[rojavaagenda] Newsletter Nr. 45: Informationen zu den Gefechten in Deir-ez-Zor

Donnerstag, 14. September 2023

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Liebe Freund_innen und Genoss_innen

In den vergangenen Tagen war Rojava – also: die Autonome Administration
von Nord- und Ostsyrien – wieder vermehrt in den bürgerlichen Medien
präsent. Grund dafür war nicht etwa die türkische Kriegsführung
niedriger Intensität gegen die gesamte Region, die mit Drohnenangriffen
gezielt führende Figuren der Verwaltung exekutiert während zeitgleich
mittels Handelsblockaden und Wasserstopps der Druck auf die
Zivilbevölkerung erhöht wird, sondern Gefechte in der erdölreichen
Region von Deir-ez-Zor, entlang des Euphrat im Süden Rojavas, wo auf der
anderen Flussseite die Kräfte des syrischen Regimes stationiert sind.
Das Projekt des demokratischen Konföderalismus, zu dessen Kern auch ein
Einbezug aller ethnischer Gruppen in allen gesellschaftlichen Fragen
gehört (in Abgrenzung etwa zur Arabisierung des Assad-Regimes oder zum
türkischen Nationalismus des Erdogan-Regimes), ist und bleibt auch im
elften Jahr nach der Revolution fragil, wobei die Ursachen dieser
Fragilität in erster Linie bei jenen Kräften zu suchen ist, die diesem
revolutionären Prozess feindlich gegenüberstehen - die Türkei, Syrien,
der Iran, letztlich auch Russland und die USA – und alles dafür tun,
jeden Widerspruch in diesem Prozess möglichst zuzuspitzen. Natürlich war
und ist der multiethnische Vorschlag Rojavas etwas, was jahrzehntelanger
Spaltung entlang ethnischer Linien in der Region entgegenläuft und
entsprechend Hürden zu überwinden hat. Aber immer wieder wurden Wege
gefunden, die ein gemeinsames Voranschreiten ermöglichten - der Prozess
läuft tastend voran.
Nun aber spitzte sich rund um Deir-ez-Zor und die Frage der Kontrolle
des dortigen Militärrats, der einen Einbezug vieler gesellschaftlicher
Kräfte ermöglicht, in den letzten Wochen die Situation derart zu, dass
Teile arabischer Stämme unter kräftiger propagandistischer und
praktischer Unterstützung aus dem Iran, der Türkei und vom syrischen
Zentralstaat eine bewaffnete Revolte lancierten, während zeitgleich eine
Sicherheitsoperation der QSD gegen verbleibende Kräfte des «Islamischen
Staats» in der Region stattfand. Deir-ez-Zor war nämlich eine der
letzten Regionen, die vom «Islamischen Staat» befreit wurden.
Gegenwärtig scheint sich die Lage wieder zu beruhigen, nachdem die QSD
die Situation wieder kontrolliert und nun wieder Raum für politische
Prozesse ist, in welchen Fragen bezüglich Machtbeteiligungen (erneut)
verhandelt werden.
Die Ereignisse zeigen, dass eine Revolution keine Angelegenheit von
einem Tag ist, sondern prozesshaft zu verstehen ist, wobei in und aus
dem Alten das Neue entstehen soll, während von aussen viel dafür getan
wird, um das Alte zu restaurieren. Wollen wir das Neue stützen, tun wir
gut daran, genau hinzuschauen, nicht lockerzulassen, sondern
entsprechend der Ereignisse dort und der Lage hier weiter den Druck
hochzuhalten, die internationale Solidarität nicht als Eintagsfliege zu
begreifen, sondern ihr mit einer entsprechenden Praxis eine Kontinuität
einzuhauchen. Der Kampf geht weiter.
Zu diesem Thema die Erklärung der Gemeinschaft der Gesellschaften
Kurdistans (KCK):
sowie ein Interview mit dem Ko-Vorsitzende der Partei der demokratischen
Einheit (PYD), Salih Muslim, über die Bedeutung der Operation und ihren
Ablauf:

Zum Schluss noch drei Lesetipps zu weiteren wichtigen Themen:
- Am 16. September jährt sich der Beginn des Aufstands nach der
Ermordung der Kurdin Jina Amini in Teheran zum ersten Mal. Viele
Organisationen haben bereits Proteste und Widerstand angekündigt. PJAK
und KODAR rufen zum Generalstreik auf:
und

- Vor 30 Jahren wurde die Frauenarmee der Guerilla gegründet. Interview
mit Ayten Dersim aus der Koordination der PAJK (Partîya Azadîya Jin a
Kurdistan, Partei der Freiheit der Frau in Kurdistan):

- Interview mit Mustafa Karasu, Gründungsmitglied der PKK
(Arbeiterpartei Kurdistans) und Mitglied des Exekutivrats der KCK,
publiziert durch die Akademie der Demokratischen Moderne:


Mit solidarischen und kämpferischen Grüssen
Rojava Komitee Zürich

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