(zas, 23.3.14) Die Aktualität zwingt zur Darstellung einer sehr gefährlichen
Konfliktsituation nach den salvadorianischen Präsidentschaftswahlen statt zum
nachdenklichen Erörtern der Gründe für das knappe Resultat. Der Sieger im
Stichentscheid der Präsidentschaftswahl vom 9. März in El Salvador steht eigentlich
spätestens seit dem 13. März um halb zwei in der Früh fest. Zu diesem Zeitpunkt
hatte das Oberste Wahlgericht TSE nach der definitiven Auszählung die
Schlussresultate bekannt gegeben und damit die Ergebnisse der vorläufigen
Auszählung noch in der Wahlnacht bis auf winzige Verschiebungen bestätigt: Der FMLN
hat mit seinem Kandidaten Salvador Sánchez Cerén mit einem hauchdünnen, aber
entscheidendem Stimmenmehr von 6364 Stimmen vor der rechten ARENA und ihrem
Kandidaten Normán Quijano gewonnen (FMLN: 1'495'815 Stimmen, ARENA: 1'489'451,
oder 50.11 zu 49.89 %). Das TSE hatte Sánchez Cerén offiziell zum gewählten
Präsidenten ernannt.
Doch eine Wolke der Unsicherheit überzieht das Land. Nicht wegen Mängeln des
Wahlsystems, sondern wegen einer Provokationsstrategie der nationalen Rechten
mit unklarem Rückhalt insbesondere in den USA (vgl. dazu unseren Bericht aus
San Salvador vom 12. März 2014:
FMLN-Sieg
versus „venezolanische Zustände“). Konkret steht eine Antwort der
Verfassungskammer des Obersten Gerichts auf ARENA-Anträge zur Annullierung der
beiden TSE-Auszählungen und eine allfällige Neuwahl an (Zur Verfassungskammer
s.
El
Salvador: Wie ein Klima der Konfusion erzeugen? und
El
Salvador: Justiz gegen Veränderung). Diese Verfassungskammer hat bereits
eine lange Spur von verfassungswidriger Machtanmassung und Urteilen gegen den
FMLN gelegt. Dass sie sich jetzt faktisch zur höchsten Instanz in
Wahlangelegenheiten erklärt, ist neu, im Wahlzusammenhang war vom Obersten
Gericht bzw. dessen Verfassungskammer bis zum FMLN-Sieg 2009 nie die Rede
gewesen, zu klar hatten Verfassung und Wahlgesetz das TSE als oberste
Wahlinstanz definiert. Doch der linke Sieg 2009 machte ein Reingeneering des
gesamten institutionellen Staatsrahmens nötig, bei dem die bisherige
Gewaltentrennung durch eine übergeordnete Instanz, die sich selber zum
Verfassungsgericht aufschwingende Kammer (mit der usurpierten Kompetenz, die
Verfassung via ihre "Interpretation" umzuschreiben), relativiert
wurde. Der FMLN warnt jetzt vor den dramatischen Folgen eines möglichen
Justizputsches bzgl. der Wahlresultate.
