https://amerika21.de/2018/12/219358/nicaragua-verbote-ngo
Nicaragua: Neun NGO die Rechtspersönlichkeit entzogen, Besitz beschlagnahmt
Regierung wirft
Nichtregierungsorganisationen vor, einen versuchten Putsch gegen
Präsident Daniel Ortega aktiv unterstützt zu haben
Von Rudi Kurz
amerika21
Brüssel/Managua.
Die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Federica Mogherini, hat
den Entzug der Rechtspersönlichkeit von Organisationen der
Zivilgesellschaft in Nicaragua als "weiteren Schritt gegen die
Rechtsstaatlichkeit" kritisiert.
Es liege in der Verantwortung der nicaraguanischen Behörden, eine
lebendige Zivilgesellschaft und eine freie Presse zu gewährleisten und
zu schützen. Nur durch Dialog, echte Reformen, freie und faire Wahlen
werde eine nationale Aussöhnung möglich, heißt es weiter in ihrer
Stellungnahme.
In der vergangenen Woche hatte das Parlament Nicaraguas acht Nichtregierungsorganisationen (NGO) wegen ihrer Beteiligung an dem Putschversuch gegen die Regierung von Präsident Daniel Ortega im Frühjahr und Sommer dieses Jahres ihre Rechtspersönlichkeit entzogen. Nachdem der Gesundheitsorganisation Cisas nach der Ausweisung der Direktorin Ana Quiros nach Costa Rica bereits am 29. November die Organisationsrechte entzogen worden waren, folgte in der vergangenen Woche das Prozedere für acht weitere Organisationen. Neben dem Institut für Strategische Studien und öffentliche Politik (IEEPP), dessen Direktor Félix Maradiaga wegen Terrorismus und organisierter Kriminalität angeklagt wurde, der Menschenrechtsorganisation Cenidh, die eine rechtliche Vertretung und Unterstützung von Aktivisten und ihre Familien im Zusammenhang mit dem Aufstandsversuch organisiert hatte, wurde auch der Popol Na-Stiftung der international bekannten Kritikerin Ortegas, Mónica Baltodano, und den Organisationen Hademos, Cinco, Ipade, Instituto de Liderazgo de las Segovias und der Fundación del Río die Rechtspersönlichkeit entzogen.
Laut der Erklärung der Innenministerin María Amelia Coronel hätten sie gegen das Gesetz 147 für gemeinnützige Organisationen verstoßen. Die NGO seien aktiv an dem gescheiterten Putschversuch beteiligt gewesen und hätten den Terrorismus gefördert, Hassdelikte begangen und die Zerstörung öffentlicher und privater Institutionen unterstützt. Tausende Familien seien durch die demütigende und verunglimpfende Behandlung, durch Bedrohung, Folterung und Entführung in ihren Menschenrechten und ihrer Würde verletzt worden, so das Ministerium. Laut der Entscheidung der Nationalversammlung werden alle Vermögenswerte der neun Organisationen an den Staat übertragen. Aus diesem Vermögen soll ein Fonds für die Betreuung und Wiedergutmachung für Opfer der gewaltsamen Proteste eingerichtet werden.
Pablo Abrao, der Exekutivsekretär der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) warf der Regierung von Nicaragua vor, dass mit dem Verbot von Protesten und einer Gesetzgebung, die ermögliche, NGO zu schließen, ein neuer Prozess der Verfolgung und Kriminalisierung der Opposition begonnen habe. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, forderte die Regierung Ortegaa auf, "die Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Journalisten und regierungskritischen Medien unverzüglich einzustellen".
Nach der Schließung von Cenidh protestierten auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, und deutsche Unterstützer der betroffenen NGO gegen die als "willkürlich" bezeichnete Aufhebung des Rechtsstatus von Menschenrechtsorganisationen.
