CIA-Narcos gegen Rafael Correa?

Samstag, 8. Dezember 2012


(zas, 8.12.12) Die bekannte mexikanische Zeitschrift “Proceso” geht in ihrer letzten Ausgabe auf einen Fall von Drogenhandel in Chile ein, der frappant an den sogenannten Contragate-Skandal der 80er Jahre erinnert. Damals ging es um einen gross angelegten Drogendeal des US-National Security Council, des Pentagons und der CIA in Zusammenarbeit mit dem kolumbianischen Kartell von Pablo Escobar, aus dessen Erlös Washington u.a. den Söldnerkrieg gegen das sandinistische Nicaragua finanzierte.
Im jetzigen Fall geht es um einen von den chilenischen Sicherheitskräften gedeckten Drogenhandel, angeblich zuhanden der CIA, die damit ihre Destabilisierungskampagne gegen den ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa finanziere. Die Angaben im Artikel ergeben zumindest gravierende Verdachtsmomente für eine Narcoaktivität von chilenischen Kadern der Sicherheitskräfte. Die Aussage über seine Zweckbestimmung – schwarze Kassen der CIA zu füllen – erscheint im Licht der jahrzehntelangen Praxis der US-Geheimdienste, den internationalen Drogenhandel zu lenken, als plausibel. Nichtsdestotrotz ist sie aufgrund der heute vorliegenden Informationen im konkreten Fall bloss eine Hypothese.
Aber auch in Nicaragua und in meist alternativen US-Medien zirkulierten in den 80er Jahren schon lange Informationen über den illegalen Krieg der CIA gegen Nicaragua wie auch ihre Deals mit dem damaligen angeblichen Topboss des internationalen Drogenhandels, Pablo Escobar, bis die Nicas im Oktober 1986 ein CIA-Flugzeug voller Waffen abschossen und den einzigen Überlebenden, den CIA-Söldner Eugene Hasenfus festnahmen. Es war der Stein des Anstosses, der den Iran-Contra-“Skandal” öffentlich machte. Natürlich ist das schon längst “begraben”. Wenn Machtgruppen und der Mainstream trotzdem mal nicht darum herumkommen, den Begriff in den Mund zu nehmen, verzerren sie den systemischen Charakter der Ereignisse – geleitet vom Weissen Haus und den Militär- und Geheimdienstführungen der USA – zu Fehlschritten einzelner Funktionäre. 

Das Bild ging im Oktober 1986 um die Welt: Hasenfus, abgeführt vorne vom Compa, der sein Flugzeug abschoss.


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PROCESO 1883
2 DE DICIEMBRE de 2012

La CIA, financiada por el narco


Die CIA, finanziert von den Narcos
Der Journalist Patricio Mery enthüllte letzen Oktober eine grosse Operation für den Drogentransport von Bolivien nach Chile, die auf die Komplizenschaft der chilenischen Polizei und des jetzigen Verteidigungsministers Rodrigo Hinzpeter, die rechte Hand des Präsidenten Sebastián Piñera, zählte. Folge der Enthüllung war die Belästigung des chilenischen Reporters und seiner Quelle. Aber die Affaire nahm eine Wende, als eine weitere Information dazu kam: Das über diese illegale Aktivität erhaltene Geld soll von der CIA für die Destabilisierung des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa benutzt werden, einer der meistgehassten Männer in Washington.
Francisco Marin