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Ein Wahltisch-Mitarbeiter von ARENA verteidigt das Wahlgeheimnis |
Vom Putschaufruf zur
Auszählungssabotage
Noch am Wahlabend rief ARENA-Kandidat Normán Quijano angesichts seiner wenn
auch knappen Niederlage die Armee zum Eingreifen auf. Die US-Botschaft
veröffentlichte umgehend einen Aufruf zu Ruhe und Respektierung der
Institutionen, die Armeeführung veröffentlichte einige Tage später eine für El
Salvador historische Erklärung, wonach sie der zivilen Gewalt unterstehe und
den Aufruf von ARENA verurteile. Doch das Klima war angeheizt, in Fortsetzung
der enormen Psychokampagne in Sachen bei einem FMLN-Sieg unmittelbar drohender
"chavistischer Diktatur" (keine Tagesschau ohne 5-minütigen Beginn
über den "verzweifelten Kampf der Demokraten für Freiheit und Essen"
in Venezuela, keine Ausgabe der grossen Tagespresse ohne mehrere ihrer ersten
Seiten zum gleichen Thema). Im erwähnten Blog-Eintrag vom 12. März beschrieben
wir die einzelnen Schritte: täglich wechselnde neue Betrugsvorwürfe (wenn
diejenigen des Vortages sich als haltlos erwiesen haben), Versuch der Sabotage
der gesetzlich vorgeschriebenen definitiven Auszählung anhand der von den ParteivertreterInnen
an den Wahltischen verfassten und unterschriebenen Akten mit den Resultaten
ihrer Urne, von denen das TSE, seine departementalen Zweige, die
Generalstaatsanwaltschaft, die Menschenrechtsprokuratur und die Parteien je
eine Kopie erhielten – nur bei Unstimmigkeiten werden laut Wahlgestz einzelne
Urnen geöffnet. Im Fall der umstrittenen Stimmen, über deren Gültigkeit
oder Annullierung sich die Parteien an den Wahltischen nicht einigen konnten,
werden die entsprechenden Urnen nur geöffnet, wenn ihre Zahl grösser ist als
die Stimmendifferenz zwischen Sieger und Verlierer, sie also bei einer
Neubewertung das Schlussresultat entscheidend verändern könnten.)
Dessen ungeachtet verlangt ARENA die Neuauszählung aller Stimmen – wohl
wissend, dass das Wahlgesetz diese Möglichkeit nicht vorsieht, aus gutem Grund
übrigens: Diese Möglichkeit wurde nach den Friedensabkommen von 1992 im
Wahlgesetz ausgeschlossen, um die beliebte Praxis, zwischenzeitlich die Urnen
zu "stopfen", zu unterbinden. Die Verfassung schreibt ausdrücklich
vor, dass Amtspersonen, also auch die Wahlbehörde, ausschliesslich machen
dürfen, was das Gesetz vorschreibt. ARENA fordert also das TSE wissentlich zum
Gesetzesbruch auf. Dito mit ihrer Alternativforderung nach Annullierung der
Wahlen, die nur unter einem bestimmten Umstand legal wäre – wenn die Wahlen
wegen Umweltkatastrophen oder aus anderen Gründen nicht am gleichen Tag
landesweit hätten erfolgen können.
ARENA, deren VertreterInnen am Dienstag, dem 11. März, aus der definitiven
Auszählung abzogen – aus "Protest", dass das TSE ihrer Aufforderung
nach Gesetzesbruch nicht nachkam – musste am folgenden Tag unter Druck der OAS
und der UNO, sprich der US-Botschaft, an die Auszähltische zurückkehren. Wie
schon beim Aufruf zum Putsch lag dem State Department auch jetzt daran,
zumindest formal die legale Institutionalität zu respektieren. Ein neues
Manöver begann: Die sieben Departemente, in denen ARENA siegte, wurden rasch
ausgezählt, provisorisch schwang ARENA oben auf, an den Tischen der sieben
Departemente mit FMLN-Sieg hingegen stockte die Überprüfung: Die
ARENA-VertreterInnen mussten stundenlang aufs WC oder mussten sich sonst
entfernen. Das war kalkuliert: Die im Land begierig aufgenommenen
Auszählresultate mit knappem ARENA-Vorsprung sollten die nächsten 24 Stunden
als Beleg für den "Betrug" gelten, während das unvermeidliche
Schlussresultat dann als erneutes Manöver des "chavistisch
beherrschten" TSE hingestellt würde. Die Leute im Land wussten dank
gediegener Medienpropaganda wenig bis nichts vom Mechanismus hinter diesem
provisorischen Stand und waren entsprechend aufgeheizt oder deprimiert.
