(zas, 14.1.22) Spätestens am Abstimmungsabend vom 29. November wurde klar, dass die deutlich angenommene Pflegeinitiative in ihrem sozialen Gehalt kaum eine Chance für ihre Umsetzung hat. Die herrschenden Kreise lassen sich durch inopportune Urnenentscheide nicht gross beeindrucken. Was «oben» akzeptiert wird, betrifft die Notwendigkeit von mehr Pflegepersonal. Also will der Bundesrat jetzt wie angewiesen Finanzmittel für Ausbildung locker machen. Zufällig nicht einen Cent für die Verbesserung der katastrophalen Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals, was den Strom von Abgängen aus dem Beruf schon mal mindern würde. Das wird, wie von rechts schon vor dem Abstimmungstermin angekündigt, auf «später» verschoben und irgendwann mit einer Geste des «Entgegenkommens» verwässert und «vergessen». Die Masche kennen wir. Und doch ist es sinnvoll, sich ihrer immer wieder bewusst zu werden. Abstimmungen, Wahlen – als ausschliessliches oder hauptsächliches Instrument eingesetzt – bringen es nicht. Nur wenn genügend Druck in den Pflegeeinrichtungen, auf der Strasse aufgebaut wird, ändert sich was. Ansonsten dürfen sich allenfalls mehr Leute als bisher in der Pflege auf die Schnelle Burnout-reif machen lassen.
Schon fast frech vermittelt das die NZZ von gestern («Pflegefachleute kritisieren Trödeltempo des Bundesrats»). Der Autor betont den Aspekt «Ausbildungsoffensive» und widmet sich anschliessend dem «Rest» der Initiative. Er schreibt, die Initiative «fordert» mehr Geld für mehr Anstellungen von Pflegenden zur Reduktion des Dauerstress, redet von «Wünschen», die der Bundesrat prüfen werde, davon, dass die «Initianten vorschlagen». Forderungen, Wünsche, Vorschläge – Wie würde es tönen, wenn die nächste abgesegnete Umverteilung nach oben so abgetan würde? Zwar fällt auch der Begriff «Verfassungsauftrag», im Kontext allerdings, wie die Regierung diesen per «Föderalismus» umsetzen, sprich ins Nebulöse abgleiten lassen will.
PS: Seit Jahrzehnten berieselt uns die Propaganda, dass so was wie ArbeiterInnen ein Ding von gestern seien. Vergleichen wir das mit dem Pflegenotstand in den Spitälern, den Versorgungserfolgen in Brexit-England, den prognostizierten Massenausfällen am Arbeitsplatz in Folge von Omikron….