El Salvador: USA bestätigen FMLN-Wahlsieg

Dienstag, 25. März 2014



(zas, 25.3.14) Gestern Montag um 21 h Ortszeit wies das Oberste Wahlgericht TSE die Rekurse der unterlegenen Rechtspartei ARENA gegen die Bestätigung von Salvador Sánchez Cerén vom FMLN als Sieger in den Präsidentschaftswahlen. Das TSE überreichte dem gewählten Präsidenten und seinem Vize, Oscar Ortíz, anschliessend die Akkreditierungsschreiben. Die paar wenigen "Beweise" ARENAs für die behauptete massenhafte Beteiligung von Strafgefangenen (die ihre politischen Rechte für die Strafdauer verloren haben) erwiesen sich als simple Namensübereinstimmung von WählerInnen und Gefangenen.
Heute liess US-Aussenminister John Kerry in einem Communiqué mitteilen: "Wir gratulieren Salvador Sanchez Ceren zu seiner Wahl als Präsident … Wir sind uns bewusst, dass noch juristische Entscheide ausstehen und wir raten dringend zu Respekt für die legalen Prozeduren und Institutionen El Salvadors".
 
Auch wenn aus diplomatischen Kreisen wohl zu Recht darauf hingewiesen wird, dass eine Gratulation keine formelle Anerkennung mit ihrem eigenen Prozedere (Überreichen der Anerkennungsurkunde durch die Botschafterin etc.) darstellt, hat Washington dennoch, nach praktisch allen lateinamerikanischen Staaten und Russland, unumstösslich den Wahlsieg des FMLN bekräftigt. Die EU und die Schweiz werden jetzt folgen. Washington bestätigt damit seinen Kurs, der in der Wahlnacht vom 9. März deutlich wurde, als sich die US-Botschaft gegen den Putschaufruf der unterlegenen ARENA-Kandidaten Normán Quijano wandte. Sollte die künftige FMLN-Regierung "zu viel" Selbstständigkeit an den Tag legen, wäre es für Administration Obama ein Leichtes, via ARENA, die Justiz, die Medien und die Grossunternehmerverbände zu einem offensiven Destabilisationsszenario überzugehen.
ARENA wird sich, wie schon beim Sieg von FMLN und der Gruppe um den jetzigen Präsidenten Mauricio Funes 2009, der Anweisung aus Washington beugen. Ihre Rekurse bei der Verfassungskammer des Obersten Gerichts (s. FMLN-Warnung vor Justizputsch) bleiben noch hängig, doch dürfte ein das Wahlergebnis umstürzender Entscheid dieser Kammer vom Tisch sein. Möglicherweise wird die Kammer in den kommenden Wochen und Monaten die Wahlrekurse von ARENA so beantworten, dass ein richtiges Funktionieren der FMLN-Regierung erschwert werden soll. Denkbar aber auch, dass die Kammer zwecks Imageverbesserung (s. den verlinkten Text oben) und angesichts der internationalen Grosswetterlage nicht auf die Rekurse gar nicht eintreten wird. Auf die Frage nach dem zu erwartenden Zeitpunkt ihres Entscheids angesprochen, verweigerte der amtierende Kammerpräsident Florentín Meléndez eine Auskunft.
Die sehr umsichtige Antwort des FMLN auf die Provokationsstrategie von ARENA liess diese leer laufen. Gegen die täglichen Destabilisierungsversuche zeigte der FMLN nur einmal "Muskeln", als er eine Woche nach dem Stichentscheid vom 9. März zu einer absolut friedlichen Siegesfeier aufrief, an der laut FMLN-Quellen bis zu 250'000 Menschen teilnahmen. Eine deutliche Antwort auf die Versuche, das Wahlergebnis zu ändern. 
FMLN-Siegesfeier am 15. März 2014

Venezuela: eine "friedliche Demokratiebewegung"

Sonntag, 23. März 2014




Die Universidad Nacional Experimental de la Fuerza Armada (UNEFA) wurde 1974 gegründet. Sie ist heute die grösste Uni in Venezuela, mit Sitzen in verschiedenen Städten, und bildet, obwohl den Streitkräften gehörend, über 200'000 zivile StudentInnen in verschiedenen Gebieten aus. Letzten Dienstag wurde die UNEFA in San Cristóbal im Staat Táchira von den üblichen "friedlichen demokratischen Oppositionskräften" eingenommen und zerstört. Dekan Vilmer Morón erklärte: "Sie beschädigten die Trägerstruktur, die Bibliothek, das Sekretariat, wo die Akten der StudentInnen sind, die Archive, Labors, technologischen Apparate, Computer, das Dekanat; sie haben alles zerstört, wir stehen am Nullpunkt". Táchira grenzt an Kolumbien und weist eine hohe Dichte von dortigen Paramilitärs und ihren venezolanischen Schülern auf. Drei Verantwortliche sind nach Behördenangaben in Haft.
Unefa, San Cristóbal. Quelle: Telesur
 Präsident Nicolás Maduro heute: "Wir übertreiben nicht, sie haben nicht nur die UNEFA von San Cristóbal niedergebrannt, sie haben 15 Universitäten oder Campuseinrichtungen im Land niedergebrannt und heute klage ich das vor der Welt an … Es ist unglaublich, niemals in der Geschichte von Venezuela hat irgendein politischer Sektor sich getraut, eine Universität niederzubrennen, um sie zu zerstören, niemals … Führen Sie sich das Geschehen vor Augen, sie brennen eine Universität nieder und die Massenmedien und die Bourgeoisie bleiben still, zensurieren die Wahrheit … Die Presse und das TV der Bourgeoisie sind Alliierte des Terrorismus".
Stichwort Terror: In der westlichen Departementshauptstadt Mérida, traditionell in den Händen der Rechten, ist die Lage seit Wochen sehr gefährlich. Gestern mussten sich die üblichen "friedlichen Oppositionellen" gegen staatliche Repression wehren und verletzten dabei mehrere Polizisten und töteten einen Arbeiter der staatlichen Telekom-Anstalt CANTV. Und zwar mit Projektilen und Gewehrschüssen von einem Gebäudedach herunter, wie das lokale kommunitäre Tatuy TV in einem anderthalb-minütigen Video festhalten konnte.
Nun, die hiesigen Massenmedien gehören bekanntlich nicht der Bourgeoisie und sind dem Terrorismus spinnefeind. Weshalb sie den Umstand, dass bei den "Studentendemos" öffentliche Unis niedergebrannt werden und wiederholt Menschen ihren Scharfschützen zum Opfer fielen, nicht erwähnen. Diese Toten reihen sie unter Opfer des chavistischen Autoritarismus ein. Analog würden sie bestimmt (kaum) berichten, wenn, sagen wir, die EPFL Lausanne friedliche "Linksautonomen" die bewachenden Polizeieinheiten in die Flucht trieben und danach die EPFL Lausanne niederbrennten.