Gleichzeitig versuchte sich ARENA in Strassenmobilisierungen gegen den
"Betrug" – im Hauptstadtvorort Ilopango interessanterweise mit
Unterstützung von Mitgliedern der gefürchteten Strassenbanden (hier wurde unter
Anwesenheit des ARENA-Bürgermeisters einem Autofahrer, der seine kranke Mutter
ins Spital bringen wollte, gleich der Wagenschlüssel abgenommen). Aus dem
aufheizenden Kalkül wurde nichts, als das TSE am Nachmittag bekannt gab, nur
noch vorgesehene Pausen zu bewilligen und bei unentschuldigter Abwesenheit
weiterzuzählen, und zwar bis zum definitiven Ergebnis, also ohne
Nachtunterbrechung. Interessanterweise hielt sich die von einem Arenero geführte
Generalstaatsanwaltschaft
an ihre
Pflicht der Teilnahme an der definitiven Auszählung. Das dürfte mitgeholfen
haben, einen allfälligen erneuten "Protest"-Exodus von ARENA aus der
Auszählung zu verhindern – das von den ARENA-Delegierten und der Generalstaatsanwaltschaft
mitunterzeichnete Schlussergebnis wurde, wie erwähnt, in der Nacht auf
Donnerstag verkündet, eine kalte Dusche für die geplanten
ARENA-"Jubelmobilisierungen".
"Argumente" für die Destabilisierung
Statt derer warteten Quijano & Co. nun mit neuen Betrugsvarianten auf.
Ein maskierter Mann, angeblich Gefängniswärter, gab in einem medial breit
übertragenen Video zum Besten, die Gefängnisleitungen hätten Strafgefangenen
massenhaft Urlaub für die Stimmabgabe zugunsten des FMLN gegeben (Strafgefangene
sind ihrer politischen Rechte verlustig). Mittlerweile ventiliert ARENA die
Zahl von über 10'000 solchen Fällen, was bei einer Gesamtzahl von ca. 24'000
Strafgefangenen (und 6000 Untersuchungshäftlingen) den Surrealismus auf eine
neue Ebene der Phantasie hebt. Davon inspiriert setzte Generalstaatsanwalt
Martínez ein ganzes Team auf diese "Untersuchung" an. Der gleiche
Mann kommt dafür trotz harter Beweisen für die enorme Korruption eines früheren
Staatspräsidenten, für den er gearbeitet hat, nicht vom Fleck – wohl bis in
zwei Monaten die Verjährungsfalle zuschnappt. Der Absurdität der
ARENA-Behauptungen, von allen Gefängnisleitungen zurückgewiesen, zum Trotz
"berichten" die Medien eifrig über diesen Fall. Man stelle sich
10'000 Gefangene vor, die alle freiwillig nach der bösen Tat in die unmenschlichen
Knäste zurückkehren! Man übersehe, dass, um überhaupt wählen zu können, die
Leute im an den Wahltischen von den ParteienvertreterInnen jedes Mal peinlich
genau überprüften WählerInnenregister eingetragen sein müssen, dass aber
gleichzeitig Strafgefangene vom Obersten Gericht automatisch dem Wahlregister
zur Streichung gemeldet werden. Das WählerInneregister ist nach wie vor fest in
ARENA-Hand, von seiner Chefin, einer Arenera, ist kein Piepschen zu hören.
Doch ARENA hat noch einen weiteren überzeugenden Pfeil im Köcher. Quijano
hat nämlich herausgefunden, dass 20'000 FMLN-WahltischvertreterInnen doppelt
gewählt haben, am Wahltisch, an dem sie Mitglieder waren, und anschliessend an
der Urne, wo sie sonst nach Wohnortsprinzip wählen müssten. Diese 20'000 hätten
nämlich nach der Stimmabgabe vor Öffnung der Wahllokale für das Publikum ihren
Ausweis nicht am Wahltisch abgegeben, sondern sich damit an ihrer Wohnortsurne
erneut zur Stimmabgabe legitimiert. Dies setzt u .a. voraus, dass in 20'000
Fällen die je mindestens drei ARENA-VertreterInnen an den insgesamt 10'445 Wahltischen
entweder im Tiefschlaf waren oder gleich mit dem FMLN kollaborierten. Die
"Beweise" für diese neuen Behauptungen seien alle in den Wahlteilnahmebögen,
die die Wählenden unterschreiben müssen. Davon gibt es keine Kopien, sie sind
in den Wahlurnen deponiert, weshalb besagte zu öffnen seien. Weshalb also das TSE
tun müsse, wozu es laut Gesetz und Verfassung expressis verbis nicht befugt ist.
