El Salvador: nicht vergessen!

Mittwoch, 13. Februar 2013


(zas, 13.2.13) Am 28. und 29. Februar vor 30 Jahren kam es in den Weilern Tenango und Guadalupe der Gemeinde Suchitoto zu einem Massaker an sicher etwa 250 Menschen. Genau weiss die Zahl niemand. Die 250 waren Teil einer Menge von 2000 Leuten, alle aus der Zivilbevölkerung, die vor einer Armeeoffensive gegen die Guerillazone auf dem Vulkan von Guazapa, an dessen Fuss Suchitoto liegt, flüchteten. „Armeeoffensive gegen Guerillazone“ – das hiess immer auch: gegen die lokale Bevölkerung, Basis der Guerilla des FMLN. Die Bevölkerung versuchte, mit einer guinda (kollektiven, organisierten Flucht) an sichere Orte zu gelangen, verfolgt vom berüchtigten Elitebatallon Atlacatl unter dem Kommando der beiden Blutoffiziere Domingo Monterrosa, einem Massakerspezialisten, den die Guerilla später in eine spektakuläre, tödliche Falle locken konnte, und Orlando Zepeda, einem späteren Vizeverteidigungsminister und heutigem Unternehmer im Abfallwesen. Die Luftwaffe entdeckte den Flüchtlingsstrom und bombardierte die Leute. Das Atlacatl, in den USA zur „Wunderwaffe“ gegen den Frente ausgebildet und vom Pentagon finanziert, durchkämmte während zwei Tagen die Gegend, um die Flüchtenden zu massakrieren. Viele der Leichen wiesen Folterspuren auf, von Kleinkindern bis zu Betagten, Menschen wurden lebendigen Leibes verbrannt, Überlebende bekamen in ihrem Versteck mit, wie Kinder in die Luft geworfen wurden als Ziel für die Bajonette der US-trainierten Soldateska, manche Leichen von Frauen waren nackt, andere hatten zerquetschte oder abgehackte Glieder, wieder anderen, auch Babies, war Säure ins Gesicht geschüttet worden.
Eine Orgie der Brutalität, zur Verteidigung gegen die „kommunistische Aggression“, wie das Weisse Haus und viele Medien hierzulande unablässig beteuerten, wobei sie stets „Fortschritte“ in der Menschenrechtsfrage behaupteten. Eine Orgie der Brutalität, wie sie in jenen Jahren 185 Mal stattfand – meist mit weniger, manchmal auch mit mehr Mordzahlen. Offensiv orchestriert,  finanziert und protegiert von den USA.
Nach Kriegsende erliess die neoliberale Regierung in El Salvador ein Amnestiegesetz für die Mörder, dessen Aufhebung der FMLN-Präsidentschaftskandidat (für die Wahlen im Februar 2014) jüngst erneut gefordert hat.
Anfang Februar 2013: Demo in die Hauptstadt zur Erinnerung an ein anderes Massaker vom 11. Februar 1990 in Ellacuría/Guancora (Departement Chalatenango)

Ist heute im Ausland von diesen Massakern überhaupt die Rede, dann unter strikter Ausklammerung der in jeder Hinsicht zentralen US-Rolle. Es ist das monotone Lied: Wenn was „schief lief“, waren die Vasallen schuld – nie die Masters. Je mehr die US-Alliierten im globalen Süden mordeten, desto mehr bedurften sie der US-Militärhilfe, um auf den richtigen Menschenrechtspfad zu gelangen. Nicht nur Typen wie Zepeda gehören vor ein Kriegsverbrechertribunal, auch ihre Paten aus den Reihen der US-Ausbildner und Generäle. So freut es zwar, dass der guatemaltekische Schlächter Ríos Montt heute vor Gericht erscheinen muss, aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wie selbstverständlich von seinen Hintermännern (und –frauen) in Gods favourite country und dessen metropolitanen Pendants nicht die Rede ist. Insofern gehören selbst solche wenigen Prozesse gegen Kriegsverbrecher zum Kolonialmanagement. Der Mohr kann gehen. (Dass solche Massaker nicht „ferne“ Geschichte sind, zeigt beklemmend die kolumbianische Aktualität.)
Im Folgenden aufwühlende Aussagen von Überlebenden, die 1991 in Cinquera (nahe von Suchitoto) aufgenommen wurden. Wer Spanisch liest, sollte diese Zeugnisse lesen:

Han pasado 20 añso desde la masacre de Tenango y Guadalupe

https://docs.google.com/file/d/0BzMdcWQnNFi6MnVpa3pIZlBnN28/edit
Am 23. und 24. Februar finden in Guadalupe Erinnerungsfeiern statt. Motto (immer noch): „Die Gefallenen leben in uns weiter“ und „castigo a los asesinos – Bestrafung der Mörder“.