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FMLN-Warnung vor Justizputsch



(zas, 23.3.14) Die Aktualität zwingt zur Darstellung einer sehr gefährlichen Konfliktsituation nach den salvadorianischen Präsidentschaftswahlen statt zum nachdenklichen Erörtern der Gründe für das knappe Resultat. Der Sieger im Stichentscheid der Präsidentschaftswahl vom 9. März in El Salvador steht eigentlich spätestens seit dem 13. März um halb zwei in der Früh fest. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Oberste Wahlgericht TSE nach der definitiven Auszählung die Schlussresultate bekannt gegeben und damit die Ergebnisse der vorläufigen Auszählung noch in der Wahlnacht bis auf winzige Verschiebungen bestätigt: Der FMLN hat mit seinem Kandidaten Salvador Sánchez Cerén mit einem hauchdünnen, aber entscheidendem Stimmenmehr von 6364 Stimmen vor der rechten ARENA und ihrem Kandidaten Normán Quijano gewonnen (FMLN: 1'495'815 Stimmen, ARENA: 1'489'451, oder 50.11 zu 49.89 %). Das TSE hatte Sánchez Cerén offiziell zum gewählten Präsidenten ernannt.
Doch eine Wolke der Unsicherheit überzieht das Land. Nicht wegen Mängeln des Wahlsystems, sondern wegen einer Provokationsstrategie der nationalen Rechten mit unklarem Rückhalt insbesondere in den USA (vgl. dazu unseren Bericht aus San Salvador vom 12. März 2014: FMLN-Sieg versus „venezolanische Zustände“). Konkret steht eine Antwort der Verfassungskammer des Obersten Gerichts auf ARENA-Anträge zur Annullierung der beiden TSE-Auszählungen und eine allfällige Neuwahl an (Zur Verfassungskammer s. El Salvador: Wie ein Klima der Konfusion erzeugen? und El Salvador: Justiz gegen Veränderung). Diese Verfassungskammer hat bereits eine lange Spur von verfassungswidriger Machtanmassung und Urteilen gegen den FMLN gelegt. Dass sie sich jetzt faktisch zur höchsten Instanz in Wahlangelegenheiten erklärt, ist neu, im Wahlzusammenhang war vom Obersten Gericht bzw. dessen Verfassungskammer bis zum FMLN-Sieg 2009 nie die Rede gewesen, zu klar hatten Verfassung und Wahlgesetz das TSE als oberste Wahlinstanz definiert. Doch der linke Sieg 2009 machte ein Reingeneering des gesamten institutionellen Staatsrahmens nötig, bei dem die bisherige Gewaltentrennung durch eine übergeordnete Instanz, die sich selber zum Verfassungsgericht aufschwingende Kammer (mit der usurpierten Kompetenz, die Verfassung via ihre "Interpretation" umzuschreiben), relativiert wurde. Der FMLN warnt jetzt vor den dramatischen Folgen eines möglichen Justizputsches bzgl. der Wahlresultate.

Ein Wahltisch-Mitarbeiter von ARENA verteidigt das Wahlgeheimnis


Vom Putschaufruf zur Auszählungssabotage
Noch am Wahlabend rief ARENA-Kandidat Normán Quijano angesichts seiner wenn auch knappen Niederlage die Armee zum Eingreifen auf. Die US-Botschaft veröffentlichte umgehend einen Aufruf zu Ruhe und Respektierung der Institutionen, die Armeeführung veröffentlichte einige Tage später eine für El Salvador historische Erklärung, wonach sie der zivilen Gewalt unterstehe und den Aufruf von ARENA verurteile. Doch das Klima war angeheizt, in Fortsetzung der enormen Psychokampagne in Sachen bei einem FMLN-Sieg unmittelbar drohender "chavistischer Diktatur" (keine Tagesschau ohne 5-minütigen Beginn über den "verzweifelten Kampf der Demokraten für Freiheit und Essen" in Venezuela, keine Ausgabe der grossen Tagespresse ohne mehrere ihrer ersten Seiten zum gleichen Thema). Im erwähnten Blog-Eintrag vom 12. März beschrieben wir die einzelnen Schritte: täglich wechselnde neue Betrugsvorwürfe (wenn diejenigen des Vortages sich als haltlos erwiesen haben), Versuch der Sabotage der gesetzlich vorgeschriebenen definitiven Auszählung anhand der von den ParteivertreterInnen an den Wahltischen verfassten und unterschriebenen Akten mit den Resultaten ihrer Urne, von denen das TSE, seine departementalen Zweige, die Generalstaatsanwaltschaft, die Menschenrechtsprokuratur und die Parteien je eine Kopie erhielten – nur bei Unstimmigkeiten werden laut Wahlgestz einzelne Urnen geöffnet. Im Fall der umstrittenen Stimmen, über deren Gültigkeit oder Annullierung sich die Parteien an den Wahltischen nicht einigen konnten, werden die entsprechenden Urnen nur geöffnet, wenn ihre Zahl grösser ist als die Stimmendifferenz zwischen Sieger und Verlierer, sie also bei einer Neubewertung das Schlussresultat entscheidend verändern könnten.)
Dessen ungeachtet verlangt ARENA die Neuauszählung aller Stimmen – wohl wissend, dass das Wahlgesetz diese Möglichkeit nicht vorsieht, aus gutem Grund übrigens: Diese Möglichkeit wurde nach den Friedensabkommen von 1992 im Wahlgesetz ausgeschlossen, um die beliebte Praxis, zwischenzeitlich die Urnen zu "stopfen", zu unterbinden. Die Verfassung schreibt ausdrücklich vor, dass Amtspersonen, also auch die Wahlbehörde, ausschliesslich machen dürfen, was das Gesetz vorschreibt. ARENA fordert also das TSE wissentlich zum Gesetzesbruch auf. Dito mit ihrer Alternativforderung nach Annullierung der Wahlen, die nur unter einem bestimmten Umstand legal wäre – wenn die Wahlen wegen Umweltkatastrophen oder aus anderen Gründen nicht am gleichen Tag landesweit hätten erfolgen können.
ARENA, deren VertreterInnen am Dienstag, dem 11. März, aus der definitiven Auszählung abzogen – aus "Protest", dass das TSE ihrer Aufforderung nach Gesetzesbruch nicht nachkam – musste am folgenden Tag unter Druck der OAS und der UNO, sprich der US-Botschaft, an die Auszähltische zurückkehren. Wie schon beim Aufruf zum Putsch lag dem State Department auch jetzt daran, zumindest formal die legale Institutionalität zu respektieren. Ein neues Manöver begann: Die sieben Departemente, in denen ARENA siegte, wurden rasch ausgezählt, provisorisch schwang ARENA oben auf, an den Tischen der sieben Departemente mit FMLN-Sieg hingegen stockte die Überprüfung: Die ARENA-VertreterInnen mussten stundenlang aufs WC oder mussten sich sonst entfernen. Das war kalkuliert: Die im Land begierig aufgenommenen Auszählresultate mit knappem ARENA-Vorsprung sollten die nächsten 24 Stunden als Beleg für den "Betrug" gelten, während das unvermeidliche Schlussresultat dann als erneutes Manöver des "chavistisch beherrschten" TSE hingestellt würde. Die Leute im Land wussten dank gediegener Medienpropaganda wenig bis nichts vom Mechanismus hinter diesem provisorischen Stand und waren entsprechend aufgeheizt oder deprimiert. Gleichzeitig versuchte sich ARENA in Strassenmobilisierungen gegen den "Betrug" – im Hauptstadtvorort Ilopango interessanterweise mit Unterstützung von Mitgliedern der gefürchteten Strassenbanden (hier wurde unter Anwesenheit des ARENA-Bürgermeisters einem Autofahrer, der seine kranke Mutter ins Spital bringen wollte, gleich der Wagenschlüssel abgenommen). Aus dem aufheizenden Kalkül wurde nichts, als das TSE am Nachmittag bekannt gab, nur noch vorgesehene Pausen zu bewilligen und bei unentschuldigter Abwesenheit weiterzuzählen, und zwar bis zum definitiven Ergebnis, also ohne Nachtunterbrechung. Interessanterweise hielt sich die von einem Arenero geführte Generalstaatsanwaltschaft  an ihre Pflicht der Teilnahme an der definitiven Auszählung. Das dürfte mitgeholfen haben, einen allfälligen erneuten "Protest"-Exodus von ARENA aus der Auszählung zu verhindern – das von den ARENA-Delegierten und der Generalstaatsanwaltschaft mitunterzeichnete Schlussergebnis wurde, wie erwähnt, in der Nacht auf Donnerstag verkündet, eine kalte Dusche für die geplanten ARENA-"Jubelmobilisierungen".