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Quijano: "Ich habe Beweise für eine zweifache Stimmabgabe".Funes: "Klar, Knalktüte. Am 2. Februar und am 9. März" |
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Das Kalkül dabei? Eine geregelte Regierungsübernahme am 1. Juni möglichst zu
verhindern und von Beginn weg die "illegitime" Regierung zu
sabotieren. Sei es mit Blick auf einen möglichen Sturz nach dem in Venezuela versuchten
Rezept oder auf die Parlamentswahlen vom März 2015, bei der eine paralysierte Regierung
dem FMLN eine Wahlniederlage einbringen würde.
Kammerschläge ins Gesicht
Und hier kommt nun die Verfassungskammer ins Spiel. Sie hatte sich schon vor
den Wahlen zur massgeblichen Instanz in Wahlangelegenheiten ernannt,
selbstredend nur in Fällen, die die Verfassung beträfen. So wartet man immer
noch auf ihren Bescheid, ob sie die Kandidatur von Sánchez Cerén, dem gewählten
Präsidenten, überhaupt als verfassungsmässig zulässig beurteile – schliesslich
sei der Mann vorher Vizepräsident gewesen und deshalb womöglich nicht zur
Kandidatur berechtigt. Davon wissen die gesetzlichen, abschliessenden aufgefürhten
Bedingungen für eine Kandidatur nichts, dafür nennt es das TSE als höchste Instanz
bei der Zulassung von Kandidaturen, und nicht etwa das Oberste Gericht oder
seine Verfassungskammer. Doch das stellt für die Kammer mutmasslich kein
besonderes Hindernis dar.
In Bezug auf diese Wahlen brillierte sie vor dem ersten Durchgang vom 2.
Februar mit einer provisorischen Verfügung, die es allen staatlichen
Angestellten, vom Präsidenten über Parlamentsmitglieder zur Lehrerin und zum
Ministerialangestellten verbot, sich in ihrer Freizeit in irgendeiner Form an
der Wahlkampagne zu beteiligen. Anfang März bestätigte sie dies in einem
ordentlichen Beschluss. Hintergrund: Es galt, populären Figuren
wie einigen MinisterInnen oder der sich für
Fraueninteressen einsetzenden First Lady, Vanda Pignato, eine Kampagnenteilnahme
zu verbieten. Die Kammer beruft sich auf den Verfassungsparagraphen 218, der es
Staatsangestellten verbietet, ihre Stellung für parteiische Zwecke zu
missbrauchen. Laut der Kammer steckt ein solches Tun implizit in jeder
Kampagnenbeteiligung irgendwelcher Staatsangestellten, und sei es in ihrer
Freizeit. Dahinter steckt die erzreaktionäre Vorstellung eines
"übergeordneten Interessen" dienenden Staates, unbeinflusst Von
Parteienhader. Die Parteien sind demnach nichts weiter als Taxis, die ihre
Passagiere in eine Stellung fahren, wo sie die auszuführende Politik schon
festgeschrieben vorfinden. Es handelt sich um eine perverse Verdrehung von
Vorstellungen wie Gemeinwohl in Begriffe, die von einer Elite der platonischen
Republik der Weisen definiert werden. Dass in der Verfassung das Recht auf
politische Betätigung festgehalten ist, weiss auch die Kammer. Für ParlamentarierInnen
etwa, aber auch für alle Staatsangestellten, gilt dieses Recht jedoch, so die
Kammerweisen, nur eingeschränkt, denn,
argumentiert
sie:
"Niemand zwingt jemanden
dazu, staatlicher Funktionär oder Angestellter zu werden". In diesem
Land der tausend Möglichkeiten eine für "jedermann" inspirierende
Sichtweise! Den Menschenrechtsprokurator, der zuvor die Kammer-Negierung der
politischen Rechte aller BürgerInnen verurteilt hat, wies sie in ihrer
Begründung an, sich nicht in ihre Belange einzumischen. Das trug ihr
seinerseits den Hinweis des Prokurators ein, von der Verfassung her für die
Beachtung der Menschenrechte durch alle staatlichen Instanzen inkl. der Kammer
verantwortlich zu sein.