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https://www.oeku-buero.de/details-28/stellungnahme-des-oekumenischen-bueros-fuer-frieden-und-gerechtigkeit-zur-aktuellen-situation-in-nicaragua.html
In der vergangenen Woche hatte das Parlament Nicaraguas acht Nichtregierungsorganisationen (NGO) wegen ihrer Beteiligung an dem Putschversuch gegen die Regierung von Präsident Daniel Ortega im Frühjahr und Sommer dieses Jahres ihre Rechtspersönlichkeit entzogen. Nachdem der Gesundheitsorganisation Cisas nach der Ausweisung der Direktorin Ana Quiros nach Costa Rica bereits am 29. November die Organisationsrechte entzogen worden waren, folgte in der vergangenen Woche das Prozedere für acht weitere Organisationen. Neben dem Institut für Strategische Studien und öffentliche Politik (IEEPP), dessen Direktor Félix Maradiaga wegen Terrorismus und organisierter Kriminalität angeklagt wurde, der Menschenrechtsorganisation Cenidh, die eine rechtliche Vertretung und Unterstützung von Aktivisten und ihre Familien im Zusammenhang mit dem Aufstandsversuch organisiert hatte, wurde auch der Popol Na-Stiftung der international bekannten Kritikerin Ortegas, Mónica Baltodano, und den Organisationen Hademos, Cinco, Ipade, Instituto de Liderazgo de las Segovias und der Fundación del Río die Rechtspersönlichkeit entzogen.
Laut der Erklärung der Innenministerin María Amelia Coronel hätten sie gegen das Gesetz 147 für gemeinnützige Organisationen verstoßen. Die NGO seien aktiv an dem gescheiterten Putschversuch beteiligt gewesen und hätten den Terrorismus gefördert, Hassdelikte begangen und die Zerstörung öffentlicher und privater Institutionen unterstützt. Tausende Familien seien durch die demütigende und verunglimpfende Behandlung, durch Bedrohung, Folterung und Entführung in ihren Menschenrechten und ihrer Würde verletzt worden, so das Ministerium. Laut der Entscheidung der Nationalversammlung werden alle Vermögenswerte der neun Organisationen an den Staat übertragen. Aus diesem Vermögen soll ein Fonds für die Betreuung und Wiedergutmachung für Opfer der gewaltsamen Proteste eingerichtet werden.
Pablo Abrao, der Exekutivsekretär der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) warf der Regierung von Nicaragua vor, dass mit dem Verbot von Protesten und einer Gesetzgebung, die ermögliche, NGO zu schließen, ein neuer Prozess der Verfolgung und Kriminalisierung der Opposition begonnen habe. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, forderte die Regierung Ortegaa auf, "die Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Journalisten und regierungskritischen Medien unverzüglich einzustellen".
Nach der Schließung von Cenidh protestierten auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, und deutsche Unterstützer der betroffenen NGO gegen die als "willkürlich" bezeichnete Aufhebung des Rechtsstatus von Menschenrechtsorganisationen.
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https://www.oeku-buero.de/details-28/stellungnahme-des-oekumenischen-bueros-fuer-frieden-und-gerechtigkeit-zur-aktuellen-situation-in-nicaragua.html
Stellungnahme des Ökumenischen Büros für Frieden und Gerechtigkeit zur aktuellen Situation in Nicaragua
Declaración en español
Heute jedoch blicken wir mit Fassungslosigkeit darauf, was seit Beginn der Proteste am 18. April 2018 aus dem Land geworden ist. Wir trauern um die Opfer der Gewalt sowie um die verlorene Gelegenheit, die Konflikte in diesem Land mittels eines Dialogs friedlich beizulegen. Wir bedauern, dass unzählige Menschen im Zusammenhang mit den Protesten verhaftet wurden. Viele von ihnen werden wohl lange Jahre im Gefängnis verbringen müssen und deshalb keine Möglichkeit haben, ihr produktives Potenzial für die nicaraguanische Gesellschaft zu entwickeln.
Auch wenn wir in der Vergangenheit vor allem der Regierung die Verantwortung für diese Situation gegeben haben, wollen wir nicht verschweigen, dass auch Teile Opposition den Dialog unter Vermittlung der katholischen Kirche sabotiert haben. Auch tragen diejenigen Verantwortung, welche die Situation der in vielen Fällen friedlichen Proteste ausgenutzt haben und Zivilist*innen, Polizist*innen oder Mitglieder der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront bedroht, entführt, gefoltert oder ermordet haben.
