Argentinien: ein präsidiales Grossereignis, Terror gegen eine bäuerische Comunidad und Freihandelsgehorsam

Dienstag, 27. September 2016



Schein und Sein
Mauricio Macri ist Präsident von Argentinien. Am 22. September erfreute ein Tweet des Präsidenten die Nation: „Im Bus 520 in Pilar“ (eine Stadt nördlich von Buenos Aires). Er hatte, wie etwa das Rechtsblatt La Nación schrieb, im Mittagsbus mit den PassagierInnen „über die Erneuerung der Routen im Grossraum“ von Buenos Aires diskutiert.

Bild aus La Nación vom bedeutenden Ereignis.
Der Mann kümmert sich um die Sorgen und Nöte seiner Schützlinge!
Ein klein wenig störend, dass BuspassagierInnen und der Chauffeur des betreffenden Busses im Lokalblatt Pilar Noticias, das sich das Grossereignis nicht entgehen liess, zu Wort kamen. Sie waren Stunden vorher ausgesiebt worden, um der Ehre der Busfahrt teilhaftig zu werden. Der bekannte Journalist Gustavo Veiga zitierte  etwa den Chauffeur so: „Ich wusste es um drei Uhr früh“.  Eine Passagierin bekundete: „Eine Nachbarin informierte heute früh“ über das Grossereignis.
Na ja, ein Präsident kann ja auch nicht immer ganz spontan handeln.
Oder fahren.
Denn der 10-Minuten-Trip war keiner. Der Bus stand still, trotz diesem Bild, das Macri tweetete:
Ganz fest festhalten.
 Pilar Noticias zeigte, wie bewegt es ausserhalb des Blickwinkels der Präsidialkamera zuging. Hier ein Bild vom Bus auf der 10-Minutenfahrt:


Macri landete im Heli neben dem Bus, posierte im stehenden Bus für die Kameras und wechselte nach etwas inszeniertem Small Talk wieder in sein Fortbewegungsmittel.
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Realer Terror
Doch nicht alles in Argentinien ist ein Fake. Zwei Tage nach Macris Grossauftritt im Bus kam es zu einem anders gearteten Ereignis.
In der Provinz Santiago del Estero kämpfen seit vielen Jahren tausende von bäuerischen Familien, zusammengeschlossen im Mocase, gegen einige Grossgrundbesitzer, die meist mit Besitztiteln ausgestattet sind, die sie in der Militärdiktatur zum Spottpreis erhalten haben. Eine dieser Figuren ist Orlando Canido, Inhaber des Unternehmens Manaos. Wiederholt hat Canido paramilitärische Trupps gegen die Comunidad Chiri-Bajo Honda eingesetzt, zur Einschüchterung und zur Zerstörung des bäuerischen Eigentums. Anlässlich einer von mehreren bewaffneten rupps durchgeführten Einschüchterungsaktion von letztem Juli erklärte ein Mocase-Sprecher, der Unternehmer habe mehrmals zugesagt, seine Besitztitel zu präsentieren, „aber er hat es nie gemacht. Es handelt sich um eine Landkaufmafia, denn die Comunidad hat nie Land verkauft.“

"Werkschutz" der Manaos in Bajo Hondo, am 5. Juli 2016. Bild: notas.org.ar
Nun, am 24. September, veröffentlichte Mocase, Mitglied der Via Campesina, folgendes Communiqué (Auszüge):

 Neuer bewaffneter Angriff auf die Comunidad Bajo Hondo durch das Unternehmen Manaos
Heute Samstag, den 24. September, um 9 h früh, fuhren drei Kleinlaster des Unternehmens Manaos von Orlando Canido mit 15 mit Pistolen und Gewehren bewaffneten Personen erneut um sich schiessend in die indigene Guaycurú-Comunidad von Bajo Hondo in der Provinz Santiago del Estero. Die bewaffnete Bande begann, die Familien der Comunidad zu verfolgen, die mit ihren Kindern in die Büsche flohen, von wo aus sie sahen, wie Feuer ihre Wohnungen und Fahrzeuge verschlang.
Nachdem sie Feuer an die Hütten gelegt hatten, gingen sie auf das Rindvieh los. Sie töteten sechs und verletzten vierzehn. Sie gingen dann zum Brunnen, zerstörten seinen Rand und vergifteten ihn erneut. Sie griffen sogar die beiden Polizisten an, die die Familien beschützen sollten. Danach gingen sie weg.
Nach einer Weile kam eine Polizeieinheit, die aber bis jetzt nichts unternahm, um die Verantwortlichen zu verhaften.


Bilder: Mocase


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Freihandel relaxed
Betrug, Raub, Terror. Dafür steht die Regierung Macri. Das macht sie attraktiv für die EU. Letzten 25. September berichtete amerika21.de, dass Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay beschlossen haben, ohne Venezuela, dessen Ausschluss aus dem Mercosur sie betreiben, Freihandelsverhandlungen mit der EU aufzunehmen. Verhandlungen, die während Jahren blockiert waren. Weisse Putsche in Paraguay und Brasilien, in etwas eleganterer Form in Argentinien, wo die Wahlen so aufgegleist wurden, dass die Neoliberalen knapp gewonnen haben, und die übliche „sozialdemokratische“ Dienstbarkeit (Uruguay) sind eben wirtschaftspolitische Lockerungsübungen.