AHV-Konterreform und siegreiche Männer

Montag, 26. September 2022

 

60 % der abstimmenden Männer haben am Sonntag für eine AHV-Konterreform für ein erneut erhöhtes Rentenalter für Frauen gestimmt. Nur 40 % oder weniger der Frauen taten das Gleiche. Zwei Beispiele für die Mentalität der Sieger:

1.      Alain Berset

Bundesrat, SP. Eine zentrale Figur in der Kampagne für die «Reform», also die Verschärfung des sexistischen Angriffs auf arbeitende Frauen. Nach seinem Sieg und dem von seinesgleichen die «beruhigende» Note («bitte seid nicht wütend, wir schauen für euch»): «Wir müssen Lösungen finden für die Frauen-Diskriminierung». Nämlich bei der Regelung für die Pensionskassen. Die haben bekanntlich keine Mehrheitslobby in den staatlichen Institutionen. Wem kommt nicht das Kotzen?

 

2.      Fabian Schäfer

Bundeshausredaktor NZZ. Er bedient sich des Tons, der im Zeichen des Ukrainekriegs als Komponente des inneren (Sozial)-Kriegs zunehmend dominant wird: den Gegner fertig machen. Also «überführt» Schäfer wie andere Schreiber im Blatt den SGB im Rahmen der Hetze für den AHV-Angriff auf die Frauen wiederholt der Lüge. Wie das? Ach so, der SGB hatte in einem Video aufgenommen, was die Rechte im Parlament und in seinem Blatt andauernd in Aussicht gestellt hat: die Frauen zur längeren Arbeit zwingen als erster Schritt zur allgemeinen Rentenalterserhöhung. Die tonangebenden Kräfte im Land verdeutschen das (auch in der NZZ) als Zielvorgabe von erst mal 66, dann 67, dann 70 Jahre oder mehr. Der SGB hat sich darauf bezogen. Da aber im Text der Konterreform diese überdeutliche Zielvorgabe natürlich nicht erwähnt wird – Salamitaktik – lügen Schäfer & Co. dauernd von einer Lüge der Gegenseite.

Und was schreibt der gleiche Autor noch am Abend seines Siegs? Tolle Sache, jetzt ist der Damm gebrochen, vorwärts zu weiteren Reformen – aber mit Mass, um nicht argen Widerstand zu provozieren. Das «Mass» geht laut Schäfer z. B. so: Die Gewerkschaften wollen eine 13. Monatsrente. Die Bonzensprösslinge vom Jungfreisinn fordern Rentenantritt erst mit 66, dann 67 Jahren. Hey, Avenir Suisse sagt, beides sei richtig, «mehr Rente, dafür länger arbeiten». (Mehr Rente kann heissen: ein Weihnachtszustupf.) Ein anderes «Mass» erwähnt der Schreiber auch: «Eine Idee war in den letzten Wochen in bürgerlichen Kreisen mehrfach zu hören»: eine «AHV-Schuldenbremse». Gibt es Finanzierungsprobleme, muss sie die Politik rechtzeitig lösen. «Tut sie das nicht, treten automatisch Massnahmen in Kraft, die im Gesetz mehr oder weniger präzis definiert werden.» Angesichts der Machtverhältnisse wäre da eine weitere Ausdehnung der antisozialen Mehrwertsteuerbeiträge wohl noch «gemässigt», aber natürlich grinsen demoskopisch-mathematisch unabdingbare Alterserhöhungen, noch magerere Renten u. ä. um die Ecke. Ein weiteres «Mass» habe «der Bundesrat 2014 mit einem konkreten Vorschlag gezeigt: Personen mit tieferen Einkommen, die früh ins Arbeitsleben eingestiegen sind und im Durchschnitt eine geringere Lebenserwartung haben, hätten ihre AHV-Rente zu besseren Konditionen vorbeziehen können. Dieser Vorschlag könnte wieder zum Thema werden, wenn es darum geht, unerwünschte Folgen einer generellen Erhöhung des Rentenalters auf 66 oder 67 abzufedern.»

Was hat er doch gelogen, der SGB!

3.      Letzte Anmerkung.

SGB. Er hat sich in dieser Kampagne unbestritten ins Zeugs gelegt. Leider tat er das auch vor wenigen Jahren mit seiner Forderung nach einem Renteneintrittsalter von 65 Jahren auch für Frauen. Klar, mit einigen Verbesserungen, die die Spenderlaune der Mächtigen überfordert hatten. Im Gegensatz wohl zu denen, die Berset und die Seinen heute in Sachen Frauen und Pensionskassen überhaupt zu denken wagen. Doch das war nebensächlich. Im Kern hatten die Gewerkschaften die Logik der Macht übernommen: Alter rauf! Das scheiterte damals. Fakt bleibt, dass der SGB damit die «Erhöhung des Frauenpensionsalters» als diskussionswürdig propagiert hatte. Bis heute keine Selbstkritik, nur eine Niederlage.