Liaisons dangereueses?

Dienstag, 10. Juni 2014


(zas, 10.6.14) Gestern hat das Wall Street Journal einen Artikel über die neuen Stars der sog. Frontier Economies publiziert (El capital mira a Nigeria, Argentina y Vietnam), jedenfalls in seinen Beilagen in lateinamerikanischen Zeitungen. Der Begriff frontier economies „bezeichnet generell Entwicklungsökonomien, die punkto Stabilität und Institutionalität unter den Schwellenländern liegen, aber grosse Gewinnchancen bedeuten“, erläutert das WSJ. Der Artikel von Dan Berger beleuchtet den sog. Frontier Markets Sentiment Index, den das Consultingunternehmen Frontier Strategy Group extra für das Wall Street Journal geschaffen hat. „Der Index widerspiegelt den Grad an Interesse der wichtigsten europäischen und US-Multis an als Grenzmärkte angesehenen Ländern.“ FSG konsultiert dafür ihre rund 200 Kunden, darunter auch Novartis. Das Journal weiter: „Die Untersuchung liefert zwei Schlüsseldaten: den aktuellen Gemütszustand bzgl. Grenzmärkten und die Veränderung dieser Wahrnehmung im Lauf der Zeit. Das Unternehmensvertrauen errechnet sich als Prozentsatz der Unternehmen, die ein bestimmtes Land in ihre Beobachtungsliste aufnehmen. Wenn 50 der 200 Unternehmen Interesse an einem bestimmten Land zeigen, erhält dieses im Index 25 %.“
Quelle: WSJ
 Am meisten Interesse wecken Länder Afrikas südlich des Sahels. Das WSJ findet es logisch, dass etwa Nigeria auf der Liste zu finden ist (man denke nur an das Öl), staunt dafür über die Präsenz von Äthiopien oder Tansania. Nun, man darf sich fragen, weshalb das Journal diesen neuen Index überhaupt erstellen lässt. Und so wenig es bei geostrategischen Investitionsentscheidungen um monokausale Prozesse geht, darf man doch ein wenig stutzig werden. Nigeria … von diesem Land hört man in letzter Zeit doch eher in anderem Kontext. Da gibt es diese vor etwa 12 Jahren aus unbegreiflichen afrikanisch-islamischen Löchern hervorgegangene und seit 5 Jahren für Schlagzeilen sorgende Boko Haram, deren Führer in Videobotschaften mit dreckigem Lachen zum angekündigten Sklavinnenverkauf geradezu zur internationalen „Intervention“ aufruft, worauf die Kanaille im Elysée flugs zum westafrikanischen Gipfel in Paris einlädt. Und welches Land führt die Liste der zweiten vom Journal beschriebenen Schlüsseldaten an, wer sonnt sich also besonders rasant wachsenden Interesses seitens der Multis? Ah, Pakistan. Auch nicht gerade ein Land der ruhigen Kugel, wie man vage aus den Nachrichten weiss. Andersrum: Hast du, liebe Leserin, lieber Leser, in den letzten Jahren im Zusammenhang mit Pakistan viel von wachsendem Investitionsinteresse gehört? Nein, dafür von Islamismus, unguten Horden, schrecklichem Morden? Gleich wie zu Nigeria? Und zu dort eigentlich auch kaum je von Investitionsstrategien?

Vielleicht haben wir hier ein Problem. Vielleicht gibt es eine Korrelation zwischen Profitkalkül und Terrorzuständen? Vielleicht gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Nigeria und Pakistan einerseits und Honduras und Mexiko andererseits? Zu diesen beiden Ländern haben wir kürzlich von der Einbettung des grauenhaften Drogenkriegs in transnationale Erschliessungspläne berichtet, in denen den Kartellen jene Funktion zukommt, die in Kolumbien die Paramilitärs ausüben: Angst, Terror, Hoffnung abwürgen, Gesellschaftlichkeit zerstören, den Multis die Bahn frei machen. Kartelle, Paras, al Kaidas – des liasions dangereuses?

Hypothesen, was Nigeria und Pakistan betrifft. Aber etwas plausibler als das dumme Mediengeschwätz von „Experten“ zu islami(sti)schen Untoten. Lass uns doch etwas mehr über Investitionsstrategien in globalen hot spots erfahren! Dannversuchen wir gerne, das mit Strategien für (noch?) ruhigere Regionen wie Argentinien oder Vietnam zu korrelieren.