USA montieren Medien für Boykott (und Kommentar zu Propaganda und Julian Assange)

Samstag, 26. September 2020

 

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Niklaus Ramseyer

© Ramseyer

Niklaus Ramseyer / 25. Sep 2020 - Die Korruption in Venezuela ist ganz gross in den Tagi-Medien. Die Infos dazu kamen gezielt von US-Behörden.

«Venezuelas Entwicklungsgeld floss in die Schweiz.» So lautete der grosse Titel über zwei Seiten in der «BernerZeitung» (Tagi-Konzern) letzten Montag (21. Sept. 2020). Und immer noch auffallend gross und rot: «UNO schätzt, dass jährlich 4000 Milliarden Dollar illegaler Gelder gewaschen werden.»

Nur: Die UNO-Schätzung von «bis zu 4000 Milliarden illegaler Gelder» meint in Tat und Wahrheit gar nicht Venezuela, sondern sämtliche in einem Jahr weltweit gewaschenen Gauner-Gelder. Im Kleingedruckten gegen Schluss der gross aufgemachten Story erfährt der Leser dann auch, dass es bei «Venezuelas Entwicklungsgeld» konkret um «knapp 30 Millionen Dollar vom mutmasslich überrissenen Preis» (150 Millionen Dollar) für eine Wohnsiedlung südlich der venezolanischen Hauptstadt Caracas geht. Der Fall wurde von den Behörden Venezuelas schon 2015 untersucht.

Da wird also einiges zugespitzt. Interessant ist allerdings die Quelle der ganzen Räuberpistole: Die Informationen stammen aus einem Leck des «Financial Crime Enforcement Network» (Fincen), der Finanzmarktaufsicht der USA. Es sind 2100 Geldwäschereimeldungen von US-Banken («Suspicious Activity Reports, SAR»), die von einer Fincen-Beamtin gestohlen und der US-Plattform «Buzzfeed» weitergegeben wurden. Von dort kamen die «Files» zu einem «International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ)», dem 400 Reporter weltweit angeschlossen sind – auch der «Recherche-Desk» des TA.

Fokus «zufälligerweise» auf Venezuela?

Die Tagi-Rechercheure räumen ein, dass die in den USA «geleakten» Dokumente «nur ein winziger Ausschnitt» jener 2 Millionen Verdachtsfälle seien, die US-Banken ihrer Fincen jedes Jahr per SAR melden. Doch in dem «winzigen Ausschnitt» kommt ausgerechnet Venezuela breit vor. Nicht etwa Korruptionsfälle aus Saudi-Arabien oder aus Israel (wo ja nun gar Korruptionsermittlungen gegen den Regierungschef laufen). Nur sind das halt alte «Freunde» der US-Regierung. Wohingegen diese das Erdölland Venezuela seit Jahren mit Boykott und brutalen Sanktionen regelrecht auszuhungern versucht. Der «Scoop» sieht somit verdächtig nach politisch gezielter Indiskretion aus.

Und er passt ganz gut zum Auftrag («Mission») der Fincen: «The mission of the Financial Crimes Enforcement Network is to safeguard the financial system from illicit use, combat money laundering and its related crimes including terrorism, and promote national security through the strategic use of financial authorities and the collection, analysis, and dissemination of financial intelligence.» (Fettschrift durch den Verfasser)

Der Auftrag umfasst also mitunter die «Streuung finanzieller Informationen» (dissemination of financial intelligence) um die «nationale Sicherheit der USA zu fördern» (promote national security). Diesen Auftrag hat die indiskrete Fincen-Beamtin, die sich schon im Januar schuldig bekannte, mit Hilfe williger Medien weltweit voll erfüllt. Jetzt können wir gespannt zuschauen, ob sie in den USA als «Whistleblowerin» geehrt wird. Oder wegen «Verrat» mit lebenslangem Gefängnis bedroht, wie Julian Assange – der ebenfalls Korrup

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 «Kritische» Propaganda

(zas) Die ersten Wikileaks-Infos wurden über ausgewählte Mainstreammedien verbreitet. Ich erinnere mich, dass bald einmal aus «linken» Verschwörungsecken (wie etwa Global Research) scharfsinnig (natürlich!) der Verdacht, quasi die Gewissheit, formuliert wurde, dass Wikileaks ein Produkt der CIA sei. Warum? Weil die Mainstreammedien erstaunlicherweise die Körner rauspickten (oder gleich zurichteten), die sich irgendwie gegen fortschrittliche Regierungen oder andere «Feinde des freien Westens» benutzten liessen. Jahre später kamen die Panama-Papers. Same Story. Die ersten Schlagzeilen machten deutlich, wie korrupt doch Linke sind. In der Schweiz durfte der Tagesanzeiger mit-«recherchieren». Als mit fortschreitender Veröffentlichung der Papiere der Elefant im Wohnzimmer immer sichtbarer wurde – etwa die systematische «Offshore-Aktivitäten» gepriesener Landes- und Wirtschaftsführer – versickerte erst der Schlagzeilen-, danach generell der Mitteilungsdrang. Und andersrum: Nachdem die grosse Medienschar jahrelang ihren Geifer über Julian Assange gegossen hat, ohne sich bis heute für ihre Falschmeldungen entschuldigt zu haben, fesseln andere Themen ihre Aufmerksamkeit. So bleibt unter der Wahrnehmungsschwelle, dass der Mann, dessen Schuld darin besteht, entscheidend mitgeholfen zu haben, darüber zu informieren, wie die US-Soldateska im Irak die Menschen abgeschlachtet hat, gerade in einem Verfahren vor einem britischen Politgericht, der Elemente eines Schauprozesses mit einem Geheimprozess vereint, zur Auslieferung an seine Häscher in Washington verurteilt wird. (und die USA rächen sich schon mal an Whistleblowerin Chelsea Manning mit Fertigmachen im Knast.) Assange, von dem sein Freund, der britische Ex-Diplomat Craig Murray am ersten Prozesstag entsetzt berichtete, dass er, der Scharfdenker, kaum mehr fähig war, zusammenhängende Sätze zu formulieren oder dem Prozess zu folgen. Eine Folge der Weissen Folter im britischen Knast, also der Totalisolation und des Entzugs physisch und psychisch unbedingt notwendiger Reize, sprich vor allem menschlicher Kontakte. Sie führen offen einen Menschen vor, der an schweren folterbedingten Verletzungen leidet – und kein Wort dazu in «unseren» so menschenrechts-beseelten Medien! (Allenfalls da oder dort mal die leise Frage, ob eine Auslieferung von Julian Assange für die Pressefreiheit bekömmlich sei.) Dafür erneut etwas Unterhaltungshäme gegen Venezuela, Aufwärmer für das, was dort in naher Zukunft droht.