"Argumente" für die Destabilisierung
Statt derer warteten Quijano & Co. nun mit neuen Betrugsvarianten auf. Ein maskierter Mann, angeblich Gefängniswärter, gab in einem medial breit übertragenen Video zum Besten, die Gefängnisleitungen hätten Strafgefangenen massenhaft Urlaub für die Stimmabgabe zugunsten des FMLN gegeben (Strafgefangene sind ihrer politischen Rechte verlustig). Mittlerweile ventiliert ARENA die Zahl von über 10'000 solchen Fällen, was bei einer Gesamtzahl von ca. 24'000 Strafgefangenen (und 6000 Untersuchungshäftlingen) den Surrealismus auf eine neue Ebene der Phantasie hebt. Davon inspiriert setzte Generalstaatsanwalt Martínez ein ganzes Team auf diese "Untersuchung" an. Der gleiche Mann kommt dafür trotz harter Beweisen für die enorme Korruption eines früheren Staatspräsidenten, für den er gearbeitet hat, nicht vom Fleck – wohl bis in zwei Monaten die Verjährungsfalle zuschnappt. Der Absurdität der ARENA-Behauptungen, von allen Gefängnisleitungen zurückgewiesen, zum Trotz "berichten" die Medien eifrig über diesen Fall. Man stelle sich 10'000 Gefangene vor, die alle freiwillig nach der bösen Tat in die unmenschlichen Knäste zurückkehren! Man übersehe, dass, um überhaupt wählen zu können, die Leute im an den Wahltischen von den ParteienvertreterInnen jedes Mal peinlich genau überprüften WählerInnenregister eingetragen sein müssen, dass aber gleichzeitig Strafgefangene vom Obersten Gericht automatisch dem Wahlregister zur Streichung gemeldet werden. Das WählerInneregister ist nach wie vor fest in ARENA-Hand, von seiner Chefin, einer Arenera, ist kein Piepschen zu hören.
Doch ARENA hat noch einen weiteren überzeugenden Pfeil im Köcher. Quijano hat nämlich herausgefunden, dass 20'000 FMLN-WahltischvertreterInnen doppelt gewählt haben, am Wahltisch, an dem sie Mitglieder waren, und anschliessend an der Urne, wo sie sonst nach Wohnortsprinzip wählen müssten. Diese 20'000 hätten nämlich nach der Stimmabgabe vor Öffnung der Wahllokale für das Publikum ihren Ausweis nicht am Wahltisch abgegeben, sondern sich damit an ihrer Wohnortsurne erneut zur Stimmabgabe legitimiert. Dies setzt u .a. voraus, dass in 20'000 Fällen die je mindestens drei ARENA-VertreterInnen an den insgesamt 10'445 Wahltischen entweder im Tiefschlaf waren oder gleich mit dem FMLN kollaborierten. Die "Beweise" für diese neuen Behauptungen seien alle in den Wahlteilnahmebögen, die die Wählenden unterschreiben müssen. Davon gibt es keine Kopien, sie sind in den Wahlurnen deponiert, weshalb besagte zu öffnen seien. Weshalb also das TSE tun müsse, wozu es laut Gesetz und Verfassung expressis verbis nicht befugt ist.
Quijano: "Ich habe Beweise für eine zweifache Stimmabgabe".Funes: "Klar, Knalktüte. Am 2. Februar und am 9. März"


 Das Kalkül dabei? Eine geregelte Regierungsübernahme am 1. Juni möglichst zu verhindern und von Beginn weg die "illegitime" Regierung zu sabotieren. Sei es mit Blick auf einen möglichen Sturz nach dem in Venezuela versuchten Rezept oder auf die Parlamentswahlen vom März 2015, bei der eine paralysierte Regierung dem FMLN eine Wahlniederlage einbringen würde.

Kammerschläge ins Gesicht
Und hier kommt nun die Verfassungskammer ins Spiel. Sie hatte sich schon vor den Wahlen zur massgeblichen Instanz in Wahlangelegenheiten ernannt, selbstredend nur in Fällen, die die Verfassung beträfen. So wartet man immer noch auf ihren Bescheid, ob sie die Kandidatur von Sánchez Cerén, dem gewählten Präsidenten, überhaupt als verfassungsmässig zulässig beurteile – schliesslich sei der Mann vorher Vizepräsident gewesen und deshalb womöglich nicht zur Kandidatur berechtigt. Davon wissen die gesetzlichen, abschliessenden aufgefürhten Bedingungen für eine Kandidatur nichts, dafür nennt es das TSE als höchste Instanz bei der Zulassung von Kandidaturen, und nicht etwa das Oberste Gericht oder seine Verfassungskammer. Doch das stellt für die Kammer mutmasslich kein besonderes Hindernis dar.
In Bezug auf diese Wahlen brillierte sie vor dem ersten Durchgang vom 2. Februar mit einer provisorischen Verfügung, die es allen staatlichen Angestellten, vom Präsidenten über Parlamentsmitglieder zur Lehrerin und zum Ministerialangestellten verbot, sich in ihrer Freizeit in irgendeiner Form an der Wahlkampagne zu beteiligen. Anfang März bestätigte sie dies in einem ordentlichen Beschluss. Hintergrund: Es galt, populären Figuren  wie einigen MinisterInnen oder der sich für Fraueninteressen einsetzenden First Lady, Vanda Pignato, eine Kampagnenteilnahme zu verbieten. Die Kammer beruft sich auf den Verfassungsparagraphen 218, der es Staatsangestellten verbietet, ihre Stellung für parteiische Zwecke zu missbrauchen. Laut der Kammer steckt ein solches Tun implizit in jeder Kampagnenbeteiligung irgendwelcher Staatsangestellten, und sei es in ihrer Freizeit. Dahinter steckt die erzreaktionäre Vorstellung eines "übergeordneten Interessen" dienenden Staates, unbeinflusst Von Parteienhader. Die Parteien sind demnach nichts weiter als Taxis, die ihre Passagiere in eine Stellung fahren, wo sie die auszuführende Politik schon festgeschrieben vorfinden. Es handelt sich um eine perverse Verdrehung von Vorstellungen wie Gemeinwohl in Begriffe, die von einer Elite der platonischen Republik der Weisen definiert werden. Dass in der Verfassung das Recht auf politische Betätigung festgehalten ist, weiss auch die Kammer. Für ParlamentarierInnen etwa, aber auch für alle Staatsangestellten, gilt dieses Recht jedoch, so die Kammerweisen, nur eingeschränkt, denn, argumentiert sie: "Niemand zwingt jemanden dazu, staatlicher Funktionär oder Angestellter zu werden". In diesem Land der tausend Möglichkeiten eine für "jedermann" inspirierende Sichtweise! Den Menschenrechtsprokurator, der zuvor die Kammer-Negierung der politischen Rechte aller BürgerInnen verurteilt hat, wies sie in ihrer Begründung an, sich nicht in ihre Belange einzumischen. Das trug ihr seinerseits den Hinweis des Prokurators ein, von der Verfassung her für die Beachtung der Menschenrechte durch alle staatlichen Instanzen inkl. der Kammer verantwortlich zu sein.