Auf Zeit spielen - für den Justizputsch?
Die Kammer lässt sich Zeit mit ihren Wahlentscheiden (teilweise seit Monaten
hängig). Dafür verteidigte sie gestern das Recht von entlassenen
SabotagebürokratInnen, an ihre Vertrauensposten im Aussenministerium
zurückzukehren. Das verlängert die Ungewissheit und trägt zur Schürfung des
ARENA-Klimas von Unsicherheit bei. Eine Frage muss sich diesbezüglich auch das
unter starken Druck gekommene TSE gefallen lassen. Wegen ARENA-Rekursen, die
ganze 6 Wahlurnen betreffen (also weit entfernt von der Möglichkeit einer
nachträglichen Resultatsveränderung), suspendiert es die Ausstellung der
Akkreditierungsschreiben für den gewählten Präsidenten und seinen Vize bis zur formellen
Rekursbeantwortung, im Gegensatz zur bisherigen Praxis. Dies ermöglicht den
USA, aber auch der EU, die Gewählten vorderhand nicht anzuerkennen – in
Erwartung einer willkommenen Entscheidung der Verfassungskammer?.
Dass die Kammer gleich die "Nachzählung" aller Stimmzettel oder
eine Neuwahl anordnet, erscheint aufgrund der internationalen Lage als weniger
wahrscheinlich, allerdings nicht ausgeschlossen. Die grosse Mehrzahl der
lateinamerikanischen Staaten inklusive reaktionär regierte wie Mexico, Guatemala
oder Costa Rica haben Sánchez Cerén schon beglückwünscht. Die
Wahlbeobachtungsmissionen der OAS und der EU haben das professionelle,
transparente Vorgehen des TSE offiziell hervorgehoben. Das hat Gewicht, neben
der drohenden enormen Verschärfung der Zustände in El Salvador. Möglicherweise
wird die Kammer einen Spruch fällen, der die "Wartezeit" weiter
verlängert und der rechten Kampagne gegen die Legitimität der gewählten
Regierung Vorschub leistet.
FMLN-Warnung
FMLN-Sprecher Roberto Lorenzana hat dieser Tage vor einem Justizputsch durch
die Verfassungskammer gewarnt. FMLN-Führungsmitglied Lorena Peña sagte
vorgestern im Online-Auftritt bei der Prensa Gráfica:
"Der FMLN wird sich in keiner Weise für eine Legitimierung eines
Justizputsches hergeben", er wird sich also an keiner
"Neuauszählung", deren Modalitäten nirgends in Verfassung oder Gesetz
auch nur erwähnt würden und die sich mutmasslich
monatelang hinziehen würde, oder gar Neuwahl
beteiligen. Denn dies hiesse, die ganzen rechtsstaatlichen Normen, für deren
Erzielen so viele KämpferInnen des Frente gefallen seien, nach Belieben
abzuschaffen. Die Perspektiven eines auf die Spitze getriebenen Justizputsches
sind im Moment nicht absehbar. Faktisch käme es im ersten Moment zu einer
"aufgeklärten" Diktatur der Rechten, der US-Botschaft und der
Grossunternehmerverbände, vielleicht vergleichbar mit dem nach der Invasion in
Haiti angewendeten Modell, doch niemand weiss, wie die Leute mittelfristig reagieren
würden. Jedenfalls ist die klare Haltung des FMLN, der seit dem Friedensschluss
vor 22 Jahren unzählige Beweise für seine demokratische Ausrichtung gegeben
hat, sehr zu begrüssen. Der FMLN ist die über Wahlbelange hinaus am besten
strukturierte Massenorganisation im Land, seine klare Sprache jetzt trägt
hoffentlich dazu bei, den von Washington bisher gedeckten
"Reformeifer" der Verfassungskammer etwas abzukühlen.