Polizeiaufstand in Bolivien

Dienstag, 26. Juni 2012

26. Jun 2012 | Bolivien | Militär | Politik

Polizeiaufstand in Bolivien

Regierung beklagt "Putschvorbereitung" in La Paz. Protestierende stürmen Sitz des Inlandsgeheimdienstes

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La Paz. Ein Streik von Polizeieinheiten im bolivianischen La Paz sorgt in dem Andenland für politische Unruhe. Der Protest der Uniformierten, die seit letzter Woche auch in anderen Städten für mehr Lohn, die Rücknahme eines neuen Disziplinarrechtes und Rentenzahlungen bei vollem Lohnausgleich protestieren, werde von Teilen der Opposition für eigene Ziele missbraucht, sagte Präsident Evo Morales am Sonntag.
Zugleich richtete das Staatsoberhaupt einen Appell an die rangniedrigen Polizisten, ein am Wochenende geschlossenes Abkommen zwischen Gewerkschaft und Regierung einzuhalten. Dieses sieht neben einem neuen Mindestlohn von 2.065 Bolivianos (rund 230 Euro) die Annullierung des Disziplinarrechts, die Einsetzung eines Polizei-Ombudsmanns, die Verdoppelung von Zahlungen für Lebensmittel auf jährlich 1.300 Bolivianos (rund 145 Euro) und Studien über eine Reform der Pensionsansprüche vor.
Rund 30 vermummte Polizisten, begleitet von ihren Ehefrauen, hatten am Freitag nahe des Sitzes des Präsidenten, des Palacio Quemado, die Zentrale des Inlandsgeheimdienstes geplündert. Aus dem Gebäude, das auch die polizeiinterne Ermittlungsbehörde beherbergt, wurden Computer und Akten entwendet und zerstört. "Die Rechte sucht Tote, aber dafür werden wir uns nicht hergeben", so Morales in der Tageszeitung "El Cambio". Das Militär werde darum nicht in den Konflikt eingreifen, der Streit werde auf friedlichem Weg gelöst.

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Am Sonntag hatten die Senatspräsidentinnen Gabriela Montaño und Rebeca Delgado vor einer Infiltrierung der Streikenden gewarnt. Diese würden die "legitimen Forderungen" der Uniformierten für "ihre Interessen und Putschbestrebungen ausnutzen", so die Politikerinnen von der regierenden Bewegung zum Sozialismus (MAS). Auch die Polizeigewerkschaft bestätigte die Anwesenheit von "Infiltrierten", darunter Ex-Polizeimajor David Vargas.
Vertreter der Oppositionsparteien Unidad Nacional (UN) und Nationaler Zusammenhalt (CN) erklärten trotz Plünderungen von Staatsbehörden ihre Solidarität mit den Polizisten. Vargas hatte im Februar 2003 einen Aufstand gegen die Regierung von Präsident Gonzalo "Goni" de Lozada angeführt. Scharfschützen und Militärs erschossen damals 19 protestierende Polizisten. Am Montag erklärten die streikenden Polizisten Vargas zu ihrem Verhandlungsführer mit der Regierung.