Auf Zeit spielen - für den Justizputsch?
Die Kammer lässt sich Zeit mit ihren Wahlentscheiden (teilweise seit Monaten hängig). Dafür verteidigte sie gestern das Recht von entlassenen SabotagebürokratInnen, an ihre Vertrauensposten im Aussenministerium zurückzukehren. Das verlängert die Ungewissheit und trägt zur Schürfung des ARENA-Klimas von Unsicherheit bei. Eine Frage muss sich diesbezüglich auch das unter starken Druck gekommene TSE gefallen lassen. Wegen ARENA-Rekursen, die ganze 6 Wahlurnen betreffen (also weit entfernt von der Möglichkeit einer nachträglichen Resultatsveränderung), suspendiert es die Ausstellung der Akkreditierungsschreiben für den gewählten Präsidenten und seinen Vize bis zur formellen Rekursbeantwortung, im Gegensatz zur bisherigen Praxis. Dies ermöglicht den USA, aber auch der EU, die Gewählten vorderhand nicht anzuerkennen – in Erwartung einer willkommenen Entscheidung der Verfassungskammer?.
Dass die Kammer gleich die "Nachzählung" aller Stimmzettel oder eine Neuwahl anordnet, erscheint aufgrund der internationalen Lage als weniger wahrscheinlich, allerdings nicht ausgeschlossen. Die grosse Mehrzahl der lateinamerikanischen Staaten inklusive reaktionär regierte wie Mexico, Guatemala oder Costa Rica haben Sánchez Cerén schon beglückwünscht. Die Wahlbeobachtungsmissionen der OAS und der EU haben das professionelle, transparente Vorgehen des TSE offiziell hervorgehoben. Das hat Gewicht, neben der drohenden enormen Verschärfung der Zustände in El Salvador. Möglicherweise wird die Kammer einen Spruch fällen, der die "Wartezeit" weiter verlängert und der rechten Kampagne gegen die Legitimität der gewählten Regierung Vorschub leistet.

FMLN-Warnung
FMLN-Sprecher Roberto Lorenzana hat dieser Tage vor einem Justizputsch durch die Verfassungskammer gewarnt. FMLN-Führungsmitglied Lorena Peña sagte vorgestern im Online-Auftritt bei der Prensa Gráfica: "Der FMLN wird sich in keiner Weise für eine Legitimierung eines Justizputsches hergeben", er wird sich also an keiner "Neuauszählung", deren Modalitäten nirgends in Verfassung oder Gesetz auch nur erwähnt würden und die sich mutmasslich  monatelang hinziehen würde, oder gar Neuwahl beteiligen. Denn dies hiesse, die ganzen rechtsstaatlichen Normen, für deren Erzielen so viele KämpferInnen des Frente gefallen seien, nach Belieben abzuschaffen. Die Perspektiven eines auf die Spitze getriebenen Justizputsches sind im Moment nicht absehbar. Faktisch käme es im ersten Moment zu einer "aufgeklärten" Diktatur der Rechten, der US-Botschaft und der Grossunternehmerverbände, vielleicht vergleichbar mit dem nach der Invasion in Haiti angewendeten Modell, doch niemand weiss, wie die Leute mittelfristig reagieren würden. Jedenfalls ist die klare Haltung des FMLN, der seit dem Friedensschluss vor 22 Jahren unzählige Beweise für seine demokratische Ausrichtung gegeben hat, sehr zu begrüssen. Der FMLN ist die über Wahlbelange hinaus am besten strukturierte Massenorganisation im Land, seine klare Sprache jetzt trägt hoffentlich dazu bei, den von Washington bisher gedeckten "Reformeifer" der Verfassungskammer etwas abzukühlen.

Kolumbien: Warnung gefangener FARC-Mitglieder

Freitag, 21. März 2014



(zas, 21.3.14) Am 19. März 2014 hat der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos einen Entschluss gefällt, der die Friedensverhandlungen mit der FARC-Guerilla in eine schwere Krise stürzen muss. Er stellte sich hinter die letzten Januar von dem für die staatliche Verwaltung zuständigen Prokurator Alejandro Ordoñez verfügte Absetzung des mit grossem Mehr gewählten Oberbürgermeisters von Bogotá, Gustavo Petro. Santos antwortete damit negativ auf einen Entscheid er OAS-Interamerikanischen Menschenrechtskommission CIDH vom Vortag zugunsten von Petro. Petro hatte die Müllentsorgung Bogotás rekommunalisiert, worauf die um ihre Pfründe "betrogenen" Abfallmafias das Kehrichtwesen lahm legten. Grund genug für den Prokurator, einen ausgewiesenen Faschisten, den populären Petro abzusetzen – wie vor ihm sehr viele andere gewählte AmtsinhaberInnen.
Santos ernannte als Petros Nachfolger seinen bisherigen Arbeitsminister, Rafael Pardo. Reizend. Petro, Führungskader  der früheren Guerillagruppe M 19, war bei den Verhandlungen zur 1990 erfolgten Demobilisierung des M 19 seinem jetzigen Nachfolger gegenüber gesessen. Klarer könnte die Botschaft nicht sein: Die Guerilla darf ihre Demobilisierung verhandeln und danach an Wahlen teilnehmen, aber nichts verändern. Petro nannte vorgestern den Vorgang an einer grossen Versammlung von bäuerischen, indigenen und afrokolumbianischen Kräften, die gerade einen neuen Kampfzyklus für eine reale Agrarreform lancierten, einen direkten Angriff auf die Friedensgespräche in Havanna.
Die folgende Stellungsnahme von rund 500 politischen und FARC-Kriegsgefangenen aus dem Gefängnis Eron Picota lässt erkennen, dass die Aufständischen nicht bereit sind, alles zu schlucken, was ihnen die Herrschaft vorsetzt.


Gefangene in der Picota im Hungerstreik im Oktober 2013. Quelle: Prensa Rural
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Vom Kapitalismus mehr Demokratie einzufordern heisst, von einem Tiger zu verlangen, er solle Vegetarier werden.
Julio Anguita

