„Für meinen Approach zum Handel galt ein einheitliches Prinzip: Das Terrain so für amerikanische Arbeiter und Unternehmen organisieren, dass mehr Waren mit der Aufschrift ‚Made in US‘ in die ganze Welt exportiert werden können, die höher bezahlte amerikanische Jobs zuhause unterstützen. […] Wenn mehr als 95 % unserer potenziellen Kunden ausserhalb unserer Grenzen leben, können wir nicht zulassen, dass Länder wie China die Regeln der globalen Wirtschaft schreiben. Wir müssen diese Regeln schreiben […].“
(zas, 8.10.15) So
kommentierte Barack Obama am letzten Montag den Abschluss der Verhandlungen
über das Trans-Pacific Partnership Agreement (TPP).
Am TPP sind schwergewichtig die USA und Japan beteiligt, zusammen
mit zehn weiteren Ländern mit Pazifikküsten (Kanada, Australien, Malaysia, Singapur,
Brunei, Neuseeland, Vietnam und in Lateinamerika Chile, Peru und Mexiko). Seit
2010 wurde verhandelt, bis heute weiss man ausserhalb der Verhandlungsequipen
nicht, was genau aufgegleist worden ist. Wikileaks schrieb am 13. November 2013:
„Der Zugang zu den Entwürfen für die TPP-Kapitel ist der breiten Öffentlichkeit verwehrt. Mitglieder des US-Kongresses können nur ausgewählte Teile von Abkommen-bezogenen Dokumenten unter höchst restriktiven Bedingungen und strikter Überwachung einsehen. Früher wurde bekannt, dass in jeder TPP-Nation nur drei Individuen Zugang zum ganzen Abkommenstext haben, während 600 ‚HandelsberaterInnen‘ – LobbyistInnen für grosse US-Unternehmen wie Chevron, Halliburton, Monsanto und Walmart – privilegierten Zugang zu entscheidenden Sektionen des Abkommenstextes haben.“
Dank Wikileaks weiss man einiges über das, was droht. Besonderes
Gewicht kommt dem Kapitel über „intellektuelles Eigentum“ zu, wie Wikileaks
schrieb:
„Das 95 Seiten und 30‘000 Wörter lange IP [Intellectual Property]-Kapitel breitet die Bestimmungen für die Einführung eines weit reichenden, transnationalen rechtlichen Regimes und seine Durchsetzung aus, das existierende Gesetze in TPP-Mitgliedsstaaten verändert oder ersetzt. Die Kapitelsektionen umfassen Abkommen über Patente (wer Güter oder Medikamente produzieren darf), Copyright (wer Informationen übermitteln darf), Handelsmarken (wer Informationen oder Waren als authentisch beschreiben darf) und industriellem Design. In der längsten Sektion des Kapitels – „Durchsetzung“ – werden die neuen Massnahmen detailliert, die weit reichende Auswirkungen auf individuelle Rechte, Freiheitsrechte, PublizistInnen, Internet-Provider und Internet-Privatsphäre sowie die kreativen, intellektuellen, biologischen und Umwelt-Commons haben. Vorgeschlagene Sondermassnahmen beinhalten supranationale Gerichte, denen sich, so wird erwartet, die souveränen nationalen Gerichte zu beugen haben, die aber keine Menschenrechtssicherungen aufweisen. Das IP-Kapitel des TPP hält fest, dass diese Gerichte geheime Beweismittel verwenden dürfen.“ (id.)
TPP-"Community" |
Nach den üblichen Angaben decken die TPP-Länder 40 % des
Weltsozialprodukts ab. Kommt der ebenfalls
geheime EU-USA-Freihandelsvertrag TTIP zu einem Abschluss, werden es 60 % sein.
TISA (Trade in Services Agreement) wird, falls die „Verhandlungen“ erfolgreich
abgeschlossen werden, der globale Overkill sein.
Gewissermassen bemerkenswert ist etwa, dass die mexikanische
Regierung an TPP beteiligt ist. Mexiko gehört zu den Länden, die am meisten zu
verlieren haben, ganz banal, weil es bei Einfuhren aus mehreren TPP-Ländern, mit
denen es bisher keinen Freihandelsvertrag abgeschlossen hat, einen
international vergleichsweise hohen Zoll von fast 8 % erhoben hat. Das ist nun
Geschichte. Die gestern in der NZZ erwähnte
TPP-Verschlechterung für die mexikanische Autoindustrie reiht sich ein in die Politik
der partiellen Deindustrialisierung. Dafür erhält das in Mexiko operierende Agrobusiness – die KleinbäuerInnen
sind mit dem US-Mexiko-Kanada-Freihandelsvertrag NAFTA von 1994 enorm
geschwächt worden – im Laufe der nächsten 15 Jahre billigeren
US-Zugang für Agrarprodukte. Wie „El
Economista“ berichtet, gestützt auf einen Bericht des US-Congressional Research Service, stipuliert
TPP, anders als NAFTA, auch formell die ausländische Einmischung in den Erdölsektor.
Katastrophal wirk sich TPP z. B. bei den Arzneimitteln aus. Letzten
Mai veröffentlichte „Politico“ einen Bericht über die Lobby der
US-Pharmamultis, um gegen die Opposition aller TPP-Regierungen ausser jener der
USA eine extrem lange Patentgeschützte Periode von 12 Jahren für die
Preisbildung der sogenannten biologics
durchzusetzen. Biologics
sind eine neue Kategorie von in der Regel mit Gentechnologie aus natürlichen Elementen
gewonnenen Medikamenten gegen Krebs und andere schwere Krankheiten. Ihr Umsatz soll bis 2020 $ 290 Mrd. erreichen.
Organisationen wie Médecins sans Frontières, Oxfam oder die AIDS-Forschungsstiftung
amFar hatten in einer Kampagne in den
USA darauf insistiert, dass mit dieser Regelung die Preise für solche
Medikamente in armen Ländern unerschwinglich werden. Selbst die
Obama-Administration hatte versucht, ihren biologics-Deal
mit den Pharmamultis für das staatliche US-Gesundheitssystem, der 12 Jahre
Preisparadies fürs Grosskapital beinhaltet, auf 7 Jahre zu redimensionieren und
so $ 4.5 Mrd. zu sparen. Welche Zeitspanne TPP jetzt definitiv beinhaltet,
scheint noch nicht bekannt geworden zu sein. Ein ebenfalls bedeutender Punkt
ist, dass mit TPP privaten Internetprovidern eine neue Zensur-Machtfülle erhalten.
Dafür hat sich die Mehrheit der chilenischen Abgeordnetenkammer
letzten
Mai geweigert, von der „fortschrittlichen“ Regierung Bachelet Auskünfte über
die geheimen TPP-Verhandlungen zu fordern. Es gibt in Lateinamerika Regierungen,
die die sich dem US-Projekt einer kontinentalen Freihandelszone (ALCA)
verweigert haben. Und es gibt welche, die zu wählen einfach absurd ist.