. Mai 2012





(zas, 22.4.-5.5.12) Vor einigen Tagen schrieb der argentinische Linksintellektuelle Atilio Borón in seiner Glosse „España, ¿cuál España?“ (Spanien, welches Spanien?), die virulenten Reaktionen  hoher spanischer Regierungsverantwortlicher „zeigen, dass  […] diese FunktionärInnen der Krone das Ergebnis der Schlacht von Ayacucho [Peru] immer noch nicht wahrgenommen haben, die 1824 die Zertrümmerung der Reste des spanischen Imperiums in dieser Weltgegend besiegelt hatte. Sowohl ihre Selbstinszenierung – von Wut verhärtete Gesichter, hochtrabende Phrasen, Mahnfinger von [Aussenminister] García-Margallo – wie der bedrohliche Gehalt ihrer Erklärungen, vor allem jene dieses Méndez de Vigo [Staatssekretär für die EU], der sagte, Argentinien werde sich in einen ‚internationalen Aussätzigen’ verwandeln und ‚extrem schlechte Konsequenzen’ zu tragen haben, falls die Interessen von Repsol-YPF beeinträchtigt würden, erinnern daran, dass leider die schlimmsten Traditionen des spanischen Kolonialismus fortleben“.

Nach der am 16. April 2012 von der argentinischen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner eingeleiteten Teilnationalisierung der Filiale YPF des Erdölkonzerns Repsol – im „öffentlichen Interesse“, wie sie betonte - tobte in den spanischen Regierungskreisen und Offizialmedien ein Sturm der Entrüstung. Sofern von „Argumenten“ gegen die argentinische Massnahme überhaupt die Rede sein kann, beschränken sich diese in der Regel darauf, die den Schritt auslösenden Energieversorgungsprobleme der argentinischen Wirtschaft auf staatliche Inkompetenz und Interventionismusgelüste zurückzuführen. Geht es „raffinierter“ zu, werden ein paar Lügen der Repsolführung über ihre angeblich gigantischen Investitionen in Argentinien zirkuliert, deren Ausbleiben nun jenes Land teuer zu stehen kommen werde.

Verlautbarungen aus Madrid und Brüssel lassen die Möglichkeit eines veritablen Handelskrieges gegen Argentinien erkennen, wobei noch unklar ist, was dabei Getöse ist, was realer Angriff. Der Sukkurs der PSOE-Führung und der spanischen Gewerkschaftverbände CC.OO. und UGT für die Regierung Rajoy gegen die relative Entprivatisierung der YPF spricht Bände über den kolonial-imperialen Konsens in Spanien (Página 12, 17.4.12), gegen den sich umgekehrt die Izquierda Unida oder die Bewegung der Indignad@s wenden. Und am 22. April 2012 stimmten die Fraktionen des Europaparlaments einem Aufuf an die EU-Kommission zu, als Repressalie für den „Rechtsbruch“ höhere Schutzzölle auf argentinischen Importen zu erheben. Mit dabei: die sozialdemokratische Fraktion. Einzig die Linken und erstaunlicherweise die Grünen verweigerten die Komplizenschaft. 

YPF - wir sind zurück

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