Wir, die politischen und Kriegsgefangenen des Gefängnisses Eron Picota in Bogotá, sehen mit Besorgnis, wie die kolumbianische Bourgeoisie die Grenzen ihrer eigenen Legalität überschreitet. Sie bricht ihre eigenen Regeln, um den Weg zu den Veränderungen zu versperren, die das kolumbianische Volk auf den Plätzen und Strassen fordert. Dabei überwindet es die Angst vor der Staatsmacht.
Das triumphalistische Kalkül der erneuerten nationalen Front mit Präsident Santos an der Spitze – einem Mann, der perfid das eigene Wort bricht -, beraubt jetzt einen offenen Wahlsieger des Rechts, das Amt des Grossbürgermeisters von Bogotá auszuüben.
Voll getränkt von Triumphalismus, hat Santos alles Mögliche gemacht, damit die FARC-EP sich vom Verhandlungstisch in Havanna zurückzieht, um uns dann als einzige Verantwortliche für ein weiteres Scheitern eines Versuchs des Friedens und der nationalen Versöhnung darzustellen. Ein abscheuliches Vorhaben, das nur deshalb gescheitert ist, weil sich die Aufständischen den Rufen des kolumbianischen Volkes, seinem Sehnen nach Frieden und seinem Engagement dafür nicht verschliessen.
Die Bourgeoisie irrt, wenn sie meint, die FARC-EP und generell das Volk hätten ihre Botschaft gegen den Frieden und ihre Ränkespiele nicht mitgeschnitten. Einige wie Andromeda [a.d.Ü.: illegale Armeeüberwachung auch der eigenen Verhandlungsdelegation bei den Friedensgesprächen], andere wie die Morde an jugendlichen AktivistInnen in den städtischen Peripherien, wieder andere wie das Verschwindenlassen von Bauernkadern auf dem Land.
Jetzt machen sie es mit der Legitimierung einer mittelalterlichen Persönlichkeit, deren Alltag aus Phobien und Hass auf das Differente besteht. Phobie vor dem unabhängigen Denken, der politischen, ethnischen, kulturellen, religiösen und sexuellen Diversität. Eine finstere Gestalt, die jetzt Führungspersönlichkeiten des Volkes politisch ermordet, die in der Zukunft möglicherweise Kolumbien ins 21. Jahrhundert leiten könnten.
Die politischen und Kriegsgefangenen sind sicher, dass wir, die FARC-EP, den Schritt machen werden, der nötig sein wird, und sicher kann sich auch die Bourgeoisie sein. Klar, uns bleibt die Zukunft, die uns erwartet, falls wie in absehbarer Zeit unter den aktuellen Spielregeln an der Politik der Urnen beteiligen.
Wir laden Frauen und Männer, unabhängig von ihrem Alter, dazu ein, diesen infamen Akt gegen die Träume von Frieden und Wandel in organisierter Form des kolumbianischen Volkes zu verteidigen und sich für eine Nationale Verfassungsgebende Versammlung einzusetzen.
Denn im Kampf für Freiheit gibt es nicht Alter und Vorbedingungen, es reichen Bewusstsein und Würde.

Politische und Kriegsgefangene von Eron Picota
Bogotá
20. März 2014

Venezuela: Die Unterklassen wehren sich. Video

Dienstag, 18. März 2014



Gegen den Strom – ein Video über den Widerstand eines Armenquartiers gegen den Barrikadenterror ihrer Nachbarn aus einem mehr besseren Quartier, errichtet an den Zugängen  zum Unterklassenviertel Pie del Tiro in der Stadt Mérida, wo die Versuche, die bolivarische Regierung zu stürzen, am 12. Februar 2014 ihren Anfang nahmen. Über die sozialen Hintergründe des Widerstandes gegen den Terror von oben.

Zwei Tage nach den Videoaufnahmen wurden in Pie del Tiro zwei Mitglieder der Basisorganisationen von Scharfschützen angeschossen. Griselda Figueroa starb einen Tag später, am 9. März 2014,  am Kopfschuss, den sie dabei erlitten hatte.

Gisela Figueroa


Für Video hier klicken
  Spanisch gesprochen, Engisch untertitelt, 6 m:

Südmexico-Soli-Newsletter März 2014

VERANSTALTUNG

Fr. 21. März: Filmabend »Wenn das Land zu Ware wird«, mit Regisseur Luz Kerkeling, Shedhalle Zürich, organisiert von der Direkten Solidarität mit Chiapas, 19 Uhr
Im Rahmen der Ausstellung: 40 Jahre Longo maï, Shedhalle Zürich, Seestr. 395. Mit Filmen, Diskussionen, Saatgut-Tauschbörse u.a. vom 22. Februar - 23. März:

Bis So 23. März: Plakat-Ausstellung zum Jubiläum »20 Jahre EZLN«

Mehr Infos: http://www.shedhalle.ch/2013/de/115/DIE_UTOPIE_DER_WIDERSPENSTIGEN


CHIAPAS

Schwerer Angriff auf die zapatistische Gemeinde 10 de Abril
Der Rat der guten Regierung von Morelia denunziert, dass am 30.1.2014 rund 300 Personen der regierungsnahen Bauernorganisation CIOAC die zapatistischen UnterstützerInnen angriffen und dabei drei Personen schwer verletzten. Die Angreifer wollten sich ein Landstück aneignen, das die Zapatisten 1994 kollektiviert hatten. Der zapatistische Rat klagt an, dass die Aggressoren von der Regierung bezahlt wurden und macht diese für den Angriff verantwortlich. Als nach dem Angriff ein Krankenwagen und ein weiteres Auto mit Gesundheitspersonal den Verletzten zu Hilfe eilen wollten, wurden diese von den Mitgliedern der CIOAC aufgehalten und festgehalten. Der Arzt und die Krankenschwestern wurden misshandelt und mit dem Tod bedroht.
Weiterlesen: http://www.chiapas.eu/news.php?id=7395
Solidaritätsbrief: http://www.chiapas.eu/news.php?id=7396
Spanisch: http://www.jornada.unam.mx/2014/02/03/politica/011n1pol

Communiqué von Moises über die Erfahrung mit der Escuelita
Deutsch: http://www.chiapas.eu/news.php?id=7439
Original (Spanisch): http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2014/02/28/editorial-revista-rebeldia/

25 Jahre Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas, San Cristóbal
Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Frayba lädt dasselbe zum Internationalen Menschenrechtsforum: «Von Erinnerung zu Hoffnung» in San Cristóbal de las Casas ein. Das Frayba wurde am 19. März 1989 vom Bischof Samuel Ruiz García gegründet. Das Forum findet vom 17.-19. März statt und im Zentrum stehen drei Themenschwerpunkte: 1. Rechte der Indigenen Völker: Land und Territorium, 2. Erinnerung, Gerechtigkeit und Wahrheit, 3. Militarisierung und bewaffneter Konflikt.
Spanisch: www.frayba.org.mx


OAXACA

Neuer Angriff auf Windparkgegner
Am 1. März 2014 griffen Windparkbefürworter die Teilnehmer einer Versammlung in Alvaro Obregón an und versuchten später den Sohn des Gemeindevorsitzenden zu entführen. Die Windparkgegner klagen die Angreifer an, mit den Windparkfirmen und der Regierung unter einer Decke zu stecken mit der Absicht die indigenen Gemeinden, welche sich für den Schutz der Region Barra Santa Teresa einsetzen, kontrollieren zu wollen.
Weiterlesen: http://www.chiapas.eu/news.php?id=7435
Briefing von PBI zum Thema Windparks und Menschenrechtsverletzungen. Spanisch: bit.ly/Pyqg3Q und englisch: bit.ly/1cYpceB


GUERRERO

Eilaktion: Attentat auf Mitglieder der Wahrheitskommission
Die Wahrheitskommission des Bundesstaates Guerrero (COMVERDAD) hat zum Ziel die Menschenrechtsverletzungen während des «schmutzigen Krieges» in Guerrero 1969-79 zu untersuchen. Ende Januar wurden zwei Vertreter der Wahrheitskommission in ihrem Fahrzeug beschossen. Die Unterzeichnenden der Eilaktion fordern die Regierung von Guerrero auf, dass sie sich dafür einsetzen solle, dass die Wahrheitskommission ihre Arbeit ungehindert fortsetzen könne und der Vorfall aufgeklärt werde.
Weiterlesen: http://www.chiapas.eu/news.php?id=7406


MICHOACAN

Staat legalisiert Bürgerwehren
Bürgerwehren in Michoacán können ihre Waffen registrieren lassen, um offiziell das Kartell der Tempelritter zu bekämpfen. Vom Pakt mit Polizei und Armee haben aber bisher erst wenige Bürgerwehren Gebrauch gemacht.
Weiterlesen: https://amerika21.de/2014/02/97092/mexiko-buergerweht
Hintergrund: http://sinrostro.net/2014/02/21/hintergrund-mexiko-grupos-de-autodefensa-weiterhin-auf-dem-vormarsch/


MEXIKO


14. März: Internationaler Aktionstag gegen Staudämme und für die Flüsse, das Wasser und das Leben!
Die Idee dieses internationalen Aktionstages ist 1997 in Curitiba, Basilien entstanden anlässlich eines Treffens der von Staudämmen Betroffenen und Geschädigten. Der Bau von über 45'000 Mega-Staudämmen weltweit führte dazu, dass über 80 Millionen Menschen aus ihren Dörfern vertrieben wurden sowie BewohnerInnen flussaufwärts und -abwärts von den negativen Folgen betroffen sind.