Valparaiso, Chile (Proceso). Der US-Geheimdienst CIA „finanziert illegale Aktivitäten “ mit Mitteln des von der chilenischen Kriminalpolizei (Policía de Investigaciones de Chile, PDI) getätigten Drogenhandels. Mit Einwilligung der hohen Polizeiführung und des Ex-Innenministers Rodrigo Hinzpeter bringt die PDI monatlich 300 kg bolivianisches Kokain über den Colina-Pass“, versichert der chilenische Journalist Patricio Mery.
Im Interview mit „Proceso“ bekräftigt Mery die Aussagen in einer Artikelreihe seit dem 17. Oktober in dem von ihm geleiteten Wochenblatt „Panorama News“. Die Informationen deuten auf ein Ziel des illegalen Manövers: Geld erwerben, um die Regierung des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa zu destabilisieren. Er wird in den hohen Polit- und Militärkreisen der USA als einer der Washington gegenüber feindlichsten südamerikanischen Präsidenten betrachtet. 2009 schloss Correa die US-Militärbase von Manta. Und angesichts seiner Popularität – mehr als 60 Prozent – ist es wahrscheinlich, dass er in den Wahlen vom kommenden 17. Februar sein Mandat erneuern kann.
Mery begründet seine Anschuldigungen mit dem, was ihm der ehemalige PDI-Inspektor Fernando Ulloa gesagt hat, der ihn letzten August aufgesucht hat, um Folgendes zu enthüllen: Als er, Ulloa, im Februar 2011 gerade daran war, eine Lieferung hochprozentigen Kokains nach Chile abzufangen, stoppten ihn seine Vorgesetzten. Dies, nachdem Ulloa seinen Vorgesetzten, den Subpräfekten Juan Sepúlveda über diesen Drogenhandel informiert hatte, damit er ihm die für die Operation benötigten logistischen und personellen Ressourcen zuteile. Aber statt ihm zu helfen, bat ihn Sepúlveda, sich nicht einzumischen. Zur Rechtfertigung vertraute er ihm an, dass die Ladung von anderen PDI-Agenten beschützt werde. Der Handel lief also mit Protektion und - wie Ulloa später herausfand – Unterstützung der Polizeiführung. Sepúlveda blockierte die Operation von Ulloa, obwohl sie von Staatsanwalt Patricio Rosas angeordnet war.

