Paraguay: Deutsche Putschfreunde

Montag, 25. Juni 2012


(zas, 25.6.12) Auf den ersten Blick scheint die internationale Ablehnung des „parlamentarischen Putsches“ in Paraguay massiv. Jedenfalls in Lateinamerika. Selbst Länder wie Mexiko oder Peru haben ihre Botschafter erstmal heim gerufen. OAS-Generalsekretär Insulza kritisiert, beim „Prozess“ gegen Lugo seien seine Vertedigungsrechte nicht respektiert worden. Die Putschisten dürfen nicht an die nächste Mercosur-Sitzung. Selbst der honduranische De-facto-Präsident Lobo muss von einer „Wunde für Lateinamerika“ sprechen. Der französische Aussenminister will alle „Anstrengungen der regionalen Organisationen, vor allem der Unasur, unterstützen, um dem Land zu erlauben, eine verfassungsmässige, demokratische und friedliche Lösung der Krise“ zu finden – was immer das heisst. Im State Department zeigt man sich „besorgt“.
Natürlich werden viele solcher Statements nicht das Papier wert sein, auf dem sie gedruckt werden. Wir kennen das vom Putsch in Honduras her: Man markiert demokratische Positionen und betreibt derweil das Streamlining der Putschkräfte. Die ALBA-Länder haben eine klare Position, ein Teil der sonstigen (südamerikanischen Staatengemeinschaft) Unasur auch. Hier wird es vor allem von Brasilien abhängen, was läuft.
Doch in all dem gibt es auch „andere“ Stimmen. Es musste Merkels Entwicklungsminister und Putschfreund Niebel sein, der schöne Worte und ein paar Millionen Euros für seine Kumpane in Paraguay fand. (Eine Art Griechenland-Reflex?) Gleich dazu ein Artikel aus der Financial Times Deutschland. Und was soll man von diesem Reiesehinweis des Schweizer EDA halten?
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Reisehinweise Paraguay
Letzte Aktualisierung: 19.06.2012
Unverändert gültig: 25.06.2012

Grundsätzliche Einschätzung
Die politische Lage kann als stabil bezeichnet werden. Dennoch kann es zu politischen Demonstrationen und gelegentlichen Ausschreitungen kommen. Meiden Sie deshalb Kundgebungen jeder Art.
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FTD:
Lugos Entmachtung in Paraguay: Niebel allein billigt Präsidentensturz
Handstreichartig hat das konservative Parlament in Paraguay sich seines linken Präsidenten entledigt. Alle Welt kritisiert die übereilte Aktion und wittert einen Putsch. Nur der Bundesentwicklungsminister nicht - im Gegenteil. von Friederike Böge, Berlin
"Putsch", ruft Argentinien. Venezuela verlangt Sanktionen. Brasilien beordert seinen Botschafter nach Hause: Selten waren sich die Südamerikaner so einig wie nach der Absetzung von Paraguays Präsidenten Fernando Lugo. Selbst den USA fällt es schwer, ein gutes Wort für die sonst so geliebten Konservativen zu finden, die Staatsoberhaupt Lugo am Freitag im Schnellgang entmachteten.

Ganz anders dagegen Dirk Niebel, Bundesentwicklungsminister und bekannt für sein diplomatisches Gespür: Der Amtsschwur von Lugos Vize und jetzigem Nachfolger Federico Franco war noch nicht verhallt, da machte ihm Niebel am Samstag schon seine Aufwartung. Von der breiten Kritik an dem fragwürdigen Amtsenthebungsverfahren ließ sich Niebel nicht beirren. "Mein erster Eindruck ist, dass der Amtswechsel nach den Regeln der Verfassung abgelaufen ist", sagte er.
Innerhalb von fünf Stunden hatte Paraguays Senat Lugo am Freitag aus dem Amt gefegt - seinen Antrag, ihm 18 Tage Zeit für seine Verteidigung zu geben, wurde abgelehnt. Die Konservativen verfügen über eine satte Mehrheit im Parlament, und deren Abgeordnete warfen dem Präsidenten vor, seine Amtspflichten in fünf Fällen verletzt zu haben. Unter anderem gaben sie ihm eine Mitschuld am Tod von 16 Menschen, die bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der Polizei und illegalen Landbesetzern ums Leben kamen.
Dabei ist der von Lugo schlecht gemanagte Konflikt allenfalls ein Vorwand. Kämpfe um Land sind in Paraguay an der Tagesordnung, 80 Prozent des Bodens gehören der Oberschicht. Das soll nach dem Willen der Colorado-Partei auch so bleiben. Sie hatte das Land sechs Jahrzehnte lang regiert, ist die Partei des Establishments, vertritt Militär und Großgrundbesitzer. Und sucht schon lange nach einem Weg, Lugo politisch zu entsorgen.
Doch nicht einmal Amerika unterstützt die handstreichartige Aktion, obwohl Washington in der Vergangenheit nie zimperlich war, wenn es darum ging, die Absetzung linker Kräfte im eigenen Hinterhof zu befördern - zuletzt 2009 in Honduras. Diesmal kam hingegen lediglich der Aufruf, "die demokratischen Regeln" einzuhalten.
Selbst die konservativen Regierungen in Lateinamerika übten harsche Kritik. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission sprach von einer "Travestie der Rechtstaatlichkeit". Und Niebel? Er wurde lieber handfest und sagte Paraguays neuer Regierung 8,75 Mio. Euro Entwicklungshilfe zu.
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