(zas,
19.9.17) Auf „unsere“ Medien ist Verlass. Von der CNN bis zu den
Morgennachrichten im Lokalsender heute früh die Meldung: Trump hat Venezuela
mit schärferen Massnahmen gedroht, falls nicht endlich Demokratie einziehe im
karibischen Land. Er meinte:
„Die sozialistische Diktatur hat den
guten Leuten in diesem Land entsetzliches Elend und Leid gebracht (…) Das
venezolanische Volk stirbt an Hunger und sein Land kollabiert.“ No good
deal, definitiv.
Das mit der
Demokratie dient leider nicht einmal für einen
Lacher. Die kommende Eskalation aber ist anderen Logiken verpflichtet. Auch
dieser:
Als Antwort
auf das wirtschaftsbellizistische Sanktionsregime der USA bemüht sich auch
Venezuela um den Versuch einer Diversifizierung der Abhängigkeit. Also um Wirtschaftsbeziehungen
ausserhalb des US-Blocks. Stichworte (nachdem die lateinamerikanischen
Unabhängigkeits- und Integrationsversuche aufgrund der konterrevolutionären
Offensive im Kontinent bis auf Weiteres an ihre Grenzen gestossen sind): BRICS-Länder,
etwa Rüstungs- und Nahrungsmittelimporte aus Russland; Öldeals (insbesondere
auch deren Finanzierungsgrundlage) mit China; Generika-Importe aus Indien und
Kuba (bekämpft von der Rechten) etc. Seit Trump mit der „militärischen Option“
gedroht und am 25. August die Sanktionen offen auf die Blockade der venezolanischen
Ölgeschäfte ausgerichtet hat, trat ein weiteres Element der
Diversifizierungsstrategie in den Vordergund: der Versuch, sich vom Dollar zu
lösen. Präsident Nicolás Maduro hatte am 7. September als Antwort auf die
Sanktionsverschärfungen im Rahmen von diversen Initiativen gegen die imperiale
Wirtschaftsblockade auch diese Massnahme angekündigt:
Ölgeschäfte mit China und anderen Ländern sollen in Zukunft nicht mehr auf
Dollarbasis funktionieren, sondern auf einem System nationaler Währungen, deren
Wert sich nicht mehr am US-Dollar, sondern am Gold messe. Also statt eines
Petrodollars etwa ein Petroyuan. Wie mehrere Artikel der letzten Tage auf der
regierungsnahen Webseite misionverdad.com (etwa hier,
hier
oder hier)
betonen, bedeutet dies die Integration Venezuelas in das Bestreben einer Reihe
anderer wirtschaftlich von den USA angegriffener Länder wie China, Russland
oder Iran, sich vom Dollarregime etwas zu emanzipieren.
Dies aber
trifft einen zentralen Nerv der US-Hegemonie. 1971 wurde unter Präsident Nixon
der Dollar vom Gold abgekoppelt. Der sog. Goldstandard von Bretton Woods (1944)
anerkannte den Dollar als internationale Leitwährung, mit der Zugabe, dass die
USA jederzeit alle Dollars gegen Gold eintauschen würden. U. a. wegen des
Vietnamkriegs flutete Washington aber den Grossteil der Länder mit Dollars, deren
Volumen es 1971 zwang, das Eintauschversprechen definitiv aufzuheben. Im Kern
verschuldeten sich die USA seither immer mehr mit beliebig gedruckten
Dollarvolumina weltweit, was die „Gläubigerökonomien“ zwang, ihre Dollars mit
Importen aus den USA und, speziell im Fall von China, mit der Finanzierung des
US-Budgetdefizits (via den Kauf von
US-Bonds) zu „verwerten“. Die internationale Abwicklung aller Ölgeschäfte in
Dollars ölte dabei tatsächlich das ganze Konstrukt.
Natürlich
haben die US-„Sorgen“ um das Wohl der VenezolanerInnen und die democracy viel mehr mit diesem
Sachverhalt als mit anderen Gründen zu tun und zuletzt mit den offiziell
angeführten. Kommt hinzu, dass Venezuela weltweit die grössten Ölreserven
aufweist, kontinental die grössten Gasreserven, enorme Goldvorkommen und
eventuell weltweit das zweitgrösste Reservoir an Koltan, eine für die
IT-Industrie rasend schnell unentbehrlich gewordene Naturressource. Wie immer
etwa ein internationaler Handelsverkehr auf der Basis eines Goldstandards
funktionieren soll, nur schon der Gedanke daran lassen in Washington alle
Alarmsirenen aufheulen, erst recht entsprechende praktische Schritte. Bisher
war das ein Casus belli.