Anklagen stossen auf taube Ohren
Anfang 2011 entdeckte Ulloa, dass seit 2009 jeden Monat zwischen 200 und 300 kg bolivianisches Kokain über den sehr spärlich benutzten Colina-Pass nach Chile gelangten. Die Droge wurde in TV-Schachteln in Camions transportiert.
Trotz der Warnungen seiner Vorgesetzten insistierte Ulloa auf dem Vorhaben, die Droge zu beschlagnahmen und die Dealer zu verhaften. Aber drei Tage vor dieser Operation besuchten ihn Funktionäre der PDI zu Hause und teilten ihm mit, dass er aller seiner Funktionen in der chilenischen Hauptstadt entbunden und in die nördliche Stadt Calama versetzt worden sei, wohin er sich sofort zu begeben habe. Die Anweisung kam von der PDI-Führung.
Ulloa gelangte mit seiner Klage in die höchsten Machtzirkel, aber niemand rührte auch nur einen Finger, um die enthüllten Delikte zu ahnden. Dank der Vermittlung der offizialistischen Abgeordneten Mónica Zalaquett trafen sich Ulloa und sein Anwalt Aldo Duque am 16. Mai 2011 mit Minister Hinzpeter. Zalaquett und Duque anerkannten in den Medien, dass sie an diesem Treffen teilgenommen haben. Nach seinem Bericht übergab Ulloa Hinzpeter einen Ordner mit Kopien der Dokumente und Transkriptionen der Emails, die seine Anschuldigungen bewiesen und die Namen der in den Drogenhandel und seine Protektion Involvierten enthielten. Dabei nannte er den jetzt pensionierten Subpräfekten Sepúlveda, den damaligen Vizechef der Brigada Criminalística von Maipú und heutigen Chef desselben Korps in Peñaflor, Alfonso Sabando Gómez, den operativen Subdirektor der PID, Juan Baeza Maturana und Luis Carreño Hohn, Chef der XV Polizeiregion Arica y Parinacota, die an Peru und Bolivien angrenzt und für den Drogenhandel neuralgisch ist. Carreño leitete zur Zeit der inkriminierten Vorgänge das Department V für innere Angelegenheiten und wurde nach den Anschuldigungen zum Chef der Zone befördert.
Hinzpeter bat Ulloa Schweigen zu bewahren und versicherte ihm, das Problem werde binnen vier Tagen gelöst sein. Er übergab die Anzeige dem Ex-Staatsanwalt und damaligen Berater des Innenministers, Alejandro Peña, der sie wiederum dem Generalstaatsanwalt weiterleitete. Doch nichts geschah. Ulloa entschloss sich, an die Öffentlichkeit zu gelangen, nachdem mehr als ein Jahr nach dem Treffen mit Hinzpeter niemand vor die Justiz gebracht wurde und die Untersuchung in der Staatsanwaltschaft stecken blieb. Empört darüber, dass jene, die weiter delinquieren, unangetastet blieben, wandte er sich mit seinen Informationen an Mery.
Mery zufolge hängt die von Ulloa denunzierte Drogenoperation mit der Verhaftung des pensionierten Marineoffiziers Diego Saénz Luna in der südlichen Stadt Yumbel vom vergangenen 17. August zusammen, der acht Gramm Kokain in seinem Besitz hatte. Eine unbedeutende Menge, aber bei der Hausdurchsuchung in Valparaiso fand man 18 kg Kokain-Chlorhydrat, 116 kg Kokainpaste und 22 kg Marijuana. Laut Mery war Saénz Luna in der verdeckten Operation zur Destabilisierung der Regierung Correa der Kontaktmann zwischen der CIA und der Marine. Ihm zufolge soll der Marineoffizier damit gedroht haben, mit „allem, was er weiss“ auszupacken, falls er wegen Drogenhandel zu Gefängnis verurteilt würde.
Mery bringt den von Ulloa denunzierten Fall mit anderen Ereignissen der letzten Jahre in Verbindung. „Sie haben mehrere Personen ermordet, um die Beziehungen zwischen den Streitkräften und dem Drogenhandel zu verschleiern. So etwa den jungen Soldaten Fabián Vega, der im Juni 2005 im Regiment von Calami ermordet wurde, nachdem er die Absicht bekundete, Drogeneinfuhroperationen zu enthüllen. Ein anderer Fall“, so Mery, „ betrifft Néstor Madariaga Juantok, der am 21. März 2006 verschwand und dessen Leiche am folgenden 7. April gefunden wurde. Er war ermordet worden. Néstor war von der PID-Führung benutzt worden, um grosse Mengen Kokain von Santiago nach Valparaiso zu transportieren. Als er sich zurückziehen und mit der Presse reden wollte, wurde er umgebracht.“
Mery ist in Chile bekannt für seine kritischen Artikel gegen die Polizeiführungen. Im September 2011 beschuldigte er den derzeitigen Generaldirektor der Carabineros,  Gustavo Gonzáleu Jure, 1988 während eines Protestes gegen das Pinochet-Regime den 14-jährigen Sergio Albornoz Matus umgebracht zu haben. In seinem Artikel beleuchtete er Unregelmässigkeiten im Verfahren mit dem Freispruch für den damaligen Hauptmann González Jure. Das brachte ihm eine Verleumdungsklage des Offiziers ein, die zwar zu keinem Resultat führte, ihn aber zum Objekt von Hass und Verfolgung durch die PID machte.

