Zürich, im Juli 2020
El Salvador: Selbstbestimmung in Zeiten der Pandemie
Ein Spendenaufruf
Die Pandemie in El Salvador verschärft sich erschreckend. Kaum ein Tag, ohne dass wir vom Tod oder von schwerer Krankheit von vertrauten und von unbekannten Compas hören. Deshalb wenden wir uns jetzt an Dich / an Sie als Stütze unserer Projekte mit der Bitte um einen Sonderbeitrag.
Solidarische Initiative
Ende Juni tauschten ein paar Frauen des FMLN, darunter auch Ärztinnen, Nachrichten über Compas mit Covid-Symptomen aus. Für viele von diesen ist schon der Kauf eines Schmerzmittels ein Problem. Der Beschluss wurde gefasst: Eine minimale medizinische Betreuung wird für die Compas organisiert. Gesagt, getan. Die betreuten Compas verbreiteten in ihren Kreisen die Botschaft: «Der Frente hat für uns eine Ärztebrigade organisiert.» Das ging rum wie ein Lauffeuer und wurde zum Handlungsauftrag.
Die Red Médica Solidaria, das solidarische ärztliche Netz, war geboren. Binnen Tagen hatten sich schon rund 50 ÄrztInnen gemeldet, um mitzumachen. Nachdem die Regierung die über drei Monate dauernde militarisierte Ausgangssperre hatte aufgeben müssen – eine weitere krasse Missachtung von entsprechenden Urteilen der obersten Justizorgane galt im State Department als wenig opportun – sind Hausbesuche u. a. möglich geworden. Die «Red» ist von früh bis spät im Einsatz.
Ein ärztliches Team aus dem FMLN hatte angesichts der explodierenden Covid-19-Ansteckungsrate schon vorher eine Reihe von praktischen Regeln bei Verdacht auf Covid-Infektion über die Organisationsstrukturen in den Gemeinden und die Social Media verbreitet. Es geht dabei z. B. um Medikamente gegen Sekundärinfektionen, um die Behandlung von Wäsche von Erkrankten, um Distanzmassnahmen in oft engsten Wohnverhältnissen oder dem Umgang mit psychischen Belastungen.
Viele Reaktionen bezeugen die Erleichterung der Compas über die Solidaritätsaktion. Ältere erinnern sich an die Gesundheitsversorgung in der Guerilla.
All das vor dem Hintergrund, dass die Ansteckungswelle auch in El Salvador wie in grossen Teilen des Kontinents exponentiell wächst. Das Spitalsystem ist real schon kollabiert. Das Personal arbeitet meist mit unzureichendem Schutzmaterial, viele sind infiziert, einige sterben. Die Zustände sind dantesk (s. zum Beispiel elfaro.net: Diario de un doctor que se enfrenta a la pandemia en primera línea).
Perverse und zynische Regierung
Der bis auf die Knochen korrupte Clan um Präsident Nayib Bukele macht in seiner enormen Dauerhetze für seine katastrophalen «Fehlleistungen» alle ihm nicht dienstbaren Kräfte verantwortlich. Er lässt die Wände in bestehenden Spitälern neu streichen und spricht von Renovierung. Er kündet das «grösste Spital» Lateinamerikas mit Top-Standard an, statt wie z. B. in Costa Rica schnell provisorische Behandlungszentren zu errichten. Das Spital «funktioniert» Monate zu spät, prekär, zu einem minimalen Bruchteil seiner angeblichen Kapazität, allerdings nur, weil Personal und Ausrüstung aus anderen eh schon zusammenbrechenden Spitälern abgezogen worden sind. Bukele will Fachpersonal aus Guatemala und Nicaragua abwerben, obwohl es dort gebraucht wird. Eine Anfrage an das in Sachen Covid vorbildliche Kuba um die Entsendung einer Medizinbrigade verbietet Washington. Statt aufzuklären schürte Bukele psychotische Angst. Trotz des Einsperrens von Tausenden in veritablen Ansteckungslagern, brutalen Sicherheitskräften und der präsidialen Pose als Retter der Nation ist klar, dass das Virus nur von einer solidarischen, aufgeklärten, nicht drangsalierten Bevölkerung eingedämmt werden kann. Das aber kümmert das US-protegierte Regime oder seine soziale Basis im Heer der fundamentalistischen Sekten nicht.
Unterstützung für die Selbsthilfe!
Die Red Médica Solidaria kann das öffentliche Gesundheitswesen nicht ersetzen, auch wenn dieses immer mehr am Virus erkrankte Menschen und andere mit chronischen Krankheiten faktisch aussperrt. Sie steht für einen Versuch, mit Solidarität und Selbstorganisation auf diesem neuen Kampfterrain – Bedrohung durch die Pandemie, Angstpsychose und neuer Faschismus – zu bestehen.
Wir haben die «Red» schon mit einem kleinen Beitrag unterstützt. Alle, die darin arbeiten, machen das unentgeltlich. Geld braucht es für Medikamente, einfache Sauerstoffflaschen, taugliche Schutzmasken u. v. m. Der extreme Lockdown hat beträchtliche Teile der Bevölkerung in eine sich vertiefende Armut getrieben. Tausende von Compas brauchen jetzt Unterstützung.
Selten ist der politische Kampf derart unmittelbar mit dem physischen und psychischen Überleben verknüpft.
Spenden an:
Unterstützungsverein Zentralamerika-Sekretartiat
Zürich
PC: 80-60518-0
IBAN CH10 0900 0000 8006 0518 0
Vermerk: Pandemie El Salvador