Brasilien: Moderne alte Zeiten

Montag, 10. September 2018


(zas, 10.9.18) Der mit Abstand führende Favorit für die kommenden Präsidentschaftswahlen, Lula, sitzt wegen eindeutig fadenscheiniger Gründe im Gefängnis. Gerade hat ein Richter des Obersten Bundesgerichts den Rekurs Lulas gegen einen Beschluss des Wahlgerichts abgeschmettert, der Lula von der Teilnahme ausschliesst. Damit wird der Faschist Jair Bolsonaro zum Favorit, falls er den Messeranschlag von letztem Donnerstag überlebt und fähig ist, seine Kampagne wiederaufzunehmen.
Die Anti-Lula-Beschlüsse der Putschjustiz – darum handelt es sich – folgen dem klaren Diktum führender aktiver und ehemaliger Militärs, die eine Wahlteilnahme wiederholt als casus belli taxierten. Der letzte in der Reihe ist der Heereschef Villas Bôas. Er teilte letzten Sonntag in der Folha de São Paulo mit: “Das Attentat belegt, dass wir in Schwierigkeiten für die Stabilität der neuen Regierung kommen”. Das Blatt weiter: „Villas Bôas sagt, dass beispielsweise eine Niederlage von Bolsonaro dem Umstand zugeschrieben werden könnte, dass er für mehrere Wochen keine Kampagne betreiben kann“.
Nach dieser Sorge um das demokratische Wohl der Nation, das eventuell vom Anschlag auf den  Folterfan, Schwulen- und Frauenhasser und erklärtem Diktaturanhänger beeinträchtigt werden könnte, kommt der Mann auf die durch eine eventuelle Lula-Kandidatur gefährdete nationale Souveränität zu sprechen. Aufhänger: eine kürzliche Resolution des UNO-Menschenrechtsrates, die sich gegen den Ausschluss Lulas aus der KandidatInnenliste wandte. Sie ist ihm ein „Versuch, die nationale Souveränität zu verletzen. Wir entscheiden, ob es zu seiner Kandidatur kommt oder nicht. Dies besorgt uns, denn es kann unsere Stabilität, die Bedingungen für die Regierbarkeit und die Legitimität der nächsten Regierung beeinträchtigen." Aber ruhig bleiben: „Die Armee wird keinen Bruch der verfassungsmässigen Ordnung provozieren“. Sie sagt der Justiz nur, was Sache ist.
Der PT protestierte: „Es ist sehr schwerwiegend, dass ein hoher Kommandant sich das Recht anmasst, direkt in den Wahlprozess einzugreifen. Das haben die Streitkräfte seit den düsteren Zeiten der Diktatur (1964-1985) nicht mehr gemacht“ (id.).