Venezuelas Präsident Maduro wird für neue Amtszeit
vereidigt. Kritik an Wahlen unbegründet
Tibisay
Lucena
Die
Regierung des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro wird attackiert. Vor
allem die USA wollen seinen Sturz und sagen mit Blick auf die Vereidigung des
Staatschefs zu einer neuen Amtszeit am heutigen Donnerstag, die
Präsidentschaftswahl vom 20. Mai 2018 wurde gefälscht.
Wenn in
Venezuela abgestimmt wird, eröffnen in- und ausländische Medien und politische
Akteure eine Kampagne, um das Wahlsystem des Landes zu delegitimieren und die
Ergebnisse in Zweifel zu ziehen. Diesmal geht es konkret um die Umstände der
Ausrufung der Wahl, eine fehlende Beteiligung der Oppositionsparteien,
qualifizierter und zuverlässiger internationaler Wahlbeobachter sowie um
Garantien für die Transparenz des venezolanischen Wahlsystems.
Die Wahl vom
20. Mai 2018 wurde von der Nationalen Verfassunggebenden Versammlung (ANC,
Asamblea Nacional Constituyente) ausgerufen. Kritiker meinen, das wäre
illegitim, weil schon das Zustandekommen der ANC und deren Wahl vom 30. Juli
2017 verfassungswidrig gewesen sei. Dabei ging die Initiative dazu vom
Präsidenten der Republik aus, und nach Artikel 348 der Verfassung ist er dazu
befugt.
Die Frage,
ob eine Aktivierung der Constituyente nur nach einer vorhergehenden
Volksabstimmung möglich sein sollte, wurde bereits in der Verfassunggebenden
Versammlung von 1999 diskutiert. Bereits damals wurde abgelehnt, ein nationales
Referendum als Vorstufe für eine Verfassunggebenden Versammlung vorzuschreiben.
Hugo Chávez schlug den Abgeordneten damals vor, die Einberufung einer ANC
direkt möglich zu machen. Die verfassunggebende Staatsgewalt müsse
»wachgehalten« werden, um aktiviert werden zu können, wenn die Umstände es
erforderten.
Eben solche
Umstände führten Maduro im Mai 2017 dazu, einen neuen ANC einzuberufen. Das
Land wurde damals durch schreckliche Gewalt erschüttert, die 131 Menschenleben
kostete. Mit der Wahl der Verfassunggebenden Versammlung am 30. Juli 2017
kehrte der Frieden nach Venezuela zurück, und dabei ist es seither geblieben.
Kritisiert
wird auch, dass die Präsidentschaftswahl 2018 vorgezogen wurde. Ignoriert wird
aber, dass Regierungsgegner 2017 selbst wiederholt sofortige Wahlen gefordert
hatten. Unter Vermittlung des früheren spanischen Ministerpräsidenten José Luis
Rodríguez Zapatero und verschiedener Außenminister der Region wurde in Santo
Domingo Ende 2017 ein Abkommen ausgearbeitet, dass Regierung und Opposition
zusammenbringen wollte. Maduro unterschrieb, die Opposition verweigerte sich.
Ein zweites
Abkommen wurde von den Parteien und Kandidaten in der venezolanischen
Hauptstadt unterzeichnet, die an der Präsidentschaftswahl teilnahmen. In beiden
Texten wurde eine vorgezogene Präsidentschaftswahl vereinbart. In Santo Domingo
war der 22. April festgelegt worden, im Vertrag von Caracas wurde daraus der
20. Mai 2018.
Auch dass es
keine Beteiligung der Oppositionsparteien gegeben habe, ist falsch. Vier
Kandidaten hatten sich eingeschrieben, die von 15 landesweit existierenden
Parteien unterstützt wurden.
Es wurde
auch viel darüber gesprochen, dass die Wahlen internationalen Standards nicht
entsprochen hätten. Doch Venezuela verfügt über ein weltweit einzigartiges
System von Garantien des automatisierten Wahlprozesses. Vor, während und nach
den Wahlen werden die Software der Wahlmaschinen und anderer Infrastruktur, die
Wählerverzeichnisse und der Wege zur Übermittlung der Ergebnisse überprüft. An
jeder Kontrolle sind Techniker des Nationalen Wahlrats und von jeder Partei
sowie externe Prüfer beteiligt. Zusätzlich nehmen nationale Beobachter und
internationale Begleiter teil. Am Ende müssen sie ein entsprechendes Protokoll
unterschreiben, das sofort auf der Webseite des Nationalen Wahlrats
veröffentlicht wird. Für die Wahlen vom 20. Mai 2018 wurden 16 solche
Überprüfungen durchgeführt.
Im Jahr 2006
wurde ein Programm zur Internationalen Wahlbegleitung eingeführt. Es ist
technisch sehr weitgehend und umfasst alle Etappen und Aktivitäten im
Zusammenhang mit den Wahlen. An dem Programm beteiligten sich 2018 rund 200
Vertreter von politischen und Wahlbehörden, Institutionen sowie akademische und
journalistische Persönlichkeiten aus zahlreichen Ländern. Es beinhaltete die
Beteiligung an den technischen Etappen und Aktivitäten im Vorfeld auf den
Wahltag, während seines Verlaufs sowie im unmittelbaren Anschluss. Sie bietet
den akkreditierten Teilnehmern umfangreiche Garantien für ihre Arbeit, damit
sie wirklich die Zuverlässigkeit und Transparenz der Wahlen und ihrer
Ergebnisse feststellen können. Sie liegen durch den hohen Stand der wahltechnischen
Entwicklung in Venezuela in allen Fällen über den sogenannten internationalen
Standards.
Es
überrascht übrigens, dass die schärfsten Kritiken und die Verkündung einer
Nichtanerkennung der Ergebnisse der Wahl vom 20. Mai 2018 oft aus Ländern
kommen, deren eigene Wahlsysteme zerbrechlich und ohne die Garantien und
Sicherheiten sind, die das venezolanische Wahlsystem bietet. Die Wahlen dort
und ihre Ergebnisse können weder durch die teilnehmenden Parteien noch durch
die ihr Wahlrecht ausübenden Bürgerinnen und Bürger überprüft werden.
Es ist
offensichtlich, dass die Angriffe einen Zusammenbruch der venezolanischen
Demokratie zum Ziel haben, weil die hinter ihnen stehenden Kräfte daran
interessiert sind, sich die großen Naturreichtümer des Landes anzueignen. Die
Angriffe auf das Wahlsystem und seine Ergebnisse sind dabei nichts anderes als
eine politische Strategie. Sie stehen in keinem Verhältnis zur Stärke, die der
Nationale Wahlrat über Jahre gewonnen hat, um die Integrität, Transparenz und
Zuverlässigkeit der Stimmabgabe in Venezuela zu garantieren.
Übersetzung:
André Scheer
Tibisay
Lucena ist Präsidentin des Nationalen Wahlrats (CNE) Venezuelas. Diesen Beitrag
verfasste sie exklusiv für junge Welt