Kolumbien: Paramilitärische Massaker in Nariño
Paramilitärs tyrannisieren die Bevölkerung im Südwesten Kolumbiens. Menschenrechtler klagen Unterstützung durch das Militär an
Pasto. Mit Folterungen, Verschleppungen und Massakern terrorisieren Paramilitärs die Einwohner des Hinterlandes im kolumbianischen Bundesstaat Nariño. Dies berichtet die kolumbianische Wochenzeitung Semana am vergangenen Wochenende. Mitte September seien 30 Männer der paramilitärischen Gruppe "Los Rastrojos" während eines Fests in den Ort Sidón im Gemeindebezirk Cumbitara eingedrungen. Laut Semana nahmen sie dort einen 19-Jährigen fest und prügelten ihn in aller Öffentlichkeit zu Tode. Dann köpften sie ihn und zerstückelten seinen Körper. Das gleiche wiederholten sie mit einem 32-jährigen Einwohner des Dorfes. Die Männer entführten außerdem 15 Personen, töteten drei und ließen die übrigen erst Tage später laufen. Laut der in Semana zitierten Zeugenaussagen hätte die Gruppe Uniformen des Bataillons Boyacá getragen. Während der Besetzung des Ortes befragten die Paramilitärs die Einwohner zu angeblichen Helfern der FARC-Guerilla.Allein dieses Jahr haben in Nariño vier ähnliche Massaker stattgefunden. Insgesamt spricht Semana von 220 verschwundene Personen. Zudem wurden 14 zerstückelte Körper gefunden. Vor drei Wochen meldeten Einwohner des Gemeindebezirks Magüí, daß sie fünf Körper ohne Kopf im Fluß Patía vorbeitreiben sahen.
In mehreren ländlichen Gebieten Nariños, führen die Paramilitärs sogenannte "disziplinierende Maßnahmen" durch. So befahlen sie einem Bauern aus Cumbitara, eine Woche lang Grundstücke mit einer stumpfen Machete zu roden. Dabei bekam er nur eine Mahlzeit pro Tag. Schließlich verprügelten sie ihn und er mußte auf Knien um Verzeihung bitten. Der Grund dafür war sein Protestieren gegen Missbräuche der Rastrojos in der Region. Eine indigene Frau wurde vor den Augen der Nachbarschaft zur Strafe sogar getötet, weil jemand aus dem Ort eine Aktion der Paramilitärs in der Hauptstadt Pasto angeprangert hatte. "Die Leute sagen mir, dass sie sich versklavt fühlen. Sie müssen für alles um Erlaubnis bitten" beschreibt der Gouverneur von Nariño Antonio Navarro die Situation der Bevölkerung seines Bundesstaates .
Die staatliche Ombudsstelle von Nariño hatte bereits wiederholt auf die gefährdeten Zonen hingewiesen. Das Menschenrechtskomitee Nariños wirft zudem den nationalen Streitkräften vor, mit den Paramilitärs zu kooperieren. "Die Streitkräfte vertreiben die FARC, damit die Paramilitärs kommen können, um zu machen, was sie wollen", versicherte ein alter Einwohner gegenüber Semana. Der Kommandant der 23. Brigade, General Jorge Pinto wies diese Anschuldigungen zurück. Sie zielten nur darauf ab, das Militär zu diskreditieren.
Der Menschenrechtler und Priester Javier Giraldo weist in dem Artikel von Semana darauf hin, dass die Anwesenheit des Paramilitarismus zunehmend im Zusammenhang mit der Entwicklung von Projekten in den Bereichen Energie und Bergbau stehe. Im Fall von Nariño wurden 71 Konzessionen zur Ausbeutung von Gold, Silber, Nickel und anderen Metallen dem multinationalen Konzern Global Anglo Gold Aschanti und seiner kolumbianischen Filliale Kedahda erteilt. Dies bedeutet die Nutzung von mehr als 20.000 Hektar durch die beiden Firmen.