Wir sind erschrocken über die Art und Weise, wie die Regierung im Augenblick versucht, jegliche Kritik im Land zu unterdrücken. Dass nun auch Organisationen wie das Menschenrechtszentrum CENIDH, mit dem wir seit vielen Jahren verbunden sind, sowie die Fundación del Rio in die Nähe des Terrorismus gerückt werden und ihnen ihre Rechtspersönlichkeit als gemeinnützige Organisation aberkannt wurde, ist für uns absolut nicht nachvollziehbar.
Bei aller Wut, Trauer und Fassungslosigkeit lehnen wir als solidarische Organisation aber auch jegliche äußere Intervention in die inneren Angelegenheiten Nicaraguas ab. In diesem Sinne halten wir die jüngst verhängten Sanktionen der Vereinigten Staaten für absolut inakzeptabel.
Angesichts der bedrückenden Lage fordern wir sämtliche Akteur*innen eindringlich dazu auf, ihre Taten der Vergangenheit kritisch zu hinterfragen und nach Möglichkeiten zu suchen, die Spirale von Gewalt, Gegengewalt und Repression zu durchbrechen.
Wir rufen die Regierung Nicaraguas dazu auf, das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit, friedliche Demonstrationen sowie die Menschenrechte zu respektieren sowie einen nationalen Dialog zu fördern, der alle wichtigen Sektoren der Gesellschaft mit einschließt, damit dieses Weihnachten ohne politische Gefangene gefeiert werden kann.
München den 18.12.2018
Wir, das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit, sind seit
den 1980er Jahren mit der nicaraguanischen Bevölkerung und (trotz
einiger Kritik) auch mit der sandinistischen Revolution solidarisch
verbunden.Heute jedoch blicken wir mit Fassungslosigkeit darauf, was seit Beginn der Proteste am 18. April 2018 aus dem Land geworden ist. Wir trauern um die Opfer der Gewalt sowie um die verlorene Gelegenheit, die Konflikte in diesem Land mittels eines Dialogs friedlich beizulegen. Wir bedauern, dass unzählige Menschen im Zusammenhang mit den Protesten verhaftet wurden. Viele von ihnen werden wohl lange Jahre im Gefängnis verbringen müssen und deshalb keine Möglichkeit haben, ihr produktives Potenzial für die nicaraguanische Gesellschaft zu entwickeln.
Auch wenn wir in der Vergangenheit vor allem der Regierung die Verantwortung für diese Situation gegeben haben, wollen wir nicht verschweigen, dass auch Teile Opposition den Dialog unter Vermittlung der katholischen Kirche sabotiert haben. Auch tragen diejenigen Verantwortung, welche die Situation der in vielen Fällen friedlichen Proteste ausgenutzt haben und Zivilist*innen, Polizist*innen oder Mitglieder der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront bedroht, entführt, gefoltert oder ermordet haben.
Wir sind erschrocken über die Art und Weise, wie die Regierung im Augenblick versucht, jegliche Kritik im Land zu unterdrücken. Dass nun auch Organisationen wie das Menschenrechtszentrum CENIDH, mit dem wir seit vielen Jahren verbunden sind, sowie die Fundación del Rio in die Nähe des Terrorismus gerückt werden und ihnen ihre Rechtspersönlichkeit als gemeinnützige Organisation aberkannt wurde, ist für uns absolut nicht nachvollziehbar.
Bei aller Wut, Trauer und Fassungslosigkeit lehnen wir als solidarische Organisation aber auch jegliche äußere Intervention in die inneren Angelegenheiten Nicaraguas ab. In diesem Sinne halten wir die jüngst verhängten Sanktionen der Vereinigten Staaten für absolut inakzeptabel.
Angesichts der bedrückenden Lage fordern wir sämtliche Akteur*innen eindringlich dazu auf, ihre Taten der Vergangenheit kritisch zu hinterfragen und nach Möglichkeiten zu suchen, die Spirale von Gewalt, Gegengewalt und Repression zu durchbrechen.
Wir rufen die Regierung Nicaraguas dazu auf, das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit, friedliche Demonstrationen sowie die Menschenrechte zu respektieren sowie einen nationalen Dialog zu fördern, der alle wichtigen Sektoren der Gesellschaft mit einschließt, damit dieses Weihnachten ohne politische Gefangene gefeiert werden kann.