Die Fallen der CIA
 Die Anklagen von Mery und Ulloa – von den Kanälen La RED und UCV verbreitet und von einigen anderen Medien aufgenommen – verursachten in Chile keine dem Fall entsprechenden Wellen, obwohl ihr Inhalt von keiner der involvierten Personen bestritten wurde. Aber der Fall erhielt eine internationale Dimension, nachdem Mery am 31. Oktober einen zweiten Bericht veröffentlicht hatte, in dem er die CIA mit der von Ulloa denunzierten Drogenhandelsoperation in Verbindung brachte und deren Ziel bekannt machte: Erwerb von Geldern für die Destabilisierung der ecuadorianischen Regierung. Quelle dieser neuen Anschuldigung war ein Funktionär der Agencia Nacional de Investigación (ANI), des Geheimdienstes von Chile, der anonym zu bleiben wünschte.
In Ecuador verbreiteten die Medien die Information massiv. Präsident Correa selbst bestätigte sie und bezog sich zwei Male auf das Thema. Am 3. November, kurz nach einer offiziellen Reise nach Chile, sagte er: „Soeben ist die Aussage eines chilenischen Journalisten über illegale Drogentätigkeiten bekannt geworden, in die die CIA und die DEA verwickelt sein sollen. (Ziel) sei der Versuch, die ecuadorianische Regierung zu destabilisieren“, wie ihn Tageszeitung „El Comercio“ wiedergab. 
Rafael Correa
 Correa brachte die Anschuldigung von Mery mit einer ähnlich gelagerten des ehemaligen britischen Diplomaten Craig Murray in Beziehung, der am 22. Oktober in seiner Homepage (www.craigmurray.org.uk) schrieb, die CIA sei in eine Operation zur Destabilisierung der Regierung Correa verwickelt und habe dafür ihr Ecuador-Budget auf $87 Mio. verdreifacht. Das Geld werde für den Kauf von Medienleuten und die Schaffung von Skandalen verwendet, um so die Wiederwahl des ecuadorianischen Präsidenten zu vereiteln. Laut Murray hängt das Bestreben der CIA, Correa zu stürzen, mit der Unterstützung zusammen, die Quito dem Gründer von Wikileaks, Julian Assange, habe zukommen lassen.
Trotz seiner zahlreichen täglichen Sicherheitsvorkehren konnte Mery nicht vermeiden, dass ihm eine Falle gestellt und so relevante Informationen beschlagnahmt wurden. In der Nacht vom 26. Oktober klagte ihn die LAN-Stewardess Úrsula Eggers, die angab, seine Geliebte zu sein, bei den Carabineros an, sie geschlagen zu haben und legte einen Arztbericht von einer Verstauchung im rechten Handgelenk vor. Staatsanwalt Augusto Sobarzo erliess sofort einen Haftbefehl gegen Mery. Aber der schilderte das Geschehen anders, wie Jorge Madaraiga auf der Webseite von „Panorama News“ schrieb: „Am Freitag, dem 26., rief Úrsula Eggers Mery an mit der Bitte, er solle sofort in ihre Wohnung kommen. Sie sagte dem Journalisten, sie werde Opfer eines Angriffs von mit den Carabineros verwickelten Unbekannten werden, als Antwort auf seine letzten im TV RED gemachten Aussagen über den Drogenhandel im Norden des Landes, in den das Innenministerium und die beiden Polizeikräfte verwickelt seien. Sie wisse dies dank ihrer Beziehungen mit den Sicherheitsorganen. Sie empfing Mery in ihrer Wohnung in Santiago, bat ihn um sein Handy, um einen Anruf zu tätigen (…) schloss sich danach in einem Zimmer ein.“ Wenige Minuten danach kam die Polizei, um Mery festzunehmen. Er wurde freigelassen, doch sein Smartphone blieb in den Händen der Carabineros, die es ihm immer noch nicht zurückgegeben haben.
Mery sagt dem Schreiber dieser Zeilen, dasser in seinem Smartphone viele Unterlagen für seine Anschuldigungen gegen die PDI und Interviews mit Schlüsselquellen gespeichert habe; insbesondere den Bericht des ANI-Agenten, der ihm enthüllte, wofür die Gelder aus dem von Ulloa genannten Drogenhandel dienen sollten. Auf seiner Homepage bezog sich Ex-Botschafter Murray auf diesen Vorfall und nannte ihn honeytrap der CIA. gemeint ist eine Geheimdienstoperation mit sexueller Konnotation, die versucht, vom Opfer Informationen zu erlangen oder es zu kompromittieren. Er stellte einen Zusammenhang mit den Vorgängen um Assange her, der beschuldigt ist, die schwedische Bürgerin Anna Ardin vergewaltigt zu haben, die mit den kubanischen Anticastristen Beziehungen pflegte.
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(zas) Zur Person der Stewardess ist zu sagen, dass sie laut Angaben von „Panorama News“ (Otro Montaje contra Pato Mery, 27.10.12) Mery ein Jahr zuvor kontaktiert habe, um ihm Informationen über militärische und geheimdienstliche Vorgänge zuzuspielen. Sie habe sich oft in Miami aufgehalten und habe dort mit dem CIA-kubanischen Exil zu tun gehabt.
Der britische Ex-Spitzendiplomat Craig Murray gibt auf seinem Blog an, ein(/e Washingtoner Informantin habe ihn darüber aufgeklärt, dass die von ihm in einem früheren Beitrag erwähnten Mittel für die Kampagne gegen Correa nicht aus dem Budget der CIA, sondern jenem des Pentagons stammten (CIA Plot Against Correa Funded by Drug Money, 9.11.12).