Dieses Jahr machten mehrere tausend Personen in verschiedenen Bundesstaaten Mexikos mit kreativen Aktionen auf die negativen Folgen von Mega-Staudämmen aufmerksam. Auch in Kenia und Pakistan erfolgten friedliche Proteste.
Auf Spanisch: http://bit.ly/1eKpCG1

Community-Radios: Zwischen Medienmacht und Selbstverwaltung
In Mexiko gibt es keine rechtliche Grundlage für partizipative Basisradios. Die meisten freien und Community-Radios senden ohne Lizenz und müssen damit rechnen, von den Behörden verfolgt zu werden. Dennoch betreiben AktivistInnen selbstverwaltete partizipative Radios. Sie fordern nun ein Ende der extremen Konzentration des Mediensystems. Eine gleiche Verteilung von Frequenzen an Community Medien, kommerzielle sowie öffentliche Sender soll Pressefreiheit und Meinungsvielfalt garantieren. Eine neue Gesetzesgrundlage wird verhandelt.
Weiterlesen: http://www.npla.de/de/materialien/33-infoblatt/4179-infoblatt-community-radio-mexiko
Spanisch: http://educaoaxaca.org/boletines/1168

Mexikanischer Aktivist stirbt durch Polizeigewalt
Mehr als ein Jahr nach dem Angriff eines Polizisten stirbt Juan Francisco Kuykendall Leal. Ein Zeuge der Tat gilt bis heute als verschwunden. Freunden und Angehörigen gilt er als der »erste Tote« unter der neuen Regierung von Enrique Peña Nieto, weil er an den Folgen der Polizeigewalt bei den Protesten anlässlich der Amtseinführung starb.
Weiterlesen: https://amerika21.de/2014/02/97071/toter-polizeigewalt-mexiko

Neues Anti-Terror-Gesetz
Der mexikanische Senat verabschiedete ein neues Gesetz, welches von Präsident Peña Nieto vorgeschlagen wurde um den Terrorismus zu bekämpfen. Neu ist es möglich, härter gegen öffentliche Kundgebungen und Demonstrationen vorzugehen. So droht für die Besetzung eines öffentlichen oder privaten Gebäudes bis zu 40 Jahren Haft. Das Gesetz trat mit sofortiger Wirkung am 15. März 2014 in Kraft.
Weiterlesen: https://amerika21.de/2014/02/97463/reform-anti-terror-gesetz
Spanisch: http://revoluciontrespuntocero.com/entra-en-vigor-ley-antiterrorismo/

Volkskongress gegen Peña Nieto?s Energiereform
Nachdem bereits zehntausende MexikanerInnen gegen die vom Präsidenten durchgesetzte Energiereform auf den Strassen protestierten, organisierten namhafte Intellektuelle und Kirchenvertreter einen Volkskongress zu dem sie die Bevölkerung, NGOs und soziale Bewegungen einluden. Rund 3000 TeilnehmerInnen diskutierten über Reformen zu Energie, Bildung und bei Steuern.
Weiterlesen: https://amerika21.de/2014/02/97190/volkskongress-mexiko

Entführter Journalist tot in Veracruz aufgefunden
Der Journalist Gregorio Jiménez arbeitete für eine Zeitung im Bundesstaat Veracruz in der Abteilung Verbrechensmeldungen. Bevor er entführt wurde erhielt er Morddrohungen, da er über die Verschleppung von MigrantInnen berichtete. Seine Entführung löste landesweite Proteste von JournalistInnen aus, sein Leben konnte jedoch nicht gerettet werden.
Weiterlesen: https://amerika21.de/2014/02/97323/mexiko-reporter-tot-aufgefunde

Drogenboss «el chapo» festgenommen
Mexikanische Streitkräfte verhafteten am 22.2.2014 den langgesuchten Kopf des Sinaloa-Kartells in einem Hotel in Mazatlán. Die USA, welche bei den Vorbereitungen für die Festnahme beteiligt waren, forderten die Auslieferung von Guzmán. Die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft hingegen bot ihm die Aussage als Kronzeuge an, womit er Informationen über Politiker, Unternehmer und Funktionäre, die mit dem Sinaloa-Kartell zusammenarbeiten preisgeben müsste.
Weiterlesen: https://amerika21.de/2014/02/97864/chapo-guzman-drogenkrieg

In mehreren Städten wurden Demos für die Freilassung des Drogenbosses organisiert. Einige Demonstrierende liessen verlauten, «el chapo» habe mehr für sie getan als die Regierung. Unklar ist, wer die Demos organisiert hat.
Weiterlesen: https://amerika21.de/2014/03/98443/proteste-fuer-el-chapo

Nachruf: Luis Villoro «Freund der Zapatistas seit 1994»
Im Alter von 91 Jahren ist Don Luis; Intellektueller, Historiker und Zapatist in seinem Haus verstorben. Der aus Spanien stammende Mexikaner hat Chiapas zu seiner Wahlheimat gemacht. Er war bei allen grossen Mobilisierungen der Zapatistas dabei und beriet sie bei den Verhandlungen mit der mexikanischen Regierung zu den Abkommen von San Andres. Bei einer seiner letzten öffentlichen Veranstaltungen rief er dazu auf: «Organisieren wir uns. Unabhängig von den Parteien, von unten, von links so wie es bereits von unten in den Gemeinden geschieht.»
Auf Spanisch: http://desinformemonos.org/2014/03/hasta-siempre-don-luis-solo-nos-queda-seguir-adelante/


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FMLN-Sieg versus „venezolanische Zustände“

Mittwoch, 12. März 2014




(zas, 12.3.14) Der Stichentscheid bei den Präsidentschaftswahlen vom 9. März ist denkbar knapp, aber dennoch kaum mehr umkehrbar. Der FMLN hat sich mit fast 1.5 Mio. Stimmen und einem Vorsprung von etwas über 6000 Stimmen gegen die rechte ARENA-Partei durchgesetzt. Seit gestern Dienstag früh läuft nun die definitive Auszählung, die ARENA laufend zu sabotieren  sucht, parallel zu ihrem nicht gerade überzeugenden Versuch, über militante Strassenblockaden Teile des Landes und der Hauptstadt lahmzulegen.  Gestern konnten  sie eine Weile lang die Strasse zwischen der Stadt San Vicente und der Panamericana blockieren und in San Salvador wenige hundert Leute an einer Zufahrtstrasse zum Hotel platzieren; heute früh besetzten sie  vorübergehend die Panamericana des Hauptstadtvororts Ilopango. Bisher jedenfalls spricht das nicht für einen durchschlagenden Erfolg ihres Versuchs, ein allgemeines Szenario der destabilisierenden Unruhe zu schaffen, analog zu Venezuela nach den Präsidentschaftswahlen letzten Jahres. Dennoch ist die Lage sehr angespannt. Der unterlegene ARENA-Kandidat Normán Quijano hatte in der Wahlnacht die Armee zum Einschreiten aufgefordert, von einem Kampf auf Leben und Tod geredet  und die Rechte wird auf jeden Fall alles daran setzen, hier ein „venezolanisches Szenario“ durchzudrücken.

