(zas, 21.4.17) Wer die
Freimedien konsumiert, weiss: Venezuela steht vor dem Bürgerkrieg, am Abgrund,
was immer. Am 19. April, dem Unabhängigkeitstag, gingen Millionen von Menschen
gegen die Diktatur auf die Strasse, diese setzte vermittels der colectivos (= Paramilitärs) ihr Morden weiter.
Drei Menschen mussten sterben.
Das Problem: So gut
wie nichts stimmt davon.
Vorweg: Es ist doch
immer wieder eindrücklich, wie gehorsam gelogen wird. Kein Wort (oder als
Ausdruck geradezu olympischer Ausgewogenheit mal eine kurze Erwähnung), dass da
auch Chavistas auf die Strasse gegangen waren. Drei Millionen sollen es laut
chavistischen Quellen gewesen sein, gestützt auf Schätzungen aufgrund von Luftaufnahmen
vollbesetzter grosser Verkehrsadern. Aber wie gesagt, kein Wort davon.
Demonstriert haben einzig die Oppositionellen. Diese Version gehört schon ins
Geschichtsbuch unanfechtbarer Tatsachen. Auch wenn bedeutend mehr Chavistas auf
der Strasse gewesen waren. Doch die Story muss stimmen: Venezuela vor dem Bürgerkrieg,
gegen die Diktatur vorzugehen, ist Pflicht der internationalen Gemeinschaft.
Drei Tote am 19.? Ja.
Doch offenbar keine chavistischen Täter. Der 17-jährige Carlos José Moreno, den
die Rechte und damit das transnationale Medienkartell unisono als von den
Diktaturkräften bei einer Oppositionsmobilisierung ermordet hinstellen, war laut
Presseaussagen seines Bruders kein Demonstrant. Die genauen Todesumstände sind
noch unklar. Den von bewaffneten Rechten ermordeten Guardia Nacional subsummiert
die Meinungsäusserungsfreiheit «unserer» Medien unter Opfer des Chavismus mit
Formeln wie «Der Kampf der Bürger gegen die Repression geht weiter. Gestern mussten
deswegen drei Menschen ihr Leben lassen.» Die 27-jährige Paola Ramírez war
keine Demonstrantin, sondern versuchte sich in Sicherheit zu bringen, als von
einem Haus aus auf «Motorisierte», in diesem Fall offenbar Anhänger der
Opposition, geschossen wurde. Der Täter Iván Pernia Dávila ist laut Aussagen
des Innenministers Mitglied der rabiat antichavistischen Partei Vente Venezuela
der berüchtigten María Corina Machado.
Sagen wir so: Das
könnte doch ein Anlass zu Vorsicht mit Schuldzuweisungen sein. Genauso wie die Verwüstung
der Schule Gustavo Herrera am 7. April durch «friedliche Demonstranten»,
oder jene eines staatlichen
Nahrungsmittelverteilzentrums (Meral) in Los Toques am 15. April und eine Reihe
ähnlicher Vorkommnisse.
Pero not.
Es gilt, die Story von
der Diktatur, die die Repression auf unerträgliche Spitzen treibt, aufzublasen.
Als Legitimierung einer hoffentlich bald erfolgenden «humanitären Intervention
der internationalen Gemeinschaft». Und falls diese aus irgendwelchen Gründen
doch nicht sofort zustande käme, um das Klima von Sabotage, Abnutzung etc.
weiter zu verschärfen – bis zum nächsten Umsturzversuch.