US-Strafverfolgungsbehörden infiltrieren zunehmend mexikanische Drogenkartelle. Agieren in rechtlicher Grauzone und mit zweifelhaften Ergebnissen
Washington/Mexiko-Stadt. US-amerikanische Behörden haben große Teile der in Mexiko agierenden Drogenkartelle infiltriert. Dies berichtet die New York Times. Die Strafverfolgungsbehörden haben demnach neben dem Einsatz unbemannter Drohnen "Netzwerke aus mexikanischen Informanten beträchtlich ausgebaut, die ihnen erlauben, heimlich einige der mächtigsten und gefährlichsten kriminellen Organisationen zu infiltrieren", berichtete die Zeitung unter Berufung auf "Sicherheitsbeamte auf beiden Seiten der Grenze". Durch den Ausbau von Stützpunkten der Strafverfolgungsbehörden und der Geheimdienste seien in den vergangenen Jahren auch die Informantennetze gewachsen. Damit sei es möglich gewesen, dass mexikanische Sicherheitskräfte zwei Dutzend hochrangige und mittlere Drogenhändler festnehmen oder töten konnten.Gleichzeitig lasse man Mexiko jedoch im Dunkeln, wenn es um die US-Kontakte mit ihren geheimen Informanten geht. Darunter befinden sich nach Angaben der Zeitung Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden, gewählte Mandatsträger und Mitglieder der Kartelle. Dies geschehe zum Teil, weil die US-Beamten Bedenken wegen der weit verbreiteten Korruption unter mexikanischen Polizisten habe. Darüber hinaus verbieten aber auch Gesetze die Aktivitäten der USA auf mexikanischem Boden. Tatsächlich operieren die US-Behörden in einer rechtlichen Grauzone. "Die Mexikaner verdrehen mehr oder weniger die Augen und sagen 'wir wissen, dass es passiert, auch wenn es nicht passieren sollte'", zitiert die New York Times Eric L. Olsen, einen Sicherheitsexperten des teilstaatlichen Woodrow Wilson Centers in Washington DC.
Der neuerliche Bericht zeigt erneut die komplizierten Verstrickungen der US-Behörden wie der Anti-Drogen-Agentur DEA mit den Drogenkartellen in Mexiko auf, die vorwiegend den US-amerikanischen Markt mit Drogen beliefern. So wurde erst im September ein Mitglied des Sinaloa-Kartells verurteilt, der die Ermittler mit Informationen über ein rivalisierendes Kartell versorgt haben soll, um von seinen eigenen Geschäften abzulenken. Ein ungleich größerer Skandal betrifft die Tatsache, dass die meisten Waffen, mit denen die Drogenkartelle operieren, aus den USA stammen. Um an die Hintermänner der Kartelle zu gelangen, legte das Amt für Alkohol, Tabak, Schusswaffen und Sprengstoffe (ATF) im Oktober 2009 ein Programm mit dem Namen "Fast and Furious" auf. Ziel der Operation war es offiziellen Angaben zufolge, Waffen an die Kartelle zu liefern und deren Verbreitungswege zu verfolgen. Tatsächlich wurden jedoch lediglich 590 der 2.020 Waffen wieder konfisziert, 227 in Mexiko und 363 in den USA. Der Verbleib von 1.430 Waffen, also gut 70 Prozent, blieb ungeklärt, so dass die Operation im Wesentlichen die Bewaffnung der Kartelle förderte.
Nach Angaben der DEA sind dem 2006 durch den mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón Hinojosa ausgerufenen "Krieg gegen die Drogen" bis Anfang Oktober dieses Jahres bereits 43.000 Menschen zum Opfer gefallen. Schätzungen von NGOs gehen von bis zu 50.000 Toten aus, unter denen sich auch häufig politische Aktivisten wiederfinden. 230.000 Menschen seien durch die ausufernde Gewalt vertrieben worden, kritisieren zivilgesellschaftliche Gruppen, die kürzlich ankündigten den Präsidenten wegen Kriegsverbrechen vor den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu bringen.