Wahlresultat
Die übereinstimmenden Prognosen von einem FMLN-Kantersieg haben sich nicht bewahrheitet.  Während der Frente im ersten Durchgang mit 1.3 Mio. Stimmen (fast 49%) klar vor ARENA (39 %) lag und  auf einen Teil der300‘000 Stimmen der drittplatzierten Allianz Unidad (ebenfalls rechts) hoffen konnte, scheinen diese – so eine noch nicht erhärtete Annahme – fast geschlossen an ARENA gegangen zu sein – obwohl eine Reihe von Führungskadern von Unidad zur Stimmabgabe für den FMLN aufgerufen hat. Dieser Interpretation zufolge liess sich die rechte Basis davon kaum beeinflussen – der alte Hass auf die „Terroristen“ war tiefer. Dass ist insofern ernüchternd, als da vermutlich viele Leute dabei sind, die durchaus von den Sozialreformen der Regierung Funes/FMLN profitiert haben.
Unserer Wahlbeobachtungsgruppe (wir waren im landesweit grössten Wahlzentrum, der Feria) fielen die vielen ARENA-Busse auf, die WählerInnen aus einfachen Bevölkerungsschichten heran transportierten . Ein Phänomen, das sich an manchen Orten bestätigt hat. ARENA hatte eine beeindruckende Kapazität an den Tag gelegt, auch noch ihre letzten WählerInnen zur Stimmabgabe heranzufahren. Obwohl die Wahlzentren heute näher am legalen Wohnort der Leute als früher liegen, gibt es immer noch grosse Kontingente der Bevölkerung, die für die Wahlteilnahme auf einen Gratistransport angewiesen sind.  ARENA verfügte über deutlich mehr Ressourcen dafür. (Interessant ist, dass handkehrum die Frente-WählerInnen viel mehr in schrottreifen Karren kamen. Vermutlich kann der FMLN die Finanzstärke der Unternehmerpartei in Zukunft nur durch eine gezielte Verstärkung einer Art Transport-Nachbarschaftshilfe ausgleichen.)
Zweifellos war die internationale Medienhetze gegen Venezuela ein gefundenes Fressen für die Rechte hier. Im Kern ist die Desinformation nicht anders als in Europa, nur noch viel brutaler.  Das Bild ist: In Venezuela kämpft ein verhungerndes Volk mutig gegen eine faschistische Militärdiktatur – Zustände, die in El Salvador drohen. Es gibt sehr viel anekdotische Evidenz für eine entsprechende Massenbeeinflussung. Viele Gespräche mit Leuten, die klar sagen, die Frente-Regierung sei die erste, die was für sie getan habe, aber Zustände wie in Venezuela wolle man nicht. In einem Land, in dem Hunger und Mangel keine Fremdwörter sind, haben Begriffe wie Rationierung und Unterversorgung einen entsetzlichen Klang.  Insofern ist ARENA für den 2. Durchgang doch eine wirksame Angstkampagne gelungen, zusammen mit den ausufernden Berichten über die Kriminalität.
 Falls die Annahme stimmt, dass ein Grossteil der Unidad -WählerInnen letztlich für ARENA gestimmt hat, haben beide Parteien zusätzlich noch je rund 200‘000 WählerInnen mobilisieren können.  Angesichts eines mit Ausgewanderten und Toten künstlich aufgeblasenen WählerInnenregisters (etwas unter 5 Millionen Eingetragene) eine beachtliche Leistung, die im Fall des FMLN eine weitgehend stetige Aufwärtskurve unterstreicht.

Der Fascho und die Botschaft
Auch wenn das Ergebnis knapp ist, es steht für einen FMLN-Sieg. Nicht von ungefähr rief ARENA-Kandidat Quijano noch in der Wahlnacht vom letzten Sonntag, dem 9. März 2014, die Armee zum Eingreifen auf (s. Prensa Gráfica, 10.3.14) und versucht seine Partei seither, die gesetzlich vorgeschriebene definitive Auszählung zu sabotieren. Der Aufruf zum Putsch ging in die Hosen. Parlamentarische Pseudolegitimierungsmechanismen wie in Honduras oder Paraguay sind angesichts der Qualität des FMLN nicht gegeben. Die US-Botschaft hat ARENA wohl noch in der gleichen Nacht zurückgepfiffen, am Montag hatte sie einen Aufruf zur Ruhe publiziert. Sogar das rechtsradikale ARENA-Blatt El Diario de Hoy versteckte den Aufruf in nichtssagenden Sätzen auf den hinteren Seiten.
Die US-Botschaft weiss um die Schwäche eines faktischen Aufrufs zum Krieg in einem Land, in dem die Leute auf jede Chance setzen, der pervasiven Gewalttätigkeit im Alltag zu entfliehen. Sie dürfte auf eine raffiniertere Alternative setzen: Entweder würde sich die Regierung unter Salvador Sánchez Cerén (FMLN) angesichts des knappen Resultats, der permanenten Druckmanöver der Rechten und der Einflüsterungen „aufgeklärter“ Geister auf einen Washington-hörigen Kurs verpflichten lassen oder aber das „venezolanische Szenario“ würde mit einem schwachen Anschein von Legalität und Legitimität verstärkt werden. Viele Ereignisse der letzten Wochen, speziell aber der letzten Tage, deuten auf diese zweite Möglichkeit hin. 

Wahlgesetz – wofür?
Nach dem der Aufruf zum Putsch fürs Erste ins Wasser fiel, kam ARENA am folgenden Montag mit einer neuen, anscheinend demokratischeren Forderung daher: Neuauszählung aller Stimmen. Um dies einordnen zu können, braucht es einige Infos: Von über 10‘200 Wahltischen konnten die Akten von ganzen 14 Wahltischen nicht in die vorläufige Auszählung aufgenommen werden, sei es, w eil der  gesetzlich notwendige Stempel der Wahltisch-Behörde (je 2 VertreterInnen der beiden Parteien) fehlte oder etwa weil es zur Stimmenanzahl von ARENA schlicht keine Angabe gab – wohl verstanden in der von VertreterInnen der beiden Parteien unterschriebenen Akte. Das Oberste Wahlgericht TSE gab am Montag in einer nationalen Mediensendung detailliert über die Umstände  bei diesen 14 Akten Bescheid. Zusätzlich zu 7 Fällen, in denen die Resultate falsch eingetippt wurden. Je nach Lage der Dinge würden diese Fehler bei der definitiven Auszählung durch Vergleich mit den Akten in den Händen der Parteien, der Staatsanwaltschaft und Ombudsstelle für Menschenrechte, die wie das TSE über Kopien aller Wahltisch-Akten verfügen oder durch Öffnen der entsprechenden Urnen (bei fehlenden Angaben auf der Akte) behoben werden. Wie andere durchaus noch mögliche Tippfehler, die für die Parteien jederzeit leicht eruierbar auf der Webseite des TSE zu finden sind.  All das verändert aber das Wahlresultat nicht gross.
Zusätzlich gibt es etwas über 4000 angefochtene Stimmen, über deren Gültigkeit sich die beiden Parteien an den Wahltischen nicht einen konnten (bei  fast 3 Mio. Stimmen). Das Wahlgesetz sieht klipp und klar vor, dass die entsprechenden Wahlzettel in der definitiven Auszählung nur bewertet werden, wenn ihre Gesamtzahl die Differenz der beiden Kontrahenten übersteigt – das ist nicht der Fall. Von einer gesamten Neuauszählung weiss das Wahlgesetz eh nichts, auch nichts von einer Wiederholung einer Wahl, wie sie ARENA gestern Dienstag forderte, ausser in Fällen, dass aufgrund von Erdbeben, Kriegen o. ä.  eine Wahl nicht ordnungsgemäss hätte durchgeführt werden können.  Durch die Präsenz aller an den Wahlen beteiligten Parteien in allen relevanten Instanzen der Wahlbehörden – vom einzelnen Wahltisch zum TSE und dessen verschiedenen Armen wie der Logistikabteilung etc.  – ist, unter bestimmten Umständen, im Sinne von checks and balances eine Transparenz des Wahlvorgangs gegeben, tatsächlich eher als in einem angeblich parteilosen, von daher weniger transparenten System der Wahlorganisation. Zu den erwähnten „Umständen“ gehört allerdings klar, dass die Parteien über die Kapazität verfügen, alle Instanzen mit geschulten und loyalen Leuten zu besetzen. An Phänomenen wie Stimmenkauf oder Wahlmanipulation via Desinformation ändert das natürlich nichts. Hier sind andere Kapazitäten – der permanenten Schulung und Mobilisierung – gefordert. Jedenfalls ist die Tendenz zu laufend weniger umfassendem Wahlbetrug seit dem Friedenschluss von 1992 eindeutig.

