El Salvador: Massaker von El Mozote, Präsenz eines US-Militärs, Einsatz von Napalm

Freitag, 30. April 2021

 

(zas) 11. bis 13. Dezember 1981: Die salvadorianische Armee ermordete in diesen Tagen in der Gegend rund um das Dorf El Mozote im Osten des Landes nachgewiesenermassen fast 1000 Menschen, 477 weniger als 12 Jahre alt. Es war das grösste Einzelmassaker des 20. Jahrhunderts in Lateinamerika. International machten das als erste zwei JournalistInnen, Alma Guillermoprieto von der Washington Post und Raymond Bonner von der New York Times, bekannt. Die entsetzten Berichte der damaligen Guerilla des FMLN zuvor waren schlicht ignoriert worden. Bonner und Guillermoprieto sollte es lang nicht besser gehen. Washington leugnete das Massaker während Jahren. Dafür erhöhte es wenige Tage nach dem Gemetzel die Militärhilfe massiv. Begründung: Die Menschenrechtslage im Land habe sich beträchtlich verbessert. Zu Washingtons Hauptnegationisten gehörte mit Elliot Abrams der damals für Menschenrechte zuständige Funktionär im State Department. Unter Trump koordinierte er das stille Massaker per Sanktionen und Blockade in Venezuela. 

2017: Übergabe von Leichenresten an überlebende Angehörige. Foto: Revista Factum.

Adams wusste es damals besser, wie die Stanford-Dozentin Terry Karl am letzten 27. April  in einer Anhörung vor dem couragierten Richter Jorge Guzmán, der den Fall neu aufrollt, darlegte. Die Frau forscht seit den 80-er Jahren zu Menschenrechtsverbrechen in El Salvador und gilt international als ausgewiesene Expertin auf diesem Gebiet. 1982 hatte sich der Chef von Americas Watch (die danach zu Human Rights Watch wurde), Aryeh Neier, mit Elliot Abrams unterhalten. Dabei ging es nicht nur um die Frage des Massakers, sondern um die Anwesenheit des US-Militärberaters Bruce Hazenwood dabei, wie dieser selbst der dank der Friedensabkommen von 1992 entstandenen UNO-Wahrheitskommission berichtete. Karl hat das ihr zugängliche Interview der Kommission mit Hazenwood dem Gericht präsentiert. Der US-Aufstandsbekämpfer war mit dem salvadorianischen Oberst Domingo Monterrosa nach El Mozote geflogen. Monterrosa befehligte das Elitebatallon Atlacatl, das gerade in den USA ausgebildet worden war und in El Mozote an vorderster Stelle wütete. (Die Guerilla konnte den berüchtigten Oberst ein paar Jahre später in einer spektakulären Aktion hinrichten.) Aryeh Neier von Americas Watch hatte Terry Karl von einem Gespräch 1982 mit Abrams berichtet, bei dem dieser die Aussage des Times-Journalisten Ray Bonner bestritt, Hazenwood sei bei der Folterung von Gefangen zugegen gewesen, aber angefügt hatte: «Ich wünschte, ich könnte das Gleiche zu El Mozote sagen.» Hazenwood war auch vorgängig über die geplante Ermordung 1982 des vierköpfigen holländischen Medienteams unter Koos Koster informiert worden, und zwar von Reyes Mena, dem mit dem Mord beauftragten Obersten. Der niederländische TV-Sender Zembla hatte dies im September 2018 auf der Basis bislang geheimer Dokumente der Wahrheitskommission publik gemacht. «Natürlich» hatte der US-Militärberater nichts unternommen, um den Mord zu verhindern.

Am 28. April ging die Anhörung von Terry Karl weiter. Sie situierte das Massaker von El Mozote in der Strategie der Armee-Hardliner, für die dieses grösste ihrer Massaker – «der schlimmste Moment im Krieg» (Karl) - nur den Höhepunkt einer Strategie der Vernichtung der zivilen Basis der Aufständischen darstellte. In El Mozote setzte die Armee, so Terry Karl, auch vier Napalmbomben ein. Den jetzt mitangeklagten damaligen Chef der Luftwaffe, Juan Rafael Bustillo, hatte ein Untersuchungsbericht des US-Kongresses laut der New York Times vom 9. Oktober 1984 so zitiert: «Bevor die USA uns zu helfen begannen» - mit der Lieferung von A-37-Militärflugzeugen, die zielgenaues Bombardieren mit traditionellen Bomben ermöglichten - «mussten wir Napalm benutzen. Wir hatten es einige Jahre zuvor von Israel gekauft.»

Für einen der von Karl genannten verantwortlichen Mordoffiziere des Elitebataillons Atlacatl, Oberst Mauricio Duque Lozano, hatte 2019 ein anderer Oberst, Rolando Brizuela, ein Alibi geliefert: Duque habe wegen einer Verletzung gar nicht am Mozote-Massaker teilnehmen können. Staatspräsident Nayib Bukele hatte Brizuela kürzlich zum Chef der Finanzaufsicht (Superintendencia del Sistema Financiero) ernannt. Kein Widerspruch zu Bukeles anhaltender Weigerung, Richter Guzmán Armeearchive zu El Mozote auszuhändigen.

Karl hatte in der Anhörung auch mehrere Informationen vorgetragen, die den Versuch von Angeklagten, das Massaker als Folge «durchgebrannter Sicherungen» des Atlacatls-Chefs Monterrosa und nicht als vom Obersten Armeekommando abgesegnete Operation darzustellen, widerlegten. Dazu gehören etwa die Information, dass rund ein Drittel des damaligen Armeebestandes direkt beteiligt war oder dass die honduranische Armee zeitgleich die nahen Grenzen abriegelten.

Nach der Anhörung: Terry Karl und die beiden Überlenden Pantaleona López und Rosario López. Foto: El Faro.

Ob das Gerichtsverfahren abgeschlossen werden kann, ist offen. Die Verteidigung der Militärs hat zwei Ablehnungsverfahren gegen Guzmán wegen «Befangenheit» eröffnet. Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich im derzeitigen, durch Bukeles Sieg in den Parlamentswahlen von letztem Februar noch zugespitzten Klima des Autoritarismus, eine Berufungskammer fände, die dem stattgäbe.

An der Anhörung war auch ein Vertreter der US-Botschaft, Jonathan Lloyd, präsent. Laut El Faro meinte er: «Die USA unterstützen das Gerichtsverfahren zum Fall des Massakers von El Mozote.» Wie fest, zeigt der Umstand, dass ihm die Anwesenheit eines US-Militärberaters beim Massaker kein Kommentar wert war.