Die Logik der Destabilisierung
Im Wahlgesetz gibt es keine allgemeine Neuauszählung und auch, bis auf die skizzierten Fälle, keine Wiederholung der Wahlen. Was es in der definitiven Auszählung dagegen gibt, ist ein Vergleich Akte für Akte (von den konkurrierenden ParteivertreterInnen unterschrieben) - und zwar der Akte im Besitz des TSE und der Kopien der Parteien, der Staatsanwaltschaft und Menschenrechtsstelle – mit den Zahlen im Rechner des TSE. Eine Öffnung der Urnen kann nur im oben beschriebenen Fall einer die Stimmendifferenz übertreffenden  Anzahl angefochtener Stimmen oder bei Widersprüchen in der Akte erfolgen.  Die Forderung nach einer generellen Neuauszählung verlangt etwas Extralegales, also Illegales. Natürlich weiss ARENA das. Die Logik dahinter ist die Schaffung von Unruhe, von Zweifel, von Betrugsstimmung.
Mustergültig demonstrierte sie das gestern und zeigt es heute. Gestern Nachmittag - die definitive Auszählung war schon gut vorangekommen – verliessen ihre Mitglieder die Auszählung – unter „Protest“ gegen den „Wahlbetrug des TSE und des FMLN“. Detail: Von Rechts wegen müssen ihre VertreterInnen in den zuständigen Instanzen des TSE an der definitiven Auszählung teilnehmen. Ein klarer Rechtsbruch. Quijano verlangte Neuwahlen, u.a., weil Präsident Mauricio Funes vor den Wahlen Propaganda betrieben habe. Komme es nicht dazu, würde sich ARENA an die Verfassungskammer des Obersten Gerichtes wenden (zu dieser Kammer siehe die letzten Einträge zu El Salvador). Nun machte das TSE das, was es von Gesetz wegen tun musste: Es berief zu einer neuen Sitzung der Auszählungstische um 8h abends ein, bei der die Auszählung mit oder ohne ARENA-Präsenz weitergehen würde (unter Beteiligung der Staatsanwaltschaft etc.). Gleichzeitig kündete  das TSE Mediationsdienste der OAS und der Menschenrechtsstelle an. Um 8h glänzte ARENA durch Abwesenheit, die definitive Auszählung ging weiter. Etwas später ging ARENA auf einen Vermittlungsvorschlag der OAS und der UNO (UNDP) ein, wonach die Auszählung ab heute morgen weitergehe. Das TSE willigte ein, und zeigte sich bereit, die8-Uhr- Auszählung zu wiederholen. Dem „Vermittlungsvorschlag“ war hinter den Kulissen eine klare Intervention der US-Botschaft bei ARENA vorangegangen.

Weiter im Text
Seit heute früh geht das „Verwirrspiel“ weiter. Tatsächlich hat sich ARENA unter Botschaftsaufsicht an der definitiven Auszählung beteiligt, dergestalt nämlich, dass die 7 Departemente, die sie gewonnen hat, schon mit formalisierten Resultaten abgeschlossen sind im Gegensatz zu den 7 Departementen, in denen der Frente vorne liegt  und bei denen sie das Resultat verzögert. Etwa, indem ihre Leute an den Tischen wiederholt und lange den Raum verlassen. Soeben gab das TSE bekannt, von nun nur noch vorgesehene Pausen zu bewilligen und die Auszählung zu allen anderen Zeitpunkten fortzusetzen, unabhängig von der ARENA-Anwesenheit oder nicht. Heute Mittag haben die grossen Medien die Siegesnachricht   von ARENA verbreitet und damit natürlich Triumphstimmung bei der Rechten und grosse Sorge bei den Unseren verursacht. Das Detail mit den 7 Departementen ist dabei nicht erwähnt worden. Gut möglich, dass sich die ARENA-VertreterInnen in der einen oder anderen Form definitiv sperren werden, die übrigen Resultate, die dem Frente den nationalen Sieg geben, zu unterschreiben. So oder so haben sich eine neue Vorlage für ihr Betrugsgeschrei geschaffen, national und international. Bis spätestens morgen sollte das TSE das definitiv Resultat bekanntgeben (abgesehen von einer möglichen Frist für die Beantwortung eines zu erwartenden ARENA-Rekurses für Neuwahlen).
Das Ganze läuft immer deutlicher auf den Versuch hinaus, „venezolanische“ Zustände in El Salvador
heraufzubeschwören. Heute hat Quijano anscheinend den rechtsradikalen, mittlerweile einsitzenden Anführer der militanten Angriffe in Venezuela, Leopoldo López, als Vorbild genannt. Das Ganze basiert auf der Behauptung eines Wahlbetrugs. ARENA behauptet, ihren Akten zufolge zig-tausend Stimmen mehr zu haben – sie legt diese Akten nur nicht vor.  Heute behauptet Quijano, Beweise für mindestens 20‘000 Fälle von FMLN-Mehrfachwählen zu haben – kein Hauch von vorgelegter Beweis.  Usw. Als einzig überhaupt materielles Element dient ihnen der Hinweis, dass sie im TSE derzeit über keinen Magistraten verfügen. Das stimmt, weil der bis nächstes Jahr gewählte Magistrat Walter Araujo, ehemaliger ARENA-Fraktionspräsident, sich letztes Jahr von ARENA zu Unidad abgespalten hat. Sein Stellvertreter allerdings nimmt als ARENA-Vertreter weiter an den TSE-Aktivitäten teil und hat sich vom illegalen Vorgehen seiner Partei abgegrenzt.

Bisher rechte Photo-Opps
Ein Wort noch zu den Strassenmobilisierungen von ARENA., von denen auch in den ausländischen Medien die Rede ist. Es handelt sich dabei um Foto-Opps, damit die TV-Sender Bildmaterial haben. An die angekündigte Grossmobilisierung von ARENA heute beim TSE sind etwa 500 Leute gekommen,  Futter für die tendenziösen Medien, keine Spur von massivem „Bürgerprotest“. Wie die rechten Mobilisierungen nach der absehbaren Ausrufung des FMLN-Kandidaten zum gewählten Präsidenten aussehen, werden wir sehen.